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Sonstiges Vergabeverfahren | 04/2012

Neubau einer innerstädtischen Wohn- und Geschäftszeile mit Tiefgarage

Gewinner

Knoche Architekten Partnerschaft mbB

Architektur

Erläuterungstext

AUSGANGSLAGE
Die Leipziger Südvorstadt ist eine gründerzeitliche Stadterweiterung, die stadträumlich in orthogonalen Blockstrukturen mit fünf- bis sechsgeschossigen Wohnbauten organisiert ist.
Die Straßenfassaden der Gründerzeitgebäude weisen eine für die Bauweise typische Charakteristik auf:
- die in regelmäßigen Reihen angeordneten Fenster haben stehende Formate
- die Holzfenster liegen tief in der Leibung und sind geteilt
- die Fenstereinfassungen sind meist stark profiliert und reich dekoriert
- die Gebäude sind horizontal gestaffelt in Sockelzone, Hauptfassade und Dach,
- die Materialität besteht aus Naturstein und profilierten oder strukturierten Putzflächen
Obwohl die Gebäude in der Regel individuelle Einzelplanungen sind, die sich in den Details stark voneinander unterscheiden und unterschiedliche Sockel- und Traufhöhen aufweisen, erzeugt die Gesamtsicht in der Regel eine zusammengehörige Bebauungsstruktur von großer Geschlossenheit, die trotz ihrer Regelmäßigkeit niemals monoton wirkt.

SITUATION IN DER SCHLETTERSTRASSE
Eine besondere Situation in der Stadtstruktur besteht durch den zwischen Schletterstraße und Riemannstraße liegenden Schletterplatz, der durch den markanten Solitärbau der Peterskirche dominiert wird. Dadurch werden die Fassaden der angrenzenden Wohnbebauung zu Platzfassaden, die einen wichtigen öffentlichen Raum definieren und daher besonders sorgfältig zu gestalten sind.

NEUBAUPLANUNG
Die bestehende Neubauplanung sieht eine geschlossene Blockrandbebauung in der Baulücke zwischen den historischen Gebäuden Schletterstraße 8 und 12 vor. Der ca. 74 Meter lange Baukörper ist mittig in zwei Abschnitte unterteilt, die jeweils über ein zentral an der Straßenfassade liegendes Treppenhaus erschlossen werden.
Die bestehende Planung soll hinsichtlich der Wohnungsgrundrisse, ihrer Organisation, Größe und Ausrichtung nach Möglichkeit nicht verändert werden, das statische System sowie die Lage von Erschließungskernen und Durchfahrten sind zwingend zu übernehmen.

PLANUNGSANSATZ FASSADENENTWURF
Die Fassadenplanung erfolgt mit dem Anspruch, eine der strukturtypischen Parzellierung entsprechende Baukörpergliederung vorzunehmen. Gleichzeitig werden die Fassaden in Anlehnung an die Gliederungs- und Gestaltungsprinzipien der Gründerzeitbauten detailliert ausgebildet.
Ziel ist es, eine ruhig – regelmäßige Platzfassade als Gegenüber zur Peterskirche zu erzeugen, die sich in den bestehenden Straßenzug einfügt, ohne dabei ihre Entstehungszeit zu verleugnen.
Um die bestehende Planung weitestgehend unverändert umsetzen zu können, wird auf wesentliche Eingriffe in die Grundrissplanung verzichtet. Es soll nachgewiesen werden, dass – wie in der Gründerzeit – die Qualität der Fassadengestaltung unabhängig ist von der Größe und Organisation der dahinterliegenden Wohnungen.

GESTALTUNGSENTSCHEIDUNGEN IM EINZELNEN
Die Gesamtabwicklung wird in 4 Abschnitte mit unterschiedlichen Breiten aufgeteilt, die jeweils als Einzelfassaden ablesbar sind. Dadurch wird die der Stadtteilstruktur entsprechende Parzellierung sichtbar gemacht, die Einbindung erfolgt also über die Größe der ablesbaren Einzelbausteine.
Die Gliederung der Fassaden teilt diese wie bei gründerzeitlichen Blockrandbebauungen in eine Sockelzone, eine Hauptfassade und ein Dach. Die horizontal verlaufenden Grenzen sind plastisch herausgebildet und markant gestaltet.
Um eine angemessene Kleinteiligkeit zu erzeugen und die Ablesbarkeit der Parzellengrößen zu unterstreichen, werden durchlaufende Kanten im Sockelbereich und im Bereich der Traufe bewusst vermieden. Wie beim historischen Vorbild wird das Nebeneinander unterschiedlicher Ausprägungen akzeptiert, wenn die Gesetzmäßigkeit der Gliederung eingehalten ist.
Die Materialität der Sockelzonen ist robust ausgebildet und besteht aus mineralischen Wandbekleidungen oder strukturierten Putzen wie z.B. Rillenputz mit unterschiedlichen Strukturen. Dadurch erhält der Sockelbereich eine hohe Wertigkeit als Basis des Hauses, was auch durch die gegenüber der Hauptfassade dunklere Farbgebung unterstrichen wird.
Die Hauptfassade bis zur Trauflinie wird flächig mineralisch verputzt, wobei auch hier unterschiedliche Putzstrukturen ausgeführt werden. So unterscheiden sich die Einzelhäuser durch die unterschiedliche Rauhigkeit, Körnung und Farbgebung der verwendeten Putze.
Die Fenster sind stets als stehende Einzelfenster ausgebildet. Um die gewünschte Regelmäßigkeit zu erreichen und eine gegenüber der Peterskirche zu große gestalterische Unruhe zu vermeiden, wird auf andersartige Fensterformate oder horizontale Bänder konsequent verzichtet. Dies betrifft auch die innen liegenden Loggien, die als straßenseitige und nordorientierte Freisitze einen geschützteren Charakter erhalten sollen, der durch den belassenen Mittelpfeiler unterstrichen wird.
Die Einfassung der Fenster erfolgt im Sinne des historischen Vorbildes und weist unterschiedliche Abmessungen und Materialien auf. So werden neben glatt verputzten, erhabenen Fenstergewänden auch Leibungsauskleidungen und Rahmungen aus Metall vorgeschlagen. Durch das Nebeneinander unterschiedlichen Fensterausbildungen wird die Kleinteiligkeit und die Ablesbarkeit der ‚Einzelhäuser’ zusätzlich unterstützt.
Die Traufkanten werden als dominante horizontale Gebäudekonturen plastisch herausgearbeitet. Sie bilden die Basis für die schrägen Dachflächen, deren unterschiedliche Neigung und Firsthöhe die Kleinteiligkeit der Parzellierung nochmals unterstreichen. Eingeschnittene oder als Gaupen erhabene Einzelfenster unterstreichen die Individualität der Einzelhäuser und die Unterschiedlichkeit der Nutzung der Dachzonen. Auch Dachterrassen können - durch Zurücksetzen des Schrägdaches – in diesen Gestaltungskanon integriert werden.

FAZIT
Es entsteht ein Neubaukomplex, der die Ziele der Stadtplanung und des Ensembleschutzes sowie die des Investors gleichermaßen berücksichtigt und eine Gestaltung aufweist, die sich aus dem historischen Vorbild ableitet, ohne dabei ihre Neuzeitlichkeit zu verleugnen.
Straßenansicht

Straßenansicht