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Nichtoffener Wettbewerb | 09/2012

JVA Ulmer Höh‘

2. Preis

ASTOC ARCHITECTS AND PLANNERS GmbH

Architektur

scape Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Lindschulte Ingenieurgesellschaft mbH

Verkehrsplanung

Erläuterungstext

Derendorf befindet sich im Wandel von einem durch die ehemals industrielle Nutzung und die JVA Ulmer Höh‘ geprägten Stadtteil in eine zentrumsnahe, beliebte Wohnlage mit guter Infrastruktur.
Das Plangebiet hat mit seiner Nutzung bislang eine Vernetzung der benachbarten Teile verhindert. Die neue Struktur transformiert die Terra Incognita in ein durchlässiges Quartier, das in sich ruht und zugleich in den Stadtteil ausstrahlt.
Im Maßstab, Nutzung und Format orientiert sich die zukünftige Bebauung an ihrer Nachbarschaft und stellt damit eine wichtige Weiterentwicklung der Stadt dar.
Die Grundstruktur der kleinen Blöcke schafft eine klare Abgrenzung von privatem und gemeinschaftlich genutztem Raum und setzt sich aus einzelnen Wohn- und Geschäftshäusern zusammen, die gemeinsam eine individuelle und gleichzeitig gebundene Bebauung bilden.

Gegliedert werden die vier neuen Baufelder durch zwei im Charakter prinzipiell unterschiedliche Fugen, die entweder als Mischverkehrsfläche der Erschließung und für Besucherstellplätze dienen oder als grüne Platzfuge zur Belebung des Straßenraums beitragen. Alle vier Fugen erschließen die zentrale Freifläche im Herzen des Areals.

Eine gute soziale Infrastruktur mit einem neuen Quartierszentrum, zwei Kindergärten im größeren Plangebiet und dem reichhaltigen Angebot an gemeinschaftlichen Nutzungen im Freiraum wird das Gebiet auch in seiner Nachbarschaft fest verankern.

Umgebung
Charakteristisch für die ursprünglichen Entwurfsprinzipien der Neustadt liegt die Betonung der öffentlichen Räume auf Straßen, Plätzen und großen öffentlichen Parks. Die Blockgrößen variieren je nach Nutzung, insbesondere die für eine Wohnnutzung vorgesehenen Blöcke sind relativ klein und können so eine Hinterhofbebauung vermeiden. Blöcke mit implementierten Nutzungen für Industrie und Infrastruktur, wie hier die Gefängnisnutzung, sind dagegen meist besonders groß.

Die JVA und ihre direkte Umgebung bilden strukturell eine Ausnahme im ringsum homogenen Stadtgefüge. Wie ein Keil liegt das bislang nur für wenige zugängliche Areal als „Terra incognita“ zwischen der Blockrandbebauung, die das Gebiet auf seiner Ost- und Westseite fasst, und den neuen Entwicklungsgebieten, die sich im Norden wie ein Gürtel um die Neustadt legen.

Blockstruktur
Das Grundprinzip der hier vorgestellten Konzeption beruht auf der Auflösung des großen Blocks in mehrere dem vorgesehenen Wohnungsbau entsprechende, kleinere Baufelder.

Die Größe der Blöcke orientiert sich an den Kantenlängen der umgebenden Bebauung: ein gestrecktes Feld entlang der Gerry-Weber-Halle, kompakte Blöcke an den Flanken und eine Zeilenbebauung, die den Bestand an der Südspitze zu einem großen Block mit innenliegender Solitärbebauung ergänzt.
Durch diese Baufelder wird ein zentraler, identitätsstiftender und adressbildender Freiraum definiert.

Damit wird das Areal als Teil der Neustadt entwickelt. Es versteht sich im Kontrast zu den vielfältig umgenutzten ehemaligen Infrastruktur- und Industriearealen im Norden und Osten als ein wichtiges Stück Weiterentwicklung der Stadt, das gleichzeitig neue Akzente setzt.

Der geschlossene Blockrand der Baufelder setzt sich aus einzelnen Gebäuden mit eigenständigen Fassaden zusammen, die wie im benachbarten Bestand über ähnliche Materialien und Farben sowie den gemeinsamen Innenraum zu einem Ganzen zusammengebunden werden.
Entlang der Straßen und der Zugänge in das Innere des Plangebietes formt die geschlossene Bebauung analog zu ihrer Nachbarschaft eine starke Kontur. Zur zentralen Freifläche hin kann der Blockrand perforiert und so die klare Umfassung der Baufelder um Sicht- und Wegebeziehungen aus den Innenhöfen heraus ergänzt werden.

Die überwiegend viergeschossige Bebauung mit Staffelgeschoss bietet eine hohe Flexibilität für die Anordnung unterschiedlicher Wohnnutzungen bis hin zu gefördertem Wohnungsbau. Entlang der Ränder des Plangebietes, vor allem im nördlichen Bereich an der Ulmenstraße, ist eine höhere Bebauung denkbar, die auf die großen Geschosshöhen der gegenüberliegenden Gründerzeitbebauung reagiert.
Um die vorgesehene Körnung der Bebauung zu stärken und die durchgehende Trauflinie zu beleben, ist auch eine wechselnde Ausbildung von vier- und fünfgeschossiger Bebauung denkbar, die an wesentlichen Zugängen zum Areal und analog zur Kapelle auch im Inneren des Gebietes um weitere Akzente ergänzt werden kann.

Bestand
Die bestehende Bebauung im Süden und Osten des Areals wird in die ergänzende Struktur integriert und belebt die neuen Baufelder.

Die Kapelle der JVA kann und soll erhalten werden. Sie bildet prägnant die Nordostecke des kleinen Blockes an der Ulmenstraße und öffnet sich dort, wo die Zellentrakte anschlossen, mit einer transparenten Giebelwand zum zentralen Freiraum. Eine öffentliche, gemeinschaftliche Nutzung als Stadtteilzentrum mit Veranstaltungsflächen und Ateliers bereichert das Quartier und profitiert gleichzeitig vom Freiraum und der guten Anbindung an das Wegenetz. Die Umnutzung der Kapelle ist bauliches Sinnbild für die Wandlung des Areals wie des Stadtteils und bietet die Möglichkeit, die Vergangenheit des Areals und seine zukünftige soziale Infrastruktur miteinander zu verknüpfen.

Die Gerry-Weber Halle wird die Situation im Norden noch lange prägen. Die Bebauung legt sich als neue Schicht vor die Brandwand der Halle, so dass der zentrale Freiraum auf allen Seiten durch belebte Flächen geprägt und gleichzeitig zur bestehenden Halle keine neue Rückseite gebildet wird, um auf lange Sicht Veränderungen im Gefüge offen zu halten.
Es besteht die Möglichkeit, in Verlängerung der Ostflanke des Platzes über den neuen Hof an die vorgesehene Querung der Halle anzubinden und so eine Verknüpfung aus dem Herz des Areals in die Unternehmerstadt zu schaffen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das städtebauliche Konzept baut die Stadt geschickt und unspektakulär weiter. Nur noch Weniges erinnert an die JVA. Im Innenbereichen entsteht jedoch, anders als in der sie umgebenden gründerzeitlichen Struktur, ein qualitätvoller, verkehrsfreier Freiraum als soziale Mitte, ein kleiner Quartierpark, der dem neuen Wohngebiet Identität und eine besondere Adresse verleiht. Hier entstehen hervorragende Wohnlagen, auch im Norden, wo eine südorientierte Bebauung als Blockrand vor die Gerry-Weber-Halle gestellt wird. Dieser Vorschlag ist diskussionswürdig, setzt aber besondere Grundrisse und eine wirkungsvolle „Eingrünung“ der Fassade der Gewerbehalle voraus. Ein städtebaulicher Missstand könnte auf diese Weise wie beiläufig repariert werden.
Die Anbindung des Quartiers an die Umgebung überzeugt. Die leicht unterschiedlichen, als Mischflächen gestalteten, aufgeweiteten Platzräume, sogenannte „Grüne Fugen“, vernetzen den kleinen Platz und damit das Quartier als Ganzes mit den angrenzenden Straßen. Hier sind richtigerweise auch die Zufahrten zu den Tiefgaragen vorgesehen, ebenso die dezentralen Besucherstellplätze für das Wohnen. Deren Anzahl ist jedoch zu gering.
Teilweise kritisch gesehen wird der Umgang mit der Kapelle, als zu wenig sichtbar von der Ulmenstraße. Der kleine Entreeplatz hier bleibt als Vorplatz zu funktional und wegen der neuen Eckbebauung an der Halle, zu eng.
Die Lage der Kita im Blockinnenbereich ist denkbar (wenn auch nicht optimal) ihre notwendige, unmittelbare Anfahrbarkeit (bringen und holen der Kinder) ist in der dargestellten Form jedoch nicht möglich. Dies wäre allerdings unschwer heilbar.
Die „Körnung“ der städtebaulichen Struktur lässt eine große Vielfalt unterschiedlicher Investoren und Nutzungen zu. Die blockweise Organisation der eingeschossigen Tiefgaragen legt zwar entsprechend dimensionierte Baufelder nahe, es wären jedoch auch kleinere Bauabschnitte denkbar, bis hin zu einzelnen Gebäuden und Architekturen.
Die Dichte der Bebauung liegt vergleichsweise im mittleren Bereich. Das Preisgericht würdigt den Beitrag als einen sensibel und sorgfältig ausgearbeiteten Entwurf von hoher Qualität. Kontrovers diskutiert wird die Frage, ob der Ort und seine Geschichte nicht eine kraftvollere städtebauliche Setzung zulässt.
Schwarzplan_5000

Schwarzplan_5000

Überflugperspektive

Überflugperspektive

Lageplan_1000

Lageplan_1000

Lageplan

Lageplan

Plangebiet von Nord-Westen_3D-Modell

Plangebiet von Nord-Westen_3D-Modell

Freiraum im Detail

Freiraum im Detail

Funktionskonzept

Funktionskonzept

Verkehrskonzept

Verkehrskonzept

Funktionspiktogramme

Funktionspiktogramme