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Nichtoffener Wettbewerb | 09/2012

Neubau sozialpädagogisches Wohnheim

2. Preis

Preisgeld: 8.000 EUR

Planfabrik SPS

Architektur

Erläuterungstext

Städtebau

Im Übergang der Karlsruher West- zur Nordweststadt wird das Baugebiet an der Nancystrasse mit der Baumaßnahme des sozialpädagogischen Wohnheims städtebaulich zum Abschluß gebracht; die Kußmaulstrasse wird an dieser Stelle ihre Raumkante und Adresse erhalten. Bestimmenden Einfluß für das neue Gebäude aber hat die große Freifläche im Osten mit der Kleingartenanlage und dem anschließenden Feld des ehemaligen Flugplatzes. Diese großzügige Weite macht den Standort zu einem besonderen im Stadtgebiet; sie sollte das Haus mitprägen.

Auch wenn kein rechtsgültiger Bebauungsplan vorliegt, kann doch eine Gestaltungsvorstellung der Stadt am Bauvorbescheid abgelesen werden. Dieser Vorstellung folgt auch der Entwurf: ein dreigeschossiger (+Dach) Baukörper entwickelt sich linear an der Kußmaulstrasse und orientiert sich in Dimension und Ausrichtung am Bestand der Studentenwohnheime. Ein – dem Inhalt angemessenes – auf den ersten Blick unspektakuläres, freundliches Haus empfängt Bewohner und Besucher.

Das sind die städtebaulichen Randbedingungen
Wie aber kann ein Gebäude durch Struktur, Atmosphäre und Gestaltung auf die ganz spezielle Wohn -und Lebenssituation dieser Behinderteneinrichtung antworten und ihr eine Heimat werden?

Struktur

Das Wohnheim gliedert sich vordergründig trivial in eine kammartige Struktur. Sie folgt den programmatischen Anforderungen und der funktional-sinnvollen Gliederung von Wohngruppen, Verwaltung, Sonderräumen und Fremdnutzern.
Die Erschließung über zwei Kerne und eine klare Verkehrsführung ist ökonomisch und orientierungsfreundlich, die Konstruktion ist angemessen unaufwändig.

Konzeption „Terrassenhaus“

Der ideelle Ansatz des Entwurfs beschäftigt sich intensiv mit der Frage des Freiraums. Fahrerschließung, Anlieferung und Parkierung benötigen einen großen Anteil der erdgeschossigen Freiflächen. Die Erreichbarkeit dieser Freiflächen, soweit nicht vom Fahrverkehr belastet, ist für die behinderten Bewohner und das betreuende Personal mit Aufwand und Beschwernis verbunden, wenn nicht sogar ganz unmöglich.
Der Entwurf sieht deshalb vor, das Haus mit Freiflächen und „grünen Räumen“ zu durchsetzen und zu gliedern. Jede Wohnebene erhält großzügige Außenterrassen, jede Wohngruppe einen eigenen Freibereich. Diese Außenräume sind auf kürzestem Weg und in jeder Hinsicht barrierefrei erreichbar und stehen den Bewohnern ganzjährig zu Verfügung. Es sind geschützte Freiräume; sie orientieren sich in die freie Landschaft und sind keinen nachbarlichen Blicken ausgesetzt.. Sie erlauben und unterstützen die Kommunikation der Gruppen untereinander und erleichtern dem Personal Betreuung und Aufsicht.
Es entsteht ein „Terrassenhaus“ neuer Prägung.

Atmosphäre

Höfe und Terrassen gewährleisten Belichtung und Besonnung aller Wohn- und Aufenthaltsräume und die der Flure. Deren Enden sind verglast; eine helle und freundliche Stimmung durchzieht die Ebenen und wechselnde Ausblicke in die Landschaft begleiten die Wege durch das Haus.
Differenzierte Flurwände und verspringende Raumabschlüße sorgen für stimulierende Innenräume; Naturmaterialien und gezielt gesetzte Farbakzente unterstützen diese Absicht ; Tageslicht über Oberlichter sorgt für Helligkeit, über Seitenlichtverglasungen für Nähe und Orientierbarkeit.

Erschließung:

An- und Vorfahrt von Taxi und Bus erfolgt von der Kußmaulstrasse. Der übrige Verkehr von Besuchern, Personal und Anlieferung benutzt die Zufahrt von der Nancystrasse. Das Eingangsfoyer wird somit auch über 2 Zugänge erschlossen.
Die Kerne mit den Aufzügen versorgen das Gebäude, der südliche steht dabei vorrangig den Wohnungen zu Verfügung.

Funktionen

Erdgeschoß:
Haupteingang mit Foyer und angelagertem Gemeinschaftsraum bilden das Entree als „Open House“. Hier trifft man sich, hier wird man informiert, hier wird –unter Einbeziehung des Eingangshofs- gefeiert.
In den Aussenflügeln werden Tagespflege und externe Büroflächen untergebracht.

1.Obergeschoß:
Drei Erwachsenengruppen sind um die Freibereiche angeordnet. Auf dieser Ebene befindet sich die Ergo- und Physiotherapie. Diese sind von den Treppenhäusern erreichbar ohne eine Gruppe betreten zu müssen.

2.Obergeschoß:
Die beiden Kindergruppen teilen sich die großzügige Dachterrasse. Zentral ist der Aktivraum und der Raum für die Musiktherapie angegliedert. Von allen Bereichen können die Kinder direkt in den Aussenbereich gelangen. Die Betreuer können sowohl die Gruppe als auch die Aussenbereiche überblicken.

Dachgeschoß:
5 Wohnungen liegen in separater und schöner Lage auf dem Dach des Hauses .Sie verfügen über jeweils individuelle Terrassen, haben aber zusätzlich eine große Nord-West-Dachterrasse zur gemeinschaftlichen Nutzung. Hier können in abgewandter Lage Feste gefeiert und Karlsruher Sonnenuntergänge genossen werden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser schlagen einen 3-geschossigen, kammartigen Baukörper mit zusätzlichem zurückspringendem Dachgeschoss vor. Die Öffnungen des Kammes bilden zur Kußmaulstraße hin zwei Innenhöfe, die tief in das Gebäude hineinreichen. Angrenzend an die Höfe ergeben sich im Rücken des Kammes Treppenhäuser. Die Zufahrtsituation Kußmaulstraße erscheint zu nah an der Kreuzung platziert und verbesserungswürdig. Im zurückspringenden DG orientieren sich die Räume nach Nordwesten. Zur Kußmaulstraße wird einer der Höfe erdgeschossig als großzügiger Eingang genutzt, der eine einladende Adresse erzeugt und von dem aus eine gute Orientierung, sowohl zu den Treppenhäusern wie auch in das Gebäude hinein, geboten ist. Der seitlich angrenzende Verwaltungsteil bildet eine eigenständige Raumfolge und kann separat erschlossen werden. Die Gliederung von Sekretariats- und Gemeinschaftsräumen an das Foyer ermöglicht eine flexible Nutzung, ist jedoch schallschutzmäßig zu überprüfen. Die Kurzzeitpflege grenzt seitlich an das Foyer an. Wünschenswert wäre ein zusätzlicher eigener Zugang, der zurzeit nur rückseitig ermöglicht wird. Die Angliederung von Küche und Lagerräumen an die NW-Gebäuderückseite funktioniert, die KFZ- und Lieferandienung ist jedoch zu überprüfen. Die Gruppen befinden sich im 1. und 2. OG und sind prägnant und einfach gegliedert. An die jeweiligen Höfe erfolgt eine Anordnung von offenen, den Gruppen zugeordneten Außenflächen, an die jeweils glasumschlossene Aufenthaltsbereiche und zentrale Räume angegliedert sind. Die Belüftungssituation dieser Räume ist unklar. Die Bewohnerzimmer gliedern sich an den Gebäuderücken bzw. dessen Seitenflügel und besitzen gegenüber der, an die Höfe angrenzenden Aufenthaltsräumen, ein gutes Maß an Privatheit. Die Gruppen sind untereinander durch zentrale Treppenhäuser getrennt. An die Treppenhäuser grenzen im 1. OG Therapie- und Sonderräume, die gut für alle Gruppen zentral erschlossen sind. Die Ausbildung von Terrassen und Lufträume in den Höfen schafft gemeinsam mit den verglasten Treppenhäusern eine gute Blickbeziehung innerhalb des Gebäudes und zu den jeweiligen Gruppen und erzeugt spannungsreiche Beziehungen zwischen Innen- und Außenraum. Die Flure und Erschließungsflächen sind gut belichtet, die Aufweitungen vor den Bewohnerzimmern untergliedern und rhythmisieren. Unklar bleibt die separate Erschließung der Wohnungen im DG, die rückwärtig erfolgt, ohne aber von außen eindeutig ablesbar zu sein. Die Ausbildung einer gemeinsamen Dachterrasse entsteht aus einer Laubengangerschließung.
Die Fluchtwegesituation erscheint für die Gruppen nicht ausreichen gegeben.
Die Außenanlagen sind vom Foyer aus nicht erschlossen, eine Zuordnung zum Foyer wäre wünschenswert, bisher gelingt diese nur für die Kurzzeitpflege. Die Außenanlagen insgesamt sind nicht eindeutig definiert, die Stellplätze sind nur angedeutet. Die rückwärtige KFZ-Erschließung erscheint übernutzt. Das Gebäude überschreitet die im Bebauungsplanentwurf angedachten Baufluchten, eine veränderte Lage auf dem Grundstück sollte geprüft werden. Mit ca. 54 m2 NGF je Bewohner werden die förderfähigen Vorgaben überschritten, eine Überarbeitung ist deshalb notwendig. Die Fassade spiegelt die spannungsvollen Beziehungen in den Innenbereichen nicht wieder, sondern wirkt teilweise vorgesetzt. Schnitte und Grundrisse lassen jedoch ein lebendiges vielfältiges Gebäude erwarten, das vielen Nutzungsaspekten hervorragend gerecht wird.

Außenraum: Bemerkenswert sind die auf mehreren Etagen angebotenen, großzügigen überdachten Freibereiche oder Dachterrassen. Die Vorfahrt an der Kußmaulstraße ist gut bemessen. Der Übergang von den Parkplätzen zum Gartenbereich ist unklar und es wäre hierfür und zum Spielbereich bzw. Gemeinschaftsgarten deutlichere Aussagen notwendig. Ein Zugang zum Gartenbereich ist leider über die Treppenhäuser nicht möglich.

Nutzer: Das Lichtkonzept schafft atmosphärische Räume. Durch den Blick auf die Kleingarten-anlage im Osten sowie aufgrund der durchdachten Sonneneinstrahlung wird eine hohe Wohnqualität erzeugt.
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Grundriss Erdgeschoss

Grundriss Erdgeschoss