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Nichtoffener Wettbewerb | 09/2012

Neubau sozialpädagogisches Wohnheim

Anerkennung

RGA Arquitectes

Architektur

BCQ arquitectura barcelona

Architektur

Erläuterungstext

Zur Lage

Das Grundstück an der Kreuzung zwischen Kussmaulstraβe und Nancystraβe liegt am Zusammenfluss grundlegend unterschiedlicher städtebaulicher Strukturen: Abschluss einer Serie typischer Wohngebäude und Übergang zu der gegenüberliegenden großflächigen innerstädtischen Kleingartenanlage.
Der Neubau steht als ordnendes Element des ausgeprägt heterogenen Umfeldes: In Fortführung von Traufhöhe und Fassadenlänge bildet er den Abschluss und Fassade der Wohnbebauung zur Kussmaulstraβe, und bildet gleichzeitig den räumlichen Abschluss der ausgedehnten Kleingartenanlage der gegenüberliegenden Straßenseite.
Mit dem Ziel den Straßenraum der Kussmaulstraβe zu ordnen wird ein Volumen geschaffen das nicht den Charakter der Wohnbebauung fortführen, sondern die Grundzüge der Gebäudeform des Städtischen Klinikums übernehmen so den gemeinsamen Bereich des Straßenzugs der Kussmaulstraße ordnen soll.

Zum Volumen

Das Gebäude übernimmt die Attika der anliegenden Wohnbebauung als Höhenbegrenzung und verzichtet auf die Ausbildung des zurückgesetzten Dachgeschosses.
In einem subtraktiven Prozess werden Hohlräume im Gebäude und Öffnungen in der Gebäudehaut geschaffen. Die großzügigen Fassadenöffnungen kommunizieren erstere mit dem Außenraum und bringen Licht und Luft ins Gebäudeinnere.

Zum Programm

Der Neubau besteht aus vier Vollgeschossen, Erdgeschoss und zwei Obergeschosse für das Wohnheim und ein weiteres Obergeschoss für vom Zentrum unabhängiges barrierefreies Wohnen. Letzterem wird ein Teil des Erdgeschosses als unabhängig nutzbare Bürofläche zugeordnet.
Der Zugang zum Zentrum erfolgt über die Nancystraβe über die rückwärtige Grundstücksfläche und ermöglicht fußläufigen Zugang als auch die Zufahrt von Kleinbussen u.ä. Der Zugang zu den Wohneinheiten befindet sich an der gegenüberliegenden Gebäudeecke und ist von der Kussmaulstraβe erreichbar. Beide Zugänge sind durch die auskragenden Obergeschosse geschützt und witterungsunabhängig nutzbar.
Der Grundriss der Geschosse wird in Längsrichtung von jeweils drei parallelen Bändern gebildet. In den zur Fassade orientierten Bändern sind Privat- und Gemeinschaftsräume der Wohneinheiten als auch Therapie- und Mehrzweckräume angeordnet. Das innenliegende Band vereint vertikale und horizontale Erschließung mit Funktionsflächen und zwei- und dreigeschossigen Lufträumen die Licht und Luft ins Innere des Gebäudes bringen.
Die horizontale Erschließung der Geschosse wird von zwei zwischen Bändern angeordneten Korridoren gebildet. Über Querverbindungen werden alternative Wegekombinationen und somit eine flexible und abwechslungsreiche Nutzung der Räumlichkeiten möglich. Die Endbereiche der Korridore sind zum Außenraum offen und Gemeinschaftsbereichen oder Terrassen zugeordnet auch hier mit dem Ziel der natürlichen Belichtung und Lüftung als auch der kontrollierten visuellen Einbindung des umliegenden Stadtgefüges.
Offene Bereiche in den Fassadebändern in Verbindung mit den Lufträumen des zentralen Bandes schaffen rhythmisch Sichtachsen in Grundriss und Schnitt. Die horizontale Erschließung wird somit ohne Einbuße in ihrer Funktionalität gegliedert. Die umliegende Landschaft wird aus dem Innenraum heraus erlebbar.
Gemeinschaftlich genutzte Räumlichkeiten sind im Zentralbereich des Gebäudes angeordnet und schaffen eine notwendige Distanz zwischen Gruppen ermöglichen jedoch gemeinschaftliche Aktivitäten und Austausch. Die gruppeninternen Gemeinschaftsräume befinden sich in den Extremen des Gebäudes. Sie öffnen sich über Terrassen zur Umgebung und dienen als helle gut belüftete Räume dem gruppeninternen Rückzug.
Die zwei Treppenkerne sind im zentralen Band untergebracht und als Sicherheitstreppenräume ausgebildet. Die Fassade wird damit vollständig für das Programm verfügbar. Funktionell ist ein Treppenraum dem Zentrum, der andere den Wohneinheiten zugeordnet. Dem Zentrum werden zwei Aufzüge zugeordnet den Wohneinheiten ein weiterer.

Zum Brandschutz

Die Schwierigkeit einer Evakuierung soll durch die Ausbildung von zwei unabhängigen Sicherheitstreppenräumen abgemindert werden. Die Treppen sind jeweils von beiden Korridoren aus über Schleusenräume zugänglich, die im Brandfall als Sicherheitsräume in den Gruppenbereichen genutzt werden können, um so eine möglichst schnelle Evakuierung eines Bereichs zu ermöglichen. Die Treppenräume werden nicht notwendigerweise in die tägliche Nutzung eingebunden.
Das Gebäude wird in den Geschossen in Längsrichtung in jeweils drei Rauchsektoren unterteilt. Die in den Extremen gelegenen Sektoren schließen die Sicherheitstreppen und eine komplette Wohngruppe ein, der zentrale Bereich beinhaltet Gemeinschafts- und Therapieräume als auch die mehrgeschossigen Lufträume die ihrerseits in den oberen Geschossen über Entrauchungsöffnungen verfügen.
Die vorgesehene Zwangslüftung des Zentrums wird den Rauchsektoren entsprechend in drei Untereinheiten mit den entsprechenden Vorrichtungen zur Abschottung aufgeteilt.
Die vom Zentrum unabhängigen Wohnungen werden als individuelle Nutzungseinheiten gesondert betrachtet, haben aber ebenfalls redundanten Zugang zu beiden Sicherheitstreppenräumen.

Zum Leben im Zentrum

Die Aufteilung der Räumlichkeiten in parallelen Bändern ermöglicht eine flexible Gruppierung der Wohngruppen. Die Gruppen können sowohl in gegenüberliegenden
Bändern mit Hilfe von Gruppenräumen gebildet werden oder auch in Längsrichtung aufgereiht werden.
Gemeinschaftsräume werden in verschieden Positionen mit unterschiedlichen Beziehungen zu Innen- und Außenräumen angeordnet. Somit ist die Schaffung von großzügigen Luft- und Freiräumen im Inneren des Gebäudes in Verbindung mit bepflanzten Terrassen soll vielfältige Raumsituationen ermöglichen, die mit den Tages- und Jahreszeiten variieren und die Möglichkeit geben Aktivitäten abwechslungsreich zu steuern.
Gemeinschaftsräume und Privatbereiche werden transparent über großzügige Öffnungen an die Verkehrsflächen angeschlossen, können jedoch mit Hilfe von Storen und Schiebeelementen als private Rückzugsbereiche abgetrennt werden.
Die durchgehende Ringförmige Erschließung auf Geschossebene ermöglicht klare aber variable Wegeverbindungen in der Alltagsrutine der Bewohner. Die Lufträume des Zentralbereichs schaffen Verbindung zwischen Gruppen im Bereich der Gemeinschaftlich genutzten Räumlichkeiten. Gleichzeitig wird die Betreuung der Bewohner über das Pflegepersonal erleichtert.

Zum Tragwerk

Das Gebäude ruht auf einer thermisch isolierten Bodenplatte und hat kein nutzbares Untergeschoss.
Das Tragwerk ist auf Geschossebene in drei Felder aufgeteilt. Die Sicherheitstreppenräume im zentralen Feld sind als tragende und aussteifende Elemente konzipiert. In der Fassadenebene befinden sich tragende Betonwandflächen im Wechsel mit Fensteröffnungen verschiedener Weiten. Großformatige Öffnungen sind durch die tragende Fassade in allen Geschossen möglich.
Die Decken sind als Hohlkörperbetondecken vorgesehen. Im Bereich der Terrassen kann über den Wechsel zu Massivdecken der zum Beibehaltung der Bodenkote notwendige Höhenversprung erzielt werden.

Zur Materialität

Fassade
Die Fassade basiert grundsätzlich auf zwei differenzierten Materialien: Einer metallenen hinterlüfteten Außenhaut aus hochformatigen Elementen aus Aluminiumlegierung und einer nach innen versetzten Fensterebene mit beidseitig bedruckten Glasflächen.
Die großformatigen Öffnungen und Terrassenbereiche unterbrechen die Abfolge der geschosshohen Metallbänder. Diese, im Fensterbereich der Zimmer als Faltläden ausgelegt und aus perforiertem Aluminiumblech gefertigt, dienen sowohl dem sommerlichen Sonnenschutz als auch der Verdunklung.

Dach- und Terrassenflächen
Über extensive Dachbegrünung auf Terrassenebene soll den Bewohnern der natürliche Außenraum auch bei ungünstigen Wetterverhältnissen nahegebracht gemacht werden. Gleichzeitig dient die Begrünung der Regulierung des Regenwasserhaushaltes.

Innenräume
Im Innenbereich finden weiche und pflegeleicht Materialen in freundlichen Farben Anwendung die gleichzeitig pflegeleicht sind und die im Zentrum notwendige Hygiene ermöglichen: Linoleum und Kautschuk im Bodenbereich, Laminat- Holz- und TRESPA-Verkleidung im Wandbereich, Abgehängte Decken werden nur im Flurbereich und den angeschlossenen Gemeinschaftsbereichen verbaut und dienen der Leitungsführung. Alle Weiteren Decken sind als Sichtbetondecken ausgelegt und können notwendige Befestigungen für Pflegegeräte problemlos aufnehmen.
Im Wandbereich ist die Ausstellung wechselnder Kommunikationen und Arbeiten der Bewohner möglich.
Die Gruppenbereiche sollen durch Farbgebung und wechselnde Oberflächenstrukturen der raumabschließenden Flächen differenziert werden.

Zur Nachhaltigkeit

Programm und Gebäudehülle
Das Raumprogramm wird in einem klar begrenzten, kompakten Volumen realisiert. Vorsprünge in Fassade und Dachhaut werden bewusst zur Schaffung nutzbarer Außenflächen eingesetzt. Die reduzierte Hüllfläche in Verbindung mit durchgehender Wärmedämmung und hochisolierender Fassadenverglasung sind wesentliche Voraussetzung zur Einhaltung der ENEV 2009 -30%.

Belichtung
Die Ausrichtung des Baukörpers ermöglicht die natürliche Belichtung aller in Fassadenebene angeordneten Räume. Innenliegende Räume werden mit Hilfe großzügiger Fassadenöffnungen und mehrgeschossiger Lufträume natürlich belichtet. In den Wohneinheiten auf Dachebene ist die natürliche Belichtung durch die geringe Bautiefe sichergestellt.

Sommerlicher Sonnenschutz
Die äußere Fassadenhaut ist mit Sonnenschutzelementen versehen die individuell reguliert werden. Die großflächigen Fassadenöffnungen der Gemeinschaftsräume sind mit bedrucktem Glas versehen das den Lichteinfall kontrolliert und übermäßigem Wärmegewinn vorbeugt. In Verbindung mit kontrollierter Lüftung soll so die aktive Kühlung des Gebäudes vermieden werden.

Lüftung
Es wird eine zonierte Zwangsbelüftung mit Wärmerückgewinnung für das Zentrum vorgesehen. Die vorgesehenen Zonen sind mit den 3 Rauchabschnitten der Geschosse identisch und vereinen jeweils drei Ebenen. Die Wärmetauscher werden dezentral auf Geschossebene angeordnet. Unter der Bodenplatte sind Erdregister vorgesehen. Diese sorgen für passive Vorwärmung der Zuluft im Winter- und Vorkühlung im Sommerhalbjahr. Im Winterbetrieb wird die Zuluft durch ein aus Fernwärme gespeistes Heizregister auf die notwendige Temperatur nachgeheizt.
Zusätzlich ist die freie (Nacht-)Lüftung über die Fassadenöffnungen möglich. Die Abluft kann über die Flurbereiche dem Zentralbereich zu- und über dessen Fassadenöffnungen abgeführt werden. In den mit der Dachebene verbundenen mehrgeschossigen Lufträumen kann die Abluft über Oberlichte abgeführt werden.
Für die unabhängigen Wohneinheiten ist freie Lüftung vorgesehen.

Heizung / Warmwasser
Die unmittelbare Nachbarschaft zum Fernwärmenetz (Nancy- /Kussmaulstraße) legt nahe, dieses für Heizung und Warmwasserbereitung zu nutzen.
Zur Warmwasserbereitung werden zusätzlich Solarmodule auf Dachebene montiert. Um transportbedingte Energieverluste im Solarsystem zu minimieren wird das Warmwasser im Obergeschoss bereitet und gespeichert. Zusätzlich notwendige Energie wir über Fernwärme bereitgestellt.
Das Heizungssystem wird direkt über einen Wärmetauscher aus dem Fernwärmenetz gespeist. Das System ist als Niedertemperaturanlage mit Heizkörpern im Fensterbereich ausgelegt. Gemeinschaftsräume mit großflächiger Verglasung werden über bodenbündige Konvektoren beheizt.

Regenwasser
Dach und Terrassenflächen sind begrünt und dienen zusätzlich dem temporären Rückhalt von Niederschlägen. Anfallendes Oberflächenwasser und Dachentwässerung wird in einer unter dem Spielbereich gelegenen nach Bodenbeschaffenheit bemessenen Rigolen-Anlage versickert. Es kann davon ausgegangen werden das der überlagerte Spielbereich durch die erhöhte Versickerungsleistung auch nach Regenfällen kurzfristig nutzbar ist.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der im Lageplan längliche, 4-geschossige Baukörper entspricht der städtebaulichen Anlage der Abfolge von Riegeln in der Nancystraße und bildet den vorgezeichneten Abschluss an der Kussmaulstraße hin zur Kleingartenanlage. Die Adressen für die beiden Eingänge zum Zentrum und den Wohnungen sind diagonal an zwei Hausecken angeordnet und werden durch einen Fassadenrücksprung signalisiert. Der Eingang zum Zentrum liegt an der Schmalseite zur Nancystraße orientiert, der Eingang zu den Wohnungen liegt an der Kussmaulstraße. Die gleichgewichtige Ausbildung neigt im Alltag jedoch zu Fehlverkehren. Der gewählte Dreibundtypus führt zu einer schmalen Restfläche zur westlichen Grundstücksgrenze. Mit der Entscheidung auch die Parkierungsflächen jeweils den beiden Eingängen zuzuordnen, wird zum einen durch die Stichstraße entlang der nördlichen Grundstücksfläche die Chance für einen wenn auch schmalen gestalteten Außenraum vergeben und zum zweiten wird der eigentliche für die Tagesbetreuung notwendige Außenraum förmlich zwischen den beiden Stellplatzflächen eingeklemmt und kann keine besondere Entfaltung mehr erfahren.

Die innere Erschließung ist konsequent mit zwei Treppenhäusern und zwei Aufzügen im Mittelbund untergebracht, in dem zum Teil zweigeschossige Raumbezüge hergestellt werden und Licht über zentrale Oberlichter nach unten geführt wird. Um weiteres Licht in die große Gebäudetiefe zu bringen, werden zum einen die an den Längsfassaden liegenden Einzelräume unterbrochen und der Speisebereich oder transluzent abgetrennte Therapiebereiche angeordnet. Durch den Kunstgriff von ebenfalls über die diagonale am Gebäude angeordnete Abtreppungen der Gebäudekubatur werden zusätzliche differenzierte Außenräume pro Stockwerk auf den entstandenen Terrassen direkt bei den Gruppen angeboten und so eine Teilantwort auf die zu geringen Außenflächen gegeben. Insgesamt wird auf diese Weise der von der Belichtung ungünstige positionierte Dreibund aufgewertet und eine städtebauliche Betonung geschaffen. Die Gliederung der einzelnen Bereiche ist übersichtlich auf den Stockwerken umgesetzt. Bei der Andienung mit Transportfahrzeugen zeigt der Entwurf gewisse Schwächen. Die Verteilerküche liegt hierfür ebenfalls an ungünstiger Stelle. Der pro Bewohner geforderte Nutzflächenanteil von 48m2 ist mit berechneten 53,6m2 überschritten. Trotzdem erreicht der Entwurf in Summe in der Wirtschaftlichkeit einen günstigen Platz und stellt einen wichtigen Beitrag zum Wettbewerb dar.

Außenraum: Die Zufahrt zum Gebäude und die Parkierung sind funktional richtig angeordnet. Der Spielbereich bzw. der Gemeinschaftsgarten sind wenig aussagekräftig dargestellt.
Modell

Modell

Lageplan

Lageplan

EG

EG

OG1

OG1

OG1

OG1

OG3

OG3

Kussmaulstraße

Kussmaulstraße

Nancystraße

Nancystraße

Hof

Hof

Küche

Küche

Schnitt

Schnitt

Zur Lage

Zur Lage

Zum Volumen

Zum Volumen

Zum Programm

Zum Programm

Zur Materialität

Zur Materialität

Zum Tragwerk

Zum Tragwerk