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Nichtoffener Wettbewerb | 10/2012

Entwicklung des Bereiches Kurgebiet II

1. Preis

Planungsgruppe Süd-West

Stadtplanung / Städtebau

Habammer Leiber Architekten

Architektur

kamm+pohla Landschaftsarchitektinnen

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

STÄDTEBAULICHES KONZEPT

Im Spannungsfeld der heterogenen Siedlungsstruktur von Kirchzarten behauptet sich das
neue Quartier durch einen eigenständigen Charakter, der aus der Abkehr von der üblichen
strassenbegleitenden Bebauung hin zu Identifikation stiftenden Höfen entsteht.
Die Grundstruktur des städtebaulichen Entwurfes besteht aus 5 fingerartig aufgefächerten
Gebäudegruppen, die jeweils um einen großzügigen Wohnhof angeordnet werden und an die Dr.-Gremmelsbacher-Straße angebunden sind.
Entlang der Dr.-Gremmelsbacher-Straße sind dreigeschossige Mehrfamilienhäuser
vorgesehen. Am Kreisel der neuen Ortseinfahrt bildet ein Solitärgebäude den Auftakt,
während die übrigen Mehrfamilienhäuser paarweise angeordnet sind. Sie dienen als
adäquates Pendant zur Bebauung östlich der Straße und runden die vorhandene
Gebäudestruktur städtebaulich ab.
Die Gebäudetypen rund um die Wohnhöfe Richtung Westen variieren von Einzel- über
Doppel- bis zu Reihenhäusern, sind aber bezüglich der jeweiligen Anzahl prinzipiell nicht
festgelegt. Mit einer Ausnahme sind die Wohnhöfe nach Westen hin geschlossen, um einen Ortsrand auszubilden. Die vorhandene mächtige Eiche bildet an einem Hof den räumlichen Abschluss anstelle der Bebauung und kennzeichnet die Besonderheit dieses Hofes, durch den die historische Wegeverbindung zwischen Kirchzarten und Freiburg nachvollziehbar bleiben soll.

LAGE IN DER LANDSCHAFT UND GRÜNRÄUME

Da das neue Wohnquartier von der umgebenden Landschaft durch die Landesstraße L126 und die zu errichtende Lärmschutzwand getrennt ist, müssen neue Bezüge zwischen Landschaft und Quartier geschaffen werden. Dies erfolgt durch die Anordnung der durchgängigen Grünflächen am westlichen und nördlichen neuen Ortsrand, die teilweise als intensiv nutzbare Spiel- und Aufenthaltsbereiche sowie teilweise als extensiv bewirtschaftete Obstwiese und damit als Ausgleichsflächen vorgesehen sind. Auf diese Weise werden Elemente der umgebenden Kulturlandschaft in die wohnungsnahen Freiflächen eingefügt.
Die Lärmschutzwand soll transparent gestaltet werden, um den optischen Bezug zur
Umgebung zu ermöglichen. Um diese neu entstehenden Bezüge zu stärken, sind die
Hofgruppen zueinander aufgefächert. Die sich damit ergebenden schmalen keilförmigen
Grünflächen zwischen den Wohnhöfen nehmen das Regenwasser auf, das über Mulden-
Rigolen versickert wird. Überschüssiges Wasser wird in die westlichen Grünflächen geleitet und dort über flache Geländemulden dem Untergrund zugeführt.
Jedes Gebäude und jede Wohneinheit besitzt ihre eigenen privaten Freiflächen.
Die gemeinschaftlich nutzbaren Wohnhöfe sind ein weiterer wesentlicher Bestandteil des
Freiflächenkonzeptes.

WOHNHÖFE

Die Wohnhöfe sind zentraler wohnungsnaher und nachbarschaftsbildender Freiraum mit
hoher Aufenthaltsqualität. Jeder Hof wird individuell gestaltet und durch eine eigene Baumart charakterisiert. Dies dient der Identifikation und unterstützt das Gemeinschaftsgefühl der Bewohner der jeweiligen Hausgruppe. Diese Wohnform ist vor allem für Familien attraktiv, aber auch gemeinschaftliches Wohnen im Alter oder generationenübergreifende Gruppen finden hier einen geeigneten Rahmen. Die Höfe bieten den Bewohnern viele Nutzungsmöglichkeiten im „halböffentlichen“ Raum.
Die Zufahrten zu den Häusern führen über den Hof, auf die Ausbildung von Fahrgassen wird jedoch bewusst verzichtet. Zugunsten der Aufenthaltsqualität wird das Prinzip des „shared space“ angewandt, um den Charakter als Aufenthalts- oder Aktionsort noch zu stärken. Die südorientierten Terrassen und Gartenbereiche sind durch kleine Mauern vom
gemeinschaftlichen Hof klar abgegrenzt, um eine deutliche Trennung zwischen privaten
Freiflächen und gemeinschaftlichem Aktionsraum zu erreichen.

ERSCHLIESSUNG UND WEGEVERBINDUNGEN

Das neue Quartier wird über die Dr.-Gremmelsbacher-Straße und deren Anschluss an die
Freiburger Straße und an die Dietenbacher Straße in das Erschließungsnetz des Ortes
eingebunden. Über die Fußwegeverbindung zum historischen Ortskern können Dienstleistungs- und Versorgungseinrichtungen sowie der Bahnhof bequem erreicht werden. Langfristig soll diese Verbindung noch weiter aufgewertet werden.
Zur Wiedererkennbarkeit und Wiederbelebung der historischen Verbindung Richtung Kappel und Freiburg als Fuß- und Radwegverbindung wird unter Anderem eine Querungshilfe über die L126 vorgeschlagen. Die hier vorhandenen Nutzungsspuren zeigen sehr deutlich, dass diese Verbindung immer noch intensiv durch Radfahrer und Fußgänger genutzt wird.
Zur Verbindung der Höfe untereinander sind Fuß- und Radwege vorgesehen. Nach Norden
über den Kreisel hinweg führt in Verlängerung des neuen Fußweges entlang der
Dr.-Gremmelsbacher-Straße ein Weg in Richtung Talvogtei. Die Mehrfamilienhäuser entlang der Dr.-Gremmelsbacher-Straße werden auch von dort aus erschlossen. Die zugehörigen Stellplätze sind in Tiefgaragen untergebracht. Die Erschließung der Häuser in den Wohnhöfen führt jeweils über den Hof, ihre Stellplätze befinden sich direkt
am bzw. im Haus.
Öffentliche Parkplätze liegen an den Einfahrten zu den Höfen sowie entlang der
Dr.-Gremmelsbacher-Straße. Auf diese Weise kann Parksuchverkehr in den Wohnhöfen
verhindert werden.

BAUSTRUKTUR UND PARZELLIERUNG

Die Mehrfamilienhäuser entlang der Dr.-Gremmelsbacher-Straße, im Entwurf als
Punkthäuser dargestellt, aber auch als längere Baukörper denkbar, bieten den vorhandenen mehrgeschossigen Wohnhäusern auf der Ostseite der Straße das angemessene Gegenüber. Die Wohnhöfe sind für Doppel-, Reihen und Einzelhäuser vorgesehen, die Baufelder sind frei parzellierbar. Es soll eine vielfältige kreative Baustruktur entstehen. Die Bebauung ist in Abschnitten möglich, sowohl von Norden als auch von Süden beginnend.

ENERGIE

Die Baukörper sind nach Süden ausgerichtet und eignen sich für verschiedene Arten der
Nutzung regenerativer Energien. Im Zusammenspiel von Passivhausbauweise, der
Gewinnung regenerativer Energien auf dem Dach und dem Verbund kleiner dezentraler
Blockheizkraftwerke kann eine Siedlung mit ökologischem Vorbildcharakter entstehen.

HOTELPLANUNG

Um einen harmonischen Übergang von der Wohnbebauung zum Hotel zu erhalten, wird
vorgeschlagen, die Hotelkonzeption mit dem südlichsten Wohnhof zu kombinieren. Das
Grundstück des Hotels wird in die Gebäudestruktur einbezogen. Sollte langfristig das
Hotelkonzept scheitern, kann mit Wohnbebauung arrondiert werden. Umgekehrt kann auf die südlichste Reihe der Wohnhäuser mit Wohnhof verzichtet werden, falls die zukünftige
Hotelkonzeption mehr Fläche benötigt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Vier Wohnhöfe bilden das Grundgerüst des Entwurfs. Mit diesem zunächst simpel
erscheinenden Entwurfsansatz gelingt es, einerseits die Bebauung mit dem Freiraum
zu verzahnen, andererseits klar definierte Höfe mit eindeutiger Identität zu kreieren.
Mit wenigen klaren Setzungen entsteht so ein flexibles städtebauliches Grundgerüst,
welches keine Grundstücke zweiter Wahl entstehen lässt. Nicht nur die Bepflanzung,
sondern auch die Bebauung kann hofweise spezifisch ausgebildet werden. Es ist gut
vorstellbar, dass die Höfe als „Shared space“ zu Spiel und Aufenthalt einladen.
Die weitestgehend nach Süden orientierte Bebauung erlaubt, auf vielfältige Weise
Sonnenenergie zu nutzen. Das Rigolensystem zur Regenwasseraufbereitung
erscheint schlüssig.

Die Verfasser schlagen vor, dass Baufeld für das Hotel nach Süden zu verschieben.
Da sich so die Möglichkeit ergibt, dass Hotel als große Anlage zu bauen, als
mittelgroßes Hotel bei einseitiger Hofbebauung zu realisieren oder zugunsten eines
fünften Wohnhofes ganz auf eine derartige Nutzung zu verzichten, ist dies eine
interessante Option.

Längs der Dr. Gremmelsbacher Straße formulieren paarweise angeordnete
Mehrfamilienhäuser eine straßenbegleitende Bebauung, die den vorhandenen
Baumbestand weitestgehend schont. Es sollte geprüft werden, ob die
Mehrfamilienhäuser nicht geschickter dem gekrümmten Verlauf der Straße folgen
und den Straßenraum somit klarer definieren Die Zwischenräume zwischen den
Zwillingshäusern erlauben über die Muldenrigolen hinweg gute Ausblicke in den
Freiraum. Kritisch ist hier lediglich anzumerken, das versetzt angeordnete Ein- und
Ausfahrten in die Höfe, die vorhanden Straßen und in die Tiefgaragen unklare
Verkehrsverhältnisse schaffen. Ein Fußwegesystem verbindet die Höfe schlüssig im
Westen. Zur Landesstraße wird genügend Abstand gewahrt um den Lärmschutz als
harmlosen Wall auszubilden. Der ebenerdig vorgeschlagene Fußweg über die
Landesstrasse wird kritisch gesehen.

Zur architektonischen Ausformung werden wenig Aussagen getroffen. Ob das ganze
Baugebiet mit Flachdächern ausgeführt werden sollte, wird kritisch hinterfragt.
Insgesamt ein sehr schlüssiges Konzept für die gestellte Aufgabe.