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Nichtoffener Wettbewerb | 10/2012

Neugestaltung Ernst-Abbe-Platz

1. Preis

Preisgeld: 16.500 EUR

Mettler Landschaftsarchitektur

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Auf dem ehemaligen Gelände des Carl-Zeiss Hauptwerks liegend, fungiert der heutige Ernst-Abbe-Platz als Abschluss der innerstädtischen Platzfolge. Zusammen mit dem Marktplatz und dem Holzmarkt bildet er die Hauptader des städtischen Lebens im Zentrum von Jena. Durch die bauliche Abgrenzung, an der die Geschichte des Ortes ablesbar wird, agiert der Platz auch als eigenständiger Raum.

Die Geschichte und der Rhythmus des Ortes werden in die Neugestaltung des Platzes mit einbezogen. Eine länglich angeordnete Baumgruppe aus Schnurbäumen (Sophora japonica ‚Regent’) und Ranksäulen mit Klettertrompeten (Campsis radicans) gliedert den Platz. Dadurch erhält der Platz ein neues Gleichgewicht mit einem zentralen, intensiven Raum beim Hochhaus Bau15 und einen ruhigeren Aufenthaltsraum an der Mensa. Die Ranksäulen werden mit Nebeldüsen ausgestattet und sorgen an heißen Sommertagen für ein angenehmes, erfrischendes Klima. Der feine Nebel, der in unregelmäßigem Rhythmus sprüht, verändert die Atmosphäre des Platzes. Das am Nebel brechende Sonnenlicht bildet faszinierende Regenbögen, welche an diesem Ort auch als feine Anknüpfung an die Geschichte verstanden werden kann.

Die Platzoberfläche besteht aus einem einheitlichen Belag mit Natursteinpflaster, welches in zwei Bereichen mit Ortbetonplatten unterbrochen wird. Das Fugenmuster des Betonbelags, welches an Glasscherben erinnert, bezieht sich auf die Geschichte des Ortes, die eng mit der Glasherstellung und Verarbeitung verknüpft ist. Zu der ‚Bauminsel’ hin wölb sich der Belag nach oben um den Pflanzen genügend Bodenaufbau zu bieten. Die gesamte Platzfläche ist befahrbar und bietet Raum für Veranstaltungen aller Art, wie Feste, Konzerte oder Märkte. In der Platzfläche sind Unterflur-Medienanschlüsse für Wasser, Abwasser und Elektrik vorgesehen. Gruppen von Sitzhockern mit unterschiedlichen Aufenthaltsmöglichkeiten laden zum Verweilen ein. Die neuen Sitzelemente aus Holz und Metall bieten eine vielseitige Aufenthaltsqualität. Sie korrespondieren in ihrer Gestaltsprache mit dem Dach der Straßenbahnhaltestelle. Beide Elemente bestehen aus einer Metallkonstruktion mit Sitzfläche und Dachuntersicht aus Lärchenholz. Durch die zeitlose und regionaltypische Materialität erzeugen die Möbel eine angenehme Atmosphäre.

Die Kunstwerke von Frank Stella werden neu platziert, von ihrem Sockel befreit und dadurch dem Betrachter näher gebracht.

Der neue Platz schafft eine Bühne für das städtische Leben. Gerahmt durch markante Baukörper, welche schon den Fabrikzugang prägten, wird eine ruhige großzügige Platzfläche gestaltet.

Für die Besucher des Ernst-Abbe-Platzes wird der neu erleb- und nutzbare Freiraum mit seiner Großzügigkeit und der hainartiger Baum- und Kletterpflanzengruppe nicht nur ein Durchgangsort, sondern ein wichtiger Erholungsort; ein Ort mit Ruhe und Würde in der Hektik des Alltags.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Verfasser überzeugt durch eine klare urbane Platzgestaltung. Der Entwurf beschränkt sich bewusst auf wenige Gestaltungselemente: Baumreihe, einheitliche Bodengestaltung und wenige Ausstattungselemente. Er besticht durch die Erzeugung eines neuen, zeitgemäßen „Gesichtes“ und kompletter Berücksichtigung vorhandener Nutzungspfade. Raffiniert wird die Kollegiengasse aufgenommen und zum Haupteingang des Universitätsgebäudes verlängert. Damit erfolgt wie selbstverständlich die Anbindung an die Altstadt.

Der Bereich vor der Goethe Galerie erfährt eine charmante Aufwertung der Aufenthaltsqualität.

Der baumbeschattete, leicht erhobene Aufenthaltsbereich vor der Mensa lädt zum Verweilen ein und gibt dem Platz gleichzeitig einen vitalen Eindruck. Die punktuell eingestreuten Ranksäulen-Gruppen betonen zusätzlich die Vertikale und leisten gleichzeitig über die eingebauten Nebeldüsen einen Beitrag zur Verbesserung des Stadtklimas im Sommer mit dem signifikanten Nebeneffekt „vieler kleiner Regenbögen“ durch die Brechung des Sonnenlichts. Die Verwendung von hellem Granit-Kleinsteinpflaster im Kontext zu „an Glasscherben erinnernde“ Betonplatten vermitteln lokale Assoziationen und eine besondere Spannung.

Positiv bewertet wird der zurückhaltend gestaltete Straßenbahn-Wartebereich, dessen Einordnung in Bezug auf die Eingänge ins Hörsaalgebäude jedoch ebenso einer Überprüfung bedürfen wie die betreffenden Kostenansätze.

Der Gesamtentwurf bietet Optionen für vielfältige Nutzungen und weitere Öffnungen der Erdgeschosszone der Gebäude. Die Stella-Skulpturen werden neu und gut im Stadtraum zur Geltung gebracht, wobei der Standort der „Peekskill“ zu überdenken ist. Bezüglich der Fahrradstellplätze ist die Anzahl zu erhöhen. Das Lichtkonzept bedarf einer vertiefenden Betrachtung.

Der Gesamtentwurf überzeugt durch eine äußerst prägnante Gliederung, die sich wirtschaftlich realisieren und unterhalten lässt.