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Nichtoffener Wettbewerb | 11/2012

Kulturinsel Reußenplatz - Bibliotheks-/Archiv-/Verwaltungsgebäude

Blick auf die Kulturinsel vom Lindenring

Blick auf die Kulturinsel vom Lindenring

ein 2. Preis

RKW Architektur +

Architektur

Haupt Ingenieurgesellschaft für technische Gebäudeausrüstung mbH

TGA-Fachplanung

Erläuterungstext

Kulturinsel im Stadtraum
In einem Umfeld geprägt von historischen Fachwerkgebäuden, Wohn- und Geschäftshäusern des 19. Jahrhunderts und zeitgemäßen Neubauten fügt sich der Neubau selbstbewusst in seine Nachbarbebauung ein. Das Gebäude vermittelt sowohl Ruhe und Klarheit, bildet aber mit seiner monolithisch - skulpturalen Form und Materialität einen einprägsamen Akzent. In zweiter Reihe zur belebten Fußgängerzone gelegen, ist die Sichtbeziehung vom Reußenplatz über die Badergasse zur Herren-straße, welche direkt zum Markt führt, von besonderer Bedeutung. Der modern interpretierte Giebel positioniert sich ausgerichtet auf die Badergasse im Stadtraum und soll Bürger und Besucher der Stadt Naumburg neugierig auf das Gebäude machen. Die Kubatur des Neubaus lehnt sich mit seinem modern ausgeformten Satteldach an die Umgebungsbebauung an und nimmt die Traufhöhen der direkt anschließenden Bestandsgebäude auf. In der Annäherung heben sich in der Fassade aus geschliffenem Muschelkalk grob aus dem Stein gestrahlte Formen ab. Sie bilden zugleich eine historische Stadtsilhouette und stellen ande-rerseits stilisierte Bücher dar. Somit werden die Funktionen des Gebäudes als Stadt- und Museumsarchiv, aber auch als Stadtbibliothek nach außen dargestellt.

Kulturinsel und ihre Funktionsverteilung
Die zu bewahrende Hofbebauung von Reußenplatz 9 steht Pate für den Neubau. Das Durchschreiten eines Tores und das Ankommen in einem umbauten Atrium, welches in den Garten führt, bildet hierbei den Leitgedanken für die innere Struktur der öffentlichen Biblio-theksnutzung im Erdgeschoss und ersten Obergeschoss. Aufgrund der guten Bausubstanz des Bestandsgebäudes Reußenplatz 6 werden hier die Räume der Verwaltung mit den Werkstätten und Lagerräumen untergebracht. Der halböffentliche Präsenzlesesaals der Städtischen Sammlung wird im stützenfreien Dachgeschoss des Bestandsgebäudes untergebracht. Der Archivbestand der Grafiken, Textilien und die Gemäldedepotanlage befinden sich auf der gleichen Etage im Neubauteil. Die aus Gründen der Verkehrslasten in den Untergeschossen untergebrachten Fahrregale sind über den Aufzug direkt an diesen Lesesaal angebunden. Für die Haustechnik benötigte Räume liegen im Untergeschoss und Dachgeschoss des Neubaus. Das Fachwerkgebäude Reußenplatz 9 verzahnt sich an der Westseite mit dem Neubau. Im Erdgeschoss befinden sich die Garderobe und Sanitärräume. Im 1.Obergeschoss liegen die Räume der Leitung des Hauses. Sondernutzungen für Lesungen oder Ausstellungen sind in der Gewölbetonne bzw. im Hofanbau möglich. Das Treppenhaus zwischen Alt- und Neubau macht als lineare Fuge den verformten Fachwerkgiebel erlebbar.

Kulturinsel und Erschließung
Der Haupteingang befindet sich im Neubau zur Badergasse. Der Giebel faltet sich im Erdgeschoss nach innen und lenkt die Besucher seitlich direkt in das zentrale Atrium mit dem Empfangstresen. Hier betritt man die öffentlichen Bereiche der Kulturinsel. Eine große Freitreppe verbindet die beiden Etagen der Stadtbibliothek. Die notwendigen Fluchttreppenhäuser nehmen sich zurück und befinden sich jeweils am Ende des Gebäudes. Am Fachwerkgebäude wird das vorhandene Treppenhaus ersetzt. Das Haupttreppenhaus mit der Anbindung des halböffentlichen Präsenzlesesaals und der nichtöf-fentlichen Archive befindet sich zusammen mit einem Aufzug im Gebäude Reußenplatz 6 im Übergang zum Neubauteil. Das vorhandene, historische Treppenhaus des Reußenplatz 6 kann nach Aufarbeitung als Treppenhaus ohne Brandschutzanforderung weiter bestehen und verbindet die Verwaltungsnutzung im Erdgeschoss und 1. Obergeschoss. Der Bereich der ehemaligen Durchfahrt wird auf das Höhenniveau der anliegenden Räume aufgeständert um den Übergang für die Verwaltungsnutzung stufenlos zu halten. Ein Plattformlift im Bereich des Hauseingangs gleicht den Höhenunterschied barrierefrei aus und kann auch zur Anlieferung mit einem Rollhubwagen befahren werden.

Kulturinsel aus Sicht des Besuchers
Nach passieren der Rampe zum Eingang gelangt der Besucher geleitet, von dem frei geformten Tresen (Servicepoint) mit seinen Sitz- und Liegestufen, über das Foyer in das zweigeschossige, glasüberdachte Atrium des Hauses. Hier ist ein spannungsvoller Raum entstanden, der Moderne und Geschichte miteinander verbindet. Das für Naumburg typische Thema der Höfe wird hier interpretiert und durch die Einbeziehung des mittelalterlichen Laubengangs in den Innenraum komplettiert. So kann ein Stück Geschichte erhalten und erlebbar gemacht werden. Im Erdgeschoss nimmt der Fach-werkbau die Garderoben, Sanitärräume und das Stuhllager auf. Das Atrium, Herzstück der Kulturinsel, bietet ausreichend Platz für die Cafeteria und die Lesebereiche und fungiert gleichzeitig als Aktionsfläche für Lesungen und Ausstellungen und ist mittels mobiler Rollregale vielfältig gestaltbar und abtrennbar. Der Bibliotheksbereich ist in Zonen gegliedert. Es gibt die klar möblierten Bereiche der Freihandbibliotheken, deren strenge Regalanordnung von den freien Formen der modularen Sitzmöglichkeiten unterbrochen wird und Aktionszonen, welche die Leseinseln und die Arbeitsplätze aufnehmen. Im hofwärtigen Bereich des Neubaus wurde die Kinderbibliothek platziert. Abgetrennt durch eine Glastrennwand, ist ein auf die Bedürfnisse der Kinder zugeschnittener Raum entstanden. Podeste laden zum sitzen, liegen und klettern ein. Alle Sitzmöbel haben einen modularen Charakter: sie lassen sich erweitern, verteilen und erneut arrangieren. Die Regale sind beweglich auf Rollen gelagert und lassen auf Wunsch individuelle Räume entstehen. Die Kinderbibliothek ist direkt an den Außenraum angebunden. Die Jugendbibliothek befindet sich sepa-riert im ruhigeren, vorderen Gebäudeteil und ist mit einem multimedial ausgestatteten Hausaufgabentresen ausgestattet. Vom Atrium gelangt der Bibliotheksbesucher über eine offene Treppe in das 1. OG. Auch hier betritt er zuerst die Aktionszone, einen frei möblierten Raum mit Sitzgruppen, die zum verweilen und lesen einladen. Die Erwachsenenbibliothek schließt sich über die gesamte übrige Geschossfläche an. Gezielt eingestreute Leseinseln öffnen Räume im sonst starren Regalraster und stehen in Beziehung zu den Fenstern und ermöglichen Blicke in den Straßen- oder Hofraum. Von dort besteht auch die Möglichkeit, eine Ausstellung zur Geschichte des Hauses im Laubengang des Reußenplatz 9 zu besuchen.

Der Besucher des Lesesaals der Städtischen Sammlungen wird vom Erdgeschoss in das Haupttreppen-haus im Reußenplatz 6 geleitet. Eine barrierefreie Erschließung führt über den Aufzug in das Dachgeschoss des alten Lagerhauses. Der stützenfreie Dachstuhl ist durch Glastrennwände zum Schrägdachbereich getrennt. Somit werden die Originalbauteile des Hauses zu Ausstellungsgegenständen. Auf der Hofseite sind große Fensteröffnungen eingefügt, so dass eine ausreichende Belichtung für den Lesesaal ge-geben ist. Eigens für die Kulturinsel entworfenes Mobiliar findet sich auch hier. Die Arbeitsplätze werden mit einer Ausstellung zur „Lepsiana“ versehen. Die aus den Bibliotheksbereichen bekannten Leseinseln sind ebenfalls integriert.

Kulturinsel aus Sicht des Mitarbeiters
Der Eingang für die Mitarbeiter der Kulturinsel befindet sich im Reußenplatz 6. Hier sind die wesentlichen Arbeitsräume untergebracht. Im Erdgeschoss, nahe der Anlieferung gelegen, befinden sich Poststelle, Materiallager, Putzmittelraum und zwei Werkstätten. Über die in-terne Treppe oder das neue Haupttreppenhaus gelangen die Mitarbeiter in das 1. Obergeschoss, wo sich die übrigen Arbeitsräume befinden. Teeküche und Sozialraum sind in Form einer Kombizone in zentraler Lage positioniert. Auf kurzem Wege gelangt man über den Neubau in die Büros des Sekretariats und des Leiters der Kulturinsel im Reußenplatz 9. Über den Aufzug im Haupttreppenhaus sind die Mitarbeiter sofort an alle Etagen und Funktionsbereiche der Kulturinsel angebunden.

Kulturinsel und Anlieferung
Der Anlieferbereich befindet sich unweit des Haupteinganges im Bestandsgebäude des Reußenplatz 6. Da bisherige Höhenunterschiede im Gebäude zugunsten eines schwellenlosen Erdgeschosses im Durchgangsbereich durch 3 Steigungen ausgeglichen wurden, kommt ein Plattformlift zum Einsatz um die Poststelle, den Müllraum sowie die Lagerräume barrierefrei anzubinden. Von hier gelangt man auf kurzem Wege zum Aufzug und kann alle Ebenen anbinden. Eine Anlieferung kann auch über den Haupteingang erfolgen, der auf kurzem Weg mit dem Haupttreppenhaus verbunden ist.

Kulturinsel Denkmalschutz Reußenplatz 6 Das Gebäude wird im Sinne des Denkmalschutzes saniert. Die Holzbalkendecken werden nach Erfordernis ertüchtigt und aufgearbeitet. Die Innenwände und Stützenkonstruktionen sollen nach Möglichkeit erhalten werden. Ursprüngliche Raumstrukturen bleiben erkennbar. Neue Einbauten, wie Innenwände, Türen und Ausstattungen, heben sich einfach, schlicht und modern von der bestehenden Bausubstanz ab. Überlagerungen von alten und neuen Strukturen sollen erkennbar gemacht werden: so z. B. unter Einsatz von transparenten Materialien in Wand- und Deckenbereichen. Das historische Treppenhaus wird ebenfalls aufgearbeitet und nach denkmalpflegerischer Zielstellung saniert. Das neue Treppenhaus schneidet in die vorhandene Struktur ein und stellt das Bindeglied zum Neubau dar. Die Fassade zum Reußenplatz bleibt in ihrer jetzigen Gestalt erhalten. Eine Innendämmung aus Kalziumsilikatplatten wertet die Fassade energetisch auf ohne sie zu schädigen.
Alle Fenster erhalten eine energetisch höherwertige Zweifachverglasung. Die Hoffassade wird außenseitig gedämmt und durch den Umgriff des Neubaus überformt.

Kulturinsel Denkmalschutz Reußenplatz 9
Das mittelalterliche Fachwerkgebäude wird nach histori-schen Vorgaben saniert. Die Herstellung der bauzeitlichen Straßenfassade wird im weiteren Planungsprozess mit dem Denkmalamt abgestimmt. Nach statischer Untersuchung ist die Fachwerkkonstruktion zu rekonstruieren bzw. zu ersetzen. Die Raumstrukturen sollen im Wesentlichen erhalten bleiben. Lediglich die Treppenhäuser müssen im Sinne einer plausiblen Anbindung und Einbindung des Neubaus der Kultur-insel angepasst werden. Neue Einbauten sollen sich, analog dem Umgang mit dem Reußenplatz 6, modern, aber sensibel im Umgang mit der historischen Bausubstanz absetzen. Die Verlagerung des Hofan-baus in den Innenraum erlaubt eine schonende Restaurierung und Aufarbeitung des historischen Laubengangs, da künftig keine Bewitterung mehr auftreten kann. Eine Dämmung wird ohnedies nicht benötigt. Einzig die Straßenfassade wird innenseitig mit Leichtlehm energetisch verbessert. Die Wand zum Nach-barn wird als Brandwand ausgebildet. Die übrigen Außenwände werden mit dem Neubau verzahnt und gehen in den Innenraum über.

Kulturinsel barrierefrei
Der Haupteingang ist über eine 5% geneigte Rampe mit dem Straßenraum verbunden. Fast das gesamte Gebäude ist für eine barrierefreie Benutzung ausgelegt Lediglich die Räume über der Leitung im Reußenplatz 9 und die Bestandskeller sind ausschließlich über Treppen erreichbar. Das behindertengerechte WC befindet sich in unmittelbarer Nähe zum Foyer. Ein Aufzug mit behinderten-gerechter Ausstattung ist ebenfalls unweit des Foyers positioniert. Die Geschosse der drei Gebäudeteile binden schwellenlos aneinander an. Drei behindertengerechte Stellplätze sind im aufgeweiteten Straßenraum vor dem Reußenplatz 6 angeordnet. Hier ist ein Weg von etwa 30 m bis zum Haupteingang zurück zu legen. Besucher der Verwaltung können das Gebäude auch über den Plattformlift barrierefrei erreichen.

Kulturinsel im Außenraum
In Anbetracht der sehr alten Stadtstrukturen des Reußenplatz, welcher sich im altstadtnahen Innenstadtbereich befindet, ist die Auseinandersetzung der Gestalt historischer Siedlungsstruktur Grundlage für die Betrachtung der Freianlagen für die neue Kulturinsel in Naumburg. Auf Grund der historischen Entwicklung wird der Reußenplatz in seiner Gestaltung nicht als reiner Platz verstanden, sondern ein Straßenraum mit platzähnlicher Gestaltung. In der Mitte wird eine Fahrspur mittels Änderung des Belagsmusters vorgeschlagen ohne Bordstein geht diese in Kleinpflaster an den Fassaden über. In Anlehnung an die altstädtische Gestaltung soll der Belag der Fahrspur aus großformatigem Granitpflasterstein hergestellt werden.
Die Aufweitung des Straßenraums im Bereich Reußenplatz 9-11 erhält einen eigenen Charakter. Die Fahrspur verläuft entlang der gegenüberliegenden Seite, so dass sich in diesem Bereich mit Hilfe eine Bodenintarsie im Belag, ein kleiner Platz herausbilden kann. Betont wird der Ort mit einer solitären Baumstellung im Belagsteppich. In diesem Bereich finden Bügel für Fahrradstellplätze Platz.
Die Kulturinsel mit dem Bibliotheksneubau erhält im Blockinneren einen Hofgarten zum Lesen und Entspannen. Die transparente Fassade mit den Gebäudeöffnungen ermöglicht eine direkte Verbindung zwischen Innen und Außen. Dieser Übergang wird mit einem umlaufenden Belagsband thematisiert. Aus glei-chem Belag entsteht ein Teppich aus warmen Granit (z.B. Belgrano), welcher zum Einen das Altstadtthema und zum Anderen das Thema Schrift aufgreift, was sich in Zeilen äußert und in Form der streifenartigen Plattenbänder wieder zu erkennen ist. Aus diesen Plattenbändern erwachsen an einigen Stellen Sitzbänke oder auch grüne Pflanzbänder. An den Mauerkanten entstehen niedrige Pflanzflächen, ohne die hochwertige Natursteinmauer zu verstellen, aber um doch einen Kontrast und Ruhepol zu schaffen. Einzelne blühende Baumstellungen gliedern den Hofgarten und geben ihm einen eigenen introvertierten Charakter (hortus conclusus). Im Bereich der Holzeinfriedung zum Grundstück Reußenplatz 2 wird vorge-schlagen, eine Mauer mit vorgehangenem Spiegel herzustellen. Dieser reflektiert den Hofgarten und lässt ihn räumlich größer erscheinen, zum anderen stärkt er das Thema Hortus conclusus um dem „In-Sich-Zu-Gehen“ mehr Raum zu geben.

Brandschutz
Die Kulturinsel ist ein Sonderbau und der Gebäudeklasse V zugehörig. Die Außenwände zum Nachbarn werden als Brandwände ausgebildet. Die Aufteilung erfolgt in zwei getrennte Brandbereiche: Reußenplatz 6 und Neubau Reußenplatz 7, 8 mit dem Bestandsgebäude Reußenplatz 9. Beide Bereiche sind F90 bzw. T30 von einander getrennt. Alle Gebäudeteile sind an eine BMA angeschlossen. Es sind 3 notwendige Treppenhäuser mit Fluchtwegbreiten von min. 1,20 m vorhanden. Die Entrauchung erfolgt über das zentrale Atrium.

Wirtschaftlichkeit
Das Gebäude ist kompakt geplant. Somit werden die Hüllflächen minimiert. Die Trag-konstruktion kommt ohne Systemsprünge in den Geschossen aus. Die Fassade des Neubaus ist nur zum Straßenraum mit Muschelkalk verkleidet. Im Hof wird die Fassade als gedämmte Putzfassade ausgeführt. Die Fenster lassen sich zu Reinigungszwecken öffnen. Mittels eines Aufzuges und eines Plattformlifts sind fast alle Bereiche des Gebäudes barrierefrei erreichbar. Die Abstandsflächen zu den Nachbarn werden eingehalten. Der klar strukturierte Entwurf und die gute Abgrenzung der verschiedenen Nutzungsbereiche ermöglicht eine sinnvolle Aufteilung in Energiezonen.

Haustechnik
Die Beheizung der Gebäude erfolgt im Neubau über die bautechnisch notwendigen Lüf-tungsanlagen. Die Bestandsgebäude sowie die Nebenräume werden über statische Heizflächen mit Wärme versorgt. Die zentrale Wärmeerzeugung erfolgt über eine Sole-Wasser-Wärmepumpe. Das zugehörige Sondenfeld (15 Sonden/ ca. 70m Tiefe) wird unter dem Neubau angeordnet. Mit den Erdsonden wird über eine passive Kühlung der Großteil des Kühlbedarfes gedeckt. Die zusätzlich benötigte Kühlung für die Entfeuchtung der Archivräume wird über eine Kompressionskältemaschine bereitgestellt. Sämtliche Anlagenteile des Haustechnikkonzeptes werden bedarfsgerecht geregelt. Die Hauptaggregate werden in den Technikräumen im 2. UG und im DG untergebracht. Mit der baulich integrierten Kanal- und Leitungsführung sowie der Anordnung der gesamten Technik innerhalb der Bauhülle (Ausführung der Außenluftöffnungen mit liegenden Wetterschutzgittern - hinter Sichtschutzelementen) erfolgt eine vollständige Imple-mentierung der Haustechnik in den Baukörper. Einzige Ausnahme bildet dabei die Photovoltaikanlage, die auf der geneigten, hofseitigen Dachfläche angeordnet wird. Das komplette Haustechnikkonzept inkl. der Maßnahmen zur Vermeidung möglicher Energieverluste des Gebäudes ist in den Plänen näher beschrieben.

Thermische Bauphysik
Der Dämmstandard des Neubaues entspricht dem üblichen Passivhaus-Standard. Für die transparenten Bauteile kommt generell 3-fach-Verglasung mit einem niedrigen U-Wert zum Einsatz. Die große Dachfläche erhält 30 cm Dämmung, die Außenwände werden in einer Stärke von 20 cm gedämmt. In Verbindung mit einem günstigen A/V-Verhältnis von 0,30 ist die Gebäudehülle hinsichtlich des Transmissionswärmebedarfs optimiert. Bei den Altbauten wird der Wärmeverlust über die Außenwände durch Innendämmung auf der Straßenseite und einem Wärmedämmverbundsystem (Reu-ßenplatz!) auf der Hofseite deutlich verringert. Die Dächer bzw. Decken zu unbeheizten Dachräumen sowie die Fenster werden energetisch ertüchtigt.

Raumakustik
Spezielle raumakustische Maßnahmen sind in einer Bibliothek nicht erforderlich. Das Atrium wird bisweilen für Veranstaltungszwecke genutzt. Die Fläche des Auditoriums ist hinreichend klein, so dass der Abstand zu einem Redner (oder Lautsprecher) gering ist und alle Hörerplätze mit genügend energiereichem Direktschall versorgt werden. Der Raum ist bei allseitiger Schallabstrahlung zwar hallig, kritische Reflexionsflächen wie z.B. das Glasdach sind aber so weit entfernt, dass bei üblicher Nutzung der Raum wenig angeregt wird und kein störender Nachhall entsteht.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf ist durch einen tief in das Grundstück hineinlaufenden Baukörper charakterisiert, der sich vom Reußenplatz leicht schräg in das Grundstück erstreckt. Die Front zum Reußenplatz ist geschlossen. Die Prominenz der Bauaufgabe sollte in der Gestaltung der Fassade deutlicher zum Ausdruck kommen. Dies gilt sowohl für die Kubatur wie auch für die Öffnungen und die Gestaltung. Eine Natursteinfassade erscheint nicht erforderlich. Die Dachlandschaft könnte optimiert werden.
Im Inneren entsteht ein nach oben verglaster Hof, der als Verteiler- und Orientierungsfläche dient und den Laubengang als Teil der Altstadtarchitektur prominent exponiert. Am Reußenplatz liegen im Erdgeschoss in dem zur Badergasse orientierten Eingangsbereich die öffentlichen Funktionen, während die Kinder- und Jugendbibliothek im rückwärtigen Teil angeordnet ist. Der Freihandbereich nimmt das gesamte 1. OG ein. Die Sondernutzungen liegen im 2. OG. Die Magazinräume sind in zwei Tiefgeschossen untergebracht. Die Innenräume sind ansprechend gestaltet und könnten durch die Einbindung des Gebäudes Reußenplatz 6 noch gesteigert werden. Die Aufenthaltsqualität ist – besonders im zentralen Lichthof und am Ende des langen Riegels im Hof unter Einbeziehung des Hofraums – ausgesprochen hoch.
Das Raumprogramm ist erfüllt und im Bereich Freiraum mit zusätzlichen attraktiven Angeboten übertroffen. Die Gesamtorganisation ist ausgesprochen benutzerfreundlich. Die historischen Gebäude sind gut integriert und geben dem Entwurf eine hervorragende Verbindung zum Altbaubestand. Haus Nr. 9 wird sparsam genutzt und kann so als Dokument erhalten bleiben. Haus Nr. 6 wird in Teilen entkernt, um die Erschließung aufzunehmen. Die Verschneidung von Neubau und Altbau wird in diesem Bereich kontrovers diskutiert.
Die kompakte Gestaltung des Baukörpers erschwert die Tageslichtversorgung und schränkt die Möglichkeiten zur (zusätzlichen) natürlichen Belüftung ein. Das Energiekonzept zur Beheizung und Kühlung ist weitgehend schlüssig. Die Vorkühlung / Vorwärmung der Außenluft über Erdwärmeübertrager ist hinsichtlich wirtschaftlicher Kriterien zu prüfen.
Die ausgedehnte PV-Anlage ist wesentlicher Bestandteil des Energiekonzeptes. Die Anordnung des sorgfältig zu klimatisierenden Gemäldedepots im 2. OG ist aus bauklimatischer Sicht diskussionswürdig.
Die Rettungswege sind gesichert. Barrierefreiheit wird durch einen Aufzug gewährleistet. Es sollte jedoch geprüft werden, inwiefern das Flächenüberangebot noch optimiert werden kann, um ggf. auf ein 2. Untergeschoss zu verzichten.
Der Entwurf überzeugt durch seine Klarheit und Konsequenz in der Anordnung der Funktionen und der Übersichtlichkeit sowie Orientierung ebenso wie durch die Möglichkeit einer personalsparsamen Bewirtschaftung und eines günstigen
Erschließungsflächenanteils. Insgesamt ist ein überaus überzeugender Entwurf entstanden, der unter funktionalen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten keine wesentliche Kritik hervorruft. Einzig die Außenerscheinung muss noch
einmal überdacht werden. Dies kann aber ohne Einbußen in der Gebäudeorganisation problemlos erreicht werden.
Lageplan

Lageplan

Funktionsschema

Funktionsschema

Erdgeschoss

Erdgeschoss

1. Obergeschoss

1. Obergeschoss

2. Obergeschoss

2. Obergeschoss

1. Untergeschoss

1. Untergeschoss

2. Untergeschoss

2. Untergeschoss

Schnitt A-A

Schnitt A-A

Schnitt B-B, Hofansicht

Schnitt B-B, Hofansicht

Schnitt C-C

Schnitt C-C

Blick ins Atrium der Kulturinsel

Blick ins Atrium der Kulturinsel

Konzept Fassade

Konzept Fassade

Ansicht Ost

Ansicht Ost

Ansicht Nord

Ansicht Nord

Fassadendetail

Fassadendetail

Blick auf die Kulturinsel vom Lindenring

Blick auf die Kulturinsel vom Lindenring

Blick auf die Kulturinsel von der Badergasse

Blick auf die Kulturinsel von der Badergasse