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Offener Wettbewerb | 11/2012

Kronenplatz / Holzmarkt

4. Preis

Preisgeld: 8.000 EUR

Lützow 7 Müller Wehberg Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

urban essences

Stadtplanung / Städtebau

Erläuterungstext

Städtebauliche Konzeption

Das Projekt nimmt die verkehrliche Entlastung der Ringstraße/ Waiblinger Straße zum Anlass, nicht nur den öffentlichen Raum selbst mit einer deutlich erhöhten Wertigkeit und Aufenthaltsqualität zu versehen, sondern auch die baulichen Strukturen so zu verändern und zu ergänzen, dass insgesamt eine harmonische, in den Kontext nahtlos integrierte Raumfolge entsteht.
Vorbild und Maßstab sind dabei die traditionellen, kleinstädtischen Vorkriegs-Strukturen, insbesondere die äußerst reizvolle und identitätsstiftende Bebauung entlang der Marktstraße sowie die historisch gewachsenen aber in den 70er Jahren überformten Wege- und Raumzusammenhänge, die wir im Bereich Holzmarkt nahezu originalgetreu, im Bereich Kronenmarkt in neuer Interpretation wieder aufleben lassen (siehe auch Historische Karte).

Im Geist der kürzlich in der östlichen Altstadt Winnendens realisierten „Markthaus“-Bebauung wird somit der grundlegende Maßstab und die prägenden Motive von Giebelständigen Fassa¬den, Satteldächern und schmalen Parzellen aufgenommen und in zeitgemäßer Weise architektonisch detailliert.
In dieser Entwurfshaltung ist es aus unserer Sicht konsequent, auch die außerhalb des Plange¬bietes entlang der Ring- und Gerberstraße gelegene, großmaßstäbliche Bebauung unmittelbar westlich und nördlich der Stadtkirche St. Karl Borromäus in Frage zu stellen und mittelfristig eine den oben genannten Prinzipien folgende Alternative zur bestehenden Situation vorzuschlagen, die zudem den Platz vor der Kirche als „Neuen Kirchplatz“ aus seiner momentanen Hinterhof-Situation befreit und zu einem integralen Bestandteil der Altstadt Winnendens macht.

Neben dem Aufnehmen der tradierten Bautypologie ist die Wieder-Erlebbarmachung der Topographie - das Inszenieren der auf dem Hügel gelegenen Altstadt - die Hauptintension unseres Projektes. Sowohl am Holzmarkt in Form einer den Raum - im Hintergrund - rahmenden Böschungsmauer, als auch am Kronenmarkt in Form einer - im Vordergrund - von Osten über den Platz blickenden Terrasse, fügt sich die Gestalt von Freiräumen und Baustrukturen in die natürliche Topographie ein und schafft damit eine weitere Ebene von Kohärenz in der Wahrnehmung des Stadtbildes.
Der neu geschaffene Kronenplatz westlich der Ringstraße bildet eine prägnante Eingangssituation in das der Altstadt vorgelagerte Quartier auf dem Weg zwischen Innenstadt und Bahnhof. Während sich die vorgeschlagene Neubebauung auf der nördlichen und südlichen Platzseite in Form und Maßstab an den umliegenden Stadtbild-prägenden Altbauten wie den Gasthöfen und der Kastenschule orientieren, setzt das zentrale, im Grundriss keilförmige Gebäude einen eindeutig modernen Akzent. Als das Gesicht des Wohnquartiers bildet seine Platzfassade den Konterpart zur gegenüberliegenden Altstadt-Terrasse und der sich dahinter abzeichnenden Innenstadt-Silhouette.

Für den weiteren Verlauf von Ringstraße und Waiblinger Straße werden Bebauungsmuster vorgeschlagen, die sich unaufgeregt in den Kontext einfügen. Lediglich die nördliche Eingangssitu¬ation zur Innenstadt im Umfeld des relativ großmaßstäblichen Neubaus der Firma Kärcher wird mit korrespondierenden Baustrukturen besetzt, die mit jenem ein ablesbares Ensemble bilden und damit auch hier integrierend wirken.
Nachhaltigkeit entsteht in diesem Projekt nicht in erster Linie durch technische Maßnahmen, sondern durch die Herstellung einer strukturellen Qualität, die die Identifikation mit dem Ort und die Stärkung des Ganzen zum Ziel hat. Eine Schlüsselrolle nimmt dabei die ortstypische Größenordnung der Parzelle ein, die den bestehenden räumlichen Rhythmus aus Nutzungseinhei¬ten und Hauseingängen fortschreibt und ein hohes Maß an Vielfalt und Flexibilität ermöglicht. Die Fortsetzung der qualitativ hochwertigen öffentlichen Altstadt-Räume über die Marktstraße hinaus zum Holzmarkt und Kronenmarkt, sowie mittelfristig zum neu geschaffenen Platz an der Stadtkirche stärkt die Attraktivität der Innenstadt Winnendens insgesamt und trägt damit zu einer gesunden, langfristig stabilen Raum- und Nutzungsstruktur bei.


Freiraumkonzept

Der öffentliche Raum der gewachsenen Stadt im Übergang der Altstadt zur Bahnhofs Vorstadt ist durch die Doppelplatzanlage des Kronenplatzes - Holzmarktes charakterisiert. Der Rückbau der Verkehrsanlagen auf eine dem Stadtraum angemessene Dimensionierung ermöglicht die Chance mit beiden Platzanlagen sowie der Verkehrsführung hier der Stadt Winnenden einen attraktiven Raum für das öffentliche Leben der Bewohner und Besucher zurück zu gewinnen.
Die beiden Platzbereiche nehmen gleichsam vor den Toren der Altstadt in stadträumlicher Hinsicht Bezug aufeinander und ergänzen sich wechselseitig was die Qualitäten des Raumes und des Aufenthaltes, der Nutzungen angeht.

Die Gestaltung der Oberflächen wird dem Erscheinungsbild nach weitgehend einheitlich und homogen vorgeschlagen und orientiert sich dem Grundsatz nach am Regelwerk der konsistenten Gestaltung der Altstadt. Es werden Großsteinpflaster und kleinformatige Plattenbeläge in Naturstein, an weniger prominenter Stelle auch Betonwerkstein vorgeschlagen. Die Beläge sind, auf Grundlage der Anforderungen aus der Fahrbahn als Reihenpflaster vorgesehen. Die Ausrichtung der Pflasterreihen folgt der Gradiente der Straße und läuft radial auf die Bebauung zu. Die entstehenden Spreizungen der Reihen werden im Bereich der Fuß läufigen Nutzung durch Radialkeile mit Schmiegen ausgepflastert. Plattenteppiche markieren die zentralen Räume der vom Fahrzeugverkehr frei gehaltenen Platzbereiche. Vor den dem Platz- und Straßenraum zugewandten Fassaden bilden Plattenstreifen und jeweils ein Oberstreifen aus Kleinpflaster den Übergang zur Platzfläche.
Die Lenkung des Verkehrs erfolgt über die Markierung der, je nach Anforderung, als Hoch- oder Tiefbord ausgeführten Bordsteine. Die Verkehrslenkung im Bereich der Tiefborde im Rahmen der Überfahrung beider Platzflächen erfolgt durch Natursteinkuben welche sich auch als Sitzpoller anbieten. Die gewünschte größtmögliche Ruhe der Gestaltung des Reliefs und der Materialität der Decken stärkt und charakterisiert den Zusammenhang der Doppelplatzanlage des Kronenplatzes- Holzmarkt.
An ausgesuchten Orten beider Plätze fokussieren einige große Bäume einheitlicher Art Blickpunkte und definieren im Zusammenhang mit den Gebäuden den Raum der Gesamtanlage.
Stadtboden, Baumsolitäre und die zurückhaltende Lenkung des motorisierten Verkehrs geben dem zukünftigen Kronenplatz und Holzmarkt einen Identität stiftenden, einheitlichen Charakter der diesem wichtigen, durch die Gebäude gefassten öffentlichen Raum der Stadt, ein ganz eigenes Gepräge verleiht.
Die Staffelung der „Schwellen“ in den inneren Raum der Stadt erfolgt zum Einen durch die Ausbildung von „grünen Toren“ an den Brücken der Bachläufe, zum Anderen am Übergang auf die Doppelplatzanlage, jeweils durch Baumsolitäre und Ausbildung des Stadtbodens charakterisiert.


Verkehrskonzept

Kfz-Verkehr:
Ziel ist die Verlangsamung des Verkehrs, wobei keine Neuorganisation des gesamten Stadtverkehrs stattfindet, sondern Hauptaugenmerk auf der alten B14 liegt. Hierfür wird ein abgestuftes und differenziertes Verkehrskonzept vorgeschlagen, das auf der verlangsamenden Wirkung durch die Verengung der Straßen beruht. Von der Bachstraße bis zur Leutenbacher Straße soll eine Verringerung der Fahrgeschwindigkeit auf Tempo 30 stattfinden.
Die Verkehrsarten werden gleichberechtigt behandelt, bleiben aber aufgrund des immer noch starken Verkehrsaufkommens weiterhin getrennt. Um die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer zu gewährleisten, wird der Verkehr weiterhin über Lichtsignalanlagen geregelt. Die Fahrbahn der alten B14 wird im Innenstadtbereich zwischen der Bachstraße und Wilhelm-/Gerberstr. auf 7 Meter verschmälert. Dadurch wird das gegenwärtige Verkehrsaufkommen reduziert. Die Mittelinseln und die Abbiegespuren werden größtenteils aufgehoben. Insgesamt bleibt die gegenwärtige Verkehrsführung für Autofahrer bestehen. Nur in der Ringstr., der Abschnitt zwischen der Wall- und der Palmerstraße, wird die vorhandene Einbahnstraße in Zwei-Richtungsverkehr umgewandelt, so dass die Einfahrt der neuen Tiefgarage unter dem Holzmarkt besser zu erreichen ist.

Parkraumkonzept:
Unter dem Holzmarkt ist eine Tiefgarage mit 75 Stellplätzen einschließlich der erforderlichen behindertengerechten Stellplätze, eines Aufzuges sowie eines zweiten Rettungsweges vorgesehen
Entlang der alten B14 werden in Parkbuchten oberirdisch und hinter dem östlichen Neubau auf dem Kronenplatz rund 40 Stellplätze geschaffen, die insbesondere für Kurzparker gedacht sind
Es können so rund 126 Stellplätze in der Innenstadt angeboten werden.

Bushaltestelle:
In der Bahnhofstr. auf Höhe des Neubaus am Holzmarkt ist beidseitig eine Bushaltestelle geplant. Durch eine entsprechende Schaltung der Lichtsignalanlage wird ermöglicht, dass die Busse auf der Fahrbahn halten, ein Rückstau verhindert wird und die Fahrgäste sicher ein- und aussteigen können

Fußgänger:
Entlang der alten B14 werden zahlreiche Querungsmöglichkeiten für Fußgänger geschaffen
Durch die Verengung der alten B14 sowie die engeren Radien bei Einmündungen sowie Kreuzungen werden die Querungslängen für die Fußgänger deutlich verkürzt und vereinfacht. Zugleich werden die Gehwege verbreitert. Bestehende Lichtsignalanlagen werden z.T. mit Signalen für Fußgänger ergänzt
Im Zentrumsbereich zwischen Kronenplatz und Marktstraße/Fußgängerzone wird zudem eine breite signalisierte Querung angeboten, die die wichtige Wegebeziehungen (Marktstr./Fußgängerzone – Holzmarkt/Kornbeckstraße zum Bahnhof) stärkt und dem Fußgänger einen großen Bewegungsraum geben. In diesem Bereich bleiben die Borde für eine ausreichende Sicherheit bestehen, laufen allerdings als Tiefbord weiter. Die Fußgängerquerungen sind signalisiert, weil die alte B14 immer noch ein verhältnismäßig starkes Verkehrskommen aufweist und so den Fußgänger sicher über die Straße zu führen. Gleichzeitig wird dadurch ein sicherer Schulweg für die Schüler der Kastenschule geschaffen.

Radverkehr:
Stadtauswärts werden auf der alten B14 Radfahrstreifen in beide Richtungen angeboten, die an wichtige bestehende Radrouten – an der Brückenstraße im Südwesten, sowie der Backnanger Straße im Nordosten - anknüpfen, um den Radverkehr zu stärken. Im Zentrumsbereich (Tempo 30) zwischen Bachstraße und Wilhelm-/Gerberstraße fährt der Radfahrer aufgrund der Verengung der Straße zusammen mit dem Autofahrer in einer Fahrspur. Zwischen der abknickenden Vorfahrtsstraße Leutenbacher Straße bis Seestraße wird die Ringstraße verbreitert, um beidseitige Radfahrstreifen gewährleisten zu können. Durch diese Maßnahmen wird eine gesicherte Führung des Radfahrers geschaffen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit beschäftigt sich intensiv mit der städtebaulichen und landschaftsplanerischen Aufgabenstellung. Der Entwurf bietet gestalterische und funktionale Ergänzungsansätze, die sogar über das Wettbewerbsgebiet hinausgehen.
Zipfelbach und Buchenbach markieren den Auftakt zum Planungsraum.
Am nördlichen Stadteingang wird der Buchenbach durch gastronomische Nutzung erlebbar gemacht. Im Bereich Zipfelbachquerung fehlt ein markanter gestalterischer Auftakt.
Die Begrünung auf der ehemaligen B14 ist im Anschluss an die Bachquerungen akzentuiert. Im Bereich des Kronenplatzes und Holzmarktes ist die Straßenraumbegrünung deutlich zurückgenommen. Dadurch entsteht eine räumliche Verbindung zwischen den Plätzen.
Im Entwurf ist deutlich ablesbar, dass der Kronenplatz und Holzmarkt als gestalterische Einheit verstanden wird.
Neue Raumkanten definieren am Kronenplatz die Freiflächen, wodurch sich Aufenthaltsqualitäten ergeben. Im Bereich des Holzmarktes wird im Süden ein räumlicher
Abschluss vermisst.
Die Freiflächennutzung zwischen der Gaststätte Traube und dem geplanten Hotel ist gut durchdacht und schafft Rückzugsbereiche.
Die barrierefreie Verbindung vom Holzmarkt zur Innenstadt wird als außerordentlich positiv bewertet. Die Fußwegeverbindung zwischen Bahnhof und Fußgängerzone ist klar ablesbar und leicht verständlich. Die Verortung und Kubatur der Gebäude westlich der ehemaligen B14 ist gelungen, wobei das geplante Gebäude an der Bahnhofstraße mit einer dominanten Gestaltung noch überzeugender wäre.
Um die Frequenz am Kronenplatz zu erhöhen sollte die geplante Erdgeschossnutzung geändert werden.
Positiv hervorzuheben ist die Bearbeitung der Stadtquartiere im Bereich der katholischen Kirche. Insbesondere das Freiflächen- und Wegekonzept führt zu einer Aufwertung. Die dort geplante Bebauung wirkt in ihrer Dachlandschaft zu kleinteilig.
Der Verfasser schlägt eine durchgängige Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30km/h vor und sichert die Fußgängerquerung über Lichtsignalanlagen. Die Fußgängerbereiche werden durch Poller von der Fahrbahn abgegrenzt. Dadurch wird auch das Parken wirkungsvoll unterbunden.
Die Tiefgarage unter dem Holzmarkt erscheint für die gesamte Entwicklung nicht ausreichend. Der Kronenplatz müsste mit einer Tiefgarage versehen werden.
Der Entwurf überzeugt vor allem durch die Freiflächengestaltung, im Städtebau sind Defizite erkennbar. Eine intensive Auseinandersetzung mit der Topografie ist ablesbar.
Lageplan

Lageplan

Lageplan-Ausschnitt

Lageplan-Ausschnitt

Perspektiven

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