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Nichtoffener Wettbewerb | 12/2012

Römerbrücke und Umfeld

3. Preis

Preisgeld: 14.000 EUR

silvia beretta kastner landscape architect

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Geschichte sichtbar machen
Die über die Mosel führende Römerbrücke ist heute sichtbares Zeichen einer geschichtlichen Epoche auf welche die Gründung der Stadt Trier zurückzuführen ist. An ihr und in ihrem Umfeld haben sich im Laufe der Zeit vielerlei Spuren und Schichten abgelagert. Diese gilt es gleichfalls sichtbar und erlebbar zu machen, um das ihnen innewohnende Potential für die Stadt und die Region vollends auszuschöpfen.
Als Teil des Netzes historischer Bauten der Stadt ist die Brücke aufgrund ihrer geografischen Lage auch Schnittpunkt mit anderen Netzwerken. An diesem Ort überschneiden sich die Tourismusrouten der Stadt, die Linien 1, 10, 40 und 81 des SWT, das Fußwegenetz der Stadt, der Schienenverkehr der Regionalbahn, regionale Rad- und Wanderwege und das Naherholungsgebiet Mosel selber.
Der markante Brückenbau ist damit Teil von übergeordneten Zusammenhängen und zentrales stadträumliches Verbindungselement zwischen der Innenstadt und den Stadtgebieten am westlichen Moselufer. Ein Bindeglied zwischen der „harten“, ehemals ummauerten Kernstadt und den „weichen“, offen besiedelten Westufern. Diese beiden Gesichter der Stadt sollen in der Umgestaltung der Brücke und ihres Umfelds herausgearbeitet werden.

Über den Fluss hinaus
Die Römerbrücke ist Teil des ehemaligen römischen Straßennetzes, welches an einigen Stellen noch heute in der Stadtstruktur ablesbar ist. Ausgehend von diesem System tauchen nun im Umfeld an West- und Ostufer neue (Straßen-) Spuren in Form von festen Treppenstegen auf, die bis an die Wasser der Mosel reichen. Sie schlagen eine ideelle Brücke über den Fluss hinaus und transportieren die Idee der römischen Stadtorganisation auf die andere Moselseite. Diese rhythmisierenden Gestaltungselemente überwinden den nicht unerheblichen Höhenunterschied zwischen Uferpromenade und Wasserstand, bieten direkten Zugang zum Wasser und eröffnen neue Ausblicke auf Augenhöhen mit dem Fluss.
Am Fuße dieser Treppenstege werden auf den ins Wasser reichenden Plattformen Verse aus der Reisebeschreibung „Mosella“ des Ausonius zitiert, in denen er die Naturschönheiten des Flusses, den Fleiß seiner Anwohner und die Fruchtbarkeit und den Reiz der Uferlandschaften beschreibt. Der Text schärft das Auge des Betrachters und trägt ihn im Geiste in vergangene Zeiten. Ein idealer Start- oder Endpunkt für die bereits als Wanderweg erschlossene Via Ausionia von Trier über den Hunsrück nach Bingen am Rhein.

Die Ufer der Mosel
Das Westufer im Umfeld der Römerbrücke bleibt größtenteils in seiner bisherigen Ausformung bestehen. Der vorhandene Uferweg wird verbreitert und die strukturierende Treppenstege lichten den bestehenden Uferbewuchs auf. Die heutigen aus der Bebauung an der Aachenerstrasse kommenden Durchwegungen werden akzentuiert und an einigen Stellen nach ihrer Bedeutung durch eine gesonderte Umgestaltung hervorgehoben. Der Abgang hinter dem Hotel ‚Römerbrücke’ wird durch den Ausbau mit einer Freitreppe erweitert. Vor der Akademie der bildenden Künste drücken sich Geländestufen in die Uferböschung. Die Neugestaltung des Gebäudes der Sparkasse, samt neuem Terrassenabgang direkt am Brückenkopf, birgt ein besonderes Potential für einen neuen Blick auf die Brücke. Ein prägnanter Brückenkopfneubau mit möglicher Aufstockung, neuer Fassadengestaltung und Restaurant im Untergeschoss verankert mit einer öffentlichen Nutzung die Brücke am Westufer auf dem Platz vor dem Westbahnhof. Die markante Baugestalt des Gebäudes und seine attraktive Nutzung strahlt auch auf die Brücke selbst aus und evoziert Bilder von beispielhaften historischen Brückensituationen mitten im städtischen Leben.

Das Ostufer erfährt aufgrund seiner vielfältigen Geschichte eine tiefgreifend neue Gestaltung. Seine historische Nutzung als Hafen der Stadt legt es nahe die dem Ort innewohnenden Charakterzüge und Spuren der Geschichte herauszuarbeiten.
Ausgehend von dem vorhandenen Stück Kaimauer vor dem alten Kranen entwickelt sich nun eine gebaute Uferkante bis zum südlichen Kranen und der ehemaligen Anlegestelle der Dampfschifffahrtsgesellschaft aus dem 19. Jahrhundert. Gleichzeitig wird die heutige Uferaufschüttung bis zur historischen Kaimauer teilweise abgetragen, um gemeinsam eine neue Moselpromenade nahe am Wasser zu schaffen. Die nun wieder sichtbare alte Kaimauer gibt einen neuen linearen städtischen Grünraum frei, charakterisiert durch eine ihr vorgelagerten Liegewiese und der „harten“, mit Gräserfeldern durchsetzten Uferkante. Mögliche historische Funde auf diesem Gebiet können problemlos in die Freiflächen integriert werden (siehe bereits ergrabene Kaimauer).
Auftakt hat diese Umgestaltung am nördlichen Krahnen, wo der Bodenbelag in einer breiten Rampe in die Mosel führt. Ein Eingriff, der Bilder einer Hafennutzung hervorruft und konkret zur Anlandung von Kanuten und Ruderern genutzt werden kann. Das Angebot eines Bootsanlegers erscheint in diesem historischen Umfeld nicht angemessen. Hingegen könnte ein schwimmendes Restaurant/Kiosk/Bar Anlaufstelle an der neuen Moselpromenade werden. Der bereits angedachte Durchstich unter der Bundesstrasse zur Krahnenstraße drängt sich dabei auf. Dieser bietet eine unerlässliche fußläufige Anbindung an die Innenstadt, zurrt das gesamte Vorhaben gemeinsam mit der Karl-Marx-Straße am Zentrum fest und macht die vielfältigen Potentiale der Uferpromenade erst mit erreichbar.
Im Süden läuft die gebaute Uferkante vor der Römerbrücke in ein weites Kiesbett aus und die schon heute bestehende Situation wird durch neue Abgänge und die Böschungsfassung akzentuiert.
Am östlichen Brückenkopf wird auf Strassenebene die Alleenbepflanzung der Bundesstrasse intensivierend fortgeführt. Dies schließt die „grüne“ Lücke im Alleenring zwischen Uferstrassen und Südallee und erdet gleichzeitig den neuen Platzraum an der Schwelle zur Innenstadt.

Die Römerbrücke
Durch die in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts ausgeführten Auskragungen ist eine Deformierung der Gestalt der Römerbrücke entstanden. Diese soll zurückgebaut werden und die ehemalige Fahrbahnbreite von circa 10m wiederhergestellt werden. Die gesamte Brückenbreite wird mit einer Pflasterung in grau-braunen Porphyrsteinen versehen. Diese einheitliche Fläche wird mittig von einer Reihe Basaltblöcken und –bänken geteilt. So entsteht ein ausschließlicher Fußgängerbereich auf der nördlichen Seite und auf der anderen Seite der für den Busverkehr als shared-space vorgesehene Fahrstreifen. Die Entwässerung der Pflasterflächen wird durch die beidseitig angeordneten Steinrinnen gewährleistet. Diese durchgehenden Oberflächengestaltung soll so den Charakter eines historischen Verkehrsraumes hervorrufen.
Eine neue Brüstung legt sich von außen an den historischen Bau. Schmale vertikale, mit Baubronze beschichtete Aluminiumelemente geben hier einen sowohl transparenten als auch wehrhaft schützenden Eindruck. In zweiter Reihe ist der Brüstung ein kräftiger Handlauf vorgestellt, der sowohl Beleuchtungselement als auch Informationsträger werden kann. Denn dort wo die vertikalen Elemente durch
eine Anordnung quer zur Brücke auf eine historische „Spur“ hinweisen (z.B.: das barocke Brückentor auf dem zweiten Brückenpfeiler) kann der Handlauf textliche und bildliche Erläuterungen hierzu tragen.
So legt sich das neue Gestaltungselement der Brüstung gleich einer Krone auf das historische Bauwerk und reicht über die neuen Abgänge und Rampen bis an die Uferwege der Mosel.

Auf Spurensuche am Fluss
Der Eingriff in die Topographie des Ostufers legt verschiedene Zeitschichten des Ortes frei. Die Kaimauer wird sichtbar, die alten Kranen nehmen wieder Beziehung miteinander auf und das gesamte Ufer bis zur Römerbrücke wird in seiner historischen Bedeutung für die Stadt sichtbar. Die neue Nähe zum Fluss eröffnet einen städtischen Grünraum, der, gestützt von der alten Kaimauer, in seiner atmosphärischen Qualität an die Geschichte des Ortes als Hafen anknüpft. Im wahrsten Sinne des Wortes ein Raumgewinn für die Stadt und ein großer Schritt über die Bundesstrasse hinweg an den Fluss.

Die Entwicklungsperspektiven
Eine Staffelung der Umgestaltung kann bis zum Jahre 2025 in Abhängigkeit von der Stadtentwicklung in Trier-West in mehreren zu definierenden Phasen umgesetzt werden.
Funktionale Fixpunkte sind am westlichen Brückenkopf die neue Platz- und Terrassengestaltung mit ihren beiden Treppenabgängen, ergänzt durch die barrierefreie Neugestaltung der Abfahrt hinter dem Hotel ‚Römerbrücke’. Auf dem Platz werden sinnvoller Weise in Nähe des zukünftigen Regionalbahnhofes die Bushaltestellen in beide Fahrtrichtungen positioniert und die Brücke wird langfristig als Mischverkehrsfläche für Fuß-, Rad- und Busverkehr genutzt mit der Abtrennung einer einstreifigen Busfahrbahn. Die Neugestaltung und Aufstockung des mit der Brücke und seinem Umfeld eine Symbiose eingehenden ‚Sparkassenbaus’ ergänzen die horizontale Landmarke ‚Römerbrücke’ mit einem vertikalen Ausrufezeichen, nicht zuletzt auch als Auftaktzeichen für die neue Stadtentwicklung westlich der Mosel. Am östlichen Brückenkopf führt, neben dem bestehenden südlichen Treppenabgang hinter der Konstantinsäule, ein neuer barrierefreier Abgang mit weiter Geste zur neuen Moselpromenade. Eine spätere Umgestaltung der Karl-Marx-Strasse im Zusammenhang mit dem Brückenkopf bindet Brücke und Fluss an die Innenstadt.

Die Nachtwirkung der Römerbrücke
Das für den Brückenbereich angedachte Beleuchtungskonzept hebt den Brückenkörper mit der charakteristischen Silhouette der Bögen hervor. Während oberhalb der römischen Basaltpfeiler die Unterseite der Bögen beleuchtet wird, unterstreicht die im Handlaufelement befindliche Beleuchtung von innen das neue Gestaltungselement der Brüstung und lässt somit diese „Krone“ der Römerbrücke laternengleich in neuem Licht erstrahlen. In Korrespondenz zu den Brückenpfeilern werden zur Belichtung der Busfahrbahn Lichtsäulen aufgestellt, welche in ihrer archaischen Gestalt die Brücke der Länge nach aufmessen.
Bei Nacht offenbart die Brücke ein neues Gesicht und die der Brüstungskomposition eingeschriebenen und markierten historischen Spuren werfen ihren Schatten auf Bauwerk und Fluss. Die Römerbrücke wird auch des nachts ein atmosphärisch dichter und suggestiver Ort - eine neue Attraktion der Stadt Trier.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Arbeit gelingt ein überzeugendes, sorgsam überlegtes Gesamtkonzept, welches aus dem städtebaulichen und historischen Zusammenhang rational und klar abgeleitet wird.

Als Parameter wirkt dabei nicht nur das römische Orthogonalraster, sondern ebenso die Nord-Ost / Süd-West gerichtete Diagonalverbindung verschiedener Stadtteile. Die Römerbrücke erhält damit ihre stadträumlich und funktional bedeutsame und prominente Position. Sie rückt damit gewissermaßen in die Mitte. Dies findet seine Entsprechung auch in der Führung der Tourismus- und Busrouten.

Die Moselufer werden unterschiedlich ausgebildet: Das Ostufer wird in Ableitung der historischen Hafensituation zwischen den Kranen als befestigte Promenade ausgebildet, die im Schnitt anschaulich dargestellte Kultivierung von drei Wegen weist auf eine große Aufenthalts- und Erlebnisqualität hin. Das neue Profil vergrößert den Retentionsraum, der Radweg wird richtigerweise im historischen Bereich geführt. Die Anbindung an die Stadtmitte wird durch eine gut dimensionierte Unterwegung in Verlängerung der Krahnenstraße wesentlich verbessert, eher unterentwickelt ist dagegen die Anbindung der Barbarathermen.

Das Westufer ist durchweg landschaftlich mit maßvollen Interventionen an richtigen Stellen ausgebildet. Auch hier ist die Verknüpfung mit dem Siedlungsraum Trier-West gut ausgeformt. Die in beiden Uferbereichen angebotenen Treppenstege sind kleine und angemessen formulierte Zutritte zum Wasser, sie werden unter den Aspekten Hochwasser und Abfluss auch kritisch gesehen.

Die schwierigen Anforderungen an die Führungen des MIV und ÖV sind gelöst und bewältigt. Der Bushalt auf dem westlichen Brückenkopf wird zur Belebung beitragen, er bereichert die Situation.

Insgesamt sind beide Brückenköpfe funktional richtig und gestalterisch in zurückhaltender Form so gut behandelt, dass sie mit dem eigentlichen Objekt, der Brücke, nicht konkurrieren. Dabei wirkt die Baumstellung am Stadteingang östlicher Brückenkopf zu massiv.

Die Überlegungen zur Brücke sind umfangreich: die Fahrbahn wird in subtiler Weise – unterschiedliche Natur-steinformate und kleine Entwässerungsrinne – geteilt. Die Bus- und Radspur liegt seitlich, die andere Seite bietet Anreize zum Aufenthalt und ruhigem Flanieren. Fragen wirft die Brüstung in konstruktiver und gestalterischer Hinsicht auf: Anerkannt wird der bewusste Materialwechsel im Grundsatz und die Sequenzen von offen und ge-schlossen. Die vorgeschlagenen bronzierten Aluminium-Elemente überzeugen nicht ganz.

Aufgrund der maßvoll-angemessenen Veränderungen erscheint der Entwurf zunächst wirtschaftlich realisierbar, wegen des hohen Anspruchs in der Materialität (Naturstein) jedoch auch teuer.
Gesamtplan

Gesamtplan

Treppenstege

Treppenstege

östlicher Brückenkopf und Ufer

östlicher Brückenkopf und Ufer

Römerbrücke neu

Römerbrücke neu