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Offener einstufiger Ideenwettbewerb (auch fĂŒr Studenten) | 11/2005

Internationaler Ideenwettbewerb "Neues Leben im Olympischen Dorf"

3. Preis

IPROconsult GmbH

Architektur

ErlÀuterungstext



Schichtung – als Ordnungsprinzip fĂŒr die verschiedenen geschichtlichen Spuren und Ereignisse.
* Geschichte - eingeprÀgt als Footprint
* Schwebezustand - Nachnutzung der DenkmÀler
* Neuzeit - Landschaftsgarten
Geschichte
Die verschiedenen Nutzungen des Areals als Olympisches Dorf, Unterkunft der Infanterieschule und die WeiterfĂŒhrung als sowjetische Kaserne werden als Footprint in den Boden eingedrĂŒckt und hinterlassen so eine „eingebrannte Erinnerung“. Geschichte drĂ€ngt sich nicht als Mahnmal und GedenkstĂ€tte auf, sondern ist eine Begegnung, eine zufĂ€llige BerĂŒhrung beim Durchstreifen des Landschaftsparkes. Der Footprint bildet ehemalige GebĂ€ude als Stempel 2-Dimensional in der Landschaft ab.
Geschichte fungiert somit als „Bruchstelle“ im umgebenden Landschaftspark und schafft sich somit eine ganz eigene Existenzebene, die sich ganz bewusst vom 3-Dimensionalen Landschaftspark abgrenzt.
Der Footprint – „der Fußabdruck“ – ist der Rest des Fundamentes oder als „Loch“ in den Boden eingelassen.
Ehemalige Wege, die die Struktur des Olympischen Dorfes nachzeichnen, werden wie die Footprints in den Boden als Spur eingeritzt.
Schwebezustand
Der Schwebezustand ist die Zwischenphase zwischen Neuzeit und Footprint. Bezeichnet werden damit die denkmalgeschĂŒtzten GebĂ€ude des ehemaligen Olympischen Dorfes, die einer neuen Nutzung zugefĂŒhrt werden, aber dennoch die Vorstufe zum Footprint erreicht haben. Das heißt, lĂ€ngerfristig können auch sie als Footprint, „zur eingebrannten Erinnerung“ werden. Die denkmalgeschĂŒtzten GebĂ€ude erhalten eine neue HĂŒlle und passen sich somit der Neuzeit an.
Sie bilden die Negativform zum Footprint, sind streng geometrisch und bilden einen Kontrast zum Landschaftspark. Der neue Landschaftspark umschlingt die Denkmale und bindet sie in das Neue ein.
Die MonumentalitĂ€t des Hindenburghauses soll geschwĂ€cht werden. Das neue GrĂŒn umspĂŒlt die symmetrische Anlage und nimmt ihr die StĂ€rke. Neue freie Wege schlĂ€ngeln sich durch einen Wald als Zutritt zum GebĂ€ude. Die Spuren der Vergangenheit lassen sich nur noch in den Fragmenten des alten Weges erkennen.
Das GebĂ€ude fĂŒgt sich unprĂ€tentiös und selbstverstĂ€ndlich in den neuen Park ein und ist als Haus im Schwebezustand erlebbar.
Neuzeit
Die Neuzeit als letzte zeitlich erlebbare Ebene stellt sich als Landschaftsgarten dar. Das heißt, die vorhandene reizvolle landschaftliche Situation und das modellierte GelĂ€nde wird als Ausgangspunkt genommen und zu einem Landschaftsgarten umgestaltet. Als Vorbild dienten hierzu die Englischen GĂ€rten, der „frei gestaltete Garten“, der einen harten Kontrast zu den orthogonal geformten GebĂ€uden des ehemaligen Olympischen Dorfes bildet. Bei der Neugestaltung wurde Wert auf eine freie Formensprache und VielfĂ€ltigkeit der rĂ€umlichen Situationen gelegt.
Die Bewegung der Landschaft wird nicht durch OrthogonalitĂ€t gestört, sondern alles fĂŒgt sich zu einem harmonischen Ganzen.

Die Wege fließen durch den Garten und laden zu Entdeckungen ein. An besonderen Stellen wurden Skulpturen harmonisch in die Landschaft eingefĂŒgt, sie dienen einerseits dazu, Nutzungen des Sport- und Freizeitparkes aufzunehmen oder fungieren als Pavillon. Die Pavillons thematisieren Bereiche wie Gesundheit und Geschichte und bereichern den Sport- und Freizeitpark mit Ausstellungen.
Der See als wichtiges Landschaftselement wird wieder hergestellt und entsprechend der Nutzung vergrĂ¶ĂŸert. Er soll zukĂŒnftig zum Schwimmen, Surfen sowie im Winter zum Eislaufen genutzt werden. Er ist umgeben von Strand mit Strandcafe und Liegewiesen und zwei Beachvolleyballfeldern.
Im oberen Bereich des Landschaftsgartens nahe dem ehemaligen Sportplatz befinden sich die TennisplÀtze, das Kleinspielfeld, die Hochsprunganlage, die Sprintbahn, Stabhochsprung, sowie die Dreisprunganlage.
Im „Herzen“ des Landschaftsparkes befindet sich die Mehrzweckhalle mit dem Pavillon der Gesundheit. Beides ist auf einer Anhöhe angeordnet und die freien Körper ragen hinaus in die Landschaft.
BruchstĂŒcke der noch vorhandenen Wege von 1936 werden in die neue Wegestruktur integriert und durch neue fließende Wege ergĂ€nzt.

Beurteilung durch das Preisgericht



Leitidee bildet eine sportliche BegegnungsstĂ€tte auf Basis der historischen Nutzung. Unterschiedliche polygone Baukörper werden im GelĂ€nde schwebend verteilt. Der Bestand wird als Footprints, als AbdrĂŒcke der Geschichte ĂŒbernommen. Es werden vielfĂ€ltige Nutzungen vorgeschlagen, auch ĂŒber die geforderten hinaus. Einzelne FlĂ€chen werden nicht nachgewiesen. Die Anlieferung und KĂŒchen werden nicht dargestellt. FĂŒr das Hotel im Speisehaus wird anstelle der bisherigen seitlichen EingĂ€nge ein mittiger Zugang vorgeschlagen. Die historische Struktur des Freiraumes sowie des Speisehauses wird ĂŒberlagert, das GelĂ€nde wird spielerisch durch Implantate ergĂ€nzt. Der Eingriff in die Substanz ist qualitativ nicht stark genug.

Die Entwurfsidee balanciert mit den Spuren der wechselvollen 70jĂ€hrigen Geschichte, mit einem „Schwebezustand“ zwischen der „eingebauten Erinnerung“ der AbdrĂŒcke des Vergangenen und der erneuerten alten Teile des Denkmalschutzensembles sowie mit der Neuzeit, die sich als frei gestalteter Landschaftspark im verwachsenen Bestand und mit architektonischen und errastisch-skulpturalen Akzenten prĂ€sentiert. Diese Idee ist sehr gewandt und ĂŒberzeugend vorgetragen, wobei die neuen Bauwerke als verheißungsvolle skulpturale Artefakte zum Teil in exponierter Lage als reizvolle Skizzen prĂ€sentiert werden.

Das Hotel ist gleichermaßen mit seinem neuen Grundriss im umzubauenden Bestand skizziert. Die sehr weit gehende Erhaltung des Baudenkmals samt unverbauten Terrassen, frei bleibendem Innenhof und erhaltenen TreppenhĂ€usern vor den seitlichen Risaliten lĂ€sst den Respekt vor dem zu bewahrenden Bestand erkennen. Der beeindruckende Bezug des terrassierten Baudenkmals zum Landschaftsgarten bleibt ungestört, weil der charakteristische GebĂ€udeteil erhalten bleibt und störende Vorbauten vermieden werden.

Die sonstigen baulichen ErgĂ€nzungen sind sparsam und sinnvoll. Einige funktionelle BezĂŒge des Hotelbetriebes, z.B. die Vermeidung des Durchgangsverkehrs durch die Lounge oder die Versorgung des Bankettsaales durch die Gastronomie bedĂŒrfen einer Optimierung. Bedauerlicherweise wird das Bauprogramm weder bezĂŒglich der Zimmeranzahl noch hoteleigener Wellnessanlagen erfĂŒllt, noch werden Grundrisse vollstĂ€ndig dargestellt.

Der Entwurf insgesamt ĂŒberzeugt durch den erfrischenden Mut zum Risiko und irritiert zugleich durch die selbstbewusste Extravaganz der neu gesetzten architektonischen Akzente, die das unter Schutz gestellte historische Ensemble allzu sehr von seiner ursprĂŒnglichen IdentitĂ€t entfernen.