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Nichtoffener Wettbewerb | 12/2012

Archäologisches Besucherzentrum Petriplatz

Anerkennung

Nieto Sobejano Arquitectos

Architektur

Planorama Landschaftsarchitektur – Maik Böhmer

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

An einem der Ursprungsorte von Berlin, dem historischen Kernbereich von Alt-Cölln, ein Achäologisches Besucherzentrum zu bauen, bietet die einmalige Gelegenheit, den Besuchern unmittelbar am Petriplatz die Vermittlung der Erforschung von Geschichte auf Basis von archäologischen Quellen in und an einem Gebäude zu veranschaulichen.

Neben den gestalterischen und funktionalen Ansprüchen an das Gebäude war es für uns wichtig, eine klare Haltung im unmittelbaren städtebaulichen Kontext am Petriplatz zu artikulieren und dem Archäologischen Besucherzentrum eine seiner Bedeutung für die Stadt entsprechende Präsenz im Stadtraum zu geben.
Aus diesem Grunde wurde davon abgesehen, die Bebauung auf dem neu zu schaffenden südwestlichen Nachbargrundstück bis an die Grundstücksgrenze zu führen und so ein Zusammenführen der Südfassaden von Archäologischem Besucherzentrum und Nachbarbebauung zu erzeugen. Eine entstehende Unterschreitung der Abstandsflächen zwischen den Gebäuden muss in einem städtebaulichen Vertrag als Teil des Bebauungsplans geregelt werden.

Das romantische Bild von Ruinen, welches häufig aufgrund seiner nostalgischen und anachronistischen Deutung zurückgewiesen wurde, ist unseren Erachtens nach nichtsdestotrotz in der Lage, nicht nur die starke Präsenz vergangener Gebäude heraufzubeschwören sondern führt uns auch die zerstörerische Kraft der Natur vor Augen. In dieser Mehrdeutigkeit – Konstruktion und Zerstörung – liegt vielleicht auch die Faszination, welche archäologische Ausgrabungen besitzen. Sie sind sowohl Erinnerung an verlorengegangene Gebäude als auch Anstoß für die geistige Rekonstruktion zukünftiger Architektur. Zumindest war dies unsere Interpretation des Ortes, als wir die archäologische Ausgrabungsstätte am Petriplatz das erste Mal besuchten.

Die Überreste der alten Lateinschule suggerieren uns einen Dialog mit jenen, die sie viele Jahre zuvor erbaut und besucht haben und zugleich erinnern sie uns an die geduldige Arbeit der Archäologen und die gegenwärtige Stadt, die sie umgibt.
Unser Entwurf basiert nicht auf der Rekonstruktion des zerstörten und schon lange nicht mehr existierenden Gebäudes, sondern vielmehr auf dem Austausch von Erinnerung an Vergangenes mit der zeitgenössischen Stadt. Die grundlegende Bedeutung des neuen Gebäudes, welches sich als ein in transluzenten Stein gehauenes Fragment zeigt und die von Archäologen wieder freigelegten Ruinen der zerstörten Gebäude hervorhebt, scheint in dem umgekehrten Prozess von – Konstruktion und Zerstörung – zu liegen.

Der vorgeschlagenen Organisation folgend, wird der Besucher vom Foyer im Erdgeschoss auf die – 1.5m Ebene in den Bereich der Fundamente der Lateinschule geleitet. Die Flächen für die Wechsel- und Sonderausstellungen sind, zusammen mit dem Vortragssaal und dem Servicebereich, im 1. Obergeschoss untergebracht. Während sich im 2. und 3. Obergeschoss die Werkstätten mit ihren Nebenräumen und die Büroräume befinden, sind im 4. – 6. Geschoss hauptsächlich die Räume für Studiensammlung und Magazin untergebracht.
Sämtliche Bereiche im Außen- und Innenraum sind so gestaltet, dass eine barrierefreie Zugänglichkeit über Rampen und/oder Aufzüge gewährleistet wird. Für eine Evakuierung im Brandfall verfügt das Gebäude über direkte Ausgänge ins Freie, wobei einer der beiden Aufzüge als besonders abgesichert ausgeführt wird.

Um dem Besucherzentrum ein einheitliches Erscheinungsbild im Stadtraum zu verleihen und die verschiedenen Bereiche mit den gewünschten Mengen an natürlicher Beleuchtung zu versorgen, wird die Fassade mit siebbedruckten Glasflächen und transluzenten Stein-Paneelen verkleidet, so dass sowohl im Innenbereich des Gebäudes als auch nach außen hin einzigartige Belichtungssituationen entstehen können.
Licht, Schatten, Textur und Material lassen so den eindrucksvollen Reichtum der archäologischen Funde am Petriplatz, der alten Keimzelle Berlins, für die Besucher wahrnehmbar werden zu lassen.

Mitarbeit: Dirk Landt, Nils Rostek, Giovanni d'Angelo, Sarah Fahrni, Sophie Bugnon