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Nichtoffener Wettbewerb | 12/2012

Archäologisches Besucherzentrum Petriplatz

Anerkennung

Peter Kulka Architektur

Architektur

Rehwaldt Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Städtebauliches Umfeld
Der designierte Bauort des archäologischen Besucherzentrums am Petriplatz ist ein Ort der Geschichte Berlins. Es treten hier bauliche Zeitzeugnisse der unterschiedlichsten historischen Epochen zu Tage wie an kaum einer anderen Stelle in der Stadt. Bodendenkmäler aus der Zeit der Gründung Cöllns und Berlins gehen hier mit Bauwerken des späten 19. Jahrhunderts und der markanten sozialistischen Stadtplanung eine räumliche Beziehung ein. Die seit den 1990er Jahren hier entstandenen Gebäude spannen den Bogen zur Gegenwart und so findet sich dieser historisch bedeutende Teil der Stadt noch immer in stetem Wandel wieder.

Leider lässt die bauliche Heterogenität der Umgebung auch Kontinuität und Dichte vermissen, welche einer so urbanen und prominenten Stelle entspräche. Mit dem Bau des Archäologischen Besucherzentrums und der Planung eines überkonfessionellen Bet- und Lehrhauses bietet sich die Chance auf zukünftige, Qualität stiftende Veränderung. Als Ensemble schaffen diese Gebäude eine typologische Analogie mit der Zukunft einer weltoffenen, doch traditionsbewussten Stadt Berlin. Städtebaulich wird hier, über den Resten der Vergangenheit, ein Tor zum kulturellen Teil der Museumsinsel erschaffen. Auf einem Grundriss, welcher längst vergangene Raumformen wieder aufleben lässt, bildet sich eine neue Dichte entlang der Gertraudenstraße. In zweiter Reihe dahinter ziehen Brüderstraße, Breite Straße und Friedrichgracht den Passanten durch das Viertel Richtung Schloss, Dom und Museen. Im vorläufigen Zustand bis zur Erbauung des Bet- und Lehrhauses sitzt das archäologische Besucherzentrum als selbstbewusstes Volumen wie ein Solitär an der Stirnseite des Petriplatzes. Durch eine Überhöhung der vorgegebenen Kubatur zum Platz und zur Gertraudenstraße schafft es das Gebäude, eine Sonderstellung zu bekommen, ohne aus dem städtebaulichen Umfeld herauszubrechen. Die Staffelgeschosse entlang der Scharrenstraße leiten zum Maßstab des angrenzenden Viertels ein. Nach der Errichtung des Bethauses entwickelt die Kubatur im Zusammenspiel mit dem neuen Nachbarn weitere städtebauliche Qualitäten. Homogenität in Kubatur, Materialität und Anmut des Ensembles implantieren eine neue Einigkeit und Konstanz an diesem heterogenen Ort.

Konzept
Gestalterisches Ziel des Entwurfes ist eine zukunftsweisende Rückbringung städtebaulicher Qualität und vereinender Identität. Das bauliche Konzept des Gebäudes fußt auf der Übernahme historischer städtebaulicher Grundformen und der Neuinterpretation umgebender Einflüsse. Als ein scharf geschnittenes Volumen sitzt das Bauwerk über den mittelalterlichen Befunden. Mit schützender Geste legt sich seine Hülle gezielt über die historische Basis und lässt so ein einheitliches Ganzes entstehen. Die Befunde werden dabei auf besonders schonende und stimmungsvolle Weise inszeniert. Lichtschlitze an den Nord-Ost Fassaden tauchen den Raum in sanftes Licht und schaffen eine mystische Atmosphäre.

Das Besucherzentrum bringt die Anforderungen zweier sehr unterschiedlicher Typologien in einem Bauwerk zusammen. Die Funktionalität eines nutzerorientierten Institutsgebäudes wird vereint mit den räumlichen Ansprüchen musealer Ausstellungsarchitektur. Um die Vermählung dieser Formen gelingen zu lassen organisieren sich die Räume entlang des größten gemeinsamen Nenners: dem Weg durch das Gebäude. Die archäologischen Funde durchlaufen das Besucherzentrum entlang eines pragmatischen Pfades. Von der Anlieferung, über die Restauration und die Katalogisierung bis hin zur Ausstellung. Der Besucher begleitet diesen Weg und erfährt dabei die unterschiedlichen Stationen archäologischen Arbeitens, von der Grabungsstätte bis ins Museum.

Entwurf
Parallel zur Gertraudenstraße öffnet sich der Baukörper zum Fußgängerraum über eine breite aber flach geöffnete Arkade. Tritt man in unter die Arkade, eröffnet sich dem Besucher erst die volle Raumwirkung des Eingangs. Hier schneiden drei große Tonnengewölbe von innen nach außen und leiten so den Blick auf die Grabungsebene und den Eingangsbereich. Von diesem Foyer aus kann die Grabungsebene kostenfrei betreten, Tickets und Bücher gekauft und die Garderobe erreicht werden. Der hintere Teil des Foyers ist als verbindender Luftraum ausgebildet, der über alle Ebenen verläuft und erste visuelle Bezüge zum Thema Archäologie setzt. Ein Glasfenster im Boden des Raums macht es möglich, einen Blick auf das freigelegte Bollensteinpflaster zu werfen. Ein großformatig verglaster Durchgang verbindet das Foyer mit dem Grabungsfeld und über mehrere Ebenen verteilen sich Vitrinenfenster, in denen archäologische Ausstellungsstücke präsentiert werden können. Über eine kurze Treppe gelangt man von hier in die im Hochparterre gelegene Cafeteria, die über einen verglasten Innenhof belichtet wird. Hier können sich Besuchergruppen sammeln und den Rundgang durchs Gebäude beginnen. Eine weitere kurze Treppe leitet in den Bereich Ausstellung/Anlieferung, wo sich der Weg der Besucher mit dem Weg der Grabungsfunde verzahnt. Von nun an begleitet der Besucher die Funde auf ihrem Weg der Bearbeitung. Um den Arbeitsablauf reibungslos zu gestalten, auch wenn sich Besuchergruppen in dem Gebäude bewegen, sind sämtliche öffentlich zugänglichen Flure großzügig bemessen und es gibt geräumig dimensionierte Flächen vor den Treppenabsätzen für die Versammlung von Besuchergruppen. Über die verschiedenen Ebenen staffeln sich im Folgenden die Fundsäuberung, Restaurierungswerkstätten, die Depots, die Ausstellungs- und Vortragsetage und die Verwaltung. Das Raumprogramm mit seinen hohen Anforderungen wird dabei in architektonisch anspruchsvolle und komplexe Raumfolgen übersetzt, welche dennoch plausibel sind und dem Nutzen entsprechen. Es werden bei der Überwindung der Geschosse immer wieder Sichtbezüge in den Luftraum über dem Foyer erzeugt und so eine interne Orientierung geschaffen. Für den Besucher und das archäologische Artefakt findet der Weg auf der Ausstellungs- und Vortragsebene seinen End- und Höhepunkt, welcher sich räumlich in einem großformatigen Fenster zur Gertraudenstraße abbildet. So werden Anfang und Ende des Weges auch von außen lesbar manifestiert.

Die scharf geschnittene Kubatur des Gebäudes mit den klaren Fassaden steht dem hohen Grad an Komplexität im Inneren gegenüber. Durch die minimalistische Fassade wird der Blick des Betrachters auf eine konzeptionell zentrale Geste gelenkt: Das archäologische Vitrinenfenster zum Petriplatz über zwei Geschosse lässt den Blick in Teilbereiche des Gebäudes zu und präsentiert auf ganz besondere Art und Weise seine historisch wertvollen Schätze. Es macht die Menschen neugierig und bittet sie hinein.