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Offener Wettbewerb | 12/2012

Finanzamt

1. Preis

Preisgeld: 35.000 EUR

TPMT Architekten

Architektur

Erläuterungstext

Das vorliegende Projekt steht zunächst für die Lösung der gestellten Aufgabe, ein historisch bedeutsames Übergangsareal zwischen mittelalterlichem Stadtkern und der neuzeitlichen Vorstadt in seiner Substanz wie auch seiner stadträumlichen Qualität zu bewahren und durch erforderliche Ergänzungen im Kontext der bestehenden, erhaltenswerten Gebäudeformation eine Neunutzung in zeitgemäßer Form zu etablieren. Dem Umgang mit der Öffentlichkeit im Innen- und Außenraum kommt dabei besondere Bedeutung zu.

Das vorgeschlagene Konzept gründet auf der Analyse der noch bestehenden Bebauung hinsichtlich ihres städtebaulichen Potenzials und der möglichen Transformation des urbanen Kontextes. Die spezifischen Anforderungen, die sich durch die verschiedenen Nutzergruppen – Mitarbeiter und Besucher – ergeben, werden somit baulich interpretiert.

Lärmbeeinträchtigung und Gewährleistung der Anfahrbarkeit erfordern die Situierung eines Eingangsbereiches mit deutlichem Abstand zur Schandauer Straße. Der Platz, der vom Waisenhaus und der ehemaligen bzw. noch vorhandenen Bebauung (Remise) nördlich des Vorwerkes gebildet wird, stellt demnach einen geeigneten Eingangsbereich für das zukünftige Finanzamt dar. Verkehrslärm und städtebauliche Aspekte legen einen baulichen Abschluss des Areals nach Norden und damit eine bauliche Ergänzung des Waisenhauses nahe. In Anlehnung an die ursprüngliche Hofbebauung nördlich und westlich des Vorwerkes wird die so skizzierte Grundstruktur ergänzt, so dass eine umlaufenden Erschließung aller Bereiche ermöglicht wird. Von den Bestandsbauten werden der Blaue Hecht, das Vorwerk sowie der Teil B des Waisenhaus übernommen, die nördlich und südlich an das Waisenhaus anschließenden neuen Bauteile orientieren sich an der Kubatur der momentan noch vorhandenen Bauteile A und C. Das dritte Geschoss des Vorwerkes sowie dessen Dach werden in der dargestellten Form wiedererrichtet.

Durch die Bestandsbauten sowie deren Ergänzungen ergeben sich drei jeweils um einen Innenhof organisierte Baukörper mit einer speziellen Typologie, die angesiedelt werden kann zwischen Atrium und Hoftypus. Dadurch entsteht eine in hohem Maß menschliche Maßstäblichkeit, die sich durch das gesamte Projekt zieht und durchaus auch als bauhistorische Reminiszenz verstanden werden kann.

Beurteilung durch das Preisgericht

Den Entwurf charakterisiert eine intensive – ja, innige - Auseinandersetzung mit der Dachlandschaft, womit eine überzeugende Integration der Neubaumasse in den städtebaulichen Kontext gelingt.

Ausgehend vom Waisenhaus entwickelt sich ein Hofgebäude nach Norden und besetzt damit die städtebaulich wichtige Kante zur Schandauer Straße mit einem sehr stimmigen Gebäude, dessen besonders hervorgehobenes großes Erdgeschossfenster mit der dahinterliegenden Nutzung als Bibliothek, aber noch keine angemessene, inhaltliche Entsprechung hat.

Vom Waisenhaus aus nach Süden entwickelt sich ein zweites Hofgebäude das im Erdgeschoss die Annahmestelle enthält und damit den Haupteingang für Besucher markiert. Unterstütz wird dieser Zentrale Eingang durch einen gut proportionierten Vorplatz mit den notwendigen Stellplätzen, als Raumaufweitung der Clara-Zetkin-Straße.

Ausgehend vom Liebenauschen Vorwerk und einem etwas ruppig wirkenden Anschluss entwickelt sich ein drittes Hofgebäude, allerdings nicht der „Blaue Hecht“ etwas abgehängt. Im „Blauen Hecht“ findet die Kantine Platz, wobei die über zwei Etagen angeordneten Speiseräume nur schwer allein vom Erdgeschoss aus bedient werden können.

Kritisch anzumerken sind die Abweichungen zum Raumprogramm: Die Informations- und Annahmestelle ist fast doppelt so groß geraten wie gefordert. Dem gegenüber fehlen eine Reihe von Räumen vollständig. Die Funktionalität eines Finanzamtes ist nachgewiesen. Festzuhalten ist, dass die notwendigen Abstandsflächen z. T. auf dem nordöstlich anschließenden Nachbargrundstück liegen. Die oben gewürdigte, bewegte Dachlandschaft wird sich hinsichtlich der Kubatur und aufwändiger baukonstruktiver Lösungen logischerweise auf die Wirtschaftlichkeit auswirken. Abweichungen sind festzustellen zwischen Grundrissen und Fassade. Die gewählte Fassadengestaltung mit Lochfenstern darf nicht zu Einschränkungen der Funktionalität führen. Bedenken bestehen hinsichtlich der vorgeschlagenen Betonplatten als Fassaden und Dachbekleidung, v. a. hinsichtlich des Alterungsverhaltens.

Besonderer Kostentreiber dürfte die eigentlich nicht notwendige Tiefgarage sein, denn ein oberirdischer Nachweis der Stellplätze scheint durchaus möglich.

Zu begrüßen ist die, über das geforderte Mindestmaß der Erhaltung an denkmalgeschützten Gebäuden (Vorwerk und Gasthof), hinaus gehende Bewahrung des historischen Waisenhauses. Aus Sicht der Denkmalpflege wird das unmittelbare Weiterbauen der Denkmäler kritisch gesehen.