modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Nichtoffener Wettbewerb | 10/2012

Schulhaus Schlieren West

Lernfabrik

1. Rang / Sieger

Preisgeld: 35.000 CHF

Graber Pulver Architekten

Architektur

w+s Landschaftsarchitekten AG

Landschaftsarchitektur

Weber + Brönnimann AG - Ingenieure

Bauingenieurwesen

Beurteilung durch das Preisgericht

StÀdtebau und Architektur
Die Verfasser entwickeln ihre Projektidee aus einer eingehenden Betrachtungsweise des Ortes. Einerseits verweisen sie mit ihrem Projekt auf den Wandel, welchem Schlieren als Industriestandort unterworfen ist und andererseits wĂ€hlen sie eine stĂ€dtebauliche Setzung, welche den Rahmenbedingungen, die das Areal beeintrĂ€chtigen, strategisch gelassen begegnet. So wird der nichtionisierenden Strahlung, welche von den Fahrleitungen der Bahn herrĂŒhrt und dem LĂ€rm entlang den Gleisen ein diesbezĂŒglich unproblematischer Sport- und Schwimmtrakt mit Pufferfunktion entgegengesetzt.
Das eigentliche Schulhaus befindet sich im Innern des Areals in geschĂŒtzter Lage. Auf Grund der strategisch intelligenten stĂ€dtebaulichen Situation kann das Schulhaus frei von Ă€usseren ZwĂ€ngen, auf rĂ€umliche und pĂ€dagogische Vorstellungen fokussiert, entwickelt werden. Das industrielle Erbe des Ortes wird einerseits in der gewĂ€hlten Typologie des Schulbaus mit Sheddach fortgesetzt, andererseits zeugen auch das Wechselspiel von «ProduktionsstĂ€tte» und «Aussenraum» vom alten Geist des FabrikationsgelĂ€ndes.
Der architektonische Ausdruck des Schulareals wird wesentlich von der ikonographischen Kraft des SchulgebĂ€udes geprĂ€gt. SĂ€mtliche Entscheide werden aus dieser Referenz abgeleitet. Dennoch gilt es, die Balance zu finden zwischen industriellem Zweckbau und identifikationsstiftendem Schulbau. Das von den Verfassern aufgezeigte Spannungsfeld von gelochtem Trapezblech und textilem Sonnenschutz sei hier bildhaft erwĂ€hnt. Die differenzierte Entwicklung der Befensterung auf den LĂ€ngsfassaden je nach innenrĂ€umlicher Lichtsituation ist interessant, das Thema an den Stirnfassaden allerdings noch nicht gleichermassen spĂŒrbar.

Aussenraum
Die Rahmenbedingungen des Gestaltungsplanes werden auf selbstverstĂ€ndliche Weise ins Projekt integriert. Eine grosszĂŒgige Treppenanlage bildet die formale Fortsetzung der Parkalleemauer und wird ihrer Rolle als Bindeglied zur öffentlichen Nutzung gerecht. Der Parkweg im SĂŒden der Anlage wird ebenfalls weitergefĂŒhrt. Mit einer kleinen Umlenkung fĂŒhrt er zwischen dem flachen SchulgebĂ€ude und dem hohen Spezialtrakt durch und dient gleichzeitig als Erschliessungszone fĂŒr die öffentlichen Nutzungen. Der hier etablierte architektonische Raum ist vielversprechend, allerdings fehlen noch diesbezĂŒgliche Aussagen.

Den Projektverfassern gelingt es, einen grosszĂŒgig angelegten Aussenraum zu schaffen, als Pausenhof aber auch als Spielplatz und Park, der eingespannt zwischen Badenerstrasse und Parkallee liegt. Tanzende BĂ€ume und Baumgruppen verdeutlichen die Absicht einer Parkanlage. Im Bereich der Auto- und VeloabstellplĂ€tze fehlt etwas unverstĂ€ndlich die Konsequenz der Baumsetzung. Die Baumallee der Quartierstrasse fehlt. Mit dem Absenken des Aussenraumes fĂŒr Hort und Kindergarten wird souverĂ€n auf einen zusammenhĂ€ngenden Freiraum geantwortet. Der Allwetterplatz und Kunstrasen auf dem Dach des SportgebĂ€udes ist vor allem dem Schul- und Vereinsbetrieb vorbehalten. Der Kunstrasen entspricht nicht den Anforderungen und die Abmessungen des Rasenfeldes sind etwas zu gering.

Betrieb und FunktionalitÀt
Die Lernfabrik wird im Wesentlichen geprĂ€gt von der FunktionalitĂ€t und strukturellen Einfachheit der Shedhallenarchitektur und einem intelligent angelegten Erschliessungssystem. So werden stufengerecht zwei unterschiedlich ausgebildete Schulgeschosse angelegt, welche mit sich ĂŒberlagernden Treppen separat erschlossen werden und in den Grundriss-Layouts jeweils rĂ€umlich spezifische Konstellationen generieren. Im 1. Obergeschoss (Primarschule) steht die Clusterbildung im Vordergrund, im 2. Obergeschoss (Sekundarstufe) sind stufenspezifisch weitrĂ€umigere Erschliessungssysteme vorgesehen.

Zur rĂ€umlichen Variation innerhalb der Geschosse gesellt sich die VerĂ€nderung der Lichtsituation: Die Sekundarstufe wird ĂŒber die Sheds mit zenitalem Nordlicht versehen, die Primarstufe wird neben der normalen Befensterung ĂŒber Lichthöfe im Innern belichtet. Die Lichthöfe werden bis ins Erdgeschoss fortgesetzt, so dass auch dieses Stockwerk von diesen profitieren kann. Die Entflechtung des Erdgeschosses mit den KindergĂ€rten und seinen AussenrĂ€umen nach Osten und den Horten nach Westen ist grundsĂ€tzlich gut gelöst. Bei den Horten fehlen allerdings die Garderoben und die KindergĂ€rten brĂ€uchten einen direkten Ausgang aus den Garderoben in den Aussenraum.

Die brandtechnische Entfluchtung des eigentlichen Klassentraktes funktioniert hervorragend, die Fluchtwegsituation des fĂŒnfgeschossigen GebĂ€udes an der Badenerstrasse ist noch nicht gelöst. Hier muss ein abgeschlossenes Fluchttreppenhaus eingefĂŒhrt werden, was aber gleichzeitig zu einer willkommenen KlĂ€rung der ĂŒberdimensionierten Treppenanlage fĂŒhren dĂŒrfte.

Dem raffiniert entwickelten Schultrakt steht ein eher stiefmĂŒtterlich behandelter Sport- und Schwimmtrakt gegenĂŒber. Insbesondere die stĂ€dtebaulich zentrale Haltung, die AussensportflĂ€chen auf den DĂ€chern der Schwimm- und Sporthallen anzulegen, um so einen attraktiven Schul- und Quartierpark zu etablieren, verlangt nach einer kohĂ€renten und architektonisch bewĂ€ltigten Erschliessung dieser Aussenanlagen.

Umwelt, Nachhaltigkeit und Technik
Aufgrund der Kompaktheit der GebÀude und des sorgfÀltigen Haustechnikkonzeptes kann von einem nachhaltigen und ökologisch sinnvollen Entwurf ausgegangen werden.

Wirtschaftlichkeit
Wie schon bei der Nachhaltigkeit fĂŒhrt die Kompaktheit auch bei der Wirtschaftlichkeit des Projektes zu vorteilhaften Bedingungen. Die Lernfabrik weist die tiefsten Bauwerkskosten pro GeschossflĂ€che aller EntwĂŒrfe aus. Hierbei ist aber zu erwĂ€hnen, dass einzelne RaumflĂ€chen zu knapp bemessen sind.

GesamtwĂŒrdigung
Die strategisch intelligente Entwicklung eines stĂ€dtebaulichen Ensembles aus den spezifischen, teilweise nachteiligen Rahmenbedingungen des Ortes, gekoppelt mit seiner referenziellen NĂ€he zu den ehemals bedeutenden Industriebauten Schlierens, ist ĂŒberzeugend und auf vielen Ebenen ein Gewinn. Die Lernfabrik versteht sich zudem glĂŒcklicherweise nicht als nostalgische Reminiszenz an eine sich verĂ€ndernde Zeit, sondern ĂŒberzeugt vielmehr durch seine Weiterentwicklung zu einer thematisch dichten, rĂ€umlich spannenden und pĂ€dagogisch zeitgemĂ€ssen Lernwerkstatt.