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Begrenzt offener Realisierungswettbewerb mit vorgeschaltetem Bewerbungsverfahren | 01/2006

Neubau eines Verwaltungsgebäudes am Österreichischen Platz

Lageplan

Lageplan

3. Preis

Werkgemeinschaft HHK Plan GmbH

Architektur

Erläuterungstext



Städtebauliches Entwurfskonzept

Der Entwurf eines neuen Verwaltungsgebäudes am Österreichischen Platz bietet die Möglichkeit, die vorhandene städtebauliche Situation auf vielschichtige Weise neu zu interpretieren und den Ort dabei mit einem individuellen Charakter zu belegen.

Ein im Grundriss L-förmiges, siebengeschossiges Hauptgebäude vervollständigt die Ecke des städtischen Blocks und begrenzt nach Norden und Westen den entstehenden Innenhof.

Diesen strengen orthogonalen Winkel umschließt zur Hauptstätter und Immenhofer Straße ein zweiter Baukörper, welcher sich polygonal wie ein massiver Mantel dem lärmenden Autoverkehr entgegenstellt. Er nimmt die Richtung sowie die Fassadengliederung und die Höhe der benachbarten Wohnbebauung in der Immenhofer Straße auf und vermittelt mit den anschließenden Traufhöhen in Richtung Argon-Haus. Eine leichte trichterförmige Aufweitung des Straßenraums an der Kreuzung verweist auf die Funktion der Immenhofer Straße als Tor zum Süden Stuttgarts und trägt zur Überschaubarkeit der, aus allen Himmelsrichtungen ankommenden, Straßenzüge bei, während die abgerundete Ecke des losgelösten Sockels einen fußgängerfreundlichen Gehwegbereich formuliert.
Ein sich über sämtliche Obergeschosse erstreckender Licht- und Luftraum stellt sich zwischen den L-Bau und dessen polygonalen Mantel und tritt über dem Eingangsbereich als überdimensionale Laterne in Erscheinung.
Sie dient als weithin sichtbares Identifikationsmerkmal und markiert den Beginn eines innerstädtischen Boulevards in Richtung Wilhelmsplatz, dessen Auftakt das bis zum Innenhof transparent gestaltete multifunktionale Eingangsgeschoss darstellen könnte.


Organisation

Die Gebäudestruktur folgt im Wesentlichen zwei Organisationsprinzipien:

Das horizontale Organisationsprinzip stellt eine Reaktion auf die spezifischen Gegebenheiten des Grundstücks dar und äußert sich in der Maßnahme, den Großteil der Büroräume zum Schutz vor dem Straßenlärm und zur optimalen Ausrichtung hinsichtlich der Nutzung passiver Sonnenenergie zum Innenhof Richtung Süden und Osten zu orientieren. Aktenräume bilden dagegen einen schalltechnischen und thermischen Puffer nach Norden, während die Zonen im Bereich des lebhaften Verkehrsknotenpunkts des Österreichischen Platzes Treffpunkte für Mitarbeiter oder Besprechungsräume aufnehmen.

Das vertikale Organisationsprinzip sieht vor, Räume mit viel Besucherverkehr in die Nähe des Eingangs zu legen. Deshalb zentrieren sich das Haupt- und Personalamt mit seinen Schulungsräumen und der Vortragsbereich im Erdgeschoss um den Innenhof und beziehen diesen räumlich
mit ein (siehe Schnitt G-G).
Darüber folgen das Staatliche Schulamt mit publikumsintensiven Beratungsräumen und schließlich das Schulverwaltungsamt, dessen Leitung den oberen Abschluss des Gebäudes bildet.

Um auf die Topographie der grundstückbegleitenden Straßen zu reagieren und um die unterschiedlich großen Abteilungen flexibler auf die Geschosse verteilen zu können, sind die Räume an der Immenhofer Straße in ihrer Höhenlage jeweils um ein halbes Geschoss zum restlichen Gebäude versetzt.
Auf diese Weise ergeben sich über den Luftraum hinweg Blickbeziehungen und die Möglichkeit, jeweils zwei der, um ein halbes Geschoss nach oben oder unten versetzten, Ebenen räumlich bzw. durch
gezielt platzierte Verbindungstreppen in die Abteilung mit einzubeziehen (siehe Schnitt C-C).
Die Integration unterschiedlicher Wartebereiche und Erschließungselemente machen den Luftraum darüber hinaus zum zentralen Kommunikationsraum des Hauses (siehe Schnitt E-E). Dabei wird der Tageslichteinfall von oben ergänzt um gezielte horizontale Öffnungen am Fuße des Luftraums sowie um die bereits erwähnte "Laterne" zur Hauptstätter Straße.

Der gesamte überhöhte Bereich des Sockelgeschosses ist sowohl durch eine Zäsur in der Fassade als auch im inneren räumlichen Gefüge von den oberen Ebenen getrennt. Dadurch wird zum einen eine Lärmbelästigung der Ämter durch Teilnehmer an Schulungen oder Vorträgen verhindert; zum anderen ergibt sich die Option, das Erdgeschoss und den angrenzenden Innenhof zu einem späteren Zeitpunkt gegebenenfalls umzunutzen. Der im Südwesten zur Immenhofer Straße orientierte Notausgang könnte in diesem Falle zu einem separaten Eingang umfunktioniert werden
(siehe Schnitt B-B).

Eine Fluchttreppe an jedem Ende des winkelförmigen Gebäudes gewährleisten im Brandfall die Evakuierung der Anlage. Dabei werden der nördliche und westliche Flur durch einfache, gläserne Rauchschutzwände mit, bei auftretendem Rauch zufallenden, Türen vom Luftraum abgetrennt, während die Nutzer der nach Osten orientierten Büros am offenen Luftraum liegen und im Brandfall einen vorgelagerten Fluchtbalkon begehen. Die Zweiteilbarkeit des Grundrisses im Bereich des Schnittpunkts hilft dabei, die brandschutztechnischen Anforderungen wesentlich zu reduzieren und damit Kosten zu sparen.


Energiekonzept

Der Leitgedanke des geplanten Energiekonzepts besteht darin, durch geeignete bauliche Maßnahmen aufwendige und kostspielige technische Installationen in großem Umfang zu vermeiden und die benötigte Technik unter Berücksichtigung der am Standort sinnvoll nutzbaren alternativen Energieformen zu planen:

- Reduktion des Kunstlichtbedarfs durch Orientierung der Büroräume zu den Sonnenseiten und Einsatz
von Sonnenschutzlamellen mit Tageslichttechnik sowie durch maximale Tageslichtnutzung in den Erschließungszonen.
- gut gedämmtes Gebäude mit Anbindung der thermischen Speichermassen an das Raumklima zur Dämpfung der Temperaturschwankungen.
- Deckung der Grundheizlast durch Betonkernaktivierung und Ergänzung durch Heizkörper
- Kühlung der Räume über Betonkernaktivierung ("sanfte" Klimatisierung)
- Wärmetauscher im nahegelegenen Abwasserkanal als Wärmequelle im Winter und Kältequelle im Sommer
- Bereitstellung der gewünschten Systemtemperaturen über umschaltbare Wärmepumpe / Kältemaschine (hohe Leistungszahlen durch den Abwasserwärmetauscher)
- Abdeckung der Spitzenheizlast über Gasbrennwertkessel oder Ferwärmeanschluss
- massive Einsparung an Lüftungsinstallationen durch manuelle Fensterlüftung der zum größten Teil zum Innenhof orientierten Büroräume
- aus Schallschutzgründen mechanische Lüftung der Räume zur Immenhofer Straße. Pufferzone hinter äußerer Einfachverglasung ermöglicht Öffnung einzelner Flüge aus psychologischen Gründen und schützt Verschattungslamellen vor Straßenschmutz und Witterung
- Kühlung der Zuluft durch adiabate Befeuchtung der Abluft
- Abluftführung über zentralen Luftraum ("Abluftatrium")
- Einsparung von Ventilatorenenergie durch freie Abströmung der Abluft im Sommer
- Reduzierung der Lüftungswärmeverluste im Winter durch Absaugen der Abluft aus dem zentralen Luftraum (Wärmerückgewinnung)

Beurteilung durch das Preisgericht



Der winkelförmige, siebengeschossige Baukörper schließt die Baulücke auf selbstverständliche Weise, in dem er die Gebäudekanten der angrenzenden Häuser konsequent aufnimmt und fortführt. Die Körnung dieses für die Stuttgarter Mitte typischen Blockes wird aufgenommen, so dass im Innenhof ein gut proportionierter Freibereich entsteht, der für die angrenzenden Schulungsräume eine ruhige und sehr gut belichtete Atmosphäre schafft.

Die unterschiedlich gestalteten Fassaden reagieren in richtiger Weise auf die jeweilige Bedeutung und Eigenart von Hauptstätter Straße bzw. Weißenburgstraße, wobei die nach außen gestülpte „Laterne“ des innenliegenden Belichtungsschlitzes die optische Trennung der beiden verschiedenen Straßenansichten etwas instrumentiert betont. Als besondere Schwäche im Stadtraum wird jedoch die mit der Toilettenanlage hermetisch geschlossene Straßenecke gesehen. Im Sinne einer Aufwertung für den Fußgängerbereich hätte man sich hier eine Fortführung der transparenten Fassade entlang der Hauptstätter Straße gewünscht. Die Tiefgarageneinfahrt sitzt an der richtigen Stelle und ist gut in den Baukörper integriert.

Die innnere Organisation auf split-levelartig gegeneinander versetzten Geschossflächen entlang eines durchgehenden Licht- und Luftraums reagiert geschickt auf die topografischen Verhältnisse und schafft eine angenehme Atmosphäre im Erschließungsbereich. Gleichzeitig wird jedoch dadurch auch ein großer Erschließungsaufwand mit der Folge eines großen, kostenintensiven Bauvolumens geschaffen, der der hier geforderten Verwaltungsaufgabe nicht angemessen erscheint.

Die konsequente Orientierung der Büroräume an der Hauptstätter Straße zum Innenhof aus schallschutztechnischen Gründen mit einer geschickt vorgelagerten Zone für Akten wird positiv gewürdigt, da so diese Räume ohne Schallschutzprobleme zum Innenhof hin natürlich be- und entlüftet werden können. Das Konzept einer zweischaligen Fassadenverglasung entlang der lauten Straßenbereiche ermöglicht eine sinnvolle natürliche Lüftung bei gleichzeitiger Reduzierung der Schallbeeinträchtigungen. Auch die Kühlung der Büroräume über eine Betonkernaktivierung in Verbindung mit dem Wärmetauscher im Abwasserkanal wird als richtige Maßnahme für diesen Standort betrachtet. Die Technikräume im Untergeschoss entlang der Weißenburgstraße liegen richtig und erscheinen in ihrer Dimension ausreichend.

Die Lösung dieses Entwurfsansatzes wirkt insgesamt städtebaulich und architektonisch angemessen, hat gute innenräumliche Qualitäten, ist dabei leider jedoch aufgrund des zu großen Raumvolumens sehr kostenaufwändig und für interne Betriebsabläufe sowie für spätere eventuelle Nutzungsänderungen zu wenig flexibel.

Grundriss

Grundriss

Schnitt

Schnitt

Ansicht Immenhofer Straße

Ansicht Immenhofer Straße

Perspektive

Perspektive

Modell

Modell