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Nichtoffener Wettbewerb | 06/2010

Umbau der Zitadelle Spandau zu einem Museum

Anerkennung

Preisgeld: 7.000 EUR

Sunder-Plassmann Architekten Kappeln/Berlin

Architektur

studio dinnebier+blieske

Lichtplanung

Erläuterungstext

Die Zitadelle Spandau besitzt sowohl mit dem historisch einzigartigen Festungsensemble wie auch mit der monumentalen Denkmalsthematik das Potential, einen neuen, unverwechselbaren Kontrapunkt in der vielfältigen Berliner Museumslandschaft zu setzen und architektonisch wie konzeptionell einen herausragenden Kontrast zu den traditionellen Sammlungen darzustellen. An dieser Aufgabe orientiert sich der vorliegende Entwurf. Denkmalgetreue und museumswissenschaftliche Fundierung korrespondieren mit Besucherfreundlichkeit und dem attraktiven Freizeitcharakter der Festungsanlage.

Auf der Zitadelle Spandau wird mit dem neuen Museum zur Berliner Denkmalgeschichte ein weiterer Baustein in den Komplex der bereits bestehenden geschichtlichen Museen eingefügt. Die beiden dafür vorgesehenen Gebäude des ehemaligen Magazins (Haus 8) und der ehemaligen Kaserne (Haus 6) rahmen den Zitadellenhof auf zwei Seiten. Ihre neue Nutzung als Museum und Veranstaltungszentrum wird zur Belebung des Hofes und zur Stärkung der Gesamtanlage beitragen. Zusammen mit dem auf der Bastion Brandenburg geplanten Cafe entstehen neue Anziehungspunkte im nördlichen und östlichen Bereich der Festung. Der gesamte Festungsrundgang wird so für den Besucher zum kulturellen und landschaftlichen Erlebnis.

Gesamtkonzept und äußere Erschließung

In der Gesamtkonzeption werden Hofrundgang und Wallrundgang thematisiert. Für beide Rundgänge spielen die Gebäude von Magazin und Kaserne eine wichtige Rolle. Die Museumsein- und –ausgänge sind Teil des Hofrundgangs. Vom Torhaus kommend betritt der Besucher das Haus 8 am südlichen Gebäudeende, wird in linearer Bewegung durch die Raumsequenz geleitet und verläßt das Gebäude am nördlichen Ende Richtung Zitadellenhof. Hier wird gleich anschließend der östliche der drei Eingänge von Haus 6 genutzt, um die Wechselausstellung zu betreten. Am Ende des Ausstellungsrundgangs gelangt man durch den Museumsshop am östlichen Gebäudekopf wieder ins Freie. Der mittlere Eingang von Haus 6 bildet die gut auffindbare und repräsentative Erschließung für das Veranstaltungszentrum im 2. Obergeschoß.

Vom Zitadellenhof aus gesehen führt z.Zt. der Wallrundgang an den „Rückseiten“ von Kaserne und Magazin vorbei. Dieser Wahrnehmung wird entgegengewirkt, indem die Gebäude hier mit dem Außenraum in Kontakt treten. Haus 6 öffnet sich mit dem Veranstaltungszentrum im 2. Obergeschoss über eine großzügige Verglasung zur nördlichen Kurtine und zum Wasser. Mehrere Stege verbinden die Veranstaltungsebene mit der sonnenbeschienenen Wallkrone, auf der kleine befestigte Plätze zur Pause einladen. Am Cafe auf der Bastion Brandenburg vorbei gelangt man zur Kurtine hinter dem Haus 8, wo ein weiterer Steg vom Wall in den Innenraum des Museums ragt und von oben einen Blick auf die Monumentalstandbilder im mittleren Ausstellungsraum gewährt. Bezüge zwischen innen und außen werden immer wieder inszeniert, um die Wahrnehmung für den Ort zu schärfen und die Neugier auf die Erkundung der Zitadelle als Gesamtanlage wecken.

Gebäudestruktur, innere Erschließung, funktionale Gliederung

Haus 8

Das Museum im Magazingebäude ist als Enfilade von fünf Ausstellungsräumen angelegt, die durch hohe Portalöffnungen miteinander verbunden sind. Der Durchblick über die gesamte Gebäudelänge verschafft dem Besucher gleich beim Eintreten in das Gebäude Orientierung und Überblick über die Ausstellung. Die Bewegung führt linear durch das Gebäude, wobei immer wieder Anreize zu Wegabstechern geboten werden. Durchgängiges räumliches Thema ist ein Bodenrelief, das den Höhenunterschied zur Ebene der historischen Bodenplatte aufgreift und Podeste, Rampen und Stufenanlagen integriert. Das Relief verändert sich und definiert für jeden Ausstellungsraum einen eigenen Charakter: ein großflächiges Plateau, eine tribünenartige Stufenanlage, locker verteilte Einzelpodeste, ansteigend gestaffelte Ebenen erlauben eine differenzierte Inszenierung der Denkmäler. Der Besucher kann im Verhältnis zu den Skulpturen unterschiedliche Standpunkte einnehmen und sich selbst im Verhältnis zu ihnen positionieren.

Die vorhandene Substanz wird respektiert und die baulichen Eingriffe minimiert. Die neuzeitlichen Einbauten werden entfernt. An der Westfassade wird die alte Gliederung wieder hergestellt. Entlang der Fassade wird eine 50 cm breite Absenkung angelegt, durch welche die alten Gebäudeproportionen erfahrbar werden. Die Fenster im Erdgeschoss werden geöffnet. Die ehemaligen Einbringöffnungen erhalten eine Festverglasung. Die Südfassade erhält in der Flucht der inneren Portale eine große Fensteröffnung, die durch einen seitlichen Drehflügel zur Einbringöffnung erweitert werden kann. Die heterogenen vorhandenen Öffnungen werden geschlossen. An der Ostfassade wird in die vorhandene Türöffnung im Erdgeschoss eine Glastüre eingesetzt, die als Übergang zu den öffentlichen Toiletten im Verwaltungsgebäude 9 dient. Der vorhandene Steg zwischen der östlichen Kurtine und Haus 8 wird erneuert und mündet als Balkon in den mittleren Ausstellungsraum.
Die Materialität wird lediglich durch die neue monolithische Bodenplatte aus Weißbeton ergänzt und orientiert sich ansonsten am Bestand – geputzte Außenfassade, Sichtbetondecke, geschlämmte Innenwände. Diese zurückhaltende Behandlung der Innenwände erlaubt es, die an der vorhandenen Oberfläche ablesbaren Spuren der historischen Schichten sichtbar zu lassen.

Haus 6

Der Wunsch im ehemaligen Kasernengebäude die Nutzungsbereiche Wechselausstellung und Veranstaltungszentrum funktional getrennt unterzubringen, stellt besondere Anforderungen an die Gebäudeerschließung. Klar ablesbare repräsentative Eingangssituationen sollen der Bedeutung der jeweiligen Nutzung gerecht werden und gleichzeitig einen optimalen Funktionsablauf gewährleisten.

- Ausstellungsbereich
Dem Ausstellungsbereich werden die beiden seitlichen Eingänge zugeordnet. Der östliche Eingang stellt die nahtlose Fortsetzung des Ausstellungsrundgangs im Anschluss an Haus 8 sicher. Der Rundgang durch die Wechselausstellung kann in vielen Variationen über zwei Ebenen führen und endet im Museumsshop am westlichen Gebäudekopf, in dem sich auch der Ausgang befindet. Dem Museumsshop wird innerhalb des Gesamtkomplexes der Zitadelle übergeordnete Bedeutung beigemessen, sodass der Zugang eigens akzentuiert wird. Nach Westen wird dem Shop eine Terrasse zugeordnet. Hier könnte es im geschützten Hof am Wasser gemeinsame Veranstaltungen mit den benachbarten Institutionen geben. Im Gebäude selbst vermitteln Lufträume in beiden Gebäudeköpfen dem Besucher ein Gefühl für die auf zwei Ebenen angelegte Ausstellung und setzen einen vertikalen Kontrapunkt zu den Ausstellungsbereichen mit geringerer Raumhöhe. Zur Erschließung der oberen Ebene dienen die drei vorhandenen Treppenhauskerne sowie ein Aufzug neben dem westlichen Treppenkern. Die beiden Ausstellungsebenen vermitteln unterschiedliche Raumatmosphären. Während im Erdgeschoss die räumliche Gliederung beibehalten wird, die den überwölbten Korridor von den hofseitigen Ausstellungsräumen trennt, werden im Obergeschoss große Raumzusammenhänge hergestellt. Hier wird die Trennwand zum Korridor in Stützen aufgelöst und somit ein großer beidseitig belichteter Raum geschaffen. Innerhalb des gleichmäßigen Stützenrasters sind vielfältige Ausstellungsarchitekturen realisierbar. Die Ausstellungsräume sind sehr gut getrennt voneinander zu erschließen, sodass einzelne Raumbereiche für den Aufbau abgetrennt werden, bzw. verschiedene kleinere Ausstellungen parallel gezeigt werden können.
Die klare Raumstruktur der Ausstellung wird durch eine reduzierte Materialität unterstützt. Die massiven Gebäudeteile erhalten einen weißen Anstrich. Die Holzbalkendecke wird freigelegt. Als Bodenbelag werden durchgängig Holzdielen eingesetzt, sodass insgesamt eine authentische Raumatmosphäre entsteht.

- Veranstaltungszentrum
Das Veranstaltungszentrum im zweiten Obergeschoss wird über den sehr repräsentativen mittleren Eingang erschlossen. Eine kreuzungsfreie Erschließung wird durch eine neue Treppe im ehemaligen Durchgang zum nördlichen Korridor ermöglicht. In diesem Bereich werden zwischen den beiden massiven Wänden alle Geschossdecken entfernt. Es entsteht ein eindrucksvoller Treppenraum, der über das Dach Tageslicht erhält. Auf dem Weg nach oben bieten sich dem Besucher wechselnde Ein- und Ausblicke, bevor er das offene Foyer des Veranstaltungszentrums erreicht. Die Veranstaltungsebene ist über eine großzügige Verglasung nach Norden hin auf die sonnige Kurtine hin orientiert. Hier wurde im Bereich der Fenster die bestehende Mauerkrone abgetragen, um den Blick auf das Wasser frei zu geben. Auch physisch ist das Veranstaltungszentrum eng an den Außenbereich angebunden: An drei Stellen führen Stege von der Kurtine ins Gebäude, wo sich jeweils an den Treppenkernen kleine Foyers ausbilden. Diese Außenerschließung ermöglicht wiederum eine gute Unterteilbarkeit der Veranstaltungsebene, sodaß bis zu vier Veranstaltungen gleichzeitig stattfinden können. Neben dem großen Saal bietet auch der östliche Seminarraum einen attraktiven Veranstaltungsort. Wie auch im Foyer werden hier einige Stützen entfernt und die Dachlasten durch Überzüge abgefangen. Der stützenfreie Raum erhält das gleiche hohe Raumprofil wie der Saal und bezieht die Rundbogenfenster des Ostgiebels ein. Das Foyer ist als bespielbare Fläche konzipiert, die zusammenhängend genutzt wird, aber auch die Abteilung von Veranstaltungsinseln mittels schwerer akustisch wirksamer Vorhänge ermöglicht. Der große Veranstaltungssaal wird in seinem jetzigen Querschnitt beibehalten.
Die baulichen Eingriffe im Bereich des Daches beschränken sich auf die Veränderung der Dachhaut, das Dachtragwerk selbst bleibt davon unberührt. Entsprechend der neuen Orientierung des 2. Obergeschosses nach Norden werden die durchgehenden Dachgauben auf der Südseite rückgebaut und die historische Gebäudeproportion zum Zitadellenhof wieder hergestellt.

Lichtkonzept

Haus 8

Die Beleuchtung erfolgt überwiegend mit Einzelstrahlern die, den direkten Blicken der Besucher weitgehend entzogen, in Mauernischen im oberen Wandbereich platziert werden. Das Kunstlicht folgt in Intensität und Ausrichtung konzeptionell den Merkmalen des seitlich einfallenden Tageslichts. Dementsprechend fällt das Licht von der Hauptfassade her strahlend und akzentuiert auf die Skulpturen, während das rückseitig angeordnete Licht eher gedimmt und diffus ausgebildet ist.

Saal 2 erhält darüber hinaus zur Erhöhung des Sehkomforts eine zusätzliche Indirektbeleuchtung der Rückwand, die über eine in den Boden der obersten Podeststufe eingelassen Lichtlinie erzeugt wird.

In den Sälen 3 und 4 wird durch eine Aufhellung der Decke der diffuse Lichtanteil erhöht, und ein Bezug zum gezeigten parkähnlichen Szenario hergestellt.


Haus 6

Die Räume der Wechselausstellung sind mit einem bündig in die Decke eingelassenen System von bestückbaren Leuchtenauslässen versehen, in das wahlweise flexible Richtstrahler oder deckenbündige Blinddeckel eingesetzt werden können. Alternativ können längs der Holzbalken verlaufende, bündig in die Deckenfelder eingelassene Stromschienen eingesetzt werden.

Im großen Veranstaltungssaal wird die bauzeitliche Beleuchtung erhalten und auf eine aktuelle Technologie umgerüstet.