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begrenzt offen mit vorgeschaltetem Auswahlverfahren | 01/2006

Fuß- u. Radwegbrücke Ruhrstraße/Uferstraße

Brückenkörper von unten

Brückenkörper von unten

2. Preis

knippershelbig GmbH

Bauingenieurwesen

Cheret Bozic Architekten

Architektur

Erläuterungstext



Die Stelle für die künftige Fuß- und Radwegbrücke ist nicht nur aus städtebaulicher oder verkehrsplanerischer Sicht gut gewählt. Die innerstädtische Renaturierung der Ruhr samt der neuen Flussschleife haben einen sehr attraktiven Ort geschaffen. Mit dem neuen Brückenbauwerk ergibt sich die Gelegenheit, neu gewonnene naturräumliche Qualitäten erlebbar werden zu lassen. Für die Passanten wird es sehr attraktiv sein, über der Gabelung der beiden Flussarme zu verweilen. Flussaufwärts gibt es das strömende Wasser an der Steinbank zu betrachten, flussabwärts der naturnahe, neu gewonnene Landschaftsraum.

Aus diesen Erlebnisqualitäten generiert sich das Entwurfskonzept:
- die Steinbank soll als Wasserscheide offen sichtbar bleiben und darf nicht überbaut werden
- der Baumbestand soll ausnahmslos erhalten bleiben
- die Qualität des Standortes wird das Erleben des Naturraums sein. Die neue Brücke soll unter Verzicht expressiver Formen unprätentiös in den Naturraum eingefügt werden.
- Der Baustoff Holz soll exemplarisch und auf dem aktuellen Stand der Bautechnik eingesetzt werden. Die Robustheit des Bauwerkes in allen seinen Teilen ist wichtiger Bestandteil des Entwurfes

Das Ergebnis des Entwurfes ist eine bogenartig überhöhte Brücke mit mittigem Auflager und geknicktem Verlauf. Im Bereich der Brückenmitte liegt die Schnittstelle zweier räumlicher Erlebnisse: auf der Ostseite der Altarm der Ruhr als „Baumkorridor“, auf der Westseite der offene Landschaftsraum der neuen Flussschleife. Hier ist die Laufplatte gleichermaßen aufgeweitet wie überhöht. Es entsteht eine Art Plattform als Aussichtspunkt, die den Fußgängern Aussicht bietet und zum Verweilen einlädt ohne den Fahrradverkehr zu beeinträchtigen. Mit dem geknickten Verlauf ergibt sich eine räumliche Geste,die für den Naturraum im Westen als „Rahmen“ signethaft wirksam ist. Dass der bestehende Baumbestand ausnahmslos erhalten bleibt, ist ein weiterer Vorteil der Grundrissfigur.

Das hölzerne, unten liegende Tragwerk ist aus massiven, flächigen Elementen gefügt. Damit ist eine Bauweise gewählt, die den aktuellen Stand des Holzbaus dokumentiert und alle Potentiale der Vorfertigung nutzt. In der vorgeschlagenen Konstruktionsweise wäre die Fuß- und Radfahrbrücke in Arnsberg die erste ihrer Art. Alle baulichen Fügungen und Details sind konstruktiv wie gestalterisch auf das Minimum der funktionalen Anforderungen reduziert. Der konstruktive Holzschutz ist für das Tragwerk in hohem Maße gegeben. Dies gilt auch für die Verschleißschichten wie Gehbeläge oder Handläufe aus hochwertigen heimischen Hölzern. Der geregelte Holzeinschnitt der Profile mit stehenden Jahresringen auf den frei bewitterten Oberflächen bietet eine große Robustheit und ist im Unterhalt wartungsarm. Andere robuste Materialien wie rostfreier Stahl sind sparsam eingesetzt. Das Prinzip der Reduktion gilt auch für die prognostizierten Baukosten. Trotz der Besonderheit der Grundrissfigur, hochwertiger Ausführung und Baumaterialien wird das neue Brückenbauwerk den vorgegebenen Kostenrahmen unterbieten.

Um das Brutverhalten der Vögel und sonstiger Tiere nicht zu beeinträchtigen ist die Beleuchtung in den Handlauf integriert. Sie ist keine „Festbeleuchtung“, zeichnet jedoch als kontinuierliches Band die Korrektur der Brücke nach. Aus der Nähe, aber auch aus größerer Entfernung ergibt sich ein „Landschaftssignet“.

Baustoff Holz

Im Zuge der Industrialisierung verlor das bis dahin dominierende Holz dramatisch an Marktanteilen. Neue, hoch spezialisierte Baustoffe wie der Stahl oder der Beton verdrängten das naturgewachsene Holz, aus dem bis dahin nahezu alles - von der Behausung und den Gerätschaften bis hin zu Schiffen und Brücken - gefertigt wurde. Der Hauptgrund hierfür war wohl, dass der Rohstoff Holz über lange Zeit weder industriell bearbeitbar noch verarbeitbar gewesen ist. Erst in der jüngeren Gegenwart stehen Technologien und Fertigungstechniken zur Verfügung, die den archaischen Baustoff Holz nahezu „neu erfinden“.

Eine der interessantesten Entwicklungen sind massive Tragwerke aus Brettstapel oder Brettsperrholz. Zu flächigen Elementen gefügt eröffnen sie der Konstruktion sowohl in statischer als auch in gestalterischer Hinsicht neue Möglichkeiten, die den Holzbau qualitativ erweitern und neu am Markt positionieren.

Statisch-konstruktives Konzept

Der Brückenkörper ist ein im Grundriss geknickter Zweifeldträger. Aufgrund der nahezu gleichen Seitenspannweiten von 30 und 27 m ergibt sich ein Waagebalken. Der Trägerquerschnitt ist affin zum Biegemomentenverlauf abgestuft. Ausgehend von der maximalen Querschnittshöhe über dem Mittelauflager reduziert sich die Trägerhöhe zu den seitlichen Auflagern hin.
Der Durchlaufträger ist am mittleren Auflagerbock in alle Richtungen fest und allseitig gelenkig gelagert. Die Spreizung Lagerpunkte auf dem Mittelbock bildet den Hebelarm zur Aufnahme der aus dem Knick resultierenden exzentrischen Lasten.
Auf den Seitenauflagern ist das Brückendeck längsverschieblich und querfest aufgelegt.

Der Brückenkorpus ist aus Brettschichtholz (BS 11/14 Lärche) hergestellt. Die Holzlamellen sind damit auf die vorherrschende Beanspruchung - in Längsrichtung - ausgerichtet. Der massive Block wird dabei entsprechend der über den Querschnitt variierenden Spannungsausnutzung zusammengesetzt. Die oberen und unteren sowie seitlichen Lamellen werden aufgrund der höheren Beanspruchung mit der Sortierung (S13) belegt. Im Inneren des Korpus werden mit wirtschaftlichem Vorteil geringerwertige Sortierklassen zum „Auffüllen“ eingesetzt. Neben dem wirtschaftlichen Abstufen nach Spannungsauslastung bilden die dichteren Aussenlagen einen wirksamen Schutz gegen äußere Einwirkungen.
Der Korpus wird in querzugbeanspruchten Bereichen, sowie im querdruckbeanspruchten Lasteinleitungsbereich, über dem Mittelauflager durch eingeleimte Gewindestangen „vernadelt“ und somit ertüchtigt.

Die obere Deckplatte aus Brettsperrholz ist über eine kontinuierliche Verschraubung auf den Korpus aufgesetzt. Mit den diagonal verleimten Einzellagen ist ein zweiachsiger Lastabtrag für die über den Korpus auskragenden Deckbereiche möglich.

Die Gründung erfolgt als Flachgründung auf dem gut tragfähigen Ruhrkies. Zu den konventionell hergestellten Widerlagerbänke aus Stahlbeton werden Flügelwände ergänzt. Entsprechend den abzustellenden Hangneigungen an den Seitenwiderlagern werden Winkelstützmauern ausgebildet.

Montage

Der Brückenkorpus wird vollständig werkseitig vorgefertigt (dem Korpus vergleichbare Segmentgrößes sind bereits mehrfach hergestellt und transportiert worden). Alle Anschlussbauteile werden werkseitig eingeleimt.

Der Brückenkorpus wird über einen Mobilkran eingeschwenkt (Anhängelast 20 to) und auf dem Mittelbock durch Einschieben der Lagerwellen arretiert.
Temporäre Spindelstützen in den Seitenarmen halten den Korpus. Die Deckplatte wird abschnittsweise und auf der Korpuszunge überlappend aufgelegt und flächig verschraubt.

Die Deckabdichtung wird aufgebracht. Mit dem Aufbringen des Gehbelags und der Geländer wird der Brückenausbau abgeschlossen.

Beurteilung durch das Preisgericht



Der Entwurf besticht durch sein einfaches, angemessenes und zurückhaltendes Konzept.
Das Bemühen um ein konstruktiv nachvollziehbares und ruhiges Erscheinungsbild wird ausdrücklich anerkannt, ebenso das Ziel, den Knick auf der Insel zu einem attraktiven Ort mit Aufenthaltsqualität weiterzuentwickeln. Die Funktionalität in diesem Bereich (Begegnungsfälle und Bewegungsräume Fußgänger-Radfahrer) wird jedoch kritisch beurteilt.
Das konstruktive Prinzip der Blattfedern wird gewürdigt; Kontroversen entzünden sich im Preisgericht aber an der formalen und technischen Ausbildung der Auskragungen im Bereich der Abknickung. Hier erscheint der Entwurf noch überarbeitungsbedürftig - ebenso hinsichtlich der Dimensionierung, um Durchbiegung zu minimieren.

Die Arbeit ist insgesamt im positiven Sinne einfach konstruiert und lässt eine wirtschaftliche Errichtung erwarten.
Brückenkörper von unten

Brückenkörper von unten

Brückenkörper von der Seite

Brückenkörper von der Seite

Brückenkörper von der Seite

Brückenkörper von der Seite

Brücke im städtebaulichen Kontext

Brücke im städtebaulichen Kontext

Brücke im städtebaulichen Kontext

Brücke im städtebaulichen Kontext

Brücke / Grundriss

Brücke / Grundriss

Brücke / Grundriss

Brücke / Grundriss

Brücke / Perspektive

Brücke / Perspektive

Brücke / Perspektive

Brücke / Perspektive

Brücke / Ansicht

Brücke / Ansicht

Brücke / Ansicht

Brücke / Ansicht