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Nichtoffener Wettbewerb | 03/2013

Neugestaltung und Aufwertung des öffentlichen Raumes der Innenstadt

2. Preis

Preisgeld: 7.000 EUR

RAUM & FORM Büro für Grünplanung und Umweltentwicklung

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

ALLGEMEIN
Die Lage an der Ems, die überwiegend historische Bausubstanz des Stadtmittelpunktes im Bereich der Martinus-Kirche mit dem Marktplatz und in der belebten Fußgängerzone sowie der alte stadtbildprägende Baumbestand im Innenstadtbereich sind die Alleinstellungsmerkmale der Stadt Greven.

STADT - LANDSCHAFT / STADTRAUM / FASSADEN
Die noch vorhandene historische Bausubstanz im Innenstadtbereich trägt stark zu einem unverwechselbaren Stadtbild bei und ist die Visitenkarte der Stadt Greven. Die Straßen, Gassen und Plätze der Innenstadt / Altstadt sind die Bühne, auf der sich das städtische Leben abspielt und auch heute noch neue Geschichten schreibt. Eine offene Gestaltung mit wenigen räumlichen Schwerpunkten und Einbauten trägt dem Rechnung.
In der Mitte Grevens verbindet sich ein stadtbildprägender erhaltenswerter Altbaumbestand mit der Architektur. Besonders identitätsstiftend sind die Topographie und das Grün, das den erhöhten Bereich der Martinus-Kirche mit den angrenzenden historischen Gebäuden umgibt.
In der Fußgängerzone (Marktstraße, Kirchstraße, Münsterstraße) und in den angrenzenden Straßenräumen schaffen Vor- und Rücksprünge in den Raumkanten kleine Plätze mit spannenden Raumfolgen und wechselnden Perspektiven. Die Durchgänge und Gassen zu den rückwärtigen Bereichen und Parkplätzen bieten kurze Wege und stärken die Vernetzung zwischen den Quartieren.

DIE STÄDTISCHE MITTE MIT MARTINUS KIRCHE; MARKTPALTZ UND RATHAUSSTRASSE
Das vorhandene hochwertige Natursteinpflaster im Bereich der Martinus-Kirche, der Kirchstraße, des Kirch- und Marktplatzes und eines Teils der Martinistraße bilden einen „passenden“ Rahmen für den historischen Stadtbereich. Das Natursteinpflaster-Passepartout des Marktplatzes mit seinen stadtbildprägenden Quadraten bleibt erhalten und wird zum Teil neu geordnet. Die Fugenfüllungen dieser Fläche werden saniert, um eine bessere Begehbarkeit zu erzielen. Die Randbereiche werden mit gesägten und geflammten Granit-Kleinpflastersteinen gefasst. Diese Oberflächenqualität gewährleistet eine gute Begehbarkeit unmittelbar vor den Geschäften.

„Barriere Rathausstraße“
Die „Barriere Rathausstraße“ wird aufgelöst, indem dieser Straßenverlauf mit den Nebenflächen als gleichberechtigter ebener Straßenraum für alle Nutzer nach dem Prinzip „Shared Space“ umgestaltet wird. Dadurch wird u. a. die Bedeutung als Durchgangsstraße stark abgemildert, die Fußgänger erhalten mehr „Raum“, Aufenthaltsflächen entlang der Geschäfte (z. B. Außenterrassen) erhalten neue Qualitäten. Insgesamt werden dadurch der nördliche und südliche innerstädtische Fußgängerbereich weiter zusammengeführt.

Durch die Oberflächengestaltung mit Naturstein-Kleinpflaster (Oberfläche gesägt und geflammt im Passe-Verband) wird die Rathausstraße optisch der historischen Stadtmitte zugeschlagen und erhält Bezug zu dem Ensemble der Martinus-Kirche und dem Marktplatz mit dem vorhandenen Brunnen. Des Weiteren tritt durch die einheitliche Gestaltung mit Natursteinpflaster die Raumwirkung in den Vordergrund, fördert die Bedeutung als Stadtmitte, wirkt großzügig und offen für diverse Nutzungen (z.B. für den Wochenmarkt und Kirmes). Durch die Neugestaltung wird die Stadtraum- und Aufenthaltsqualität deutlich verbessert.

Die Rathausstraße, als bisheriger „Fremdkörper“, wird somit wieder integrativer Bestandteil der Stadtmitte. Und der Bereich um die Martinus-Kirche erhält für die Bewohner und Besucher der Innenstadt eine neue herausragende Bedeutung als zentraler Treff-und Verteilerpunkt und Bühne in der Mitte der Stadt. Der Stadtboden strahlt Ruhe aus und ist neutraler Rahmen für die unterschiedlichen Fassaden. Ein hochwertiges, ortsangemessenes Material und der zurückhaltende Einsatz von Stadtmöblierung unterstreichen die Architektur der raumbegrenzenden Fassaden.
Um Barrierefreiheit zu gewährleisten, werden die vorhandenen Stufen im Stadtraum nach Möglichkeit entfernt. Bei der Umgestaltung wird davon ausgegangen, dass auf die vorhandenen Straßenbau- Oberbau-Materialien aufgebaut werden kann. Es werden lediglich die vorhandenen Oberflächenmaterialien ausgetauscht.

DIE FUßGÄNGERZONE MIT MAKRT-, MÜNSTER-, MARTINI-, KIRCH- UND BERGSTRASSE
Die beiden Auftaktplätze mit dem Fritz-Pölking-Platz und dem Platz am oberen Ende der Marktstraße werden als Stadtraum mit Platzcharakter besser herausgearbeitet. Die fehlenden Raumkanten werden durch Bäume und Hecken hergestellt. Vorhandene Einfahrtmöglichkeiten für den Anlieferungsverkehr und zu den angrenzenden Parkplätzen bleiben bestehen. Der ruhige „aufgeräumte“ Stadtraum lädt ein, ihn zu bespielen. Brunnen, Wasserspiele, Spielpunkte fordern zum Entdecken auf.

Teppich
Die vorhandene Pflastergrafik mit dem funktionstüchtigen Oberflächen-Teppich bleibt erhalten. Im Bereich der vorhandenen Basalt-Kleinpflaster-Quadrate mit umlaufender Granit-Kleinpflaster- Einrahmung entstehen neue quadratische Sitzplateaus, Baumpflanzungen, Spielbereiche und Fontänen-Wasserspiele.

Zitat Ems
Die neuen Wasserspiele machen das Thema Wasser weiter im Stadtraum sichtbar. Die bodenbündigen Fontänen sind in die Fläche eingestreut, eine Choreographie erzeugt abwechslungsreiche Wasserbilder und lädt die Kinder zum Spielen ein.

Martinistraße nur als Fußgängerbereich
Die Martinstraße sollte als Fußgängerbereich ausgewiesen werden. Der Einmündungspunkt in die Rathausstraße wird aufgewertet und großzügig durchlässig gestaltet, um die fußläufige Verbindung in Richtung der Münsterstraße zu stärken.

BÄUME UND AUSSTATTUNG
Die vorhandenen privaten und öffentlichen Großbäume sind ein unverwechselbares Charakteristikum der Fußgängerzone. Die vorhandenen Kugel-Ahornbäume werden entfernt, da sie nicht den gestalterischen und funktionalen Anforderungen entsprechen. Abgängige Bäume werden zum Teil durch stadtbildprägende Neupflanzungen ersetzt. Weitere geeignete Neupflanzungen werden das Stadtbild weiter aufwerten. Die Bäume akzentuieren den steinernen Stadtraum, spenden Schatten für die Aufenthaltsbereiche und erzeugen eine neue Aufenthaltsqualität. Die Ausstattung beschränkt sich auf das Notwendige. Schlichte Anlehnbügel für Fahrräder werden in kleinen Gruppen dezentral im Stadtraum eingebaut, Papierkörbe unauffällig entlang der Fassaden angeordnet. Außerhalb der Plateaus werden weitere Sitzmöglichkeiten als Einzelelemente in regelmäßigen Abständen im Straßenraum angeboten.

LICHTKONZEPT
Die Straßenräume in der Fußgängerzone werden über Wandleuchten an den Gebäuden ausgeleuchtet. Unauffällig an den Fassaden angebrachte, kompakte Scheinwerfer mit Sekundärreflektoren, warmweißer Lichtfarbe und guter Farbwiedergabe sorgen für eine gleichmäßige Beleuchtung und für eine sehr zurückhaltende Aufhellung der Fassaden. Wie die Betonung der Raumkanten, so unterstützt auch die Anordnung von Hell- und Dunkelzonen und von Lichtinseln die Spannung und (Tiefen-) Wirkung des Raumes.
Darüber hinaus erleichtern örtlich differenzierte Leuchtdichten die Orientierung sehbehinderter Personen.

Die Stadtplätze erhalten einrahmend Lichtstelen mit unterschiedlichen Modulen für die Straßenbeleuchtung und atmosphärischem Licht für die Objektbeleuchtung. Durch ein höheres Beleuchtungsniveau auf den Plätzen wird die abwechslungsreiche Raumfolge der Markt-, Münster-, Martine-, Kirch- und Bergstraße auch am Abend herausgearbeitet.

Die stadtbildprägenden Fassaden und Bäume (Lichtinseln unter den Bäumen) werden dezent angestrahlt. Für die historischen Fassaden wird ein individuelles Beleuchtungskonzept entwickelt. Die besonderen Merkmale der einzelnen Häuser werden am Abend mit Licht herausgearbeitet und akzentuiert (z. B. Akzentuierung markanter Fassadenelemente durch kleine LED-Strahler mit einer kühleren Lichtfarbe).
Die beleuchteten Fontänen setzen besondere Akzente im abendlichen Stadtraum. Eine kältere Lichtfarbe hebt sie aus dem Umfeld hervor.
Die abendliche Wirkung der Fassade der Martinus-Kirche sowie die historische Mauer im Bereich des angrenzenden Gebäudeensembles wird mit warmweißem Licht unterstrichen. Somit erhält das stadtbildprägende erhöhte Kirchensemble eine individuelle Beleuchtung und Anstrahlung. Die Bedeutung als Stadtmittelpunkt und Merkzeichen Grevens wird dadurch weiter qualitativ hervorgehoben.
Nicht das Design der Leuchtenkörper, sondern die jeweilige Beleuchtungssituation und die Lichtwirkung kennzeichnen das Beleuchtungskonzept. Das Licht dient der Sicherheit und Orientierung, unterstützt die Architektur und Raumwirkung und setzt Akzente. Es malt poetische Bilder der Stadt und erzählt deren Geschichte.
Zur Gliederung der Straßenräume werden die Gebäudeecken an den Einmündungen der Gassen durch Übereck-Anordnung der Leuchten und durch Lampen mit einer höheren Farbtemperatur hervorgehoben. U. a. werden dadurch die Wege zur Ems so am Abend markiert. Eine indirekte Beleuchtung der Plateaus an den Aufweitungen der Straßenräume und der quadratischen Sitzelemente verleiht diesen Bereichen am Abend eine ruhige und intime Atmosphäre.
Durch Dimmen und/oder Abschalten von Teilen der Beleuchtung wird die Helligkeit der Straßen- und Platzräume entsprechend der Tageszeit der jeweiligen Nutzungsintensität angepasst, Störungen von Anwohnern und Lichtverschmutzung werden so vermieden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Leitidee des Konzepts ist es, einerseits den öffentlichen Raum der historischen Mitte mit Kirchhügel als räumliches Gelenk qualitätvoll zu gestalten, und andererseits die bestehende Fußgängerzone lediglich in ihrem Bestand gestalterisch zu qualifizieren.

Dieser Ansatz überzeugt, allerdings wird auch kritisch gesehen, dass in gewisser Weise die umfängliche Aufwertung des Kirchenbezirks nur auf Kosten von Maßnahmen in den Einkaufsbereichen möglich ist. Dennoch überzeugt dieser Ansatz, nicht nur in Anbetracht des geringen Budgets sondern auch als städtebauliches Konzept: Die im Prinzip funktionstüchtigen Fußgängerbereiche und Plätze werden über die historische Mitte vernetzt.

Beinahe selbstverständlich wird die Rathausstraße durch Verschmälerung der Fahrgasse und gleiches Pflastermaterial gestalterisch integriert. Rampen, der Rückbau von Treppen und gesägte und geflammte Pflasteroberflächen garantieren im Kirchenbereich weitgehende Barrierefreiheit. Allerdings beurteilt das Preisgericht die Natursteinpflasterung, wie in den Renderings dargestellt als zu nostalgisch und ökonomisch grenzwertig , auch wenn es im Umfeld der Kirche bereits verlegt ist und im Süden und Norden lediglich ergänzt wird.

Die Fußgängerzonen werden wirkungsvoll entrümpelt, inklusive der zu Recht als nicht erhaltenswert bewerteten kleinkronigen Kugelahorne. Das Mobiliar soll soweit es geht entfernt werden. Für die neuen Ausstattungselemente werden lediglich Prinzipien formuliert. Wenn erforderlich und gewünscht sollen sie in die Felder der Natursteinintarsien eingebaut werden. Kleine Wasserfelder und Bänke sollen in regelmäßigen Abständen eingebaut werden – hier fehlt jedoch eine entsprechende Darstellung. Ein sehr sparsames Konzept, bei dem das Preisgericht eine „Vision“ vermisst. Auch das Lichtkonzept bleibt dem Prinzip der Zurückhaltung treu – wenngleich technisch nicht unaufwendig.

Der Beitrag spart in den Straßenräumen und schlägt Maßnahmen vor allem im Kirchenumfeld vor. Diese Haltung wird anerkannt, eine stärkere Auseinandersetzung mit der Fußgängerzone wäre jedoch wünschenswert gewesen.