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Nichtoffener Wettbewerb | 06/2013

Folgenutzung für die Betriebsflächen der Paulaner-Brauerei mit Realisierungsteil für ein Verwaltungsgebäude

1. Preis / Teilgebiet Regerstraße

Rapp+Rapp

Architektur

Atelier Quadrat

Landschaftsarchitektur

ARUP Netherlands

Bauingenieurwesen

Erläuterungstext

„Paulaner am Nockherberg”
Stadtbaukörper und Raumfolgen

Die Schönheit Münchens beruht für die Einen in der Tatsache, daß der Städtebau und die Architektur der Stadt viel ausgeprägter als in jeder anderen deutschen Stadt einer klassischen und klassizistischen Tradition verpflichtet sind. Beispielhaft hierfür sind die Prachtbauten und entscheidenden städtebaulichen Setzungen durch Ludwig I. und Leo van Klenze, die der Stadt ihr italienisch anmutendes Ambiente verleihen. Andere weisen im Zusammenhang mit der Lebensqualität in der Bayerischen Landeshauptstadt auf die einmalige Abfolge der Grünräume der Isarauen, Englischer Garten, Hofgarten bis hin zu den Höfen der Residenz. Aber alles das wäre sicherlich nicht genug, wäre es nicht eingebunden in ein kleinteiliges Gewebe der Stadtteile des gewöhnlichen Münchens, jener beliebten Quartiere wie Schwabing, Bogenhausen, Nymphenburg, Giesing, Sendling und die Au mit ihrer charakteristischen Mischung von Wohnen und Arbeiten.

Nur Experten ist der prägende Einfluß Theodor Fischers bekannt, dessen Baulinienplanungen vielerorts die städtebaulichen Grundlagen für die Entwicklung dieser Stadtteile darstellen. Dem „Städtebau nach seinen künstlerischen Grundsätzen” verpflichtet, entstanden die Straßen, Plätze und Freiräume der Großstadt dergestalt, daß sie wie 'gewachsen' wirken, obwohl sie das Resultat systematischer Planung sind.

Unser Beitrag versteht sich in der Fortsetzung dieser Tradition.

Der Gesamtumgriff des Wettbewerbsprojektes kennzeichnet sich durch seine Gliederung entlang der Isarhangkante in die untere und die obere Au. Unser Ziel ist eine Abfolge von identitätsstiftenden Freiräumen zwischen Ostbahnhof, Tassiloplatz und Isarauen. Von den „Welfengärten” kommend, führt die Route über den „Salvatorplatz in der Au” zum „Paulaner-Park” um entlang des Isarhanges in der unteren Au seine Fortsetzung zu finden in den „Paulaner Hofgärten”.


Wir verstehen nachhaltiges Bauen grundsätzlich als integrales Konzept von Zeitbeständigkeit. Gerade im Städtebau gilt es, die Dauerhaftigkeit des Gebauten durch die Verwendung und Weiterentwicklung von Strukturen zu versichern, die sich über die Jahrhunderte bewährt haben und damit einen städtebaulichen Rahmen zu schaffen, in dem künftige Generationen, Lebensentwürfe und Wohnbedürfnisse sich einzurichten vermögen. Unser Beitrag fusst darum auf den folgenden städtebaulichen und architektonischen Leitthesen.

• Die Nutzungsmischung: Wir begrüssen die vorgegebene Nutzungsmischung im Sinne des durchmischten Quartiers. Die vorgesehenen 30% geförderter und sozialorientierter Wohnungsbau befördern zudem die soziale Durchmischung.

• Der Bezug zum Ort: Die Planung soll sich auf die historischen Qualitäten der Parzellierungen, der Bebauung und Nutzung beziehen und somit die Identität des Ortes stärken.

• Der öffentliche Raum: Straßen, Plätze und Grünräume sollen in Bezug auf Dimension, Proportion, Material und Erscheinungsbild den Quartieren jeweils einen eigenen Charakter geben. Die Häuser sollen Straßen- und Platzräume, Parkräume, Passagen und Höfe bilden und nicht als ungebundene Strukturelemente frei im fließenden Stadtraum stehen. Öffentlicher und privater Raum sind klar zu scheiden und werden im Stadtraum, basierend auf der Masstäblichkeit der umliegenden Quartiere, in eine Beziehung gesetzt..

• Die Anbindung an die Herbergshäuser im Bereich des nördlichen Durchganges zur Isar-Hangkante: Wir schlagen vor, die betreffenden Grundstücke durch eine angemessen gestaltete Gartenmauer einzufrieden und dieses Prinzip auch an der östlichen, rückwärtigen Grundstücksgrenze zum Paulaner-Betriebsgelände zur Ausführung kommen zu lassen. So werden einerseits die verschiedenartigen Anbauten an die Herbergshäuser eingefasst und andererseits wird den Herbergshäusern nach dem Vorbild der englischen "mews" eine rückseitige Erschließungszone angelagert, die Zugang gewährt zu den östlich anschließenden, zweigeschossigen Kindertagesstätten. .

• Die Wageneinstellplätze werden mit Rücksicht auf den öffentlichen Straßenraum in erforderlichem Ausmaß in Tiefgaragen vorgesehen.

• Das Haus als Modul: Der Stadtraum wird von Baublöcken definiert, deren Elemente unterscheidbare 'Häuser' sind, welche durch architektonische Differenzierung zur Identifikation beitragen. Sie sollen - auch in ihrer Proportion und Größenordnung - auf die spezifischen stadträumlichen Bedingungen reagieren und von verschiedenen Architekten in einem gemeinschaftlich zu vereinbarenden Fassadenkanon realisiert werden.

• Adresse und „Treppenhaus”: Deutlich erkennbare Eingangsbereiche vermitteln als kollektive Räume zwischen öffentlichem und privatem Raum und sollten bei aller Wirtschaftlichkeit großzügig gestaltet werden. Die nahezu ausschließlich als 2- oder 3-Spänner ausgebildete Erschließungsstruktur fördert die nachbarschaftlichen Kontakte und soziale Kohäsion.

• Außenräume und Dachlandschaft: Die wohnungsbezogenen Außenräume werden in Analogie zu den Münchner Fassadentypologien in einem ausgewogenem Verhältnis als Balkon oder Loggia ausgeführt. Grundsätzlich kennzeichnen sich die an eine Grünfläche grenzenden Fassaden durch eine höhere Plastizität. Die 'fünfte Fassade' der Flachdächer soll als gemeinschaftlich oder individuell zu nützender Dachgarten ausformuliert werden.

• Ökologischer Städtebau: Das städtebauliche Bild der neuen Quartiere soll durch die bewährte urbane Dichte, sorgfältig gestaltete Grünflächen und Straßenräume mit großzügigem Baumbestand geprägt werden. Dabei sollen die Blockstrukturen so gehandhabt werden, daß unterschiedliche Bauformen - vom Townhouse über Geschoßwohnungsbau bis hin zum vereinzelten Hochhaus - in einem Block möglich sind.

Beurteilung durch das Preisgericht

Bei dem Entwurf von Rapp + Rapp und Atelier Quadrat, der von vielen Bürgern im Rahmen der Bürgerwerkstatt positiv bewertet wurde, begrüßten diese, dass er im Verhältnis zu den anderen Arbeiten gesehen, den Park sehr gut gliedert. Ebenfalls befürwortet wurde die kleinteilig strukturierte Bebauung in einem differenzierten Maßstab. Durch diese kleinteilige Struktur würden am besten das sich Bilden von Nachbarschaften und das Wohlbefinden der Menschen gefördert. Zudem wurde der Entwurf aufgrund des Zuschnittes der Hofstrukturen und der Hausgliederung als gut eingebunden in das Quartier bezeichnet. Er würde durch die Kombination mit durchmischbaren Blöcken, der Höhenstaffelung und abwechslungsreichen Freiräumen die Atmosphäre einer gewachsenen Stadt erzeugen. Die Zwischen-räume und Innenhöfe des Entwurfs wurden als besonders spannend und lebendig bewertet. Im Zuge der Überarbeitung haben die Architekten die Gebäudehöhen nochmals angepasst und auf Anregung insbesondere gegenüber den Herbergs-häusern reduziert. Bei den beiden Neun- und Zehngeschossern wird die Höhe noch zu verringern sein. Wie auch von einigen Bürgern gewünscht, sehen Rapp + Rapp – und das als einziges Architekturbüro – mitunter auch Satteldächer vor. Diese sind als Fortsetzung zur Nachbarbebauung an zwei Stellen geplant: im Norden an der Regerstraße und im direkten Anschluss zur Hochstraße. Zudem wurden die Grünflächen an einigen Engstellen etwas verbreitert. Zur nördlichen Bebauung wird nun ein größerer Abstand eingehalten. Zudem integriert der Ent-wurf die Gaststätte Paulaner am Nockherberg stimmig ins Gesamtkonzept. Der Entwurf von Rapp + Rapp und Atelier Quadrat wurde vom Preisgericht als die mit großem Abstand beste Arbeit für das Teilgebiet an der Regerstraße bewertet.