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Nichtoffener Wettbewerb | 03/2013

Kanadaring

1. Preis

Preisgeld: 23.000 EUR

Pesch Partner Architektur Stadtplanung GmbH

Architektur, Stadtplanung / Städtebau

Erläuterungstext

Lahr Kanadaring – Von der Siedlung zur Gartenstadt

Wie baut man heute eine Siedlung der 1950er und 1960er Jahre mit ihrer monotonen Zeilenbebauung und Punkthochhäusern weiter? Auf diese Frage gibt es keine standardisierte Antwort: Eine Reurbanisierung würde mit großen Eingriffen in die Substanz verbunden sein und die Identität des Ortes auslöschen. Ein zu großer Respekt vor der Geschichte würde die vorhandenen Probleme eher verfestigen. Wir haben uns für eine städtebauliche Überarbeitung entscheiden, die eine starke Setzung – die neue Mitte – mit einer kleinteiligen Arrondierung der Baufelder – die offenen Wohnhöfe – zu einem neuen Quartierscharakter verbindet. Die gartenstädtische Atmosphäre wird respektiert und durch Wohnumfeldgestaltung deutlicher herausgearbeitet.

Die Landesgartenschau eröffnet die Chance, das Wohngebiet Kanadaring besser mit der Umgebung zu verknüpfen und die Freiflächen neu zu gestalten. Ziel der Planung ist die Transformation des Gebiets mit kongenialen städtebaulichen Maßnahmen. Der gartenstädtische Charakter mit denkmalwerten Punkthäusern, lockerer Zeilenbebauung, großen Bäumen und grünen Zwischenzonen wird als wertvoll erkannt und aufgegriffen. Punktuelle Eingriffe in die bestehende städtebauliche Struktur in sinnvollen Bauabschnitten schaffen die Grundlage für die Weiterentwicklung.
Durch Abriss des Quartiersparkhauses und der Gebäude K2 und K4 steht in der Mitte des Gebiets eine Potentialfläche zur Verfügung. Aufgrund nicht mehr zeitgemäßer 2-Zimmer Wohngrundrisse sollen zusätzlich drei Laubenganggebäude aufgegeben werden. An Stelle dieser Gebäude werden zwischen Kanadaring und Schwarzwaldstraße drei neue Wohnhöfe vorgeschlagen, die ergänzt um Versorgungseinrichtungen zur neuen Mitte des Quartiers werden sollen. Der nördliche Hof mit Kindertagesstätte und Bürgersaal öffnet sich samt südorientierter Freifläche zum Grünraum um die Rundhochhäuser. Die Innenhöfe der beiden anderen Höfe werden zugunsten eines halbgeschossig versetzten Parkdecks etwas angehoben. Der Vorteil dieser Lösung: die Privatheit des Wohnens wird durch die Lage Hochparterre geschützt – sowohl zum öffentlichen Raum wie auch zu den Gemeinschaftsflächen im Hof - und das Parkdeck kann natürlich belüftet werden.
Betreutes Wohnen sowie differenzierte Wohnungsangebote für unterschiedliche Lebenslagen und -stile werden in den Obergeschossen angeboten. Am höher frequentierten Bereich entlang der Schwarzwaldstraße sind die öffentlichen Nutzungen platziert. Zum Quartiersplatz an der Schwarzwaldstraße orientiert sich das Begegnungshaus mit Quartierscafé. Das Quartiersmanagement als Anlaufstelle für die Bewohner, Gesundheitsdienste sowie Dienstleistungen und Einzelhandel für den täglichen Bedarf runden das vielfältige Angebot der neuen Mitte ab. Die Vorfläche eignet sich für Außengastronomie, garantiert hohe Aufenthaltsqualität und sorgt für eine Belebung des Platzes. Die offene Platzfläche soll nicht durch Einbauten gestört werden. Die Ausstattung beschränkt sich auf wenige Elemente: Eine Baumgruppe im östlichen Bereich mit einem Brunnen bzw. ein Wasserspiel, und Bänke für das längere Verweilen – wahlweise in der Sonne oder im Schatten.

Die Trennwirkung der Schwarzwaldstraße durch den überdimensionierten Straßenquerschnitt soll durch die Verringerung des Fahrbahnquerschnitts reduziert werden. Auf Höhe des Quartierszentrums werden Schwarzwaldstraße und Kanadaring als Shared Space bzw. Begegnungszone ausgebaut. Die Neugestaltung der Straße Im Schillinger stärkt die Verbindung nach Süden zum Landesgartenschaugelände. In Richtung Norden wird die kurze Verbindungsstraße zwischen Schwarzwaldstraße und Kanadaring zu einem Geh- und Radweg zurückgebaut.
Am Schutterplatz finden Kinder Rasenflächen und wassergebundene Freiflächen mit Spielgeräten vor. Die Rasenstufen an der Schutter laden Bewohner und Nutzer des Uferradwegs zum Entspannen ein. Über die neue Fuß- und Radwegebrücke gelangt man bequem zum Schulzentrum Dinglingen und weiter ins Naherholungsgebiet am Weinberg.
Heute ist die Schutteraue durch Einfriedungen vom Wohnquartier getrennt und wird nicht als hochwertiger Freiraum wahrgenommen. Nach Abriss des städtischen Kindergartens und der Turnhalle wird die Orientierung des Quartiers zum Wasser erheblich verbessert. Die vorgeschlagen Stadtvillen markieren den Lauf des Gewässers und verbinden die Zeilenbauten zu räumlich gefassten Nachbarschaften mit Durchgängen zur Schutter. In den Punkthäusern entstehen Wohnungen für Familien mit guter Orientierung zum Freiraum und Abstand zum Geh- und Radweg entlang des Flüsschens.
Der verkehrsberuhigt gestaltete Kanadaring wird über einen Kreisverkehr an die Schwarzwaldstraße angebunden. Der östliche Quartierseingang wird durch zwei Kopfbauten im Bereich des Knotenpunkts definiert. Eine durchgehende Pflasterfläche unterstreicht den Vorrang der Wohnfunktion und soll auf rücksichtsvolle Fahrweise hinwirken. Vom Kanadaring nach Westen wird die Fußwegeverbindung zur Freiburger Straße neu gestaltet und mit einer Baumreihe markiert.
Die Räume zwischen den Zeilenbauten werden weitgehend von Parkierung befreit. Lediglich die Zufahrt zum Be- und Entladen sowie für Rettungsfahrzeuge wird gesichert. Die frei werdenden Flächen werden geordnet und neu gestaltet. Den Hochparterrewohnungen werden individuelle Freiräume mit Terrasse und Heckeneinfriedung zugeordnet, die über eine kurze Treppe von den Wohnungen erreicht werden können. Die Rasenflächen werden durch Holzdecks und Spielgeräte zu attraktiven Gemeinschaftsräumen für die Nachbarschaft gestaltet.
Die Parkierung für die Wohngruppen wird unter Carports oder unter Bäumen neu organisiert. Senkrechtparker entlang des Kanadarings decken hierbei einen Großteil der benötigten Stellplätze ab.

Auf lange Sicht sollen die städtebaulichen Maßnahmen auch zu einem neuen Gesicht entlang der Freiburger Straße führen. Die Verlagerung des Autohauses, der Waschstraße und der Tankstellen wird den Kanadaring von störenden Nutzungen befreien. Die drei bestehenden Zeilenbauten im Süden werden durch eine Lärmschutzbebauung zu abgeschirmten Wohnhöfen geschlossen. Am Knotenpunkt Schwarzwaldstraße/ Freiburger Straße akzentuiert ein Hochpunkt die Quartiersecke. Lärmunempfindliche Nutzungen wie Dienstleistungen und Büros in den unteren Geschossen werden mit Wohnen in den oberen Geschossen kombiniert. Auf den Grundstücken der Tankstellen können zeitlich unabhängig weitere geschützte Hofsituationen realisiert werden. Das Grundstück der Waschstraße ist der erste Trittstein nach dem Überqueren der Brücke. Zur besseren Adressbildung des Quartiers wird das Grundstück mit engem Bezug zur ehemaligen Tabakfabrik entwickelt. Das von der Straße zurückversetzte Punktgebäude mit Dienstleistungen spielt die Fabrikantenvilla frei und nimmt den Geh- und Radweg entlang der Schutter in einer kleinen Platzfläche auf. Die repräsentativen Gebäude der Tabakfabrik sollten möglichst einer kulturellen Nutzung zugeführt werden. Zusammen bilden das Punktgebäude und die Tabakfabrik das Auftaktensemble im Norden. Im geschützten, rückwärtigen Bereich werden die zwei bestehenden individuellen Wohngebäude durch Doppelhaushälften und Stadthäuser ergänzt. Ein zusätzliches Angebot an individuellen Wohntypologien soll die soziale Durchmischung des Quartiers fördern.

Die Gestalt der Neubauten orientiert sich an der Fassadentektonik des Bestands, folgt jedoch heutigen architektonischen Maßstäben. Die Neubauten erhalten Lochfassaden und Flachdächer. Die bestehenden Zeilenbauten werden durchgängig einer energetischen Sanierung unterzogen, aufgrund der gut nutzbaren Wohnungen werden für die 2-Spänner keine grundsätzlichen Grundrissveränderungen vorgeschlagen. Durch einfache Maßnahmen wird der lange Flurcharakter aufgehoben und die wohnungsinterne Verbindung zwischen Küche und Wohnraum gestärkt. Ein zeitgemäßes Durchwohnen von West nach Ost, von Balkon zu Balkon, ermöglicht somit ein großzügigeres Wohnerlebnis.
Zur Differenzierung der Zeilengebäude wird für die kürzeren Zeilenbauten (3-Zimmer-Wohnungen) eine Aufstockung um ein Geschoss vorgeschlagen. Durch ein geringes Anheben des Dachfirstes und die Verringerung der Dachneigung entsteht Raum für neue Wohneinheiten mit demselben Grundrissprinzip. Als private Freiräume werden die Balkone durch Loggien ersetzt.
Das farblich abgesetzte Dachgeschoss in Holzbauweise soll die vorgenommene Veränderung architektonisch verdeutlichen. Mit dem flach geneigten Zinkdach wird an den architektonischen Duktus des Bestands angeknüpft.

Beurteilung durch das Preisgericht

Von der Siedlung zur Gartenstadt

Grundsätzlich behält die Arbeit den Bestand sehr stark. Die Nachverdichtung entsteht durch neue Gebäude und Aufstockung einzelner Gebäudezeilen. Diesbezüglich gibt es zwei Schwerpunkte, einerseits 7 Neubauten entlang der Schutter und ein neuer großer Quartiersmittelpunkt.

Der Mittelpunkt besteht aus 3 Gruppen:

Kita,

Quartiersmanagement, Betreutes Wohnen, Ärztehaus

Bürgerzentrum, Cafe, Wohnen am Hof

Der gesamte Quartiersmittelpunkt erhält einen großen Platz, dessen Belagsoberfläche auch über die Schwarzwaldstraße gezogen wird. Die räumlichen Proportionen von Quartiersplatz und den Innenhöfen der 3 Gebäudekomplexe sind gut gestaltet. Der Platz ist an der richtigen Stelle, nämlich im Schnittpunkt an der Hauptverkehrsachse und der fußläufigen Achse zwischen Alt-Dinglingen und der Landesgartenschau. Formulierung der Auslobung war, dass das Wohngebiet Kanadaring zur Schutter geöffnet werden soll. Die Punkt- häuser in der verwendeten Anzahl wirken sehr mächtig und behindern diese Öffnung. Punktuell wie z.B. im Cluster D kann man die Punkthäuser nachvollziehen jedoch in der Folge in der Masse als Wiederholung im Cluster E wirkt es massiv.

In Bezug auf die 3 Rundhochhäuser, die eine große Freifläche benötigen, wirken die hohen Raumkanten des neu-en Quartiersmittelpunktes als Bruch zur lockeren Bebauung.

Die Bruttogeschossflächen der 3 Neubauhöfe stellen in der Gesamtzahl die Frage, ob ein entsprechender Nutzer ge-funden werden kann. Die bestehenden 3 Laubenganghäuser Kanadaring 20-24 könnten durch geringe investive Maßnahmen, z.B. Aufzug, nachhaltig entwickelt werden. Diese Möglichkeit wird durch diesen Entwurf komplett ge-nommen. Die neuen Hofbauten schaffen in Verbindung mit Portalbauten im Osten des Plangebietes eine deutliche städtebauliche Aufwertung bei vergleichsweise geringem Aufwand.

Der Bereich „Individuelles Wohnen“ mit EFH, DHH und RHH fügt sich nicht richtig in den Geschosswohnungsbau ein. Das Entree entlang der Schutter wird dadurch konterkariert.

Die Erschließung und Parkierung ist konsequent gelöst und belastet nur geringfügig die Wohnqualität. Carporthöfe ermöglichen hochwertiges Parken. Kritisch wird gesehen, dass die neuen Stadthäuser an der Schutter nicht direkt anfahrbar sind.

Die ergänzenden Neubauten und Nebengebäude (Carporthöfe) zonieren wie selbstverständlich private, halböffentliche und öffentliche Bereiche.

Eine bauabschnittsweise Realisierung ist grundsätzlich gut möglich, jedoch die drei Neubau-Komplexe des neuen Quartiersmittelpunktes bedingen einen großen Bauab-schnitt mit hohen investiven Maßnahmen.
Städtische Einbindung

Städtische Einbindung

Perspektive Quartiersplatz

Perspektive Quartiersplatz

Quartiersmitte

Quartiersmitte

Masterplan

Masterplan