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kooperativer eingeladener städtebaulich-landschaftsplanerischer Ideenwettbewerb in zwei Bearbeitungsphasen | 02/2006

Neues Wohnen in Jenfeld - Entwicklung der ehemaligen Lettow-Vorbeck-Kaserne

Jenfeld - Typen

Jenfeld - Typen

1. Preis

West 8 urban design & landscape architecture b.v.

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext



Die verborgenen Qualitäten von Jenfeld

Jenfeld ist ein junger Stadtteil im Osten Hamburgs, dessen gesellschaftliche und morphologische Beschaffenheit dem Viertel im Laufe der Zeit einen zweifelhaften Ruf gegeben haben. Die Stadtstruktur von Jenfeld ist von Stempelstrukturen der 50er, 60er und 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts geprägt. Überbleibsel der ehemaligen Dorfstruktur sucht man vergeblich - das Viertel ist seiner Seele beraubt. Orte, an denen sich das öffentliche Leben abspielen und die es den zahlreichen Bevölkerungsgruppen ermöglichen sollte, ihre Kulturen zu leben, sind nicht vorhanden.

Zwischen den auffallend monotonen Wohnkomplexen aus den siebziger Jahren hat sich im Laufe der Zeit eine individuelle Wohnform mit ungezwungenem Charme von provisorischem Wohnen entwickelt. Einstige Schrebergartenkolonien sind zu locker bebauten grünen Wohnoasen mit bescheidenen freistehenden Einfamilienhäusern herangewachsen, die den Wunsch der Bewohner nach dem Ausdruck einer individuellen Lebensform äußern. Im Gegensatz zu anderen Wohnvierteln Hamburgs war es den Bürgern in Jenfeld vergönnt, zu erschwinglichen Preisen ihren Traum vom Eigenheim zu verwirklichen.

Im Herzen Jenfelds liegt das Gelände der ehemaligen Lettow - Vorbeckkaserne. Auf rund 29 ha Land soll ein neues Wohn- und Arbeitsviertel entstehen. Um eine Einpassung des neuen Quartieres in das einerseits monotone und andererseits anarchistisch gewachsene Gefüge von Jenfeld zu verwirklichen, gilt es, folgende räumliche und gesellschaftliche Forderungen zu erfüllen:
1. Das neue Gebiet benötigt eine räumlich klar definierte Hamburger Identität, die die Atmosphäre des verloren gegangenen Dorfkernes übernehmen kann.
2. Der kulturelle und gesellschaftliche Mix der Bewohner Jenfelds muss sich in dem neuen Wohnviertel an einem Ort der Kollektivität wiederspielgeln.
3. Den zukünftigen Bewohnern sollte die Gelegenheit gegeben werden, ein Zuhause nach eigenen Wünschen zu schaffen. Das Viertel muss der Individualität der Bewohner ein Gesicht geben.

1. Identität

Das Bild der Weltstadt Hamburg ist geprägt von Backsteingebäuden, die sich in europäischer Tradition um artifiziell angelegte Wasserläufe reihen. Man findet die Innenstadt umringt von Parks und grünen Wohngebieten mit herrschaftlichen hellen Häusern; auch das ist Hamburg.

Jenfeld fehlt eine solche Hamburger Identität! Wir schlagen, vor auf dem Gebiet der Lettow - Vorbeckkaserne einen Stadtteil mit Hamburger Allüre zu schaffen. In Hamburger Tradition entsteht ein Viertel mit verklinkerten, eng beieinander stehenden Stadthäusern an vier unterschiedlich großen romantischen Räumen. Die Räume erfüllen zusammen die Rolle eines Quartierparks mit baumbestandenen Rasenflächen, Wasserspielen, Pavillions, Teichen, Spielwiesen, Mietergärten und ökologischen Ruhegebieten. Die Parks stehen in logischer Verbindung miteinander und mit dem bestehenden Grünangebot der Umgebung.
Um den Park scharen sich verklinkerte Wohngebäude. Jedes Gebäude ist klar als Einheit erkennbar und hat einen deutich ausformulierten Eingang zum grünen Freiraum. Zwischen den Backsteinfassaden stehen in Hamburger Manier vereinzelt weiße Einfamilienhäuser.
Das heutige Kasernengelände hat einen beachtlichen Baumbestand aufzuweisen. Alle von der Stadt als erhaltenswert eingestuften Bäume bleiben dem neuen Wohnviertel erhalten. Somit ist eine Grundvoraussetzung für das neue Wohnen im Grünen schon gegeben. Die Lage der Bäume gibt der neuen Stadtstruktur einen natürlichen Rhythmus und eine angenehme Körnung in der Verteilung der Gebäude.

2. Kollektivität

Wir wollen, dass das neue Wohn- und Arbeitsviertel in Jenfeld den Ausdruck des friedlichen Zusammenlebens verschiedener Kulturen fördert! Im Herzen des neuen Gebietes an der Kreuzung des bedeutensten Grünraumes mit der bestehenden Allee (Kellogstraße - Wilsonstraße) soll ein Platz entstehen, an dem sich neben Restaurant, Frisör, Bäcker und Kindertagesstätte ein kleines kulturelles Zentrum befindet. Hier bekommen die zukünftigen Bewohner die Möglichkeit, zueinander zu kommen und sich auszutauschen. Die kollektive Bedeutung wird im öffentlichen Raum gestärkt durch die theatralische Anordnung romantischer Orte wie eines Kaskadenwasserspiel für Kinder oder eines chinesischen Pavillions.

3. Individualität

Das neue Wohnviertel wird aus verschiedenen Gebäudetypen bestehen. Durch die Mischung unterschiedlicher Wohnformen von Einfamilienhaus über betreute Wohnformen zu Minireihenhaus soll eine lebendige Vielfalt erreicht werden, in der die Individualität der Bewohner im Vordergrund steht. Jeder neue Bewohner soll das Gefühl haben, in seinen eigen, unverwechselbaren vier Wänden zu wohnen als Ausdruck seiner selbstbestimmten Lebensform!

Die Kombination von Hamburger Identität im Erscheinungsbild mit Kollektivität der Mitte und der Individualität der Gebäude verspricht Jenfeld eine neue lebendige und warme Ausstrahlung!

Programmierung

1. Individuelles und projektgesteuertes Bauen
In Jenfeld werden relativ kompakte Grundstücke angeboten, so bleiben Grund und Boden bezahlbar. Die Baukosten des Eigenheims können durch Faktoren wie gemeinsam errichtete Kellerräume und Brandwände niedrig gehalten werden, so daß individuelles Bauen der unteren Mittelschicht zugänglich gemacht wird. Gleichzeitig können Gebäude investorgesteuert entwickelt werden. Das städtebauliche Konzept der Baufelder mit individuellen Gebäuden lässt die effiziente Wiederholung von Baukörpern zu. Innerhalb des Planes findet so eine Zonierung statt: Entlang der Fleete wird vornehmlich individuell gebaut, in den Zwischenbereichen projektgesteuert und effizient.

2. Strategie zur Umnutzung der Kasernengebäude
Das ehemalige Kasernenensemble erfährt eine Transformation: Der alte Exerzierhof bleibt räumlich als Denkmal erhalten und wird durch Gärten positiv besetzt. Die Ornamente werden bedeckt. Straßenseitig erhält das Ensemble die Ausstrahlung sympathischer Wohngebäude.
Die Berechnung der BGF erreicht die geforderten Quadratmeter, ohne die Bestandsgebäude zu berücksichtigen. Die Umnutzung der sechs Gebäude schafft zusätzliche Fläche. Damit ist der Entwurf des neuen Quartieres programmatisch unabhängig von den Kasernengebäuden. Anstelle eines festen Programmes schlagen wir eine Strategie zur Umnutzung der Bestandsgebäude vor; möglich sind verschiedene Wohnformen, Ausbildungsstätten und Nutzungen als Kita oder Büroraum. Die Mietergärten im Hof stehen in erster Linie den neuen Bewohnern zur Verfügung. Im Falle einer Wohnnutzung der Gebäude werden strassenseitig Balkone oder Terrassen als Außenraum zur Verfügung gestellt.

3. Kombination Wohnen / Gewerbe
Anschließend an bereits bestehendes Gewerbe ist nördlich des Wohnviertels ein neues Gewerbegebiet vorgesehen. Die Schnittstelle zwischen Wohnen und Gewerbe wird durch das Einfügen gemischter Baufelder so nahtlos wie möglich gelöst. Denkbar sind eine Anzahl unterschiedlicher Gewerbe: Lagernutzung, Spedition, Kleingewerbe und Büronutzung. Bedingung ist, daß es sich um „saubere Produktion“ handelt, die die Wohnqualität nicht beeinträchtigt.

4. Gender Planning / Soziales
Um eine hohe soziale Sicherheit im Straßenraum zu gewährleisten, werden verschiede Massnahmen getroffen. “Resträume”, die zur Verwahrlosung neigen, werden generell vermieden. Jedem Bereich ist eine klare Funktion zugeordnet. Unübersichtliches Buschwerk kommt nicht vor. Die halböffentlichen Innenhöfe sind abschließbar, um Missbrauch vorzubeugen. Außerdem sind Straßenraum und Innenhöfe durch die Orientierung der Küchen und Wohnzimmer gut im Blickfeld der Bewohner situiert.

5. Verantwortungsvoller Umgang mit Nierderschlagswasser
Drei unterschiedliche räumliche Elemente regeln die Abfuhr des Niederschlagswassers und verfolgen dabei drei Prinzipien: Flache Gräben sammeln das Wasser entlang der Fahrbahnen; eine Kaskade im zentrale Park verzögert die Fließgeschwindigkeit, ein Weiher bietet den größten Rückhalt. Eine Regelanlage gibt das Wasser portioniert an das bestehende Netz von Sihlen und Rigolen weiter. Aus der Not wird so eine Tugend gemacht: Das natürliche Gefälle wird genutzt, die Technik tritt auf angenehme und simple Weise im öffentlichen Raum in Erscheinung und bietet dabei Inspiration zu Spiel und Erholung.
Biespielbaufeld

Biespielbaufeld

Lageplan

Lageplan

Strukturplan

Strukturplan

Kaskadenpark

Kaskadenpark

Kollektive Mitte

Kollektive Mitte