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Nichtoffener Wettbewerb | 03/2013

Europacity Berlin – Stadthafenquartier Süd, Baufelder neun bis zwölf

1. Preis / Teilbereich B (Baufelder elf und zwölf)

Preisgeld: 37.400 EUR

Max Dudler GmbH

Architektur

Arup Deutschland GmbH

Bauingenieurwesen

Erläuterungstext

Funktion:
Auf den Baufeldern 11 und 12, welche einen zusammenhängenden Block bilden, treffen unterschiedliche Städtische Nutzungen aufeinander und müssen in ihrer Erscheinung doch einen gesamtheitlichen Ausdruck finden. Aus diesem Grund bildet der gesamte Block einen Sockelbereich aus. Dieser tritt an der Heidestraße durch Gewerbenutzung bzw. im ersten Obergeschoss als Hybridnutzung in Erscheinung und in den Bereichen Miete 2 und ETW durch eine Maisonette-Struktur die als Haus im Haus Prinzip konzipiert ist. Dadurch gibt es keine reinen Hochparterre Wohnungen und der Nachteil eines Schlafzimmers im Hochparterre wird eliminiert.
Um den Wohnungen in den Obergeschossen die größtmögliche Qualität in Bezug auf Ausblick und Belichtung zukommen zu lassen sind sie als „durchgesteckte“ Wohneinheiten oder als Eckwohnungen konzipiert. Die Treppenaufgänge sind innenliegend und durch ein Oberlicht über dem Treppenauge belichtet, um die Fassadenfläche für die Wohnräume zur Verfügung zu stellen.
Auf den Gebäuden mit Wohnungen zur Miete sind gemeinschaftliche Dachterrassen angeordnet während auf den Gebäuden mit Eigentumswohnungen diese einer privaten Nutzung zukommen. Die Dachfläche auf dem Sammlerloft-gebäude wird als Skulpturengarten konzipiert der von der Galerie im Erdgeschoss bzw. Souterrain betrieben werden kann.

Fassadenkonzeptionen:
Miete 1
Als repräsentativstes Gebäude des Blocks - als Segment mit den kleinsten Wohnungen und zugleich als schützender Riegel und „Eckstein“ - muss der siebengeschossige Baukörper den zum Teil widersprüchlichen Kräften des Ortes und der Nutzung Rechnung tragen. Unsere Lösung sieht hier eine rationale Fassadengliederung vor, die dem gesamten Ensemble den nötigen Rückhalt gibt. Durch subtile Fassadenrücksprünge und unterschiedliche Fensterachsen wird die lange Fassade an der Heidestraße gegliedert und proportioniert. Als Reaktion auf die lärmintensivste Fassadenseite werden die Brüstungsbänder massiv ausgeführt. Das Konzept des Schützenden „Ecksteins“ findet sich auch in Detailierung wieder. So wird die Sockelzone aus vorgefertigten Kunststeinelementen gefertigt, welche in den oberen Geschossen die Horizontalen Abschlüsse der einzelnen Geschosse bilden. Die dazwischenliegenden Pfeiler sollen aus geschlämmtem Backstein ausgeführt werden – optional in WDVS mit Dickputz – um die Tektonik des Gebäudes ablesbar zu machen. Die Schichtung der Geschossebenen und die Ausbildung einer klassischen Sockelzone bildet eine solide und bewährte Grundstruktur analog der „Berliner Mietshäuser“ aus der Gründerzeit. Die Eingänge der Gebäude sind über tiefe Rücksprünge leicht auffindbar ergänzen den öffentlichen Raum.

Miete 2
Die Fassaden der Gebäude mit der Nutzung Miete 2 sind in eine Kammstruktur aufgebaut, welche das Thema der Schichtung ablesen lässt. Die Wandflächen der ausnahmslos „in Lücke“ gesetzten Gebäude sollen in einem anthrazit durchgefärbten Putz (WDVS) erstellt werden. Durchlaufende Fensterbänke aus Naturstein in ähnlich dunklem Farbton – z.B. Granit „Cape Green“ - mit klassischer Tropfkante schützen die Fassade vor Verschmutzung und betonen die horizontale Schichtung. Die Wohnungen im Erdgeschoss werden mit dem 1.Obergeschoss zu einer Maissonettewohnung verbunden und thematisch als Sockel einheitlich aus Naturstein abgebildet. Die Ausbildung einer Sockelzone ist für die Gesamtwirkung der unterschiedlich parzellierten Blockrandbebauung von großer Bedeutung.

ETW
In Anlehnung an die frühere Industrielle Nutzung des Quartiers und an die, am Berlin-Spandauer Schifffahrtskanals gelegenen, Backsteinspeichergebäude sind die Fassaden der Eigentumswohnungen in den Obergeschossen monolithisch in hellem Backstein ausgeführt. Um eine optische Verbindung mit dem Kunststeinsockel herzustellen, wird dieser mit einer hellen Kalkzementschlemme behandelt. Um den Monolithischen Charakter und die Plastizität der Fassade zu betonen, sind die Leibungen unterschiedlich schräg eingezogen. Das Hochhaus an der östlichen Blockecke wird thematisch gleich behandelt, jedoch mit einer erhöhten Fassadentiefe geplant um einen möglichen vertikalen Brandüberschlag zu verhindern. Hier werden Sandwichelemente mit Kerndämmung F90- A verwendet mit einer anrechenbaren Auskragung von 50cm, mit dem großen Vorteil, auch hier die Fenster bis zum Fußboden führen zu können (französische Fenster).

Sammlerloft
Als reduzierter Hintergrund für das „Wohnen mit der Kunst“ und als konstruktiv „ehrliches“ Gegenstück zu den „verkleideten“ anderen Teilen der Bebauung ist das Gebäude der Sammlerlofts als Monolithische Ortbetonkonstruktion gedacht. Durch spezielle Zugaben im Beton (Dämmkugeln, Pigmente) erhält die Außenwand optimale Dämmwerte und liefert zudem innen wie außen eine haptische Oberfläche, die nicht weiter behandelt werden muss. Die Fassadengliederung lebt vom Wechselspiel der großformatigen offenen und geschlossenen Wand- Anteilen sowie dem subtilem Oberflächenrelief des Sichtbetons. Das Erdgeschoss wird räumlich nach unten bis zum Boden der Tiefgarage überhöht und kann als „Schaulager“ bzw. Galerie genutzt werden. Die Geschossebenen in den Obergeschossen können optional geöffnet werden zur Bildung von 2-geschossigen Atelierwohnungen. Das oberste Geschoss (OK FB unterhalb Hochhausgrenze) erhält einen Dachausstieg mit erhöhter Attika, z.B. zur Nutzung als Skulpturengarten.

Konzept Tragwerksplanung
Die 6- 8 geschossigen Gebäudeteile werden auf einem gemeinsamen Untergeschoss mit Tiefgarage erstellt. Das UG ist als WU-Konstruktion geplant, die Gründung als Flachgründung vorgesehen. An den Bebauungsgrenzen wird die Baugrube mit einer Bohrpfahlwand bzw. Schlitzwand hergestellt. Die Bohrpfähle können als Energiepfähle für die Gebäudetechnik genutzt werden.
Die Aussteifung erfolgt durch Treppenkerne und die erforderlichen Brandwände zu den Nachbarbebauungen.
Als Deckensystem wurden Flachdecken gewählt. Bei Spannweiten der Regel- Wohngeschosse von max. 7m sind 28cm starke Decken die wirtschaftlichste Lösung. Im Gebäudeteil des Sammlerlofts sind größere Spannweiten mit Deckenstärken von 35cm vorgesehen. Die Masse der 35er Decke erfüllt hier gleichzeitig die Schallschutzanforderungen zwischen den Geschossen, so dass ein Verbundestrich ohne Trittschalldämmung ausgeführt werden kann.

Energie- und Technikkonzept
Allgemein
Das technische Konzept ermöglicht den CO2-neutralen Betrieb der Gebäude und setzt auf Maximierung passiver Strategien und einer Minimierung des Einsatzes mechanischer Systeme für Optimierung des Energiebedarfs, der Wirtschaftlichkeit im Betrieb und des Komforts für die Nutzer. Die Vorgaben der Energieeinsparverordnung EnEV 2009 werden um 40-50% unterschritten. Damit werden auch die Werte der noch nicht eingeführten EnEV 2012 noch um 10-20% unterschritten. Die Ausnutzung der Gebäudemasse zur thermischen Speicherung begünstigen die Behaglichkeit und eine wirtschaftliche und energieeffiziente Nutzung der Anlagentechnik.

Energetisch optimierte Gebäudehülle
Bei der Minimierung des Energiebedarfs eines Gebäudes spielt die Gebäudehülle eine zentrale Rolle. Die Wärmeverluste werden durch eine hochgedämmte Fassade mit Dreifach-Verglasung und luftdichter Gebäudehülle minimiert. Solare Gewinne im Winter werden durch eine Wärmeschutzverglasung gefördert.

Intelligenter Sonnenschutz
Ein automatisch geregelter, außen liegender Sonnenschutz garantiert die Minimierung der Kühllasten.

Tageslicht und geregelte Beleuchtung
Durch optimale Nutzung des Tagelichts und einer tageslichtabhängig Regelung der Beleuchtung wird der Energiebedarf für Kunstlicht auf ein Minimum optimiert.

Photovoltaikanlage
Eine auf optimalen Eigenverbrauch abgestimmte Photovoltaikanlage deckt einen großen Teil des benötigten elektrischen Energiebedarfes des Wohnquartiers und minimiert die Abhängigkeit von zusätzlicher Energie aus dem öffentlichen Stromnetz.

Natürliche und Mechanische Lüftung
Alle zu den Fassaden liegenden Räume haben die Möglichkeit zur natürlichen Lüftung. Es werden raumlufttechnische Anlagen vorgesehen, die nur in der kalten und warmen Jahreszeit betrieben werden. Durch den Einsatz einer hocheffizienten Wärmerückgewinnung und eines Erdwärmetauschers, der im Sommer die Aussenluft kühlt und im Winter erwärmt, werden die Betriebskosten für die Mechanische Lüftung auf ein Minimum reduziert. Eine Nachtauskühlung der Räume kann ebenfalls durch freie oder mechanische Lüftung erfolgen.

CO2 neutrale Spitzenlast Kühlung
Langfristig betrachtet wird nur noch die Elektrizität als Energieform ein Gebäude konditionieren können. Es wird nur an extremen Sommertagen die zusätzliche Kühlung benötigt. In Kombination mit einer geothermischen Wärmepumpe wird eine höchste Wirtschaftlichkeit über den Lebenszyklus bei absoluter Minimierung von technischer Installation und Wartung im Betrieb erzielt.

Energieeffizientes Heizungssystem
Für die Beheizung der Wohngebäude kommen Flächenheizungen zum Einsatz. Damit können niedrige Systemtemperaturen gefahren werden um eine effiziente Rücklaufausnutzung der Fernwärme sicherzustellen. Eine zusätzliche Nutzung der geothermischen Wärmepumpe wäre ebenfalls für die Gebäudeheizung möglich, um eine Reduzierung der Fernwärmeleistung zu realisieren.

Innovative Warmwasserbereitung
Die restliche Wärme für die Warmwasserbereitung wird durch eine auf dem Dach installierte Solarthermieanlage bereitgestellt. Von Frühling bis Frühherbst wird somit die gesamte Brauchwasserwärme zu 100 % aus regenerativer Sonnenenergie gewonnen.

Grauwassernutzung
Abwasser (Grauwasser) und Regenwasser kann gesammelt, gefiltert und für die WC Spülung verwendet werden. Die anfallende Grauwassermenge im Gebäude übersteigt dabei den Bedarf für die Toilettenspülung, so dass 90% Frischwasser für die Toilettenspülung durch Grauwasser ersetzt werden kann.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser entwickeln eine überzeugende Formensprache für das gesamte Quartier. Der angemessen gewählte Kanon ‚fester’ Materialien, deren sorgfältige Fügung im Dienste einer kraftvollen Erscheinung der Baukörper und die feine Varianz im Rhythmus der Fassaden können in allen gezeigten Bauteilen sowohl einzeln, als auch im Zusammenklang überzeugen. Auf die unterschiedlichen Stadträume antwortet eine jeweils eigenständige Typologie, ohne dabei den Zusammenhalt des Ganzen aus dem Blick zu verlieren. So gelingt den Verfassern ein dezidiert urbanes Quartier, das an diesem Standort auch über das Baufeld hinaus durchaus prägenden Charakter haben kann.

Die wirtschaftliche Realisierbarkeit der hier gezeigten Typologie wäre in der weiteren Bearbeitung auch für den preisgünstigen Mietwohnungsbau nachzuweisen. Die Grundrisse bedürfen in einigen Punkten der Überarbeitung. Dabei sollte auch die relativ geringe Tiefe des Bauteils an der Heidestraße überprüft werden.

Insgesamt wird mit der Arbeit eine herausragende und zugleich exemplarische Lösung der Aufgabe vorgestellt.