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Nichtoffener Wettbewerb | 04/2013

Zweifachsporthalle am Engelbert-Kaempfer-Gymnasium

1. Preis

Preisgeld: 6.500 EUR

habermann.decker.architekten

Architektur

GERTEC GmbH Ingenieurgesellschaft

Energieplanung

Erläuterungstext

KONZEPT / STÄDTEBAU Strukturell besteht das Ensemble des Engelbert-Kämpfer-Gymnasiums aus Gebäuden mit klaren, einfachen Geometrien. Eine Ausnahme stellt der Klassentrakt aus dem Jahr 1974 mit seinen verschachtelten Formen dar.

Der Neubau der Zweifachsporthalle ist in der Logik der Hauptgebäude als möglichst kompakter Baukörper mit klar ablesbarer, einfacher Geometrie konzipiert. Städtebaulich nimmt die Zweifachsporthalle entlang der Straße Rampendal die Bauflucht der Parkpalette Wüste auf und fasst so räumlich den Straßenraum.

Aufgrund der sehr kompakten, zweigeschossigen Gebäudeorganisation wird zwischen der Sporthalle und dem Klassentrakt des Engelbert-Kaempfer-Gymnasiums ein größtmöglicher Abstand geschaffen. Dies schafft räumlich und funktional viele Vorteile:

- Die Freiräume im “Blockinnenbereich” werden räumlich verbunden und können je nach Nutzung landschaftsplanerisch gegliedert werden
- Es wird zwischen den Gebäuden ein großer, nutzbarer Schulhof gebildet
- Der Ausblick aus den Klassenräumen des Klassentraktes Richtung Norden wird so gering wie möglich beeinträchtigt

ABSTANDSFLÄCHEN Aufgrund der kompakten Bauform ist der Nachweis der Abstandsflächen problemlos. Zwischen Sporthalle und Parkpalette wird der Abstand durch eine “Verschränkung” des Schmalseitenprivileges erreicht. Nach unseren Berechnungen muss die Sporthalle mit einem Abstand von ca. 50cm zur westlichen Baugrenze gebaut werden.

EINGANG Der Hauptzugang zur Sporthalle erfolgt von Süden vom Schulhof über einen gestalterisch betonten Gebäudeeinschnitt. Dieser Einschnitt lenkt die von Osten kommenden Schüler direkt zum Eingang, ist Witterungsschutz und erste “Schmutzschleuse”. Nutzer, die aus Richtung der Parkpalette kommen, werden über den südlichen Freiraum zum Eingang geführt. Hier wird auch der Fuß- und Radweg aus Richtung Süden an den Schulhof angebunden und unter der Bauminsel werden die notwendigen Fahrradstellplätze zur Verfügung gestellt. Vier Behinderten-Stellplätze und ein Stellplatz für den Hausmeister (auch als Beh.-Stp.) werden als Schrägparker zwischen Sporthalle und Japanischem Garten nachgewiesen.

FUNKTION Der Neubau stellt sich als kompaktes, sinnvoll organisiert und gestapeltes, damit wirtschaftlich und energetisch günstiges Gebäude mit kurzen, übersichtlichen Wegen dar.

Das klare Ordnungskonzept schafft dabei in der Gesamtform eigenständige Bereiche:
- Das zentrale Foyer wird zum Mittelpunkt der Sporthalle. Von hier sind auf kürzestem Weg alle Bereiche zu erreichen. Beim Betreten erlebt der Nutzer einen zweigeschossigen Raum und kann von der Galerie im Obergeschoss den Eingangsbereich des Foyes überblicken. Der Galeriebereich dient ebenfalls als kleiner Zuschauerbereich mit Blick über die Sportfläche. Der notwendige Aufzug wird als Plattformaufzug ausgebildet. Dieser ist für öffentliche Gebäude zugelassen und ist eine kostengünstige und einfache Alternative zu traditionellen Aufzügen. Der Windfang hat eine Bautiefe von über 3,50m, so dass beim Durchlaufen immer eine Türseite geschlossen ist. Sowohl der Windfang als auch der Bereich vor den Sportflächenzugängen wird als Schmutzschleuse ausgebildet.
- Die großen Umkleiden und Sanitärbereiche für Damen und Herren liegen im Obergeschoss am Foyer. Diese Bereiche können durchgängig barrierefrei ausgebildet werden. Die Lehrerumkleiden, weiteren WC-Anlagen und Regieräume sind erdgeschossig direkt vom Foyer zugängig.
- Die 7m hohe Zweifachspielfläche wird zweiseitig belichtet: über eine großzügige Nordverglasung oberhalb der Prallwandzone und über eine lichtstreuende und blendfreie Südverglasung auf Höhe der Brettschichtholzträger.
- Der Hausmeisterraum ist sowohl direkt von Außen über den Eingangseinschnitt als auch über den Sporthallenraum zugänglich.
- Die Technikräume sind über eine Treppe miteinander verbunden, wobei der große Technikraum, insbesondere für die Belüftung, zentral für alle Bereiche liegt.

SCHULHOF Der neu gebildete Schulhof wird im nord-östlichen Bereich eben und im südwestlichen Bereich mit einem Gefälle von 4% ausgeführt. Ohne mit Rampen-Bauwerken arbeiten zu müssen, wird so der Eingang zur bestehenden Sporthalle barrierefrei angebunden. Skulpturale Sitzobjekte aus Holz gliedern die Fläche und bieten gleichzeitig Aufenthaltsmöglichkeiten.

KONSTRUKTION / FASSADE Die gesamte Sporthalle wird in hochgedämmter Holzständerbauweise errichtet. Die Verwendung des nachwachsenden Rohstoffes Holz dient nicht nur als Reminiszenz an die für Lemgo typischen Fachwerkbauten, sondern ist unter ökologischen und nachhaltigen Gesichtspunkten, aufgrund der geringen Graue-Energie-Werte, optimal.
Bei der Konstruktion wird durch die Verwendung von Holz-Doppel-T-Trägern eine Reduzierung der Wärmebrückenwirkung durch den statisch notwendigen Holzanteil erreicht. Der Verzicht auf auskragende Bauteile und ein mehrschichtiger Aufbau mit einer zweiten, dämmenden Schicht vor der tragenden Ebene dient ebenso der Vermeidung von Wärmebrücken.
Die äußere Fassadenschicht wird durch eine sägerauhe, vorvergraute Lärchenholzschalung gebildet. Die konstruktiv notwendige, horizontale Abdeckung als auch die Sockelausbildung erfolgt durch weißgraue Faserbetonwinkel und ist gleichzeitig gestalterisch gliederndes Element.
Die Fassade gibt der Sporthalle eine zeitgemäße Erscheinung, fügt sich aber gleichzeitig durch ihre Haptik und „gewohnte“ Materialität in das historische Gefüge Lemgos ein.
Die Glasfassaden werden als Pfosten-Riegel-Konstruktion in Holz-Aluminium-Bauweise ausgeführt. Insbesondere die große Nordverglasung gegenüber dem Kindergarten gibt der Sporthalle eine Maßstäblichkeit entlang des Straßenraumes.
Der Gebäudeeinschnitt vor dem Haupteingang wird durch eine Fassade aus beschichteten Sperrholztafeln betont.

ENERGIEKONZEPT Das Energiekonzept für die Zweifachsporthalle in Lemgo ist geprägt durch bauliche und energetische Anforderungen aus dem Passivhausstandard. Mit dem kompakten architektonischem Entwurf (optimales A/V-Verhältnis), der bauphysikalischen Ausführung und dem haustechnischem Konzept sollen die Vorgaben des Passivhausinstitutes erfüllt werden. Das Objekt verfügt über eine Primärenergiekennzahl von maximal 120 kWh/[m2-a] und hält den geforderten maximalen Jahresheizwärmebedarf von 15 kWh/[m2-a] ein. Auch die Heizlast des Gebäudes ist mit 10 W/m2 im Zielkorridor des Passivhausstandards. Die Luftdichtigkeit des Gebäudes von n50 ≤ 0,6 h-1 soll sowohl während als auch nach Baufertigstellung mit einem Blower-Door-Test bestätigt werden.

Zentraler Bestandteil des Energiekonzeptes bildet eine hocheffiziente Lüftungsanlage, die aufgrund eines hohen Wärmerückgewinnungsgrad von über 85 Prozent den Energiebedarf für Heizen und Kühlen minimiert. Das Wärmerückgewinnungssystem nutzt in der Heizperiode die Wärme und in den Sommermonaten die Kühle aus dem Abluftstrom und führt diese rückgewonnene Energie wieder der Frischluft zu. Eine bedarfsgeführte Lüftungsregelung misst den CO2-Gehalt in der Abluft. Bei Bedarf, beispielsweise bei einer hohen Belegung der Halle, wird der Zuluftstrom automatisch an die erhöhten Anforderungen angepasst und somit ein gleichbleibender Raumluftkomfort gewährleistet. Bei geringer Hallenbelegung wird der Zuluftstrom minimiert, auf diese Weise wird die Lüftungsanlage energetisch optimierter betrieben.

Die Vorkonditionierung der Außenluft erfolgt über einen Erdkollektor, durch den die Frischluft geleitet wird. Der Kollektor wird unterhalb der Sauberkeitsschicht im Erdreich verlegt, durch den hohen Grundwasserspiegel im Baufeld arbeitet dieses System besonders effizient. Ergänzt durch die Aktivierung der ohnehin vorhandenen Pfahlgründung mittels Soleleitungen entsteht ein Wärmetauschsystem, dass das Klimasystem der Sporthalle ganzjährig mit 10°C Kälte im Sommer bzw. 10°C Wärme im Winter.

Das Gebäude wird seitens der vorhandenen Fernwärme (fP,FW = 0,3) mit Wärme versorgt. Die Heizwasserbereitung für die Deckenstrahlungsheizung wie auch die Warmwasserbereitung für die Sanitäranlagen erfolgt über die Fernwärme.

Der sommerliche Wärmeschutz des Gebäudes trägt maßgeblich zum Kühlkonzept des Gebäudes bei. Die in der Dachdämmung verwendeten Holzfaserplatten weisen eine hohe thermische Trägheit auf und transportiert Wärme nur sehr langsam von der warmen auf die kühlere Bauteilseite. Ergänzt mit einer aktiven Nachtlüftung mit der im Erdkollektor vorgekühlten Zuluft wird eine Überhitzung des Gebäudes in den Sommermonaten vermieden.

ENERGIEGEWINNUNG Die Dachfläche der Sporthalle wird mit einer Photovoltaikanlage ausgestattet. Unter Zugrundelegung der neuen Rahmenbedingungen des EEG wird diese auf die Eigenbedarfsdeckung des Engelbert-Kaempfer-Gymnasiums hin ausgelegt und ist so zentrales Element einer dezentralen Stromerzeugung direkt vor Ort.

ENERGIEVERTEILUNG Die Halle wird im Wesentlichen über die Lüftungsanlage konditioniert, die eine schnelle und effiziente Heiz- und Kühltechnologie nutzt. Die Deckenstrahlheizung verfügt über integrierte Beleuchtungskörper. Im Wesentlichen wird die Sporthalle natürlich belichtet, die in Kombination mit einer tageslichtabhängigen Beleuchtungssteuerung arbeitet.

PRIMÄRENERGIEBILANZ UND LEBENSZYKLUSBETRACHTUNG Bei der Wahl der Baustoffe und der technischen Systemkomponenten wird auf ökologische Materialien mit möglichst geringen Graue-Energie-Werten geachtet. Zum Einsatz kommen moderne nachhaltige Baustoffe, deren Graue-Energie-Bilanz für das gesamte Objekt von tragender Bedeutung ist. Auch die Reinigungs- und Wartungsfreundlichkeit wird bei der Materialwahl berücksichtigt, um die Lebenszykluskosten in der Nutzungsphase zu optimieren. So entsteht für die Zweifachsporthalle am Engelbert-Kaempfer-Gymnasium ein ganzheitlich nachhaltiges Gesamtkonzept.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf wird von einer unprätentiösen Haltung geprägt, die einer Sporthalle in diesem Kontext in höchstem Maße angemessen ist. Der kompakte Kubus mit optimiertem A/V - Verhältnis überzeugt städtebaulich durch seine wie selbstverständlich wirkende Einfügung in das Baufeld und den städtebaulichen Kontext, indem er zu allen Seiten hin differenziert maßstäbliche und räumliche Bezüge und Übergänge formuliert.
Funktional sind alle Anforderungen des Raumprogramms erfüllt. Die innere räumliche Organisation über einen zweigeschossigen Verteiler kommt ohne aufwendige Flurerschließung aus und bietet eine sparsame, aber räumlich reizvolle Blickverbindung quer durch die Halle und über das große "Fenster zur Stadt" bis auf St. Johann und die Silhouette der Innenstadt. Das Konzept der Rettungswege (2. Rettungsweg fehlt) ist zu überarbeiten.
Die Wahl von Material und Konstruktion als homogene Holzkonstruktion lassen zusammen mit niedrigsten Hüllflächen- und A/V-Werten wirtschaftliche Herstellungs- und Lebenszykluskosten erwarten. Auf den konstruktiven Holzschutz ist dabei besonderes Augenmerk zu legen (Sockelzone etc.), im Eingangsbereich ist durch den Rücksprung der Schutz für die Sperrholzbekleidung bereits gewährleistet.
Die Energiebilanz (graue Energie) ist bei Verwendung von Zellulosedämmung in der Holzrahmenkonstruktion als günstig zu bezeichnen. Das Haustechnikkonzept profitiert von der durchgängigen Installationszone auf der Südseite, das Energiekonzept insgesamt ist schlüssig.
Insgesamt fügt dieser Entwurf der baulichen Entwicklung des Engelbert-Kaempfer-Gymnasiums einen wichtigen Baustein hinzu, der nicht nur funktional und architektonisch von großer Qualität ist. Vielmehr steht er vorbildhaft für eine Haltung, die Nachhaltigkeit und Zukunftsfähigkeit repräsentiert und so nicht nur nach innen, auf die Schüler und Lehrer, sondern auch nach außen, in die Stadtgesellschaft, ökologisches, verantwortungsvolles Denken ausstrahlt.
Lageplan

Lageplan

Grundriss Erdgeschoss

Grundriss Erdgeschoss

Grundriss Obergeschoss

Grundriss Obergeschoss

Ansichten / Schnitte

Ansichten / Schnitte

Fassaden- und Energiekonzept

Fassaden- und Energiekonzept