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Nichtoffener Wettbewerb | 06/2013

Platz und Umfeld des Gerbereimuseums

ein 3. Preis

Preisgeld: 3.000 EUR

Henningsen Landschaftsarchitekten PartG mbB

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Südlich der Altstadt von Enger befindet sich am parallel zur Bielefelder Straße verlaufenden Hasenpatt das Gerbereimuseum. Es wird derzeit durch das ehemalige Wohnhaus des Gerbers verdeckt. Dieses wird abgerissen, so dass das Museum von der Bielefelder Straße aus sichtbar wird und zugleich ein neuer Platz in Enger entsteht – der Gerbereiplatz. Die Straße Hasenpatt wird in diesen neuen Platz integriert. Ebenso wird als wichtiger Eingangsbereich zur Innenstadt Engers die Bielefelder Straße sowie das Ufer des Bolldammbaches in das Gestaltungskonzept des neuen Vorplatzes einbezogen. Es entsteht ein einheitlicher, bis an die Bielefelder Straße verlaufender Platz um das Gerbereimuseum. Er wird zu den umgebenden Privatgrundstücken von einer umlaufenden, frei wachsenden Hecke begrenzt. Entlang der Bielefelder Straße verläuft er im Norden bis zum Übergang zur Burgstraße und im Süden bis zur Kreuzung mit der Hagenstraße. Die Bielefelder Straße bleibt aufgrund ihrer wichtigen Erschließungsfunktion für die Altstadt als klassische Asphaltstraße erhalten.

Zur Stärkung der Wahrnehmbarkeit des Museums und des neuen Platzes von der überörtlichen Radwegeverbindung aus werden die Ufergehölze am Bolldamm ausgelichtet. Zudem wird der vorhandene Weg südlich des Baches bis zum Rad- und Wanderweg weitergeführt, sodass eine direkte Verbindung bis zu den Maiwiese entsteht.

Der neue Platz am Gerbereimuseum hat somit nicht nur repräsentative Funktion für die Museumsnutzung sondern aufgrund seiner Lage in der Stadt ist er Bindeglied zur Altstadt, zum Bolldammbach, zu den Maiwiesen und auch zu den anderen Stationen der KulTour-Route Enger.

Aufgrund seiner früheren Nutzung als Gerberei steht das Museumsgebäude in engem Zusammenhang zum umgebenden Außenraum. Für die Herstellung von Leder war und ist neben der Verwendung verschiedener Werkzeuge und Maschinen Wasser von großer Bedeutung.
Bei der Gestaltung des Eingangsbereiches am Gerbereimuseums wird eine Auswahl an Elementen und Stationen der Lederproduktion aufgegriffen. In Anlehnung an den früheren Verlauf des Wassergrabens „Seelborn“ entsteht entlang der östlichen Gebäudekante ein flacher Wasserlauf. Kreisförmige „Abdrücke“ markieren zudem die früheren entlang des Wassers aufgereihten Gerberfässer. An der nördlichen Gebäudeseite des Museums wird eine Holzkonstruktion die Trockengestelle nachzeichnen und kann darüber hinaus als Träger von Informationstafeln dienen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser verstehen den Wettbewerbsbereich als neue Vernetzungsstruktur von
Bolldammbach, Bielefelder Straße und Fläche um das Gerbereimuseum. Durch dieses Verständnis bekommt die Stadt an dieser Eingangssituation eine Aufwertung. Diese liegt in der Bewusstmachung des Gerbereimuseums ebenso wie in der Freilegung des Bolldammbaches. Aus diesem Verständnis von Wegeverbindungen heraus werden Blickbeziehungen neu und gezielt ausgerichtet. Neben der Vernetzung werden die drei Standorte an sich durch Gestaltungsmaßnahmen aufgewertet und bekommt dadurch eine gewisse Eigenständigkeit.
Bei der Gestaltung des Bolldammbachbereichs setzt der Entwurf stark auf die Inanspruchnahme der privaten Erschließungsfläche. Die Planungsmaßnahmen können jedoch auch erreicht werden, wenn die Inanspruchnahme der privaten Flächen nicht möglich ist. Die Gestaltung des Bolldammbachs ist als Auenlandschaft mit standortgerechten Einzelbäumen und Wiese ausgelegt.
Hierdurch wird die wichtige Sichtachse vom bestehenden Rad- und Wanderweg in Richtung Gerbereimuseum und –vorplatz ermöglicht. Der naturnahe Bereich bildet einen Gegensatz im Sinne einer innerstädtischen Ergänzung zum städtischen Vorplatz des Museums.
Die Gestaltung der Bielefelder Straße hebt den Fahrbereich durch unterschiedliche Farb- und Materialwahl vom Fußgängerbereich ab. Die Bielefelder Straße bleibt als Asphaltband in ihrer verkehrstechnischen Funktion erhalten. Von der Hagenstraße entsteht ein Impuls für die Qualität des zukünftigen Gesamtausbaus dieser für die Innenstadt bedeutenden Verkehrsachse. Der Entwurf führt diesen Bereich über den Bolldammbach fort.
Die Gestaltungssprache des Gerberplatzes ist klar und großzügig. Sie nimmt Bezug auf die Historie des Ortes. Konkrete historische Bezüge sind die Kennzeichnung des Standortes des ehemaligen Gerbererhauses durch eine Einfassung im Pflaster, die zentrale Gerber-Eiche vor dem Gerbereimuseum als Rohstoff für die Gerbung, die Nachbildung des Originalverlaufs des wasserzuführenden Seelborns durch ein Wasserband, der ein belebendes Element für den Platz wird und den Abdruck der Gerberfässer als Standort der ehemaligen Gruben im Außenbereich. Hierdurch wird die ursprüngliche Arbeitsweise der Gerberei in der Platzgestaltung zitiert. Neben diesen historischen Zitaten werden mehrere vereinzelte Elemente wie Informationstafeln, Vitrinen und Bänke verwendet. Diese Objekte können ihre Wirkung entwickeln, weil durch die Verwendung des gleichen Materials eine einheitliche Oberfläche entsteht. Die Materialwahl „Granit“ weckt jedoch Vorbehalte in Bezug auf Preis/Budget und den Aspekt der zukünftigen Wertigkeitsanmutung dieser ehemaligen einfachen Arbeitsfläche. Zudem schafft die einheitliche Fläche keine Binnenaufteilung des Platzes mit unterschiedlichen Raumqualitäten.
Die zurückgesetzten Standorte der Bänke geben dem Besucher einen guten Blick auf das Gerbereimuseum und lassen ihn das Platzgeschehen beobachten. Die Sitzelemente am Eingang des Gerbereimuseums fügen sich in die Gestaltungssprache ein. Der Standort und die endgültige Größe der Gerber-Eiche ist jedoch insofern als kritisch zu betrachten, als dass der die Blickachse von der Maiwiese zur Gerberei mit fortschreitendem Wachstum dauerhaft stört. Hier wäre eine leichte Nordversetzung wünschenswert gewesen.
Die ausreichenden Standortangebote für Fahrräder sind richtig verortet und zeigen ein Verständnis für die Bedeutung der Zielgruppe „Radfahrer“ für das Museum.
Die räumliche Wirkung des Platzes wird durch die Einfassung mit einer einheitlichen Hecke erreicht. Diese Einfassung umfasst auch den Bereich hinter dem Gerbereimuseum und zu den angrenzenden Privatgrundstücken am Hasenpatt. Hierdurch entsteht ein neuer städtischer Raum, der das Gebereimuseum in ein neues Bild und ein neues Bewusstsein rückt. Durch die Öffnung zur Bielefelder Straße wird die Raumwirksamkeit verstärkt. Zur Attraktivität des Platzes führt auch die vorgesehene Außengastronomie, die konsequent nahe an der vorhandenen Gaststätte verortet ist.
Der Hasenpatt wird durch eine farbige Nuancierung über den Platz geführt. Auch in diesem Bereich ist das Ausweichen auf Privatgelände zur Öffnung des Platzes im Entwurf vorgesehen, jedoch wäre eine Umsetzung, ohne Rückgriff auf das Privatgelände, ohne Einbußen am Konzept möglich.
Die rückwärtige Platzgestaltung ist durch ihre Schlichtheit multifunktional, schöpft jedoch das Gestaltungspotential an dieser Stelle nicht aus.