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Nichtoffener Wettbewerb | 06/2013

Neubau Hauptstelle der VR-Bank

Anerkennung

Preisgeld: 6.666 EUR

herrmann+bosch architekten

Architektur

Erläuterungstext

Der Entwurf für den Neubau der Hauptstelle der VR Bank Aale sieht vor, nach Abriss der bestehenden Gebäude entlang der Wilhelm-Zapf-Straße, die Blockrandstruktur des Quartiers beizubehalten. Durch drei mit Abstand zu einander orthogonale Baukörper wird eine zeitlich versetzte Realisierung des Gesamtbauvolumens auf dem Grundstück ermöglicht. Die beiden, nicht für die Bank genutzten Stadtbausteine, sind für andere Typologien und Nutzungen geeignet.

Die Fassadenfluchten und die dazugehörigen Baulinien entlang der Bahnhof- und Wilhelm-Zapf-Straße werden aufgenommen. Die Gebäudehöhe wird auf 4 Geschoße begrenzt. Auf ein Staffelgeschoß wird zugunsten einer klaren Kubatur verzichtet. Die Dachflächen sind mit PV-Elementen ausgestattet.
Der klare Baukörper fügt sich prägnant in die Umgebung ein, und spiegelt das Profil der VR Bank wahrnehmbar wieder.

Der Haupteingang für die Kunden ist zur Bahnhofstraße hin orientiert. Der im dritten Obergeschoß auskragende Veranstaltungsraum als ein Pendant zu dem zurückversetzten Eingang, markiert die Ecksituation. Damit erhält der in sich ruhende Baukörper eine für die Nutzung angemessene Präsenz in dem Stadtbild.

Die südwestliche Ecke des Quartiers wird durch ein Baumdach, worunter die notwendigen Stellplätze für Kurzparker untergebracht sind, definiert. Von hier aus erfolgt die Anlieferung des Neubaus.

Die Erschließung der Obergeschoße erfolgt über einen zweiten Eingang für Mitarbeiter in der Wilhelm-Zapf-Straße.


Gebäudekonzeption und Funktion

Das Herz des Gebäudes bildet der als offener Raum konzipierter Markplatz im Erdgeschoß. Unter einer pergolaähnlichen Struktur sind der Empfang, die Dialogplätze und das Kundenkommunikationscenter an einem Atrium untergebracht. Die Beratungsräume sind um das Atrium positioniert. Die Raumbildende Wände sind aus Glas, derer Transluzenz nach Bedarf gesteuert werden kann. Zusammen mit dem gefilterten Licht von oben entsteht ein Raum von hoher Transparenz, die den Kunden und Kundinnen einen schnellen Überblick der Funktionen im Erdgeschoß ermöglicht.


Durch die Lage und Ausbildung der vertikalen Erschließung sind die kundenbezogenen Flächen klar von den internen Flächen getrennt.
Nach Süden, Westen und Osten ist die Gebäudetiefe auf eine zweibündige Zellenstruktur bzw. offene Büroorganisation ausgelegt. Der Einbund im Norden
Vermeidet ein direktes gegenüber von Büros am Innenhof. Die ringförmige Erschließung bildet durch die unterschiedliche Ausgestaltung der einzelnen Bünde eine optimale Orientierung und die Möglichkeit der informellen Kommunikation. Vom Haupttreppenhaus an der Wilhelm-Zapf-Straße kriegt man durch die Sichtbeziehungen über den Hof sofort einen Überblick.

Die Erschließungskerne überlappen sich mit den Fluren, um eine optimale Vernetzung der Geschoße untereinander zu ermöglichen. Die WC-Kerne sind in kleinere Einheiten aufgeteilt. Somit können unterschiedlich große Büroeinheiten entkoppelt und vermietet werden. Zum Innenhof hin sind die Besprechungsräume die Kommunikations- und Technikinsel mit einem dazugehörigen Außenbereich in Form einer Loggia untergebracht.

Im obersten Geschoß befinden sich der Veranstaltungsraum, Sitzungsräume und Schulungsräume. Das „Casino“ macht sich durch die Auskragung und die erhöhte Raumhöhe frei von den äußeren Kanten des Neubaus. Dies ist sowohl durch die städtebauliche Eck-Zäsur, als auch durch den Innenraum motiviert. Ein verglaster Balkon ermöglicht einen direkten Außenbezug.


Erscheinung

Die Gebäudestruktur beruht auf einem Büroraster von 1.35 Meter. Der Baukörper wird durch stehende Fassadenelementen geprägt. Der Rhythmus der sich weiderholenden Lamellen wird durch eine größtmögliche Flexibilität bezüglich Raumgrößen bestimmt. Somit überträgt sich die innere Raumstruktur auf die tektonische Fassadengliederung.
Die als Brise-Soleil ausgebildeten, vertikalen Lamellen verleihen dem Gebäude Leichtigkeit und Eleganz, und tragen wesentlich zum repräsentativen Erscheinungsbild des Gebäudes dar. Durch einen engeren Abstand im Erdgeschoß entsteht eine vertikale Gliederung des Gebäudes. Diese Zurückhaltung in der Fassadengliederung schafft ein angemessenes Bindeglied zwischen den Fachwerkhäusern und de Gründerzeithäusern mit ihren reliefartig ausgebildeten Fassaden in der Altstadt und den formal etwas überhöhen Neubauten in der direkten Umgebung. Der Neubau erlangt seine städtebauliche Prägnanz durch die selbstverständliche und ruhig strukturierte Fassadengestaltung.


Konstruktion und Materialien

Für den Neubau ist ein Stahl-Betonskelett mit Flachdecken mit wirtschaftlichen Spannweiten. Vor den Fassadenelementen sind im Ausbauraster feststehende „Brise-Soleil“ Elemente aus weißem Faserbeton montiert. Zusammen mit den außenliegenden Raffstorelamellen, bilden sie ein effizientes Sonnen-, Wärme- und Blendschutzsystem. Die Holz- Aluminiumkonstruktion der verglasten Elemente werden mit dunkel eloxierten Deckleisten nach außen hin abgeschlossen. Die opaken Brüstungs- und Sturzbereiche sind ebenso dunkel eloxiert. Deckenstirne und die Eckausbildungen werden mit weißen Sichbetonelementen verkleidet.

Der auskragende Sitzungssaal erhält raumhohe Verglasungen mit davorliegenden beweglichen Lamellen aus bedrucktem Glas. Die Schuppenartige Glashaut kann je nach Nutzung geöffnet und geschlossen werden.

Der Ausbau erfolgt mit Holz-Glas-Systemtrennwänden, die Nebenräume mit GK-Wänden. Die Transluzenz der Glaswände der Beratungsräume im Erdgeschoß können mithilfe von sogenannten intelligenten Gläsern gesteuert werden, um je nach Bedarf die notwendige Diskretion zu erreichen.

Der „Marktplatz“ des Erdgeschoßes und der angrenzende Außenhof werden mit einer offenen Lamellenstruktur überdeckt, die die Grenzen zwischen Außen und Innen verschwimmen lässt. Es entsteht ein lichtdurchfluteter Raum, der dem Kunden das Gefühl eines Markplatzes vermittelt.


Energiekonzept

Nahezu sämtliche Nutzräume sind an der Fassade platziert und werden natürlich be- und entlüftet. Die Sozial- und Veranstaltungsräume mit höherer Belegungsdichte erhalten eine mechanische Be- und Entlüftung mit Wärmerückgewinnung. Die Lüftungszentralen werden dezentral angeordnet, sodass geringe Investitions- und Betriebskosten entstehen.
Die Wärmeversorgung erfolgt bivalent. Die Grundversorgung wird mit Erdsonden unter dem Kellergeschoss in Verbindung mit einer Wärmepumpenanlage gedeckt. Die Sondenanlage dient in den warmen Sommermonaten auch zum Kühlen bzw. Temperieren des Gebäudes. Durch die saisonale Wärmeverschiebung werden optimale Arbeitszahlen für die Wärmepumpe erreicht.

Zur individuellen Regelung der Büroräume kommen Randzonenelemente zum Einsatz. Durch Bauteilaktivierung werden die exponierten Stahlbetondecken herangezogen. Das Gebäude zeichnet sich durch eine kompakte Bauweise bei gleichzeitig hoher Tageslichtausnutzung aus. 3-fach Verglasung in Kombination mit hochgedämmten, opaken Bereichen minimieren den Heiz- und Kühlbedarf.
Die außenliegenden Sonnenschutz-Lichtlenklamellen gewährleisten einen geringen solaren Eintrag im Sommer und dadurch einen hohe Behaglichkeit.


Der elektrischer Strom für den Betrieb der Wärmepumpenanlage wird über die PV-Anlage auf dem Dach gespeist, deren Auslegung auf den Stromverbrauch hin optimiert wird. Dadurch werden für das Heizen und Kühlen im Betrieb nur die Wartungskosten erforderlich, d.h. Heiz- und kühlseitig wird das Gebäude zum Null-Energiehaus. Zusätzlich lässt sich jährlich eine CO2 – Einsparung in der Größenordnung von 80 - 90 Tonnen CO2 realisieren. Auch als möglicher Marketing Aspekt kann diese Tatsachen für die Bank von Relevanz sein.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Idee dieses Entwurfes ist es über die Ausbildung einer kräftigen, rechteckigen Gebäudestruktur, einen direkten Zugang zur Bank vom Eckbereich Bahnhofstraße / Wilhelm-Zapf-Straße zu schaffen. Hierdurch präsentiert sich das Gebäude auf den ersten Blick als kräftig und selbstbewusst.

Die Erschließung der Kundenhalle wird wegen der Enge im Eingangsbereich als kritisch bewertet. Die gewünschte und auch notwendige Großzügigkeit wird vermisst. Die Erschließung über zwei Treppenhäuser ist folgerichtig. Sie sind gut positioniert und ermöglichen abschnittsweise Organisationsstrukturen in den Obergeschossen auszubilden.

Zu hinterfragen ist die zweigeschossige Ausbildung der Untergeschosse, wobei darauf hinzuweisen ist, dass der großflächige Baum im Innenhof, auf der Decke der Tiefgarage steht und so nicht möglich sein kann.

Die Lage und Funktionsfähigkeit der Veranstaltungsräume im Obergeschoss ist so denkbar. Allerdings wird die daraus abgeleitete Fassadenausbildung als zu mächtig und für den Umgebungsbereich nicht verträglich angesehen.

Insgesamt stellt diese Arbeit einen diskussionsfähigen Beitrag dar, der allerdings in seiner Mächtigkeit und gewählten Fassadenstruktur erheblich Fragen offen lässt.