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Begrenzt offener interdisziplinärer Realisierungswettbewerb mit vorgeschaltetem Bewerbungs- und Losverfahren für 40 Arbeitsgemeinschaften (8 gesetzte, 32 durch ein vorgeschaltetes Bewerbungs- und Losverfahren, davon 5 kleine Büros/Berufsanfänger) | 03/2006

Besucherinformationszentrum Grube Messel

Ankauf

EM2N

Architektur

Schweingruber Zulauf Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

WaltGalmarini AG

Bauingenieurwesen

Erläuterungstext



Bekannt ist die Grube Messel als eine der bedeutendsten Fossilienlagerstätten Europas - doch sie ist auch ein Ort, an dem unterschiedlichste Zeitschichten offen erlebbar sind.

Bis vor 30 Jahren bestimmte der industrielle Ölschiefer- und Braunkohlentagebau den pragmatischen Ausbau der Infrastruktur des Geländes: grosszügige Asphaltstrassen mit grünen Verkehrsinseln und Lagerplätze erinnern heute an den Bergbau und Transport des Ölschiefers. Damals wurde die Landschaft Messels durch Menschenhand immer wieder transformiert und modelliert, später entwickelten sich darauf die typischen ruderalen Birkenbestände.

Das neue Besucherinformationszentrum entsteht an der Schnittstelle zwischen Grube und dem ehemaligen Lagergelände, dessen ruppige industrielle Vergangenheit soweit wie möglich erhalten und damit geschichtlich ablesbar bleiben soll. So werden Fragmente der Tagebauzeit wie die gezackte Betonmauer und die erhöhte Asphaltfläche erhalten und neu interpretiert. Auch die Pflanzen im Eingangsbereich entsprechen diesem klaren Charakter: Birken, einzelne Föhren aber auch Zitterpappeln besetzen die heutigen kahlen Raseninseln. Die Böschungen hingegen bleiben offen, um die Aufschüttungen, die das Gebiet bestimmen, zu zeigen.

Der einfache Gebäudekörper ragt in einen inzenierten Urwaldgarten hinein, welcher drei Meter abgesenkt und durch seitlich modellierte Erdböschungen umschlossen wird. Als Zeitfenster lässt der Garten die Besucher etwa 50 Millionen Jahre zurückblicken. Mammutbäume, Sumpfzypressen, Tupelobäume und Sumpfeichen – Gehölze, die damals in Mitteleuropa wuchsen und heute in Nordamerika vorkommen, erzählen von der Entstehungsgeschichte der Grube Messel und dem Ursprung der darin entdeckten Fossilien. Ein inszenierter Ausblick aus dem Gebäude durch die Kulisse des Urwaldgartens verknüpft das Grubeninnere mit der Szenografie der Ausstellung . Um auch aus dem tiefer gelegenen Garten geradlinig in die Tiefe der Grube schauen zu können, wird die Erde im Bereich der Grubenkante leicht weggestossen und ein Sichtfenster in das bestehende Gehölz geschlagen. So erleben die Besucher die einzelnen Zeitschichten von der Gegenwart bis in das Eozän. Der Urwald wirkt fremd im Vergleich zu den Birken nahe des Gebäudeeingangs. Wie sah diese Landschaft vor 50 Millionen Jahren aus?

In Analogie zu utilitären Industriebauten ist das Besucherinformationszentrum als einfache "Box" konzipiert. Die formal simple aber kraftvolle Geste der Auskragung verschafft ihr jedoch einen individuellen Charakter und verweist auf die öffentliche Bedeutung des Informationszentrums. Gleichzeitig zeigt die prekäre Konstellation von lagern und auskragen die unterschiedlichen örtlichen Bodentragverhältnisse. Die innere Organisation orientiert sich am szenografischen Ablauf der Ausstellungsräume und ist als klassischer Rundgang ausgebildet. Unprätentiöse und preiswerte Materialien wie bspw. das glatte und teilweise perforierte Zinkblech für die Aussenhülle, Hartbetonböden und Gipsständerwände im Innern unterstreichen den "industriellen" Charakter des Besucherzentrums.

Über die in das Terrain gebohrte Wendeltreppe erreicht man schliesslich den abgesenkten Urwaldgarten, wo ein Weg aus Holzschnitzeln durch Farne und Schachtelhalme bis zum Aussichtsplatz führt, von dem aus sich ein beeindruckender Blick über die gesamte Landschaft bietet. Nun begreift man, welche Ausmasse der Vulkankrater hatte, dessen Hohlform sich mit Wasser füllte, in und um den ein Vielzahl von Tieren lebten, die heute als Fossilien im Ölschiefer gefunden werden. Aber auch die Abbrüche und Halden sind sichtbar, Relikte der Tagebauzeit Messels, in der die Grube in ihrer heutigen Form herausgearbeitet wurde. Der schmale Pfad führt weiter bis zur bestehenden Aussichtsplattform. In anderer Richtung knüpft er an das bestehende Grubenwegesystem an.
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