modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Nichtoffener Wettbewerb | 07/2013

Neubau Bürohaus Danneckerstraße 50

3. Preis

BEHLES & JOCHIMSEN

Architektur

Erläuterungstext

NEUBAU BÜROHAUS DANNECKERSTRASSE 50, STUTTGART

Das ruhige, solide materialisierte Haus stellt sich selbstverständlich in die Kette der Solitärbaukörper an der Danneckerstraße. Seine Gestalt gehorcht augenscheinlich eigenen Regeln. Zugleich vermittelt es in seiner Erscheinung zwischen den gründerzeitlichen Gebäuden auf der einen und den die weiße Moderne zitierenden Nachbarn auf der anderen Seite. Die helle Putzfassade stellt einen Bezug zu den übrigen Häusern im Besitz des Versorgungswerks her und lässt diese als Ensemble lesbar werden.

Architektur

Der Neubau verbindet die Erfordernisse eines zeitgemäßen Bürogebäudes mit dem Habitus einer Villa. Dazu tragen die klassische vertikale Dreiteilung und eine allseitig orientierte Lochfassade mit stehenden Fenstern, die auch geschlossene Wandbereichen aufweist, bei. Das Haus adressiert sich an die Straße, dort heißt ein kleines Vordach den Besucher willkommen. Die Abfahrt zur Tiefgarage wird formal in den Gebäudesockel integriert.

Innere Organisation

Die feste äußere Schale umfasst ein effizientes, flexibles und wenig determiniertes Inneres. Standardisierte Bürogrundrisse erlauben den Einsatz von modularen Ausbausystemen, die zukünftig einfache und schnelle Adaptierungen des Layouts ermöglichen. Um unter Berücksichtigung der topografischen Verhältnisse und des genehmigungsrechtlich rea-lisierbaren Volumens maximale Raumhöhen in allen Obergeschossen anbieten zu können, liegt das Eingangsgeschoss auf dem Niveau der nordöstlichen Gebäudeecke. Über eine großzügige Eingangshalle erreicht man Treppe und Fahrstuhl sowie den Mittelflur des Erdgeschosses. Dieser führt zum großen, teilbaren Besprechungsraum, der sich auf breiter Front zu Terrasse und Garten öffnen lässt. Die Obergeschosse sind als Zweibund mit kurzem Mittelflur organisiert. Treppe und Aufzug sind jeweils abteilbar, so dass alle Etagen als separate Mieteinheiten getrennt voneinander vermietbar sind.

Konstruktion und Materialien

Das Gebäude ist als massiver einschaliger Ziegelbau ohne zusätzliche Außendämmung konzipiert. Die neueste Generation perlitgefüllter Hochlochsteine kombiniert eine vergleichsweise geringe Wandstärke mit den klimatischen Vorteilen einer massiven Ziegelwand und hervorragenden Dämmwerten. Durch das Einblasen von Siliciumcarbid-Kristallen in den Außenputz erzeugt das Sonnenlicht ein dezentes Funkeln auf der Fassade; je nach Lichtstimmung und Tageszeit ändern sich die Reflektionen. Ein solcher, mit Silikatfarben durchgefärbter Putz altert - im Gegensatz zu den kunstharzvergüteten Putzen vieler Wärmedämmverbundsysteme - in Würde und bedarf erst nach Jahrzehnten einer Überarbeitung. Kleinere Schäden oder Verunreinigungen lassen sich einfach beseitigen. Besonders beanspruchte Bereiche (Gebäudesockel, Flure) werden außen und innen mit Canstatter Travertin ausgestattet. Die Stahlbetonflachdecken werden weiß lasiert. Wo immer möglich, kommt heimisches Hartholz zum Einsatz. Energetisch wirksame, mit Baubronze belegte Kastenfenster reduzieren die Wartungsfrequenz des zwischenliegenden Sonnenschutzes.

Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit

Im Sinne eines nachhaltigen Investments schlagen wir eine solide und wertige Materialisierung vor, die sich bald bezahlt machen wird. Der regelmäßige, konventionelle Rohbau ist kostengünstig und gewährleistet einen zügigen Bauablauf: Die Außenwand ist einschalig und besteht aus großformatigen Ziegeln; die Flachdecken weisen bei nur einer Stützenreihe ökonomische Spannweiten auf und können ggf. teilvorgefertigt werden (Filigrandecken).

Das Gebäude ist so konzipiert, dass es als Niedrigenergie- oder als Passivhaus zertifiziert könnte, falls dies vom Bauherrn gewünscht wird. Der optimierte Fensteranteil sorgt für eine Begrenzung unerwünschter Energieeinträge. Wir schlagen eine im weiteren Planungsverlauf zu konkretisierende Kombination von Bauteilaktivierung der unverkleideten Stahlbetondecken und Temperierung der über Unterflurkonvektoren am Fenster einströmenden Zuluft vor. Selbstverständlich bleibt eine individuelle Fensterlüftung zur Vermeidung des „Sick Building Syndrome“ möglich. Der Einsatz von Geothermie wäre zu prüfen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Erschließung an der Ostfassade direkt von der Danneckerstraße wird begrüßt: Der Eingang ist gut auffindbar, das Eingangselement hat den richtigen Maßstab.
Der Behinderteneingang über die Seite ist unglücklich, nicht gleichberechtigt und der ohnehin nicht begrüßten Drehtür am Eingang geschuldet. Der Fußweg entlang der Rampe wird negativ gesehen. Positiv und eigenständig ist die Wahl eines monolithischen Wandaufbaues, wobei zu prüfen wäre, ob eine fünfgeschossige Bebauung mit diesen Materialien zu realisieren ist. Die Fassade fügt sich gut ein und lässt auf eine eigenständige Nutzung schließen. Das letzte bergseitige Fenster der Ostfassade sollte entfallen.
Die u- förmige Anordnung der Büros um die Treppenhausanlage wirkt sich positiv auf die Raumtiefe aus. Die Doppelarbeitsplätze sind kleiner als 25 qm. Die Tiefgarage ist gut befahrbar, hat 20 Stellplätze und 2 Behindertenstellplätze. Die Baumlösung für die Restfläche der Tiefgarage fügt sich positiv ein, auch in den Außenbereich. Der Entwurf hat eine sympathische Einfachheit, kommt mit wenigen Materialien aus und stellt insgesamt einen guten Beitrag dar.