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Nichtoffener Wettbewerb | 07/2013

Ausbau für die Fachbereiche MNI und KMUB des Labor- und Technologiezentrums der Technischen Hochschule Mittelhessen

2. Preis

Enrique de Teresa Arquitectos Asociados

Architektur

Erläuterungstext

A. GRUNDKONZEPT
Der Entwurfsvorschlag versucht einerseits, den gegebenen Vorgaben des Masterplans zu entsprechen, nicht nur unter dem rein städtebaulichen Gesichtspunkt sondern auch in der Raum- bzw. Formgestaltung, und andererseits, das Raumprogramm so streng wie möglich einzuhalten. In diesem Sinne haben wir ein Gesamtkonzept gesucht, das nicht nur diesem Campusbereich an der Gutfleischstrasse sondern auch den zukünftigen in der Gesamtplanung vorgesehenen Neubauten (und den anzupassenden Bestandsgebäuden) eine einheitliche Gestalt verleihen kann.
Der Leitfaden dazu ist das Zusammenfliessen bautechnischer Rationalität, Flexibilität in der Raumnutzung und einer ausdrucksstarken Formgebung, die entscheidend für das neue Erscheinungsbild des Campus sein kann.


B. GRUNDSTÜCKSGESTALTUNG / GESAMTANLAGE
Im Sinne der Vervollständigung des Stadtbildes wird das Grundstück so bebaut, wie es der Masterplan vorgibt (die Vereinigung von KMUB und dem naturwissenschaftlichen Teil von MNI in den drei neuen Gebäuden), so dass ein einheitlicher Campusbereich entsteht, der die Bestandsgebäude umfasst.
KMUB wird in den zwei parallelverschobenen Blöcken untergebracht, wobei der Bau Nr.2 aus der Zeile herausragt (wie vorgesehen). Der Bau Nr.3 wird einer durchgehenden Fluchtlinie nach bündig mit dem provisorischen Gebäude und der Cafeteria (als freistehender Pavillon vorgeschlagen, der den Zentralplatz Minicampus optisch abschliesst) eingeordnet. Damit entsteht eine fast durchgehende Südwestfront, die zur Einrahmung dieses Campusbereiches beiträgt, besonders aus der Perspektive der Gutfleischstrasse in Richtung Minicampus.
Abgesehen vom Leitbild der drei Neubauten, wird die Integrierung aller Bauobjekte mittels einer einheitlichen Behandlung der Freiflächen des Grundstücks als Fussgängerzone erreicht.
Die drei neuen Gebäude werden dadurch in die Gesamtanlage eingebunden, indem ein durchgehender Belagstreifen heller Steinplatten von aussen durch die Eingangshallen hindurchführt und mit demselben Plattenbelag des Zentralplatzes Minicampus verbindet, an den die Eingangsbereiche der drei Neubauten unmittelbar anbinden, so dass letztendlich auch die übliche Innen-Aussen-Ambivalenz etwas verwischt wird.
Die restliche Fussgängerflächen sind mit Sickerpflaster ausgeführt und sonst nur für die nötige Zufahrt von Feurwehr, Müllabfuhr und Lieferwagen vorgesehen.
Sonstige Gestaltungselemente der Freiflächen sind Kiesstreifen als Pufferflächen zu den Gebäuden, Gartenanlagen mit kleinen Beeteinfriedungen, Mobiliar aus Betonquadern mit Metallsitzaufsatz, Radabstellplätze, Laternen und Bodenleuchten.
Diese Freiflächengestaltung soll die Klarheit und die leuchtende Transparenz des Gesamtkonzeptes der neuen Universitätsanlage unterstreichen.
Obwohl der Hauptzugang zum Campus sowohl für Fussgänger wie auch für Kfz. durch den vorgeschobenen Bau Nr.2, der aus der Reihe bzw. Zeile der Ringallee ,,tanzt”, und die Tiefgarageneinfahrt klar gekennzeichnet ist, wird auch die Fussgängeranbindung über die Gutfleischstrasse wichtig sein. Dieser quasi Längsspaliergang zwischen der erwähnten neuen Südwestfront und den Zeilenblöcken zeichnet eine entscheidende Perspektive zum Minicampus-Mittelpunkt von der Gutfleischstrasse aus und bildet in dem Sinn das Achsenverbindungstück dieses Campusbereiches wie ein Reissverschluss.
Der dritte Zugang zum Universitätsbereich erfolgt durch die Parkanlage der Marburger Strasse. Das bestehende Böschungsgefälle wird durch einen breiten Treppenaufgang und einer Rampe überbrückt, die zusammen Fussgänger- und Radanbindung erlauben.


C. EINBINGUNG DER BAUTEN IM STADTBILD:

C-1. GESTALTSPRÄGUNG
In Anbetracht des gesuchten Leitbildes dieses Eingriffes für den restlichen Campus schlagen wir eine ganz bestimmte Fassadengebung auf den Minicampusgewandten Seiten der neuen Baukörper vor. Es handelt sich um eine vorgesetzte elfenbeinfarbene Alu-Gitterblende (in derselben Farbe der Vorhangwandkonstruktion) mit einer gewissen Tiefe, die es erlaubt, sowohl einen effizienten Sonnenschutz als auch die weitgehende Transparenz der Vorhangverglasung zu bieten.
Diese teilverschleierten aber doch durchsichtigen Fassaden, die in jedem Gebäude eine differenzierende (d.h. kennzeichnende) Farbabweichung aufweisen, erlauben die Teilnahme am Innenleben der Gemeinschaftsräumlichkeiten sowohl von den anderen zwei Bauten wie auch vom Freien aus. Und damit wird die Universitätsdynamik und -lebhaftigkeit offen vermittelt.


C-2. FORMGEBUNG
Die städtebauliche Lösung des Masterplans fördert die Eingliederung der Bestandsbauten ins neue Konzept, und der Entwurf beabsichtigt gerade dies mit einem sanften Übergang vom Bestehenden zum Neuen. Unter leichter Abänderung der Staffelgeschossvorgabe des Masterplans für die Bauten Nr.1 und Nr.2 sucht die maximale stufenartige Aufstockung bzw. Erhebung der gegenüberliegenden Hausfronten, die Verwandschaft beider Studienbereiche hervorzuheben, während die hintere Seite sich der Höhe der umgebenden vorhandenen Bauten anpasst.
Die Einbindung des temporären Gebäudes sowie die des vorgeschlagenen Kiosk geht dem Gesamtkonzept des Masterplans nach, ohne dessen Leitideen ändern zu wollen. Die Konstruktionsweise der Cafeteria folgt der der drei Lehrgebäude.


C-3. SYMBOLISCHE CHARAKTERISIERUNG UND WECHSELWIRKUNG MIT DER UMGEBUNG
Die Erscheinung der Aussenhülle der Gebäude verwirklicht die heutige Notwendigkeit der Energieeffizienz, die in der aktuellen Technologie schöpft, verbunden mit einer starken Ausdruckskraft, die ihre menschliche Dimension hervorhebt. Dieser Gesichtspunkt kommt besonders in den Dimensionen der Eingangsbereiche und in der Unterteilung der Fassaden zum Ausdruck.
Innerhalb der Einheitlichkeit der architektonischen Lösung werden gewisse Differenzierungsakzente gesetzt: die selektive Fassadentiefe, die verschiedenartige Verglasung je nach Fassadenausrichtung, und vor allem die unterschiedliche Farbtönung der drei Gebäude.
Das markante Bauelement der Aussenhülle (Vorhangwand nebst vorgesetzter Gitterblende) ist die als Leitbild vorgesehene Lösung für die bevorstehende Entwicklung des Campus THM in Giessen. Es kann in mannigfaltiger Weise angewendet werden, sei es mittels verschiedener Farbtönungen und Verglasungen, durch Sonnenschutzeinsätze je nach Frontausrichtung u.a., so dass insgesamt ein einprägsames Universitätsbild entstehen kann, das Einheitlichkeit und Differenziertheit kombiniert.


C-4. ENERGIEEFFIZIENZ UND NACHHALTIGKEIT
Ein einheitliches Klimatisierungssystem mittels Wärmepumpen, die Erd- bzw. die Grundwasserwärmekapazität ausnutzen, wird die Grundlage einer nachhaltigen Anlage sein, die auch ggf. (saisonbedingt, in den Wintermonaten) auf die Fernheizung zurückgreifen wird, um Zusatzwärme ins System einzuspeisen. Der Gedanke baut auf die Symbiose der Wärmeträgheit des Erdbodens mit der der Bauten, die darauf wurzeln. Dies wird in Verbindung mit einer gezielten passiven Sonnennutzung in Einklang gebracht.
Aus der Installation entspringen drei Verteilungsstränge, die jeweils die Fussbodenheizung bzw. -kühlung für die allgemeine Raumklimatisierung, ein Fan-Coil-Zusatzsystem für Sofortklimatisierung (z.B. der Höhrsäle) und das Lüftungssystem, das über ein WRG-System verfügt, ernährt.
Die Warmwasseraufbereitung wird mittels eines Wärmeaustauschers über die Anbindung an die Fernheizung der Stadt Giessen gewährleistet.
Die künstliche Beleuchtung ist mit den energieeffizienten LED-Lampen gelöst, deren Vernetzung durch fotoelektrische Kontrollsensoren optimisiert wird.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser orientieren sich in der Anordnung der Baukörper nahe am Masterplan. In Nord-Süd-Ausrichtung führt eine lineare Passerelle, in die das Foyer des MNI-Gebäudes eingreift. In der gleichen Flucht liegt weiter nördlich der Cafe-Pavillon. Dieser bildet wiederum gemeinsam mit den zwei weiteren Baukörpern den Abschluss dieser teilweise überdachten Passerelle in Form eines Platzes. So liegen die öffentlichen Funktionen, Zugänge, Cafe und Foyers an diesem strukturierten öffentlichen Raum. Die „Passerelle“ führt dann weiter nach Osten in den künftigen Park.

Die Baukörper sind in ihrer Funktion sehr klar strukturiert: Funktionsbereiche wie Labore, Hörsäle, Seminarräume bilden eine den Funktionen angemessene tiefe Spange. Dieser vorgelagert liegt ein Band mit dienenden Funktionen, das z.B. die Fluchttreppen, Toiletten, Aufzüge etc. beherbergt.

Den öffentlichen Bereichen zugewandt liegt eine Spange mit großzügigen, lichten Aufenthaltsbereichen, Treffpunkten und den großzügigen Treppen. In diesen Bereichen liegt eine der großen Qualitäten dieser Grundrissorganisation.

Die recht tiefen Laborbereiche sind geeignet als Lehrlabore. Sie entspricht auch den Anforderungen an die Vorlesungssäle. Die klare Zonierung der Grundrisse lässt eine geordnete Gebäudestruktur zu und führt zu übersichtlichen Bereichen. Eine gute Orientierung innerhalb der Gebäude scheint gegeben. In den oberen Geschossen sind dann im Dreibund organisierte Büros angeordnet, die teilweise im mittleren Bund um Kombizonen ergänzt werden. Die vorgelagerten Dachterrassen schaffen für die Einzelbüro-Spange hohe Aufenthaltsqualitäten.

Die auf die Fassaden übertragene stringente Systematik zeigt dann jedoch einige Probleme in der Anwendung. Der sommerliche Wärmeschutz kann mit dem vorgeschlagenen System nicht gewährleistet werden. Die Südseiten sind nicht tief genug und zu weitmaschig, selbst die Ost- und Westseiten können nicht ohne zusätzliche Maßnahmen realisiert werden. Ein hartes Sonnenschutzglas wiederum würde sowohl die Tageslichtqualität als auch die offensichtliche gewünschte Transparenz einschränken.

In der vergleichenden Betrachtung der Kosten liegt der Entwurf im mittleren bis oberen Bereich und wird somit durchschnittlich bis weniger günstig bewertet. In der vergleichenden Betrachtung der BGF und des BRI erscheint der Entwurf wenig kompakt. Die Technikflächen sind etwas zu gering bemessen.

Die Einhaltung der Vorgaben zur Energieeffizienz ist dargestellt und erscheint im Rahmen des Entwurfs als umsetzbar. Besonders beim sommerlichen Wärmeschutz bleiben aber Fragen offen. Die Klimatisierung ist nachvollziehbar dargestellt. Sie basiert auf Geothermie und wird durch die angebotene Fernwärme ergänzt. Die Redundanz der beschriebenen Anlagen erscheint sinnvoll.