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Nichtoffener Wettbewerb | 07/2013

Bahnhofsareal

1. Preis

Preisgeld: 20.000 EUR

Architekturbüro Olaf Sporbert

Architektur

are you planning?!

Landschaftsarchitektur, Stadtplanung / Städtebau

WLA Wengemuth Landschaftsarchitektur

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

In der Stadt Bad Salzungen sind in den letzten Jahren viele innerstädtische Projekte für eine angemessene Kurstadt realisiert worden. Ein wichtiges Bindeglied zwischen den beiden Kurschwerpunkten – dem Burgsee und dem Gradierwerk ist der Bahnhof von Bad Salzungen. Er bündelt Infrastruktur, Tourismus und Kurbetrieb. Somit wird er zu einem neuralgisch wichtigen Punkt in der Stadt. Er formt den ersten Eindruck und organisiert den Start in Bad Salzungen.

Ziel der Neugestaltung ist die sinnvolle Organisation dieser vielen Funktionen in einer homogenen Gestaltsprache. Der Entwurf vereinheitlicht und vereinfacht die vorhandene Situation. Es lassen sich folgende funktional unterschiedliche Zonen unterscheiden. Eine großzügige Platzfläche für Orientierung und Aufenthalt, die sanierten Gebäude mit ihren umstrukturierten Nutzungen, Bereiche des eigentlichen Bahnbetriebes, ein Park&Ride Platz, der Bahnüberweg sowie der Busbahnhof. In den optischen Fokus rücken das historische Bahnhofsgebäude und der Wasserturm.

FREIRAUMPLANUNG

Der Bahnhofsplatz – Durch die Verlegung der Bussteige und den Abriss einiger Nebengebäude bildet er das Tablett für die beiden identitätsstiftenden Hauptgebäude und den Pavillon. Mit dem einheitlich eingebrachten Platzbelag aus Saibro* in zwei Farbnuancen, verläuft der Platz vom ergänzten Kauflandkomplex bis zum Kreisel. Auf der Länge des Bahnhofsgebäudes sind lineare Intarsien aus Klinker eingebracht. Dies spiegelt die materielle Affinität zu den Gebäuden wieder.

Durch die Überlagerung der Bahnhofsstraße mit dem Platzbelag wird der Verkehr entschleunigt und der Übergang in die Innenstadt erleichtert. Zusammen mit der leicht veränderten Straßenführung gewinnen Bahnhof und Kaufland einen Vorplatz. Es wird davon ausgegangen dass, zum Zeitpunkt der Umsetzung, der Hauptverkehr durch eine entsprechende Verkehrslenkung auf die Umgehungsstraße verlegt wird.

Entlang der Bahnhofsstraße befinden sich sechs Bussteige um kurze Umsteigezeiten und Wege zu gewährleisten. Für kürzere Wartezeiten stehen zwei Glasdächer zur Verfügung, für den längeren Aufenthalt bietet sich die neue Bahnhofshalle an. Taxistellplätze befinden sich zwischen Bahnhof und Kaufland.

Links und rechts des Bahnhofsgebäudes gibt es zwei Lindenbaumraster mit kleineren Plätzen aus wassergebundener Wegedecke. Sie ergänzen den Bahnhofplatz mit attraktiven Aufenthaltsflächen in Nachbarschaft zu dem Café und der kleinen Fahrradpension. Ihre eingerückte Position rahmt das Bahnhofsgebäude und gliedert den Platz in eine der Bahnhofstraße und eine den Gleisen zugewandte Seite. Der Blick aus Richtung Innenstadt bleibt unverstellt. Als Sinnbild für die Stadt Bad Salzungen gibt es eine gestalterische Adaption aus Dornsteinhecken (mineralisierter Prunus spinosa) mit vorgelagerten Solewannen unter dem Lindendach am Café.

Der neue Park&Ride Platz befindet sich zwischen dem Gleisbett und der Werrastraße. Analog zu dem Parkplatz am Puschkin Park gibt es Zu- und Abfahrten auf das Gelände. Die erforderliche Anzahl von 100 Stellplätzen ist gegeben. Außerdem gibt es weitere Parkplätze für Fahrräder und Krad. Eine Ergänzung bilden hier die sogenannten Boxen, welche die Optik des neuen Stellwerks aufnehmen und somit zum Prinzip erklären. Sie finden sich ebenfalls auf dem Bahnhofsplatz wieder. Ihre Funktion liegt in der überdachten, abschließbaren Möglichkeit für E-Bikes, Fahrräder oder in Werranähe für Kanus. E-Bikes können hier auch aufgeladen werden. Die Boxen können angemietet werden und sind im Zusammenhang mit Besuchern, Pendlern und Übernachtungsgästen zu sehen.

Der Bahnübergang erhält einen Straßenquerschnitt mit Fußweg und Fahrgasse, um eine sicheres Queren zu ermöglichen. Die wegfallende Busspur nach dem Kreisel wird den Flächen für Fußweg zugetragen.

Der Bereich am Goethe-Center wird durch die Ergänzung eines neuen Baukörpers in seinen Raumkanten definiert. Ein offener Platz zugehörig zur Mall und ein geschlossener Platz für die kleineren Geschäfte. Das Zusammenspiel des offenen Bereichs und dem engeren Durchgang zum Innenhof nutzt Prinzip des Trichters als natürliche Leitwirkung in die Innenstadt.

Die Planungen zum Bau des Kauflandkomplexes und der Deutschen Bahn sind in den Entwurf unverändert übernommen worden.

GEBÄUDE

Das Bahnhofsgebäude als zentraler Ort des Ankommens in Bad Salzungen, bündelt die zahlreichen Funktionen und Nutzungen aus der unmittelbaren Umgebung. Die Umgestaltung des Gebäudes wahrt die historische Hülle und integriert zeitgemäß nutzbare Grundrisse im Inneren.

Das Herzstück bildet hierbei die lichte offene Wartehalle. Durch gezielte Öffnungen zu den angrenzenden Nutzungen dient sie als multifunktionale zentrale Erschließungsebene. Neben einem Reisezentrum befinden sich hier ein Kiosk mit Reisebedarf, Gepäckschließfächer sowie öffentliche WCs. Unter beachtung von Synergieeffekten werden im Reisezentrum mehrere Funktionen gebündelt: der Fahrkartenverkauf, eine Touristeninformation, ein Reisebüro und ein Geschäft für Souvenirs und Presse. Um diese Großzügigkeit und eine reisefreundliche Barrierefreiheit zu gewährleisten besticht der Entwurf durch einen besonderen baulichen Eingriff – Die Öffnung der Wartehalle bis in die Obergeschoße und die Absenkung des gesamten Westflügels.

Ein kleiner Höhensprung in der Halle schafft, einen vom Durchgangsbereich abgegrenzten, beruhigten Wartebereich. Mittig in der Halle ermöglicht ein gläserner Aufzug in der Halle die Erschließung aller anderen Ebenen.
Nutzungen, die sich stark an Aktivurlaubern orientieren beherbergt der Westflügel des Gebäudes. Neben einem Fahrradladen mit Werkstatt und einem Verleih im Erdgeschoss befindet sich in den Obergeschossen eine Pension „Sagenhaft“. Angeboten werden einfache Zimmer in individueller Gestaltung gemäß Sagen aus der Umgebung. Die Rezeption wird durch das Reisezentrum und die Verpflegung in Kooperation mit dem Turmcafé abgedeckt. Zur Selbstverpflegung werden außerdem Gemeinschaftsräume angeboten.
Im Erdgeschoss des Ostflügels ist der Aufenthaltsbereich für das Buspersonal, sowie die Fahrschule untergebracht. Die Obergeschosse sind für Vereinsnutzungen vorgesehen und bieten neben diversen kleineren Räumen auch einen Versammlungssaal.

Der Wasserturm und der Pavillon der Verkehrsbetriebe werden zu einem Café umgewidmet. Der Pavillon dient als Basis des Cafés mit Bar und Eistheke, Küche und WC. Die äußere Gestalt wird mittels Verklinkerung dem Turm angepasst. Im Turm selbst ist ein Teil des Gastraumes vorgesehen. Hierfür wird er mit einer Wendeltreppe und einem Speiseaufzug im Treppenauge ergänzt. Als zweiter Rettungsweg dienen Notrutschen. Die oberste Etage des Turms wird vollverglast. Passend zum Thema Wasser als die Stadt prägendes Element, gewinnt er dadurch den Charakter eines Leuchtturms und wird zur idealen Aussichtsplattform.

Saibro* - ist ein homogener, befestigter, wasserdurchlässiger Oberflächenbelag aus festem Kies. Die Qualitäten des Belages liegen in seiner Ästhetik und in seiner Wasserdurchlässigkeit. Diese Qualitäten erlauben es unter anderem, auch innerstädtische befestigte Flächen in ansprechender Weise zu gestalten, ohne sie zu versiegeln.

Beurteilung durch das Preisgericht

1. Entwurfsidee/Leitgedanke

Der Entwurf schlägt vor, zwischen Werrastraße, Bahnhofstraße und dem zukünftigen Kaufland eine großzügige Platzfläche aufzuspannen. Dabei werden die vielfältigen Wegebeziehungen zwischen Kuranlage, Puschkinpark, Bahnhof/Busbahnhof und der Innenstadt zum Ausgangspunkt gemacht. Eine gestalterische Verbindung mit der umgebenden Landschaft Puschkinpark und Werratal wurde nicht formal versucht. Eine Transparenz über die Bahngleise ist durch die Planungslösung gegeben.

Die Park+Ride-Anlage ist mit hoher Funktionalität und unter Berücksichtigung des Baumbestandes gelöst. Die Arbeit zeichnet aus, dass sie mit dem Gebäudebestand besonders behutsam umgeht. Jedoch wird vorgeschlagen, die leerstehenden bzw. unternutzten Gebäude 3 und 4 abzureißen.

Die Ausbildung des Busbahnhofes begleitend entlang der Bahnhofstraße schafft es in hervorragender Weise, die wichtige Beziehung zwischen Innenstadt, Bahnhof und Kaufland räumlich umzusetzen. Auch auf übergeordneter Ebene überrascht, auf welch selbstverständliche Weise aus dem umgestalteten
bestehenden Pavillon und dem Wasserturm ein Gebäudepaar geschaffen werden kann, das in Harmonie mit dem Bahnhofsgebäude steht.


2. Funktionale Qualitäten im öffentlichen Raum

Die 30-Zone zwischen Kreisverkehr und Kaufland ist gut und konsequent gelöst, ebenso sehr gut die Anordnung des Busbahnhofs mit seiner Sägezahnaufstellung und seinen Bereitstellungsflächen. Ob so viel Freifläche für Fahrräder notwendig ist, ist zu prüfen.


3. Gestalterische Qualität des Entwurfes

Die freiraumplanerische Lösung ist einfach, kraftvoll und sehr überzeugend. Aus einer begrenzten Anzahl gestalterischer Elemente wurde eine Reihe gut funktionierender Freiräume gestaltet. Das Bahnhofsgebäude wird über einen besonderen Belag hervorgehoben.

Baumreihen und Baumsäle leiten in effektiver Weise und bieten gleichzeitigt Aufenthaltsqualität. In selbstverständlicher Weise wird mit diesen Mitteln eine qualitätvolle Verbindung zum Gradierwerk hergestellt. Das Turmcafé bietet eine Mehrzahl von attraktiven und unterschiedlichen Sitzbereiche an.

Sehr gut gelöst ist die Zonierung der Platzfläche mit zwei Streifen in wassergebundener Bauweise, die mit ihrem landschaftlichen Charakter attraktive Rückzugsräume im lebendigen urbanen Raum anbieten. Der Umgang mit Gliederungen, wie der Hecke mit begleitendem Solebecken, trägt in angenehmer Weise zum räumlichen Eindruck bei. Ausstattungselemente und die Schutzhäuser der Bushaltestellen sind sparsam und der Bedeutung angemessen eingesetzt.


4. Umgang mit dem Gebäudebestand

Die Verbindung eines busbahnhoftypischen Cafés/ Pavillons mit der Qualität eines Gastraumes im Wasserturm (Turmgalerie) ist geschickt gelöst. Es kann erwartet werden, dass damit ein Baustein entsteht, der auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten einen erfolgreichen Betrieb verspricht. Überzeugend ist die Wirkung, die der grundhaft umgestaltete Pavillon für die umgebenden Platzflächen und den Busbahnhof entfaltet.

Das Bahnhofsgebäude in seiner Kubatur und räumlichen Erscheinung zu erhalten, birgt sowohl für den Freiraum wie für den Umbau die großen Potentiale des Ortes. Der vorgeschlagene Nutzungsmix im EG mit Touristeninfo, Wartebereich, Reisebüro und öffentlichen WCs ist plausibel. Der Obergeschossgrundriss
für Pension, Vereins- und Konferenzräume verspricht eine ausreichende Offenheit für die Entwicklung/ Vermarktung.