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Beschränkter städtebaulicher Ideenwettbewerb mit Bewerbungsverfahren | 05/2006

Städtebaulicher Ideenwettbewerb Altstadt

Gestaltungskonzept

Gestaltungskonzept

1. Preis

Trojan + Trojan | Architekten + Städtebauer BDA DASL

Architektur

Belzner Holmes und Partner Light-Design

Lichtplanung

Erläuterungstext

Konzeptthesen

Obwohl die Altstadt über eine Bau- und Raumstruktur verfügt, in der Stadtgeschichte und Stadfunktionen deutlich ablesbar sind, sind Milieu und Image eines historischen und zugleich modernen Stadtzentrums heute nur unzureichend präsent. (Vorbild Freiburg)
Das äußere Erscheinungsbild leidet insbesondere unter der Heterogenität von Material und Gestaltung und der Reparaturbedürftigkeit des öffentlichen Raums, aber auch unter einer Überlastung der Randquartiere und der Stadtränder durch den ruhenden Verkehr.

Andererseits verfügt die Altstadt über ein räumlich-funktionales Grundgerüst, das für die künftigen zentralörtlichen Aufgaben gut leistungsfähig ist. Deshalb erfordern die anstehenden Neuordnungsmaßnahmen im öffentlichen Raum keine gravierenden Umstrukturierungen. Sie können sich im Wesentlichen auf wenige städtebauliche Eingriffe und Ergänzungen beschränken, mit dem Ziel einer funktionalen Aufwertung, orientierungswirksamen Vernetzung und nicht zuletzt eines besseren Erscheinungsbildes.

Die Weiterentwicklung der Altstadt als multifunktionales Zentrum der Gesamtstadt orientiert sich zum einen an den historischen Gegebenheiten, in denen die Wilhelmstraße mit den beidseitig dichten Baufeldern das Rückgrat der Versogungseinrichtungen und die Lebensader der Altstadt darstellt. Zum anderen muss sich das überwiegend geschlossene Baufeld zwischen Wilhelmstraße und Metzgergasse mittels Passagen und Hofräumen für Einzelhandel und Dienstleistungen öffnen. Dadurch entstehen auch neue Querbezüge und Raumverflechtungen zu den bestehenden Dienstleistungen und Behörden östlich der Gartenstraße und zu der geplanten westlichen Innenstadterweiterung mit neuer Stadthalle, aber auch neue Aufenthaltsbereiche abseits der frequentierten Stadträume.

Im Zusammenhang mit der Aufwertung der Stadtränder bedarf insbesondere der südliche Stadtgraben, einer Neuorientierung. Mit den geplanten städtebaulichen Umstrukturierungen im Echazquartier und der Westerweiterung um die geplante Stadthalle öffnen sich Chancen für zusätzliche Parkierungsanlagen, die die Altstadt insgesamt entlasten und den Bereich des Stadtgrabens als grünes Vorfeld zur Verfügung stellen.

Während in den zum großen Teil bereits hergerichteten Stadträumen und Gassen der Randquartiere eine größere gestalterische Individualität und materielle Vielfalt herrschen kann, muss die Neugestaltung der zentralen Räume und Plätze einem thematischen und gestalterischen Kontext folgen, der auf die unterschiedlichen historischen wie städtebaulichen Anforderungen und Bezüge der einzelnen Bereiche eingeht.

Leitbild für die Neugestaltung der zentralen Straßen- und Platzräume ist ein Stadtboden, dessen Gliederung die städtebaulichen und räumlichen Ordnungsprinzipien aufnimmt. Dabei sind Straßen und Gassen lineare Funktionsräume - die Plätze repräsentative und stimmungsvolle Aufenthaltsbereiche.
In seiner Materialität soll der Stadtboden langwertige Qualität und Dauerhaftigkeit und Eignung für unterschiedliche Aktivitäten und Nutzungszustände ausstrahlen. Mit einer sich zurücknehmenden Gliederung und Gestaltung ist er Komplementär zu den bunten vielschichtigen Funktionen und Architekturen der Gebäude: - Der öffentliche Raum als Kontinuum, seine Ausstattung als temporäre Installation, die Bebauung mit Ausnahme denkmalgeschützter Gebäude als zeit- und funktionsabhängige Variable


Entwurfsbeschreibung

Eingangsplätze

An der Einmündung Wilhelmstraße / Karlstraße entsteht nach Abbruch einer schmalen Randbebauung ein neuer Eingangsplatz. Das nördliche Altstadtentrée ist Pendant zum südlichen Burg- und Albtorplatz. Seine repräsentative und stadtbildwirksame Lage und die Zuordnung von Stadtpavillon und Bushaltestelle macht diesen Platzraum zum belebten Ankunftsort und Treffpunkt sowie zum Raumgelenk, das die Wilhelmstraße mit dem Bahnhof und den Stadtgebieten nördlich der Bahn verbindet.

Wilhelmstraße

Die Gestaltungskonzeption für die Wilhelmstraße greift mit einer mittigen Bewegungsfläche und beidseitigen Randflächen für unterschiedliche Nutzungen, klassische Gliederungsprinzipien auf. Die Randflächen werden einseitig von einem Funktionsband begleitet, das in wechselseitiger Anordnung auf die langgezogenen Schwünge der Wilhelmstraße reagiert und die in den Straßenraum greifenden Platzflächen auffängt. Dieses Funktionsband, das alle technischen Installationen, Beleuchtung, Stadtinformationen sowie Straßenmöbel integriert, wird zum raumprägenden Gestaltungselement der Wilhelmstraße.

Höfe und Passagen

Durch die Öffnung der großen Baufelder mittels offener und gedeckter Passagen und Innenhöfen wird das spezifische Reutlinger Thema des Spitalhofs aufgenommen und für ein zusätzliches qualitätvolles Raumangebot für Einzelhandel und Dienstleistungen sowie für den ruhigen Aufenthalt weiterentwickelt.

Marktplatz

Zentraler und repräsentativer Stadtraum ist der Marktplatz, der unterschiedlichsten Nutzungen dient. Die freie Platzflächen wird durch Gliederungsbänder und Schnittfugen durchlaufen, die die Richtung einmündender Gassen und stadtbildprägender Gebäude aufnehmen und seine homogene Oberfläche aus Granitplatten durch ein lebendiges Fugenspiel ordnen gliedern. Dadurch erhält der Marktplatz seine städtebauliche Ausrichtung auf die Wilhelmstraße und die Zonierung für Platzmöblierungen sowie für Alltags- und Festveranstaltungen. Der historische Brunnen wird durch das auf ihn ausgerichtete Fugenspiel als herausragendes Objekt betont.

Die neue Marktloggia, Reminiszenz an den ehemaligen Schrangen, wird zum Raumelement, das den Übergang Marktplatz zum nun wieder eigenständigen Rathausvorplatz definiert. Das hohe Loggiadach überspielt den kleinen Marktpavillon (Café, Info, technische Marktplatzversorgung, WC) und schützt zugleich einen zum Markt orientierten Aufenthaltsbereich. In den Abendstunden inszenieren sich der gläserner Pavillon und das reflektierende Loggiadach in einem moderat ausgeleuchteten Platzraum als abstrakte und transparente Lichtskulpturen vor dem Rathaus.

Kirchplätze

Im Gegensatz zu der freien, offenen Fläche des Marktplatzes sind die beiden Kirchplätze durch eine spannungsvolle Raumenge bestimmt, was durch die leicht verkantete Stellung der Kirchbauten noch verstärkt wird. Beide Stadträume heben sich als ruhige Aufenthaltsbereiche durch Kleinteiligkeit und Lebhaftigkeit in der Struktur das Stadtbodens von ihrer Umgebung ab, stellen Kirche und Brunnen als besondere Objekte und historische Sehenswürdigkeiten heraus und verankern sie durch ein Geflecht von Bezugs- und Gliederungslinien mit den umgebenden Raumkanten. In den Abendstunden wechselt das Raumbild. Während der Stadtraum zurücktritt präsentieren sich nun die illuminierten Kirchen als illuminierte und skulpturale Einzelobjekte.

Öffentliche Gärten und Kanzleiplatz

Ergänzend zum Museumshof und zum Wassergarten des Rathauses erhält der Kanzleiplatz mit der Einfriedung des neuen Kanzleigartens und einer großzügigen Treppenterrasse vor der Sporthalle eine räumlich prägnante Fassung. Er wird baumbestandener ruhiger Stadtplatz mit Aufenthaltsqualität für das benachbarte Wohnquartier und gleichzeitig Freiraum für das List-Gymnasium. Das niedrige Sporthallendach kann als begrünte Dachterrasse und Spielfläche und als erweiterter Schulhof genutzt werden.

Material und Farbe

Bestimmendes Material des Stadtbodens wird der Granit, dessen robustes Material Dauerhaftigkeit und Langwertigkeit vermittelt. In den Randflächen wird er als Natursteinplatten unterschiedlichen Formats, Körnung und Farbnuancierung verlegt. In der mittigen Bewegungszone entspricht er in Anlehnung an den bereits fertig gestellten Straßenzug der Metzgerstraße in der Struktur dem Großpflaster, mit dem auch hohe Beanspruchungen z. B: durch Versorgungsfahrzeuge aufgenommen werden. Das Funktionsband hebt sich wiederum in Körnung und Farbigkeit von den vergleichsweise homogenen Bewegungsflächen ab.

Verkehr und Erschließung

Das bestehende Straßennetz ermöglicht eine angemessene und ausreichende Erschließung der Altstadtquartiere. Die Metzgerstraße bleibt die zentrale stadtinterne Erschließungsstraße. Die Mauerstraße wird wie die anderen Altstadtgassen verkehrsberuhigter Bereich und ist Filter zum östlich der Gartenstraße gelegenen Gründerzeitquartier. Verbesserungswürdig ist jedoch die Unterbringung des ruhenden Verkehrs, der heute einen Großteil des öffentlichen Quartiersraums beansprucht. Ergänzend zur Unterbringung des Besucherverkehrs in externen Parkhäusern könnten für Anlieger individuelle Lösungen z.B. in Form von mechanischen, flächensparenden Parkierungsanlagen entstehen, die die Altstadt auch als technisches Elemente (Folies) optisch bereichern und im Rahmen eines städtischen Sanierungsprogramms gefördert werden.

Beleuchtungskonzept

Die Stadt bei Nacht setzt sich aus einer Komposition von Einzelaspekten zusammen, der differenzierten und hierarchischen Präsentation von Straßen und Freiräumen, der funktional notwendigen Beleuchtung, der Darstellung von Einzelcharakteren und der Inszenierung der ehemaligen Altstadtabgrenzung. Das Stadtgefüge präsentiert sich klar, und wird nach seinen einzelnen Facetten nuanciert.
Die so gestaltete Nachtstadt unterstützt Orientierung und Raumverständnis, Aufenthaltsqualität und Kommunikation. Das Sicherheitsgefühl wird optimiert, Ortsbewusstsein geschärft, der drei-dimensionale Stadtkörper wahrnehmbar gemacht, wobei der bewusste Lichteinsatz Spielraum für Interpretationen zulässt.

Leuchten werden in der Wilhelmstraße entlang des bandartigen Funktionsstreifens angeordnet. Die stelenartige Leuchtengestaltung ist Komponente eines zusammenhängenden Stadt-
möblierungskonzepts. In diesen Stelen werden sowohl funktionale wie auch stadtraumbildende Leuchtelemente integriert.
Durch eine subtile Aufhellung der Fassaden entsteht eine genaue Raumdefinition. Im Verlauf der Wilhelmstraße erzeugt besonders die Inszenierung der in den Straßenraum ragenden Kirchen und deren umgebende Platzräume eine für Reutlingen einzigartige Nachtsilhouette und Stimmung, die sowohl aus der Nähe wie auch von Weitem wirkt.

In dem moderat ausgeleuchteten Marktplatzraum inszeniert sich die Marktloggia mit gläsernem Pavillon und reflektierendem Loggiadach als abstrakte und transparente Lichtskulptur vor dem Rathaus.
An den Eingangssituationen der Altstadt werden die platzartigen Entrées durch eine räumlich attraktive Lichtgestaltung als Kombination von Akzent-, Objekt- und Hintergrundbeleuchtung signifikant hervorgehoben.

In die beiden Kirchplätze sind keine Leuchten eingestellt. Hier ist die Beleuchtung unter die Traufe bzw. an den platzzugewandten Giebeln der Randgebäude montiert. Hauptakteure dieser Plätze sind die Kirchen und Brunnen, die entsprechend herausgestellt werden. Um den Platzraum und die darin eingestellten Elemente zu fassen werden auch hier die Fassaden subtil aufgehellt.
Die bestehenden bzw. neuen Höfe und Passage erfahren eine Beleuchtung mit klarer Raumdefinition. Einzelelemente (Kunst, Bäume, Sträucher) werden akzentuiert. Dekorative Lichtelementen wie Lichtpunkte im Belag, Akzentuierung von Architekturelementen oder Lichtskulpturen erhöhen bei Nacht die Attraktivität und Orientierung.

Die übrigen Platz-, Garten- und Parkräume (Kanzleiplatz, Rathausgarten, Museumsgarten) werden behutsam inszeniert. Die raumprägenden Elemente und das direkte Umfeld (Hintergrundmauern, Hecken und Fassaden) werden mit weichem Licht herausgearbeitet, um qualitativ hochwertige Nachträume zu erzeugen. Der ehemalige Wallbereich als räumlich wahrnehmbare Abgrenzung der Altstadt wird durch die Beleuchtung des vegetativen Saums in Szene gesetzt. Die Zugangssituationen werden durch eine davon differierende Lichtstimmung besonders akzentuiert.
Marktplatz

Marktplatz

Beleuchtungskonzept

Beleuchtungskonzept