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Mehrfachbeauftragung | 07/2013

Grüne Mitte NeckarPark

Blick von Norden: Promenade - Auenweg - Wasserspielplatz

Blick von Norden: Promenade - Auenweg - Wasserspielplatz

3. Rang

Pfrommer + Roeder Freie Landschaftsarchitekten BDLA IFLA

Landschaftsarchitektur

Sayman Bostanci Freier Architekt und Designer

Visualisierung

Erläuterungstext

Grundauffassung + Idee
Der Begriff "Neckarpark" wird als Image-Träger für das neu entstehende Stadtquartier auf dem ehemaligen Gelände des Cannstatter Güterbahnhofs verstanden.
Der Name steht nicht für seine unmittelbare Lage am Neckar, sondern für die Sehnsucht nach Leben am und mit dem Fluss. Eine Beziehung, die Stuttgart bisher nicht zu bieten hat und die im Umfeld der Mercedesstraße durch den "Wasen" verhindert wird. Der neue Park wird zum Sinnbild für diesen Brückenschlag und soll den künftigen Bewohnern des Quartiers die Qualitäten des Flussraums nahe bringen.
Seine Qualität bezieht das Gebiet zwischen Wasen, Schleyerhalle, Sportarenen und dem Bahndamm aus der besonderen Lage: Im Spannungsfeld zwischen Cannstatt, den großen Sportstätten, dem Neckar und den sichtbaren Ausläufern des Schurwalds gilt es, eine eigene Identität zu schaffen, eine unverwechselbare Adresse. Der Park bezieht sich auf die wesentlichen Elemente des ursprünglichen Talraums Neckar: auf das Wasser als offene lichte Fläche, auf das Ufer mit seinen wechselfeuchten Auen, auf die langgestreckten Wiesenhänge des angrenzenden Schurwalds.
Das Liegen am Wasser wird zum zentralen Thema. Die Sonnenwiese als Sinnbild für die grünen Hänge des Rotenberg und das große Sonnendeck als sein urbanes Gegenstück. Der Auenraum dient als Retentionsfläche und lässt so die zunehmenden Starkregen zu einem sichtbaren Ereignis werden. Ein platzhafter Steg wird zum Trittstein ans naturnahe Ufer. Dazwischen spannt sich eine artenreiche Wiesenlandschaft auf, die den Wandel der Jahreszeiten erlebbar macht.

Park
EIngespannt von zwei Plätzen am westlichen und östlichen Ende wird der Park unterschiedlich erlebbar: Den zentrale Freiraum in der dichten Bebauung bildet eine offene Wiese, die wie eine geneigte flache Schale in den städtischen Raum eingebettet ist. Als topografische Überformung -bis zu 3.60 m überm östlichen Platzniveau- zitiert sie das Ideal einer Landschaft und wird wie ein Bild zum Betrachter hin angehoben. Den Abschluss bildet ein Hain aus Föhren und Zierkirschen, in Anlehnung an die Vegetation um den Rotenberg. Zu den Rändern werden Blütenthemen mit Verweilangeboten verdichtet.
Im Westen erstreckt sich der Platz bis an den Rand von Q 7. Mit seinen öffentlichen Nutzungen im EG (Läden und Gastronomie) entsteht eine offene Beziehung zwischen dem städtischen Geschäftsquartier und dem Parkraum. Auftakt bildet ein Café auf dem Platz mit Aussichtsterrasse und Pergola und ein Baumhain mit Bänke bieten Aufenthaltsqualität. Das große Sonnendeck schwebt über dem Platz und stuft sich zum See mit Blick in den Park. Im Osten treppt der Hang als Rasenterrassen zur anderen städtischen Bühne , einem Pergola gefassten Platz, der unterschiedlich bespielt werden kann, Schülertreff, Cafébewirtschaftung für Sportklinik und Physiozentrum oder auch Raum für Konzerte und Sommerkino.
Im Norden erstreckt sich eine 5 m breiter Spielzone mit Angeboten für Jung + Alt . Ein Saum aus heimischen Gehölzen bildet einen Erlebnisraum mit Kletterstrukturen und Puffer zum lärmenden Spielen. Eingebettet in üppige Ufervegetation mündet der Wasserlauf am Wasserspielplatz in den See. Im Süden und an den Stegrändern verdichteten sich die Blütenaspekte zu extensiven standorttypischen Stauden-Gräserpflanzungen mit informellen Aufenthatsbereichen

Promenade/ Regionaler Radweg
Die an den Park angrenzenden Straßenräume im Norden und Süden werden in zwei Hauptzonen gegliedert, die durch eine Achse aus Alleebäumen getrennt werden: die innere Promenade mit Verweilangeboten und einem offenen Übergang zur Spielzone, und die äußere Promenade mit einer 1,50 m breiten Vorzonen für Läden und Hauszugänge und einem Geh- und Radweg, der gleichzeitig als Rettungsgasse dient.

Wohnstraßen
Die angrenzenden Staßenräume sind als Shared Space organisiert. Hausvorzonen, Baumbeete, Fahrradstellplätze und Verweilbereiche sind auf einem eingelegten Teppich organisiert, der die notwendigen Fahrbereiche abgrenzt. An den Übergängen zum Park verbinden sich Beläge und Möblierung zu einer platzhaften Aufweitung.

Platz am Stadtarchiv
Der Raum zwischen ehemaligem Kontorgebäude, dem heutigen Stadtarchiv und Zollamt, dem zukünftigen Mobilitätszentrum, wird den verschiedenen Kulturen der alten und neuen Cannstatter Bürger gewidmet: mit Blick auf die globale Handelsgeschichte wird ein Hain aus vielfältigen, auch exotisch anmutenden Baumarten zum Sinnbild für das Multikulturelle. Märkte aller Art können hier unterm lichten Baumdach und auf dem offenen Platz stattfinden. Im Randbereich werden Car-share-Plätze und eine Fahrradverleihstation platziert.
Im Zentrum des Platzes liegt ein Feld aus bodenintegrierten Wasserjets und führt die verschiedenen Richtungen der Platzbezüge zusammen.

Veilelbrunnenplatz
Der Platz bietet einen Ort für den Veielbrunnen als aus Uferfiltrat und Zisternen gespeistes Wasserbecken. Er verbindet den Platz am Stadtarchiv mit dem Auftakt des Grünzugs und dem geplanten Tunnel zum Seelberg-Quartier. Die Veielbrunnenstrßae und die Reichenbachstraße münden auf dem Platz, der in Anlehnung an einen "shared-space" überfahrbar ist und die Car-Share-Plätze anbindet.
EIn offenes Oval aus Ballfangnetzen fasst den Bolzplatz und ein Basketball-Feld.

Vernetzung
Wohnstraßen - mit Aufweitungen, Belagsgrafik, eine durchgängige Möblierung in Parkraum eingebunden Entrée Q 7 - platzhafte Aufwertung auf beiden Seiten einer zentralen Halle mit öffentlicher EG- Nutzung (z.B. Markthalle).
Querung Quartiersplatz - Verdichtung der Belagsgrafik zum Portal des Stadtarchivs, die eine dynamische Überleitung zur Seelbergquerung einleitet
Wasenquerung - Übergänge auf die Anbindungen aus dem neuen Quartier ausgelegt - Pick-up-Point gegenüber den Portalen zum Neckarpark soll mithelfen, den Druck der Menschenströme aufzufangen.

Vegetation
Der Park wird hier wieder als botanischer Kulturraum verstanden, mit einer reichen Artenvielfalt von Gehölzen Stauden, Gräsern, Farnen und Zwiebelblühern. Die Wiese wird dabei zur Leinwand der Jahreszeiten: Im Wechsel wird verschiedenen Wiesenblühern Raum gelassen, Herbst und Frühlingskrokusse, Narzissen und Auenflor verstärken die Lebendigkeit des Parks.
Verwendung überwiegend heimischer Gehölze wie Salix alba und alba ‚Tristis‘, Acer negundo, Fraxinus excelsior aufgelockert mit standorttypischen „Exoten“ wie Metasequoia, Nyssa, Prunus und Acer in Arten, etc.
Die Promenade wird mit Sommerlinden in teils offenen Baumquartieren und unter kontrollierten Einleitung von Regenwasser herausgehoben. Die in den Park mündenden Straßen werden mit eigenen Baumarten unterschieden.

Materialien
Prägung der Belagsflächen mit Bändern einer Neckarplatte, eine Pflasterplatte die mit dem Motiv von Neckarkies bzw. stilisierten Wasserstrukturen den Flussraum ins Bewußtsein bringt und einen Wiedererkennungswert wie die Wellenplatte der Düsseldorfer Rheinpromenade hat. Flächen mit wechselndem Reihenpflaster 10x20, 20x40, 30x60 und Pflasterplatten 60/60, gestrahlte Optik mit Sickerfugen. Überlaufrinnen in Belagsbänder mit geschlitzter Betonplattenabdeckung integriert! Großes Sonnendeck aus massiven Holzprofilen auf Sichbetonmauern mit integriertem Licht, Rasenstufen / Spieltreppen mit farbigem Kunststoffgranulat auf Betonmodulen beschichtet, Bänke aus massiven Holzbohlen mit gerundeten Ansichten auf anthrazifarben beschichteten Stahlprofilen in Anlehnung an das ehemaliges Güterbahnhof-Areal

Wasser- und Entwässerungskonzept
Retention über ober- und unterirdische Zuleitungen in Zisternen mit Notüberlauf in den Retentionsraum Aue
Wasserfläche auf – 30 cm permanent durch Nutzung des Zisternenwassers
Überlauf auf -10 cm unter Stegniveau retendiert zusätzlich 200 cbm +

Lichtkonzept
Parkränder - Lineare Lichtführung über 4.5 m hohe Stelen für Fahrradfahrer und Fußgänger - Kopflichter der Bänke für die Verweilenden - Hohe Stelen mit Spotlights zur Inszenierung der Plätze und Markierung der Querungen des Parkraums - Inszenierung der Schwebenden Holzdecks mit Unterleuchtung und Betonung des Wasserrands
Park - Punktförmige Bodenleuchten über den Steg gestreut –notwendige Wegbeleuchtung reduziert
Platz am Stadtarchiv – dezente Unterleuchtung der bunten Bäume – Linsenstrahler für Wasserjets – Bankleuchten – Fassadenbeleuchtung Entrée Stadtarchiv
Allgemein - Verwendung von insektenfreundlichen Leuchtmitteln, insbesondere in Zusammenhang mit der Parkvegetation und dem Wassermilieu in Abstimmung mit dem Amt für Umweltschutz.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf zeichnet sich durch eine an den spezifischen landschaftlichen Qualitäten des Neckartals orientierte, identitätsstiftende Gestaltung aus.

Zwei in Westen und Osten des zentralen Quartiersparks angeordnete, mit Pergolen überdachte Plätze konzentrieren die gastronomischen Angebote. Der sich zwischen den beiden Plätzen entwickelnde Grünraum wird topographisch modelliert und symbolisiert mit seiner nach Westen (zum Neckar hin) orientierten Wasserfläche und seinen nach Osten orientierten Rasenhügel mit Aussicht die wesentlichen Elemente des ursprünglichen Talraumes des Neckars.

Die Gestaltung des „Seeterrassenplatzes“ als urbaner Platzraum wird positiv bewertet.

Durch die topographische Überformung in Richtung Osten wird die „Grüne Mitte“ zum Stadtarchiv hin begrenzt. Diese Abriegelung entspricht nicht den gewünschten räumlichen Beziehungen im Quartier.

Die Längsseiten der „Grünen Mitte“ werden durch die Topographie eingeengt und sind räumlich nicht attraktiv, da der Blick und der Zugang in den Park nur erschwerend möglich sind.

Zudem ist die Ausrichtung der Sonnenterrasse nach Osten wenig sinnvoll.

Die angelegte Spielzone bietet verschiedene Nutzungsmöglichkeiten an. Der geringe Abstand zur Bebauung ist problematisch.

Die vorgeschlagene Baumreihe entlang der Nordkante der „Grünen Mitte“ lässt die Verbindung von Außengastronomie und dem notwendigen Rettungsweg leider nicht zu.

Die Gestaltung der Querstraßen ist klar formuliert. Das Lichtkonzept unterstützt den Entwurf.

Die Querung der „Grünen Mitte“ durch den vorgeschlagenen Auenweg fügt sich harmonisch ein und verbindet in gleicher Weise auch „Wasser“ und „Berg“.

Die Gestaltung des Platzes am Stadtarchiv als Platz der Kulturen mit einer Vielzahl unterschiedlicher Baumarten birgt wenig räumliche Qualität bei unangemessener symbolischer Aufladung.

Die vorgeschlagenen Wasserjets sind gestalterisch wenig integriert.

Der Zugang zum Seelbergquartier wirkt zudem nicht großzügig und steht mit keinem Zusammenhang mit der Gesamtgestaltung.

Insgesamt gelingt es dem Entwurf trotz seiner klaren räumlichen Gliederung nicht, in angemessener Weise auf die Proportionen des Stadtraums zu reagieren. Die Abfolge unterschiedlicher Teilräume erscheint zu kleinteilig, der Entwurf wirkt überladen und die topographische Überformung auf bis zu 3,6 m über dem örtlichen Platzniveau verhindert räumliche Bezüge in das Stadtquartier hinein.