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Award / Auszeichnung | 12/2012

Thüringer Preis zur Förderung der Baukultur 2012

Ausstellungsinszenierung "BAU.ART.THÜRINGEN"

Anerkennung

Architektenkammer Thüringen

Kammern

Holzer Kobler Architekturen

sonstige Fachplanung

Erläuterungstext

Baukultur kann nur in einem geistigen Klima gedeihen, das von einer hohen Sensibilität für die Qualität der gebauten Umwelt geprägt ist. Doch wie fördert man das gesellschaftliche Bewusstsein? Stellt Baukultur einen unverrückbaren Maßstab dar oder ist ihre Bewertung nicht auch abhängig von der Rezeption der Architektur in der jeweiligen Zeit?

Die Ausstellung „BAU.ART.Thüringen“, die anlässlich des zwanzigjährigen Bestehens der Architektenkammer Thüringen konzipiert wurde, trägt den Untertitel „Eine Reflexion des Planens und Bauens“. Denn, so das Verständnis der Veranstalter, Baukultur bedeutet neben der Hardware des Gebauten immer auch ihre Reflexion und damit verbunden die Anregung zum Weiterdenken.

Über sieben Wochen hinweg lud die Kammer Bürger, Bauherren und Experten in das ehemalige Erfurter Heizwerk ein, um Geschichten um und über Architektur seit der Wende zu erfahren und Architektur als Raumkunst sinnlich zu erleben. Das Ausstellungskonzept umfasste einen informativen Teil im Foyer und einen visionären Teil im Kesselraum. Der Dreiklang der Inszenierung lautete: Positionsbestimmung, Reflexion und Blick nach vorn.

So lag der Schwerpunkt im ersten Teil der Ausstellung darin, die Leistungen von Architekten und Stadtplanern zu präsentieren (siehe Planwald), ihren Bezug zu den Lebensbereichen der Bürger darzustellen (siehe Folianten) und Zusammenhänge zu gesellschaftspolitischen Entwicklungen aufzuzeigen (siehe „Statistisches Mittelgebirge Thüringen“), aber auch die Gestalter mit ihren persönlichen Sichtweisen vorzustellen (siehe Architektenprofile).
Der zweite Teil der Ausstellung widmete sich der Frage „Wie wollen wir zukünftig leben?“. Ein 240 Quadratmeter großes Wandbild im Kesselraum des Heizwerks zeigte in abstrahierter Form und geografisch verrückt prägende Elemente der Thüringer Kulturlandschaft. Es war ein Spiel mit der Erinnerung des Betrachters, der Versuch, Assoziationen zu wecken und Thüringen mit seinen Stärken neu zu denken. Durch zusätzliche farbige Implantate wurden mögliche Szenarien zukünftiger Entwicklungen zur Diskussion gestellt.

Durch das Angebot unterschiedlicher Informationstiefen und den Einsatz verschiedener Medien würdigte das Ausstellungskonzept sowohl das Interesse von Laien als auch von Experten. Es grenzte sich ab von einer bloßen Panelpräsentation und war damit mehr als eine Hinstellung, sondern eine räumliche Inszenierung, die in ihrer schlichten Materialsprache den Dialog mit dem Gebäude suchte und die unterschiedlichen Atmosphären der beiden Ausstellungsräume für die Vermittlung zu nutzen wusste.

Rund 3 700 Besucher wurden an den insgesamt 33 Ausstellungstagen gezählt, ein Schnitt von etwa 112 Besuchern pro Tag. Das breite Interesse belegt, wie wichtig den Menschen die Gestaltung ihrer Umwelt ist. Die Gästebucheinträge zeigen, dass die Ausstellung auch über die Landesgrenzen hinaus Beachtung fand. So heißt es unter anderem: „Danke für die Eindrücke zur Architektur im Lande – da hat man gleich Lust, nach Thüringen zu ziehen!“ Auch die Denkanstöße, welche mit der „Vision Thüringen 2030“ formuliert wurden, fanden vielfachen Widerhall. „Eine sehr inspirierende Ausstellung. Ich gehe mit tausend neuen Gedanken hinaus“ – so oder ähnlich lesen sich zahlreiche Einträge. Ein Erfolg, der dem heiteren und unkonventionellen Duktus der Ausstellungsinszenierung geschuldet ist, aber auch einer sehr produktiven Zusammenarbeit von Kurator und Szenografen entsprang.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Ausstellungsinszenierung im Erfurter Heizwerk am Brühl, die die Architektenkammer Thüringen anlässlich ihres 20-jährigen Bestehens der Öffentlichkeit über fast acht Wochen präsentierte, ging bei weitem über den originären berufsständischen „Kammerauftrag“, die Baukultur zu fördern, hinaus. Die Ausstellung „BAU.ART.Thüringen“ mit dem Untertitel „Eine Reflexion des Planens und Bauens“ ließ sich sehr informativ, sinnlich ansprechend und in ganz spezieller Atmosphäre einer alten Industrieanlage wahrnehmen.

Der informative Ausstellungsteil im Foyer spiegelte über eine brilliante Gestaltungsidee, den sogenannten Planwald, umfassend die Leistungen von Architekten und Stadtplanern wider, ohne als müde Aneinanderreihung in Form einer Werkschau an Wänden, die Besucher mit Objektfotos und Baubeschreibungen zu überfordern. Potentielle Bauherren konnten blättern, entdecken, sich inspirieren und anregen lassen. Folianten und statistische Darstellungen hielten Betrachtungen und Analysen zu gesellschaftspolitische Entwicklungen in großer Vielfalt bereit. Die Architektenprofile gaben den Ausstellungsinitiatoren ein persönliches Gesicht und regten die Besucher an, sich mit den Aussagen auseinanderzusetzen.

Im visionären Ausstellungsteil im Kesselraum des Heizwerkes dominierte ein 240 Quadratmeter großes Wandbild. Es widmete sich der Frage „Wie wollen wir zukünftig leben?“ und zeigte prägende Elemente der Thüringer Kulturlandschaft, die beim Betrachter Erinnerungen und Assoziationen wecken sollten. Die Besucher sollten so in die Lage versetzt werden, Thüringen mit seinen Stärken neu zu denken.

Im Ausstellungszeitraum fanden zahlreiche Veranstaltungen, Diskussionsrunden und Führungen sowohl für Laien als auch für Experten statt. 3 700 Besucher zeugen von einem breiten Interesse.

Die Jury würdigt das Engagement und den Mut der thüringischen Berufsstände der Architekten und Stadtplaner, sich der Öffentlichkeit nicht nur als kompetente Fachleute mit realisierten Projekten darzustellen, sondern Zukunftsthemen zu besetzen und für ein zukunftsfähiges und lebenswertes Thüringen zu werben. Den Mut zu haben, über den Tellerrand hinauszuschauen, zu gesellschaftspolitischen Entwicklungen Stellung zu nehmen und breite Kreise der Bevölkerung für ihre gebaute Umwelt zu sensibilisieren, fördert Baukultur im besten Sinne.