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Award / Auszeichnung | 12/2012

Thüringer Preis zur Förderung der Baukultur 2012

Radiobeiträge zur Architektur

Anerkennung

Radio Lotte

Verbände / Vereine

Heiner Koch

Öffentlichkeitsarbeit / Marketing

Erläuterungstext

Nach dem Niedergang eines eigenen Büros für Architektur und Städtebau in den finanziellen Wirren der Nachwendezeit blieb nichts weiter als die Faszination für die Stadt Weimar. So wandte ich mich von der statischen Erscheinung der gebauten Stadt der Dynamik ihrer Öffentlichkeit zu.

Seit Frühjahr 2008 arbeite ich bei Radio Lotte als Hörfunkredakteur in einem täglichen Morgen- und Vormittagsmagazin. Radio Lotte ist ein nichtkommerzielles Stadtradio in Weimar.

Die vorgelegten Arbeiten sind eine Auswahl aus den Radiobeiträgen, die ausdrücklich Gegenstände der Architektur reflektieren – sei es in ihrer historischen Herleitung (Bau-, Kunstgeschichte), ihrer sozialen Funktion (Soziologie, Psychologie), ihrer Konstruktion (Bauphysik, Baukonstruktionslehre, Statik) oder in ihrer ästhetischen Qualität (Ästhetische Theorie, Architekturtheorie, aktueller stilistischer Diskurs).

Die Form der eingereichten Beiträge wird bestimmt durch die kommunikativen Bedingungen, wie sie das Radio vorgibt, d. h. sie sind kurz getaktet im Rhythmus des Magazins: ca. fünf Minuten Musik, ca. fünf Minuten Text …

Das Publikum ist sowohl die junge Mutti, die gerade einen Möhrenbrei für ihr Baby anrührt, sowie der Taxifahrer, der nebenbei auf die Funkzentrale achtet, als auch der Student, der sich ein Ei in der Pfanne brät. Denkanstöße in den Köpfen der Hörer zu geben, gelingt nur mit dem steten Tropfen, der den Felsen formt.

Gerade in Weimar liegt mir daran, jene Schule, die einstmals mit dem Bauhaus angeschoben wurde, auch in meiner journalistischen Arbeit Respekt zu bekunden. Das Bauhaus, einstmals eine Befreiung von den überkommenen Gesetzen eines wie auch immer gearteten Historismus, ist heute selbst historisch und – wie manch ein Gegner behauptet – selbst ein Historismus. Das Bauhaus hat weltweit einen Impuls für eine radikale Moderne in der Baukunst gesetzt. Es hat vor allem ein Instrumentarium geliefert, um die Umhüllung des menschlichen Lebens in eine bauliche Sprache umsetzen zu können. Deshalb darf die Formensprache, die es es selbst entwickelt hat, keineswegs dogmatisch verstanden werden. Die Lehre des Bauhauses befähigt auch heute noch, gänzlich neue Bauaufgaben zu bewältigen.

Wenn es gelingt, einem breiten Publikum, die unauffälligen Dinge des Alltags, die räumliche Umgebung in einer Stadt als Dinge erscheinen zu lassen, die nicht so sein müssen wie sie sind, als Dinge, die eigentlich einmal dazu angelegt waren, ihm, der es benutzt, zu dienen, ist ein Schritt vollzogen. Wenn darüber hinaus gezeigt werden kann, was alles anders gestaltet werden kann, so dass der Mensch, der gegenüber steht, ein unbeschwertes Gefühl empfindet, die Atmosphäre zum Genuss wird, die notwendigen Aufwendungen viel leichter von der Hand gehen, oder Kommunikation untereinander angeregt wird, dann rückt das Bewusstsein dafür näher, was Architektur leisten kann.

Dann wird der, der diesen Ansatz versteht, erkennen, dass die gebaute Wirklichkeit, die ihn umgibt, nicht nur dazu taugt, ihn die Notwendigkeiten des Alltags komfortabler bewältigen zu lassen. Er wird auch manchmal dazu verführt werden, aufrechter zu gehen. Vielleicht ergreift ihn sogar ganz plötzlich eine unergründliche Heiterkeit, so heftig, dass er unvermittelt die Lippen stülpt, um ein Liedchen zu pfeifen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Mit seinen Sendungen über Architektur und architekturverwandte Themen erreicht der Redakteur Heiner Koch, was vielen damit beauftragten Institutionen nicht gelingt: Bürger, die nicht vom Fach sind, hören zu, werden über komplizierte Sachverhalte aufgeklärt, lauschen den Stimmen von Architekten und Planern. Kochs Beiträge werden bei Radio Lotte gesendet, einem nichtkommerziellen Stadtradio in Weimar, das seit 1999 täglich sendet und sich als „mediales Spiegelbild der Stadt, eine neue Ebene für alle Bürger und Einrichtungen der Stadt“ versteht.

Mit einer sympathischen, hörbuchgeeigneten, tiefen Stimme erklärt Heiner Koch in Interviews – zum Beispiel mit Robert Wilson – und Kommentaren – zum Beispiel zu einer Bauhaus-Ausstellung im Hotel Dorint, was sich in Weimar in Sachen Architektur und Stadtplanung oder Kunst abspielt. Er tut dies kompetent, weil er ausgebildeter Architekt ist. Peinliche Fragen und stümperhafte, gelegentlich falsche Erläuterungen, wie man sie von Journalisten leider allzu oft kennt, gibt es bei ihm nicht. Er versetzt sich in die Situation der Zuhörer und weiß deswegen, dass ein Begriff wie VOF erklärt sein will, weil der Bürger eben nicht wissen kann, dass es um die Verdingungsordnung für freiberufliche Leistungen geht, und welche konkreten Folgen für die Verfahren zu erwarten sind. Koch weiß auch bestens Situationen zu beschreiben, so dass vor dem inneren Auge der Zuhörer präzise Bilder entstehen können.

Heiner Koch ist ein ausgezeichneter Vermittler und trägt damit dazu bei, dass Menschen ihr gebautes Umfeld in seiner Entstehung und Veränderung begreifen. Die Vermittlungsarbeit kommt gelegentlich einer Übersetzungsarbeit nahe, die der Radioredakteur kompetent und unterhaltend leistet.