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Nichtoffener Wettbewerb | 10/2013

Klenzesteg - Fuß- und Radwegbrücke über die Isar

ein 1. Preis

HOE architects

Architektur

schlaich bergermann partner - sbp SE

Bauingenieurwesen

lohrer.hochrein landschaftsarchitekten und stadtplaner gmbh

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Jahrhunderte alte Steinbogenbrücken prägen das Bild der
innerstädtischen Isarquerungen. Generationen überdauernde
Bauwerke, zeitlose Baukunst, Robustheit, Funktionalität,
Schlichtheit und selbstverständliches Einbetten in den Isarraum
leiten sich als Leitsätze für eine neue Isarquerung daraus ab.

Entwurf
Der neue Steg verbindet die kompakte Bebauung des Glockenbachviertels
mit der östlich gelegenen, offenen Flusslandschaft. Die
Brückenköpfe reagieren auf diese unterschiedlichen Charaktere. Im
Westen bildet eine kleine Aussichtsplattform den Auftakt, im
Osten umfließt die Landschaft den Steg. Mit einem betont
schlanken, auf das notwendigste Maß reduzierten Körper fügt sich
der Steg zurückhaltend und mit einem freien Schwung schlicht in
den landschaftlich geprägten Isarraum ein. Ein einfaches Geländer
aus senkrechten Stäben unterstützt die Selbstverständlichkeit des
Steges und bietet dabei eine hohe Transparenz und Ausblick in den
Isarraum. Eine bewusste Aufweitung des Steges in Brückenmitte
bietet mit ergänzenden Sitzangeboten eine hohe
Aufenthaltsqualität auf dem Steg.

Die Wegeführung am Westufer ermöglicht für Fußgänger die
Querung zur Klenzestraße mit einer Anforderungsampel auf der
Nord- und Südseite. Autofahrer aus der Klenzestraße kommend
können mit dieser Ampelschaltung ebenfalls, die Fußgänger
berücksichtigend, ausfahren. Für aus der Innenstadt kommende
Radfahrer wird eine zusätzliche Anforderungsampel dazu
geschaltet. Am Ostufer wird der Radfahrer je nach Richtung über
eine der angebotenen Rampen weiter nach unten geführt. Die
Fußwegeanbindungen sind in alle Richtungen barrierefrei. In
Bereichen von Mischverkehr sind die Wege ausreichend breit
dimensioniert um Konflikte zu vermeiden.

Der Klenzesteg soll sich in den sensiblen Naturraum und den Kanon
der benachbarten Isarquerungen angemessen einfügen. Er
verzichtet daher konsequent auf ein markant inszeniertes oben
liegendes Tragwerk. Ein "Steg" für Radfahrer und Fußgänger
impliziert zudem allseitig freie Sicht für den Nutzer. Gleichzeitig
grenzen die Lichtraumprofile auf der Hochwasserwiese und das
erforderliche Freibord das Fenster für Tragwerksteile unter dem
Brückendeck stark ein. Als konsequente Antwort auf diese
Randbedingungen wurde ein durchlaufender Hohlkasten gewählt
dessen veränderliche Bauhöhe sich optimal an die Gegebenheiten
anpasst. Mit nur 28cm Bauhöhe in Feldmitte überfliegt der Steg die
Wege auf den Hochwasserwiesen in zwei kurzen Schwüngen und
quert dann mit zwei Spannweiten von etwa 50m die Isar.


Material
Bei der Materialwahl orientiert sich der Klenzesteg am funktionalen
Maximum hinsichtlich Robustheit, Wartungsarmut und
Langlebigkeit: Deck, Pfeilerscheiben, Geländer und Handlauf
allesamt aus Edelstahl schmeicheln der Berührung und dem
innerstädtischen Ambiente und verleihen dem Steg eine optische
Leichtigkeit. Um auf dem Deck gute Rutschfestigkeit und einfache
Reinigung zu gewährleisten, wird ein transparenter, UV-beständiger
Dünnschichtbelag auf Kunstharzbasis mit Edelstahl-sand
vorgesehen. Auf den üblichen Decklack und Kantenschutz kann
verzichtet werden, da auf Korrosionsschutzaspekte keine
besondere Rücksicht genommen werden muss. Alle weiteren
Oberflächen bleiben unbeschichtet.

Statisch-konstruktives Konzept
Die deutliche Voutung des durchlaufenden Hohlkastens führt zu
einem rahmenartigen Tragverhalten mit ausgeprägten Stützmomenten.
Die Variation der Bauhöhe und Deckbreite bedingt den
Einsatz verwundener Bleche. Die Wandstärken sind in diesen
Bereichen im Hinblick auf einfache Fertigung mit 5mm bis 12mm
unproblematisch dünn gehalten. Ein bis 30mm starker ebener
Unterflansch verstärkt den Überbau im hoch beanspruchten
Bereich nahe der Stützungen.
Die semiintegrale Lagerung vervollständigt das Konzept einer robusten
und wartungsfreien Konstruktion. Ohne bewegliche Bauteile
und Lager ist der Überbau am westlichen Lager und an den Pfeilerscheiben
direkt mit der Gründung fest verbunden. Zwangskräfte
infolge Temperaturdehnung wurden konstruktiv auf ein unschädliches
Maß reduziert: Die Pfeilerscheiben bieten in Querrichtung
ausreichend Steifigkeit um Querschwingungen des Decks zu unterbinden
und Lasten aus Treibgut abzutragen. In ihrer paarweisen
Anordnung können sie zudem über ein vertikales Kräftepaar
einseitige Belastungen des Decks in die Fundamente weiterleiten -
sie erlauben jedoch zugleich eine flexible Ausdehnung des Decks in
Längsrichtung. Am östlichen Widerlager ist der Überbau mit einem
wartungsfreien Gleitlager verschieblich gelagert.

Beurteilung durch das Preisgericht

Städtebau/Erscheinungsbild
Die Verfasser führen den Steg in einem eleganten Schwung von der Klenzestraße in die Eduard-Schmid-Straße. In Flussmitte wird der Steg aufgeweitet, um Platz zu bieten für eine attraktive Aufenthaltszone. Der Flussraum und das Stadtbild werden durch die schlanke Konstruktion wenig tangiert. So ist der Ansatz ein zeitgemäßer und angemessener Beitrag zur Lösung der gestellten Aufgabe.

Landschaft/Ökologie
Die Verfasser binden durch die naheliegende Linienführung das neue Bauwerk mit stegartigem Charakter sensibel in die Landschaft und stimmig in das bestehende Wegesystem ein. Die platzartige Aufweitung am westlichen Brückenfuß schafft dazu einen angemessenen Auftakt. Damit besteht die Chance, die neuen verkehrlichen Anforderungen für Fußgänger und Radfahrer zu lösen. Der Eingriff in die Topografie auf der Ostseite ermöglicht neue Wegebeziehungen, die das bestehende System sinnvoll ergänzen. Dies wird zu Lasten einiger weniger Bäume gehen, was vertretbar erscheint. Durch die Aufweitung der Stegtrasse ergibt sich sehr selbstverständlich ein Raum für Aufenthalt und Sitzmöglichkeiten mit Blick flussauf- und abwärts.

Konstruktion/Wirtschaftlichkeit
Vierfeldrige Balkenbrücke in Stahlbauweise mit unregelmäßigen Stützweite und trapezförmigem Kastenquerschnitt. Details wie die Geländerausbildung, Schwingungsdämpfer, Querschnittsaufweitung und das Angebot von Sitzmöglichkeiten scheinen gut durchdacht. Die Konstruktion aus hochfestem Edelstahl ist bezüglich Lieferbarkeit und dem Aufwand für die Herstellung zu hinterfragen. Einer Ausführung in weniger aufwändigem Material stünde nichts entgegen. Die Positionierung einer zusätzlichen Einzelstütze, die stark unterschiedliche Feldlängen zur Folge hat, ist zwar für die Schlankheit der Konstruktion und die Einhaltung der Durchfahrtshöhen mit geringen Wegeabsenkungen günstig, für das Erscheinungsbild jedoch nicht förderlich. Die beiden Doppelstützen neigen im Hochwasserfall zur Verklausung, ein Doppelpfeiler ist in der befestigten Uferböschung situiert; beide Punkte wären, ebenso wie der Eingriff ins Freibord auf der westlichen Uferseite, hydraulisch zu überprüfen. Grundsätzlich besteht beim Entwurf hinsichtlich der gewählten Stützweiten und der Feldanzahl noch Optimierungspotential.