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Nichtoffener Wettbewerb | 11/2013

Erweiterung des Wallraf-Richartz-Museums & Fondation Corboud

Perspektive Marsplatz

Perspektive Marsplatz

2. Preis

Preisgeld: 40.000 EUR

Peter Kulka Architektur

Architektur

Erläuterungstext

Städtebau
Das Grundstück für die Erweiterung des Wallraf-Richartz-Museums ist ein Ort der Geschichte Kölns. Es treten hier bauliche Zeitzeugnisse der unterschiedlichsten historischen Epochen zu Tage, von den Bodendenkmälern aus der Römerzeit, über die Bürgerhäuser des 19. Jahrhunderts bis hin zu den Setzungen der Nachkriegszeit. Mit der Planung des Jüdischen Museums auf dem Rathausplatz und der Erweiterung des Wallraf-Richartz-Museums wird nun auch die Brücke zur Gegenwartsarchitektur geschlagen.

Wie an so vielen Orten Kölns fügen sich diese unterschiedlichen Bauformen auch hier zu einem heterogenen Bild, bestimmt von den natürlich gewachsenen Straßenzügen, Plätzen und Baufluchten. Gerade dies sorgt in der Stadt für unverwechselbare räumliche Momente. Die Weitungen und Verengungen von Plätzen und Gassen im fortlaufenden Wechsel prägen die Altstadt und zeichnen ein Bild, das grade wegen seiner Heterogenität an Qualität gewinnt. In der unmittelbaren Umgebung des Grundstücks entsteht mit dem Rathaus, dem Ungers-Bau und dem Jüdischen Museum ein Ensemble, in das auch der Erweiterungsbau platziert wird.

Unser Städtebauliches Konzept sieht vor, die Qualitäten der Vielfältigkeit des Ortes zu nutzen, sie zu erweitern und sich so in sein Umfeld einzupassen, anstatt eine falschverstandene Wiederherstellung von nie da gewesenem als „Stadtreparatur“ zu versuchen. Ziel ist die Erschaffung von vielfältigem Raum mit einfachen Mitteln. Die Wunden des Bauortes werden behutsam, mit Aufnahme der örtlichen Proportion und unter Wahrung der individuellen Eigenständigkeit, sowie dem Anspruch an zeitgenössische Architektursprache versorgt. Dabei ist eine selbstbewusste, dennoch bescheidene Positionierung ebenso wichtig wie eine der Prominenz des Ortes und der Nutzung angemessene Haltung. Ein eindeutig abgesetzter Kopfbau strukturiert und beruhigt die Umgebung, während kleinere Baukörper zur Kleinteiligkeit der südlichen Blocknachbarn einleiten. Der im Blockinneren liegende Hof wird auf verschiedenen Ebenen gestaffelt und durch eine bauliche Trennung vom Kopfbau für die Öffentlichkeit teilweise erlebbar.

Mit diesem Bauvorhaben bietet sich die Chance auf eine räumliche und städtische Aufwertung, die mit einfachen städtebaulichen Mitteln und einem aufrichtigem Umgang mit den vielfältigen Nutzungen umgesetzt werden kann.

Konzept
Der Wettbewerb intendierte eine Erweiterung des Museums im Unter- bzw. Sockelgeschoss und eine Anordnung externer, privater Nutzungen in den Geschossen darüber. Das Museum würde infolgedessen im Erdreich versinken, die private Nutzung zum neuen Signet an dieser inhaltlich so wichtigen Stelle der Altstadt.

Unsere Entwurfsidee zeigt eine Museumserweiterung mit Gesicht zum Rathaus- und Marsplatz und komplettiert die Abfolge wichtiger öffentlicher Bauten an diesem Ort. Dies bringt auch eine inhaltlich-strukturelle Neugliederung mit sich. Anstatt einer typologischen Trennung in horizontale Schichten ordnet sich der vorliegende Entwurf in vertikal getrennte Bausteine. Dabei nehmen die öffentlichen Besucherbereiche der Museumserweiterung den Stadtbaukörper entlang der Obenmarspforte ein. Ausgehend von der unterirdischen Anbindung an den Ungers-Bau entwickelt sich die neue Ausstellungsfläche als ein Kontinuum über einen hohen Luftraum bis ins Obergeschoss des Baukörpers. So entsteht eine zusammenhängende und zugleich differenzierte Ausstellungsfläche mit unterschiedlichen Raumhöhen – ideal geeignet für Wechselausstellungen. Eine räumlich spektakuläre Treppe stellt die direkte Verbindung der beiden Ebenen miteinander her. Ein großzügiges Haupttreppenhaus mit Aufzug dient darüber hinaus als funktionales Rückgrat des Museums und bindet neben den Ausstellungsbereichen auch das neue Museumscafé mit an.

Diese Strukturierung lässt auf langfristige Sicht auch die Möglichkeit auf eine spätere, oberirdische Verbindung zwischen Neubau und Altbau im 1. Obergeschoss zu.

Ein zentrales Thema des Entwurfes ist die Anbindung des Neubaus an das Bestandsgebäude von Ungers und die Integrierung eines Übergangs in das System des Gebäudes unter gestalterischen und technischen Gesichtspunkten. Der bestehende Funktionskern im Foyer des Altbaus spielt bei unserem Konzept eine besondere Rolle. Über einen niedrigen, mittigen Zugang gelangt man vom Foyer in den Kern, wo sich der Raum nach oben öffnet und eine breite, zweiläufige Treppe ins Untergeschoss freigibt. Gegenüber der Treppe befindet sich ein Personenaufzug, der zwischen Foyer und Verbindungsgang verkehrt. Noch im Untergeschoss des Ungers-Baus werden die neue Garderobe mit Schließfachbereich und die geforderten neuen WC Anlagen untergebracht. So wird eine räumliche Nähe dieser Funktionen zum Hauptfoyer gewährleistet. In mittiger Achse des Ungersschen Systems führt der Verbindungsgang die Besucher in den Neubau. Das im ersten Obergeschoss des Kerns entfallende Vortragszimmer wird im Erdgeschoss an der Stelle des ehemaligen Museumscafés ersetzt, welches in den Neubau umzieht. Mit dieser Lösung des Übergangs wird ein sensibler Umgang mit dem Erbe Ungers‘ angestrebt, ohne funktionale Abstriche machen zu müssen.

Im Hochparterre des Neubaus steckt sich das Museumscafé, die Fluchten des Blockinnenhofs aufnehmend, durch den Museumsbaukörper und bildet sich an den Längsfassaden über großformatige Öffnungen ab. So wird der Stadtraum des Marsplatzes in den Gastraum des Cafés und bis zur dahinter liegenden Hofterrasse erweitert. Zwei große Freitreppen verbinden die Terrasse mit dem öffentlichen Straßenraum und bilden so eine klare städtebauliche Trennung zwischen öffentlicher und privater Nutzung, welche sich von dort ausgehend an die südliche Blockbebauung gliedert. Unter Aufnahme der Höhen, Fluchten und Proportionen der Nachbarschaft vermitteln die hier platzierten Baukörper zwischen kleinteiliger Blockstruktur und der neuen Museumserweiterung.

Diese Bausteine sind vorwiegend mit Wohnnutzung besetzt, in den Erdgeschosszonen gibt es neben der Anlieferung für das Museum auch gewerblich nutzbare Räume. Die geforderten technischen Nebenräume des Museums sind im Untergeschoss und der ersten oberirdischen Ebene angeordnet. Von der Anlieferung ausgehend werden die Exponate akklimatisiert und ausgepackt und über einen Lastenaufzug in das Untergeschoss transportiert, von wo sie in die Ausstellungsräume gelangen. Hier befinden sich zudem Lager und Technikräume. Die im Hof befindlichen Dachflächen werden von den Wohnungen als großzügige Dachgärten genutzt.

Die Wohnungen bieten verschiedene Grundrisstypen. Von kleinen Single-Wohnungen über geräumige Familienwohnungen bis zu luxuriösen Penthäusern und einer mehrgeschossigen Einfamilien-Wohnung. Allen gemein ist der offene Grundriss und die gut belichteten Räume.


Licht und Material
Der untere Ausstellungsraum ist komplett künstlich zu belichten, während der Treppenraum im obersten Geschoss über eine großformatige Öffnung und einen davor liegenden Luftraum mit viel Licht versorgt wird. Eine Schleuse zum oberen Ausstellungssaal garantiert, dass kein direktes Licht hinein gelangt. Der Saal selbst verfügt über eine weitere raumhohe Öffnung, die, wenn nötig, verdunkelt werden kann.

Die Fassaden der einzelnen Baukörper sind einheitlich mit einem hellen, dünn überschlämmten Ziegel verkleidet. Dies stellt eine Interpretation traditioneller Bauweisen mit Bezügen zur direkten Umgebung dar. Die Schlämme erinnert an die Oberflächen der meist verputzten Wohnbauten, der Ziegel referenziert die Massivität der Steinernen Solitärbauten. Alu-farbene Fensterrahmen und Türelemente nehmen die Materialität der Fenster aus dem Altbau auf. Im Innenraum wird mit zurückhaltendem Materialeinsatz eine möglichst hohe Flexibilität für die häufig wechselnden Anforderungen erzeugt. Im Untergeschoss kommt ein geschliffener und versiegelter Estrich zum Einsatz, der Im Treppenhaus und im oberen Ausstellungssaal mit einer rein weißen Epoxidharzschicht überzogen wird und so einen minimalistischen und maximal eigenschaftslosen Raum zur Verfügung stellt.
Perspektive Rathausplatz

Perspektive Rathausplatz

Perspektive Innenraum

Perspektive Innenraum

Lageplan

Lageplan

Grundriss Untergeschoss

Grundriss Untergeschoss

Grundriss Erdgeschoss

Grundriss Erdgeschoss

Grundriss Obergeschoss

Grundriss Obergeschoss

Schnitt AA

Schnitt AA