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Bürger- und Planungswerkstatt | 07/2013

Neugestaltung der innerstädtischen Freianlage "Fritz-Kühn-Platz"

Urban Gardening

Urban Gardening

Teilnahme

Planungsbüro DTP Landschaftsarchitekten GmbH

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Warum sollen wir einen Platz, einen Park grundsätzlich neu konzipieren, wenn es bereits einen aus den 80er-Jahren gibt, der lediglich an aktuelle Gegebenheiten angepasst werden muss, der an manchen Stellen repariert und optimiert, aber nirgendwo grundsätzlich in Frage gestellt werden muss.
Ist die Ästhetik des Platzes so deprimierend, dass alle Formen und Materialien revidiert und erneuert werden müssen? Nein. Der Platz wird doch wesentlich von den historischen Gebäuden, der topografischen Zweiteilung von Oben und Unten sowie der Stadtmauer geprägt. Diese schaffen den heutigen Reiz und die Attraktivität. Das Grün dazwischen hat ja per se als Grün in der Wahrnehmung des Bürgers seinen grundsätzlichen atmosphärischen Reiz.
Was zu kritisieren ist, ist aber die Zerschnittenheit, teilweise Orientierungslosigkeit und Uneinsehbarkeit sowie die mangelhaften praktischen Funktionen der vorhandenen Flächenelemente.

Und da wollen wir mit unserer Arbeit ansetzen.

Zunächst mal sagen wir mit unserem Entwurf: der Fritz-Kühn-Platz hat auch einen Park- und einen Gar-tenteil. Und als Nächstes dehnen wir den PlatzParkGarten von der Unterführung der Inselstraße bis zur Kreuzung an der Schlacht aus.

Der Rückbau der Inselstraße schafft großzügige Wiesenflächen, den Bürgerpark. Bestehende Bäume werden erhalten, neue Wege erschließen die Treppe zur Bahnhofspromenade, ins Wohngebiet jenseits der Unterführung, zum Spielplatz.

Am Rand, dort wo der Bahrbach tatsächlich „live“ einmal durch ein Gitter zu sehen und zu hören ist, entsteht wieder ein kleiner Platz, mit Bank und Trinkwasserbrunnen. Ob das der für die Trinker wird, wird später mit den Füssen abgestimmt. Die Trinker könnten hier immerhin ihrem selbst gewählten An-spruch: wir passen auf die Kinder am Spielplatz auf, wir haben ja selbst welche, auch ein bisschen gerecht werden. Sie könnten dann eine respektablere Rolle im Park spielen. Alles Sozialromantik? Nein. Utopisch denken und realistisch handeln. Soziale Probleme lassen sich am besten durch Beteiligung angehen, wie die Werkstatt schon gezeigt hat.

Der Spielplatz bleibt dort wo er ist. Einen besseren Platz gibt es doch nicht. Zu den vorhandenen Geräten entsteht vor dem Bunkereingang, der „Räuberhöhle“ ein Spielgebüsch aus Weiden. Ganz schön span-nend. Aber immer noch so transparent, dass man von außen noch die Kontrolle behalten kann. Und dort kann die von den Kindern selbst entworfene Spielskulptur auch ihren Platz finden. Und vielleicht noch mehr Selbstgebautes. Der Zaun um den Spielplatz kann weg. Der ist nun von den Wiesen umgeben, die nicht mehr zugekotet sind, weil der Hundeclub an den ehemaligen Stellplätzen zur Inselstraße hin nun einen „Hundeparcour“ betreibt.

Vor der breiten Treppe der Bürgerplatz. Eine große befestigte Fläche für die temporären Veranstaltungen, als Treffpunkt für die Menschen, am Rande eine kleine Gastronomie. Auf der Treppe selbst werden die Beete erneuert. Mediterran wirkende winterfeste Pflanzen im Kiesbeet: Yucca, Lilien, Lavendel, vielleicht eine Palme.
Gegenüberliegend vor dem Rasen zur Bauernkirche hin eine lange Sitzbank und Wasserfontänen, die auf den ehemaligen Bachlauf verweisen. Eine in den Boden eingelassene flache Steinplatte, wasserbenetzt, bei Veranstaltungen leicht überbaubar. Rhythmisch springt Wasser aus dem Boden, unvermutet, über-raschend, macht nass, kühlt ab, macht Spaß. Bis zur Straße Altstadt geht der Platz und umschließt dabei die Kirche. Erhöht bleibt der Kirchvorplatz erhalten wie bislang. Die Beete ringsum werden neu bepflanzt. Nicht so hoch und freundlicher.
Rollstuhlfahrer und Rollatoren benutzen übrigens den Gehweg vom Bahnhof und Am Südengraben hinunter in den Park. Die Stadtmauer erwehrt sich trotz Treppe weiterhin als trutzige Bastion, jedem barrierefreien Aufstieg.
Am Zeughaus entstehen neue schöne Gebäude, kleinteilig, sich in den Bestand gut einfügend. An der Ecke zur Treppe eine Gastronomie mit Ausschank auf dem Platz. Ein Cafè für Jugendliche oder von Jugendlichen betrieben, als Einrichtung zur Inklusion aller Bürger, von den Kirchengemeinden organisiert, privat betrieben? Offene Fragen, bei deren Beantwortung immer eine größtmögliche Beteiligung der Bürger zielleitend sein soll.

Dies insbesondere auch bei dem Bürgergarten. Um die historischen Gebäude drei Gartenteile: der pro-duktive Garten vor dem Postmuseum, der Schmuckgarten um das Stadtmuseum und um das psycholo-gische Institut herum das Gartenfoyer.
Insbesondere im produktiven Garten ist Bürgerengagement gefragt. Hier werden von den Einen Kräuter, Beeren, Blumen, Minze, Zwiebeln, Rhabarber und Gemüse angebaut. Andere bringen Pflanzen aus ihrem Garten, tauschen diese, fachsimpeln. Kontakte werden geschlossen, vielleicht ein Gartenfest organisiert. Alles steht unter dem Motto Slow Food. Im Sommer werden die frischen Produkte auf dem Platz zwischen Stadtmuseum und Kirche angeboten, auf den Holztischen, die bereits heute dort aufgestellt sind. Ein Wasserspender löscht den Durst, am Wochenende im Herbst werden eingekochte Marmelade, Bärlauchpesto, selbstgebackener Kuchen, Kaffee und Tee im historischen Gartenhaus gegen eine kleine Spende angeboten.
Das Gartenhaus steht im Schmuckgarten, an einem hochgesetzten Becken mit flachem Wasser: blühende Iris, Weiderich, Libellen. Im Gartenhaus werden auch die Gartengeräte und im Winter Tische und Bänke gelagert. Ein weites Feld für interessierte Gartenfreunde, die sich engagieren wollen.
Die Schmuckgärten um das Stadtmuseum und das psychologische Institut sind als Gartenfoyer das Aushängeschild zur Straße. Eine lichte Baumreihe an der Kreuzung, die blühenden, mit niedrigen Hecken gesäumten Beete, im Hintergrund die schönen historischen Gebäude. Platz für Skulpturen Iserlohner Künstler. Vielleicht in einem Wettbewerb zur Geschichte des Ortes entstanden?

Am Abend werden für die Passanten die Hauptachsen des Bürgerparks ausgeleuchtet: von der Schlacht, über Am Zeughaus, über den Platz, durch den Park, unter dem Viadukt her. Und von der Treppe über den Platz in Richtung Bahnhof. Darüber hinaus werden die historischen Gebäude und die Stadtmauer mit Licht in Szene gesetzt. Kleine atmosphärische Lichtbänder begleiten die Treppe, die Wasserfontänen, die kleinen Plätze in den Gärten und im Park. Draußen vor den leuchtenden Fenstern der Gastronomie sitzen Nachtschwärmer: reden über die Ereignisse des Tages, über die bevorstehende Gartenernte, das letzte Friedensfest, verabreden sich für den nächsten Morgen zum Hundespaziergang. Ein paar Kinder drehen noch eine Runde auf dem Platz. Und dann ist Aufbruch. Bis zum nächsten Tag im Bürgerpark.

Beurteilung durch das Preisgericht

Dieses Konzept unterbreitet den Vorschlag, die Inselstraße komplett zurückzubauen, so dass die Diskussionen zu diesem Thema hier am intensivsten ausfallen. Ergebnis ist eine kontroverse Beurteilung – von nicht gut bis zu sehr gut. Positiv wird die besonders gute Eignung der zentralen Platzfläche für Veranstaltungen gesehen, bemängelt wird dabei allerdings der hohe Grad der damit verbundenen Versiegelung und die daraus resultierende Zerschneidung der zur Verfügung stehenden Flächen. Auch die Vernetzung der so entstehenden Platzteile v. a. in Ost-West-Richtung wird kritisch hinterfragt. Sehr positiv beurteilt wird die Idee, auf dem Platz einen Bürgergarten zu verorten sowie der Vorschlag, das Thema Wasser in Form eines Wasserspiels zu verorten.
Lageplan

Lageplan

Detail Treppe und zentraler Platz

Detail Treppe und zentraler Platz

Treppe - Blick zur Innenstadt

Treppe - Blick zur Innenstadt

Garten des Stadtmuseums

Garten des Stadtmuseums

zentraler Platz und Treppe

zentraler Platz und Treppe