modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Nichtoffener Wettbewerb | 12/2013

Neugestaltung Neumarkt / Johannisstraße

Lützow 7 - Blick von Osten auf den Neumarkt

Lützow 7 - Blick von Osten auf den Neumarkt

1. Preis

Preisgeld: 17.000 EUR

Lützow 7 Müller Wehberg Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

LORENZEN MAYER ARCHITEKTEN

Architektur

Ingenieurbüro Abraham

Verkehrsplanung

Erläuterungstext

Der Neumarkt in Osnabrück stellt am Rand der Altstadt gelegen das Bindeglied zwischen der Neustadt mit der Johannisstraße und der mittelalterlichen Stadt innerhalb der frühen historischen Stadtbefestigung dar. Der Straßenzug des Neuen Grabens, im Verlauf des südlichen Glacis Grabens der frühen Stadtbefestigung, verbindet die im Bereich der geschliffenen Stadtmauern heute wichtigsten Wallstraßen um die Stadtmitte. Das Verweben der bisher durch die „Schneise“ des Verkehrs getrennten Citybereiche bildet die gestalterische und funktionale Leitidee des Entwurfs. Der Mobilität soll die Neuordnung und zukünftige Gestaltung dieses zentralen Ortes im öffentlichen Raum der Stadt gleicher Maßen gerecht werden sowie den Ansprüchen und Nutzungen an einem öffentlichen Stadtplatz mit zentralem Verteiler und Knoten des die Stadt erschließenden Busnetzes der Verkehrsbetriebe. Aufbauend auf der grundlegenden Verkehrsplanung verdichtet die gestalterische und technische Konzeption des Entwurfs den städtebaulich, rational gegliederten Raum auf das Wesentliche und stärkt damit die jeweilige Identität der unterschiedlich charakterisierten Orte.

Die städtebauliche Figur des historischen Neuen Marktes wird wiederaufgenommen und mit deutlichem Bezug auf die den Platz prägende Ansicht des Landgerichts räumlich zugeordnet. Die gut besonnten Bereiche des Platzes erhalten unter einem Dach von Bäumen großzügig Raum für die Möblierung durch gastronomisches Gewerbe. Der Blick auf den Platz wird hier mit einer klaren Reihung von Fontänen zu einem Wasserparavent, hinter dem der Verkehrsfluss die Platzmitte quert, akustisch wie optisch thematisiert. Das Plätschern des bewegten Wassers verändert die akustische Wahrnehmung der Geräusche zum Ort und steigert die Aufenthaltsqualität. Im Gegenüber am Landgericht komplettiert ein malerischer Baumsolitär wie z.B. eine Esche und ein Rhododendren Boskett die Ansicht des historischen Gebäudes. In die im jahreszeitlichen Aspekt eindrucksvoll blühende immergrüne Boskettpflanzung sind Sitznischen zum kurzen Verweilen integriert.

Der Platz der Bushaltestellen wird mit Bezug auf den historischen Stadtgrundriss als Baufenster interpretiert und in Ergänzung der Bestandsbäume vegetativ räumlich akzentuiert. Ein Baumkarree umschließt die Wartebereiche und formuliert einen Raum, der die gestalterische Integration der Überdachungen in den Stadtraum selbstverständlich werden lässt. Die Möblierung aus Wartebänken und Infoelementen findet im gesetzten räumlichen Kontext großzügig Platz. Vor den angrenzenden Fassaden wird ausreichend Raum für temporäre gewerbliche Möblierungen angeboten.

Die Überdachungen der Wartebereiche sollen in eigenständiger Formensprache in Anlehnung und Verknüpfung mit den Blattkronen der Bäume verstanden werden. Eine schlichte Konstruktion aus runden Stützen und aufgelegtem Flachdach mit unterseitig hoch poliertem Edelstahl bildet entsprechend der Nutzung Schutzdächer unterschiedlicher Größe und Formgebung. Die Tragkonstruktion ist in der flachen Dachscheibe eingebunden. Vor dem Hintergrund des Himmels bildet die Spiegelung städtischen Treibens im Zusammenspiel mit den Blättern der Bäume Orte eigener metropolitaner Poesie und Ausdruckskraft.

Die Gestaltung der Platzoberflächen, der Decke, nimmt die Leitidee des Verwebens auf und verwendet bereits vorhandene sowie neue mineralische Materialien. Orthogonal zur Richtung des Neuen Grabens werden im Bereich der Befahrung der Platzflächen großformatige Ortbetonplatten in zwei leicht unterschiedlich hellen, warmen Grautönen vorgeschlagen. Die Tönung und Oberfläche orientiert sich an der Farbigkeit des in der Stadt bereits verwendeten Granitbelages. Die Natursteinpflasterung der Bereiche um die Große Straße wird in Bändern in die Platzfläche hineingezogen, verwoben. Zu den befahrenen Bereichen hin übernimmt die dunklere Tönung des Ortbetons die den gesamten Platz charakterisierende orthogonale Bänderung auf und bildet dort die gebotene verkehrstüchtige Decke. Der Bereich des Neumarktes selbst wird durch einen gerahmten, in der Tönung nuanciert leicht heller gehaltenen Platzteppich, herausgehoben. Für den Bereich der die Ortbetonplatten anschneidenden Borde sind Werkbetonplatten regelmäßigen Zuschnitts im Kontext der Geometrie der Bänderung des Platzes mit integriertem Bordabsatz vorgesehen. Die Nutzung der Johannisstraße ist sinnbildend Konzept des Shared Space vorgesehen. Die Befestigung der Decke erfolgt für den Fahrbereich der Stadtbusse durch Ortbeton in einheitlicher Farbgebung analog zur Bänderung der Platzbereiche des Neumarktes. Die Gehwege werden durch ein Tiefbord von den Fahrbereichen getrennt und mit Natursteinpflaster analog zur Großen Straße befestigt. Im Bereich der Bushaltestellen wird das Tiefbord über Absenker mit dem dort vorzusehenden Kassler Bord höhenmäßig angeschlossen. Alle an die Johannisstraße anschließenden Gassen werden ebenso im Sinn eines einheitlichen Stadtbodens mit Granitpflaster und eingelegten Plattenbändern vorgeschlagen.

Das Beleuchtungskonzept sieht Mastleuchten in einfacher Formgebung aus dem Katalog der in der Stadt bereits verwendeten Modelle vor. Um die zentralen Platzbereiche von die Offenheit des großzügigen Raumes störenden Einbauten frei zu halten, wird vorgeschlagen, in zwei Bereichen vier Sonderleuchten des Typs Modulum Maxi mit schwenkbaren Mehrfach Leuchtköpfen zu verwenden, deren Vorteil darin besteht, die Anzahl der notwendig werdenden Leuchten Standorte deutlich zu reduzieren.

Die transformatorisch besonnene Rekonstruktion des historischen Raumkontinuums Neumarkt und des Straßenzuges Neuer Graben lässt durch die Leitidee des Miteinander-Verwebens der zentralen City-Bereiche die Schaffung eines eindrücklichen und unverwechselbaren Stadtraumes zu, dessen Nutzung durch die Mobilität nicht als Hindernis sondern vielmehr als Bereicherung eines Zukunftsfähigen öffentlichen Raumes mit zentraler Adresse in der Stadt Osnabrück verstanden werden will.

Beurteilung durch das Preisgericht

Beurteilung durch das Preisgericht 7010 (1. Preis)

Die Verfasser verstehen ihren Vorschlag zur Neugestaltung des Neuen Grabens und des
Neumarktes als Stadtreparatur. Trotz hoher Verkehrsbelastung soll ein attraktiver Stadtraum entstehen, der zum vitalen Bindeglied zwischen Alt- und Neustadt aufgewertet wird. Die Idee des„Verwebens“ wird funktional mutig und gestalterisch hochwertig umgesetzt. Die sorgfältig herausgearbeitete Raumfolge nimmt alle Verkehrsbeziehungen und Verkehrsmittel auf, präsentiert sich unmissverständlich als Gute Stube der Stadt Osnabrück.
Um diesen positiven Gesamteindruck zu erreichen, wird der Gesamtraum – wie von der
städtischen Planung vorgegeben – durch einen markanten Baukörper gegliedert. Der Busterminal wird mit ergänzenden Baumpflanzungen zu einem grünen Stadtraum umgedeutet – eine unprätentiöse wie wirkungsvolle Lösung zur Herausarbeitung der Teilräume. Für die Gestaltung des Witterungsschutzes – frei geformte Stahldächer – werden glaubwürdige architektonische Chiffren angeboten. Die Jury hätte sich an dieser Stelle jedoch gewünscht, die architektonische Haltung des Entwurfsteams aus erster Hand zu erfahren.
Der Neumarkt wird wirkungsvoll und mit Atmosphäre in Szene gesetzt. Als offener Raum mit einem Solitärbaum vor dem Gerichtsgebäude und einer luftigen Baumreihe vor der nördlichen Platzwand wird er angemessen begrünt. Die „Arbeitsteilung“ zwischen der Nord- und Südseite wird mit Blick auf Nutzung und Gestaltqualität verständlich: bekommt doch das Baudenkmal mit vorgelagertem Rhododendren-Boskett einen angemessenen Raum und die Gastronomiezone ihr schattenspendendes Dach und eine sinnvolle Gliederung. Das zwischen Aufenthaltsbereich und Fahrverkehrsfläche richtig platzierte Sprudlerfeld unterstützt die Aufenthaltsqualität auf dem Neumarkt.
Hervorstechendes Merkmal des Entwurfs ist der den Stadtraum zusammenbindende Teppich aus großformatigen Platten, der mit den Natursteinbelägen der einmündenden Straßen verwoben wird.
Die in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Streifen stehen für die Verbindung; die besondere
Herausarbeitung des Neumarkts und des Busterminals stehen für den Aufenthalt. Mit einer deutlichen Verwandtschaft in Material und Format sowie der einheitlichen Verlegerichtung trägt der Bodenbelag dazu bei, das Raumkontinuum herauszuarbeiten. Als etwas fremd und überdies verunklärend wirken die verkehrstechnischen Markierungen auf dem Plattenverlag. Hier stellt sich die Frage, ob der umzugestaltende Verkehrsraum zwischen Neuem Graben und Neumarkt nicht besser durch Gestaltelemente gegliedert werden könnte. Nur dann kann das konsequent vorgetragene Konzept seine städtebauliche Wirkung voll entfalten.
Trotz seiner klaren gestalterischen Ausrichtung erfüllt der Entwurf die funktionalen und technischen Anforderungen an einen hoch frequentierten Stadtraum. Es werden – dezentral und räumlich integriert – ausreichend viele Fahrradplätze angeboten. Das Lichtkonzept bedient sich des städtischen Repertoires und erreicht mit präzisen Setzungen eine angemessene Qualität. Die Realisierung der hoch beanspruchten Beläge in Ortbeton ist sinnvoll; bei den übrigen Flächen wäre eine Vorfabrikation zu überlegen, denn die Wirtschaftlichkeit des Entwurfs wird entscheidend von der technischen Umsetzung abhängen. Insgesamt legen die Verfasser einen inspirierenden Entwurf mit hohem gestalterischen Anspruch vor, der einen zukunftsfähigen Stadtraum greifbar werden lässt.
Blick von Osten auf den Neumarkt

Blick von Osten auf den Neumarkt

Lützow 7 - Lageplan

Lützow 7 - Lageplan

Lützow 7 - Verbindung Große Straße Johannisstraße, Neumarkt

Lützow 7 - Verbindung Große Straße Johannisstraße, Neumarkt

Lützow 7 - Detaillierung M 1:50

Lützow 7 - Detaillierung M 1:50

Lützow 7 - Blick auf Busterminal

Lützow 7 - Blick auf Busterminal

Lützow 7 - Planausschnitt Busterminal

Lützow 7 - Planausschnitt Busterminal

Lützow 7 - Sitzelemente

Lützow 7 - Sitzelemente

Lützow 7 - Lichtkonzept

Lützow 7 - Lichtkonzept

Lützow 7 - Schnitt Bushaltestellen

Lützow 7 - Schnitt Bushaltestellen