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Nichtoffener Wettbewerb | 12/2013

Kulturelles Bürgerzentrum mit integriertem Sozialbürgerhaus und Wohnungen am Hanns-Seidel-Platz

Ansicht Nord

Ansicht Nord

ein 2. Preis

Preisgeld: 60.000 EUR

Baumschlager Eberle Architekten

Architektur

Planstatt Senner

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Ein nobler Paravent für das gemeinsame Leben

Städtebau
Grundsätzlich folgt der Städtebau dem als Vorlage dienenden städtebaulichen und landschaftsplanerischen Wettbewerb von 2010. Das bedeutet im Wesentlichen eine Blockrandbebauung von 22 Metern Höhe mit einem Turm als Endpunkt der Großform und die Markierung des Eingangs zum neuen Quartier. Das Quartierinnere unterteilt sich in eine zentrale Grünanlage, einem anliegenden Markplatz sowie einem abgesenkten Hof als gefassten Außenraum. Dieser ist den öffentlichen Funktionen in der Nordparzelle und Gartenanlagen bzw. Kinderspielplatz zugehörig.
Darüber hinaus sieht dieser Wettbewerbsbeitrag die Aktivierung des Hanns-Seidel-Platzes selbst vor. So wurde die im Städtebaulichen Wettbewerb von 2010 angedachte Rückseite des Gebäudes positiv aufgewertet, es entsteht eine Synergie zwischen dem Hanns-Seidel-Platz und der öffentlichen Einrichtung. Um dieses zu erreichen wurde die Gebäudeform zu einem einfach geschwungenen Riegel und dessen Turm ohne weitere Anbauten auf der Platzseite positioniert. Die Bebauung schafft ein klar definiertes Gegenüber zu der nördlich liegenden Platzwand des Hanns-Seidel Platzes. Der Turm wurde leicht von der Thomas Dehler Straße zurückgesetzt. Der Fuß des Turmes steht an der Ecke des Hanns-Seidel Platzes und markiert den städtebaulichen Gelenkpunkt zwischen dem Vorplatz des PEP Einkaufscenters, dem Hanns-Seidel-Platz und der neue Quartiersmitte. Auf diese Weise wird der Hanns-Seidel-Platz von einer zweiten Gebäudefront samt Eingangsbereich begleitet, sodass ein realer Platzraum entstehen kann. Der Turm markiert weithin sichtbar außerdem, dass hier eine neue Adresse entstanden ist.

Außenraum
Die Freiräume werden durch das vorgeschlagene Gebäude klar strukturiert und erhalten jeweils eine differenzierte Aufenthaltsqualität: Hanns-Seidel-Platz, Park und Kulturhof mit anliegenden Marktplatz, Wohnhöfe und Kindergarten:
Hanns-Seidel-Platz: Durch das Verschwenken der Fußgängerbrücke auf die Mittelachse des Platzes entsteht ein mit Bäumen gut proportionierter Platzraum, der sich öffnet und vom Kulturellen Bürgerzentrum belebt wird. Vor dem Bürgerzentrum bieten Sitzgelegenheiten unter drei großen Sophoras die Gelegenheit zum Aufenthalt an. Die Oberlichter für die Säale des Bürgerzentrums integrieren sich gut in das lineare Belagsmuster. Eine Baumreihe mit Wassertischen führt zum innenliegenden Parkbereich. Auch die Umlenkung aus der Thomas-Dehler-Straße erfolgt über eine Baumreihe aus blühenden Kirschbäumen.
Park und Kulturhof: Der innenliegende Parkbereich wird über Rasenwellen in den tiefergelegten Kulturhof erweitert. Die Rasenwellen bieten Sitzgelegenheiten für das Open-Air-Theater; lange Sitzelemente aus Kunststein „schweben“ über den Rasenwellen hinunter, wo sie einen steinerne Terrassenfläche für das anliegende Bistro, Restaurant und Foyer des Kulturellen Bürgerzentrums bilden.
Wohnhöfe und Kindergarten: Die Wohnbauten der Ostparzelle erhalten an dessen Rändern private Gärten. Gemeinschaftlich genutzte Sitz und Spielgelegenheiten zwischen bepflanzten Beeten finden sich in dessen Zentrum. Der Kindergarten wird mit verschiedenen „Spieltrapezen“ gestaltet und fördert die Eigenkreativität der Kinder: Versteckgarten, Essgarten, Sandgarten, …

Erschließung
Die Haupterschließung zum Kulturellen Bürgerzentrum erfolgt über ein Atrium, das den Kulturhof und den Hans Seidel Platz über ein großzügiges Foyer mit den Sälen, der Bibliothek und der Volkshochschule verbindet. Das FestSpielhaus und das Soziale Bürgeramt erhalten jeweils eigenständige Eingänge können jedoch auf Wunsch auch an das Atrium angebunden werden.
Frei finanzierte Wohnungen finden ihren einen prominenten Eingang zum Hanns-Seidel-Platz, der soziale Wohnungsbau wird über Hauseingänge an der Fritz-Erler-Straße und den Durchgängen zum Quartierspark. Die Anlieferung für das Kulturelle Bürgerzentrums und die Entsorgung für Büro und Wohnen wurden vom Hanns-Seidel-Platz in das Untergeschoss verlegt, kleinere Lieferungen zur Bibliothek können auch durch den befahrbaren Platz direkt zum Haupteingang geschehen.

Funktion
Nordparzelle
16m Riegel basierend auf einem Stützenraster von 8.1m und einem Planraster von 1,35m ermöglichen eine flexible und ökonomische Primarstruktur funktional gleichermaßen für Büro, Bibliothek und Volkshochschule. Das Kulturelle Bürgerzentrum und das FestSpielHaus wurde mit den großen Sälen unter das Platzniveau des Hanns-Seidel-Platzes verlegt. So verschmelzt der Öffentliche Außenraum auf beiden Seiten des Gebäudes mit dem Atrium und dem Foyer öffentlichen Funktionen im Innenraum.

Ostparzelle
Kompakter Wohnungsbau, Drei- bis Vierspänner 14,5m breit mit vorwiegend beidseitig ausgerichteten Wohnungen für optimalen Wohnkomfort trotz wirtschaftlichen Voraussetzungen. Große Wohneinheiten befinden sich im EG mit Direktzugang zu einem privaten Garten.

Ökonomie und Ökologie
Durch die Gestaltung des einzelnen Baukörpers werden kompakte Gebäudestrukturen mit homogenen Fassaden vorgeschlagen. Zusammen mit der Ausbildung hochgedämmter Hüllen und der zurückhaltenden Dimensionierung von Fensterflächen führt dies insgesamt zu einer deutlichen Begrenzung von Transmissionswärmeverlusten und thermischen Schwachstellen. Konstruktive Maßnahmen und Detailausführungen sichern darüber hinaus die Winddichtigkeit der Gebäudehülle zur gezielten Minderung unkontrollierter Lüftungswärmeverluste. Es ist also die langlebige Architektur, die für eine Nachhaltigkeit der Energieverbräuche sorgt. Ökonomisch betrachtet, bietet die Organisation der Grundrisse ausreichend Flexibilität, während die kompakten Baukörper ebenfalls zur Wirtschaftlichkeit des Quartieres beitragen.

Konstruktion und Material
Für den Rohbau bietet sich aus rationalen Gründen eine konventionelle Konstruktion aus Stahlbeton an, die übrigens relativ wenig graue Energie in Anspruch nimmt. Bei den Fassaden überwiegt ein zurückhaltender Kratzputz, der durch Fensterfaschen und Arkaden aus maschinell poliertem Kunststein, sowie im Turm durch seine spezielle Gliederung aufgewertet wird.

Architektur
Der klassischen Blockrandbebauung entspricht auch eine Architektursprache, die ihr Vokabular und Grammatik aus dem Grundthema Dichte und Transparenz ableitet – konkret auf die Bauaufgabe bezogen. Arkaden und unterschiedliche Fensterformate für Öffentliche Bereiche, Büro und Wohnen erlauben eine Ablesbarkeit der unterschiedlichen Nutzungen, gleichzeitig korrespondiert die Kolossalordnung in ihren Proportionen mit der Gesamtform. Das Zurücksetzen der Baukörper im obersten Geschoß der Ostparzelle und die Fugen zwischen den Gebäudeteilen führen zu einer Gliederung der Baumassen. Die Architektur des Quartiers übt sich in einem ausgewogenen Verhältnis zwischen nobler Zurückhaltung und verhaltener Prägnanz gegenüber den umgebenden Großwohnsiedlungen. Ganz bewusst wird auf eine Architektursprache zurückgegriffen, die sich aus der realen Münchener Geschichte ableiten lässt. Speziell die Architektur der 1920er-und 1930er Jahre zeichnete sich hier durch die feine Stofflichkeit der Fassaden, dem überlegten Einsatz von Ornamenten und vor allem einer Beziehung von Architektur und Öffentlichkeit aus, die hier fortgeschrieben werden kann: Architektur ist der Paravent für das gemeinschaftliche Leben - notwendig, Einfluss nehmend und dennoch reduziert.

Gert Walden

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Verfasser nimmt die städtebauliche Vorgabe aus dem Ideenwettbewerb von 2010 auf und interpretiert sie mit Optimierungen in der klassischen Blockrandbebauung neu.

So wird das Hochhaus bewusst von der Thomas-Dehler-Straße zurückgesetzt, um den Hanns-Seidel-Platz nach Westen städtebaulich zu fassen. Durch die Konzentration auf den Blockrand ohne bauliche Gebäudeausweitungen nach Norden oder Süden, entstehen klar strukturierte Außenbereiche (Vorplatz und öffentlicher Freiraum), die im Norden einen angemessenen Vorbereich vor der Eingangshalle bilden und im Süden die öffentlichen Freiflächen und den Tiefhof nach Norden den geschwungen Baukörper mit vorgelagerter Arkade im UG abgrenzen. Ein hoher Durchgang gewährleistet die Transparenz zwischen Vorplatz und öffentlichem Bereich. Durch die zentrale Eingangshalle mit Zugang vom Hanns- Seidel-Platz werden alle wichtigen Nutzungsbereiche optimal erschlossen. Die bürgerschaftlichen Nutzungen, der große Saal und das Festspielhaus sind auf der Ebene angeordnet, wobei die Raumhöhe zu knapp bemessen ist. Hervorzuheben ist hier das vorgelagerte Foyer mit Gasträumen zum Tiefhof, das dort vielfältige Bespielungen auch im Außenbereich mit Freischankflächen zulässt. Der Übergang von Tiefhof zum Sperrengeschoss wird durch die Öffnung der Decke und die Anordnung von beidseitigen Läden zu einer attraktiven Passage, die allerdings den Höhenunterschied von 1,30 Meter mit
einer Rampe bewältigen muss. Hervorzuheben sind auch die eigenen horizontal
geschichteten Nutzungsbereiche für Bibliothek, Volkshochschule und Sozialbürgerhaus.

Die Drei- und Vierspännertypologien des Wohnungsbaus zeichnen sich durch eine klare
Durcharbeitung aus. Hervorzuheben sind die gut organisierten Wohnungsgrundrisse des
Südriegels. Die räumliche Zonierung innerhalb der Drei- und Vierzimmerwohnungen in den
Obergeschossen wird jedoch als schwierig bewertet. Eine Erschließung von
Individualbereichen über die Küche ist nicht vorteilhaft. Der Treppenraum des
Wohnhochhauses ist hinsichtlich der Brandschutzvorschriften zu überprüfen. Die
durchgängig einheitliche hochwärmegedämmte Putzfassade mit Fensterfaschen verleiht
dem Gesamtensemble einen hohen gestalterischen Anspruch, wobei eine gewisse
Unterbrechung der Einheitlichkeit wünschenswert wäre. Die Nachhaltigkeit im
Energieverbrauch des Gebäudes ist gesichert.

Der Entwurf zeichnet sich durch eine eindeutige Adressbildung mit einem großzügigen
Vorfeld am Hanns--Seidel-Platz aus. Der Fuß- und Radweg wird auf die Mittelinsel geführt,
ein Zugang ins Quartier erfolgt nur über eine Treppenanlage. Der Tiefhof wird bis weit nach Westen gezogen und an das Sperrengeschoß angeschlossen. Nach Süden wird er mit der
öffentlichen Grünfläche sehr selbstverständlich über eine sanfte Böschung verbunden.
Dadurch wird allerdings eine direkte Verbindung zwischen PEP und Kindertagesstätte
verhindert. Der Park wird von Norden über einen bewusst gering dimensionierten Steg
erschlossen. Es entstehen großzügige und angenehm dimensionierte Platzflächen und
knapp formulierte Verbindungswege.

Das Konstruktionssystem ist gut durchdacht und insgesamt weist diese Arbeit im Vergleich die größte Wirtschaftlichkeit nach.
Schwarzplan

Schwarzplan

Wohnungen im Turm - Variationen

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Grundrisse Büroetagen

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Grundriss Bibliothek

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Fassade Soziales Wohnen Gartenseite

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