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Nichtoffener Wettbewerb | 07/2014

Neubau der Zentral- und Landesbibliothek Berlin

Anerkennung

O&O Baukunst

Architektur

häfner jiménez betcke jarosch landschaftsarchitektur gmbh

Landschaftsarchitektur

IDK Kleinjohann GmbH & Co.KG Köln

Tragwerksplanung

GT-Plan GmbH, Ingenieurbüro für Haustechnik

TGA-Fachplanung

Architekturmodellbau Shortcut - Modellbau, Frässervice, Laserservice

Modellbau

Erläuterungstext

Zentral- und Landesbibliothek Berlin
Erläuterungsbericht


1.0 Erläuterung und Begründung des Entwurfskonzeptes

Das Tempelhofer Feld ist im höchsten Maß geschichtsträchtig, nicht zuletzt repräsentiert durch das gigantische Flughafengebäude mit seinem eindrucksvollen Flugdach.
Die Umwidmung des Flugfeldes in einen städtebaulichen Freiraum mit scheinbar grenzenloser Weite und unbegrenzten Möglichkeiten der motorisch spielerischen Selbstentfaltung bringt ungeahnte Freiheiten für die Berliner.
In diesem Umfeld – gerahmt von neuen Wohnvierteln - hat sich die neue Zentral- und Landesbibliothek, die größte Stadtbibliothek Deutschlands und eine der größten Europas, im Kontext und Kontrast zum monumentalen steinernen Flughafen und den neuen profanen Wohnquartieren zu behaupten.
Offen, strahlend und selbstbewusst muss dieser Ort sein. Ein Ort der geistigen Beweglichkeit und Freiheit. Ein Nukleus, der mit einladender Leichtigkeit den Zugang zu Information, Wissen und Bildung eröffnet.
Dieser Idee in einer offenen und transparenten Gebäudestruktur Ausdruck zu verleihen, zugleich aber in einem metaphorischen Volumen der Wissensspeicherung von attraktiver, stadträumlicher Strahlkraft in Erscheinung treten zu lassen, ist Leitgedanke des Entwurfes.

Die beinahe klassische, ovale Gebäudeform zeigt sich in Kontur und Höhe autonom, erzeugt im bestehenden und zukünftigen Umfeld wie selbstverständlich differenzierte Stadträume.
Von Westen kommend entsteht ein weitläufiger, am nördlichen und nordöstlichen Rand baulich gefasster Vorplatz, im Norden ein städtischer Quartiersplatz. Im Osten und Süden eröffnet sich um das Gebäude fließend zum Feld hin ein großzügiger Parkraum.

Leichtigkeit und Transparenz werden in der Gebäudehaut erlebbar. Die großflächige Verglasung der zweiten Schicht bietet ein hohes Maß an Tageslicht und Ausblick, das äußere hell schimmernde Metallkleid schafft neben der notwendigen Verschattung, dem großen Volumen, vielschichtige Leichtigkeit und metaphorische Identität.

Die innere orthogonale Gebäudestruktur dient als Spielfeld für eine differenzierte Landschaft aus offenen und abgeschlossenen Räumen, welche notwendige Kompaktheit und wünschenswerte Weite generiert und sich über die unterschiedlichen Ebenen hinweg durch Atrien und Lesegalerien räumlich vernetzt. Der Nutzer hat freien Zugang zum Buch, weiten Ausblick in die Landschaft, Orientierung als integrierten Teil der gesamten Bibliothek.


Freiraum

Durch die Lage des elliptischen Bibliotheksgebäudes entsteht ein in drei Teilbereiche gegliederter Stadtraum vom Tempelhofer Damm bis zum Tempelhofer Feld.
Die Raumfolge wird als Kontinuum begriffen. Weite Bögen aus hellem Beton in einheitlichem Stadtboden ziehen die Bewegungslinien aus allen Richtungen nach und schreiben die Bibliothek in das Stadtgefüge ein. Die Teilbereiche Stadtplatz im Westen, Quartiersplatz im Norden und Parkarena werden sinnbildlich zusammengezogen und mit dem der ehemaligen Start- und Landebahn und dem Taxiway des Flugfeldes verknüpft. Die Bögen dienen der Orientierung. Ihnen ist eine große Zahl der Fahrradbügel zugeordnet.
Der Stadtplatz im Westen über der Tiefgarage erhält als zusätzliches Element ein Lichtstelenfeld in Verlängerung der Baumreihen der Grünfuge, das als Lichtwolke für verschiedene Lichtinstallationen eingerichtet werden kann.
Der nordwestliche dreieckige Platz nimmt die 50 Behindertenstellplätze auf, der nordöstliche Bereich wird als Quartiersplatz mit einer Baumgruppe und Sitzmöbeln ausgebildet.
Im südöstlichen Zwickel zwischen Taxiway und Startbahn findet die Parkarena als zum Feld hin offenes kleines Amphitheater, das in einen 2,7m hohen Rasenhügel eingebettet ist, ihren Platz. Der Hügel bildet mit einer Versickerungsmulde eine größere Grünfläche im Masterplanbereich.
Locker über den gesamten Freiraum gestreute Sitzinseln an strategischen Orten mit einem grünen Kern aus Staudenbeeten bilden Aufenthaltsbereiche. Auch im Amphitheater kann je nach Sonnenstand und gewünschter Blickrichtung individuell zu jeder Zeit Platz genommen werden wie auch auf dem Hügel und der Wiese.
Die Andienung der Bibliothek erfolgt über die neue Straße von Süden über eine Rampe ins Untergeschoss. Die nicht öffentliche Platzüberfahrt wird lediglich als Fahrspur auf der Platzfläche markiert.
Die öffentliche Tiefgarage wird unter dem Stadtplatz im Westen angeordnet, sodass die Grünfuge mit ihren markanten Baumreihen voll ausgeführt werden kann. Auf diese Ost-West-Verbindung wird zusätzlich durch zwei ausschwingende Bögen zum Stadtplatz und dem Lichtstelenfeld besonderes Augenmerk gelegt, um den Einschnitt der Rampe zur Andienung der Bibliothek zu kompensieren. Außer den Behindertenstellplätzen sind keine Stellplätze außerhalb der Tiefgarage vorgesehen. Die Feuerwehrumfahrt um das Bibliotheksgebäude ist in jedem Bereich gegeben.
Die 600 Fahrradbügel sind dezentral an strategisch wichtigen Stellen angeordnet.

2.0 Konstruktion und Materialien

Materialität
Die Fassade stellt sich als mehrschichtige transparente Membran aus Holz, Glas und Metall dar, welche die innere Ebenentragstruktur aus Beton umspannt und das Innere optimal mit natürlichem Licht versorgt.
Im Inneren wirken einfache möglichst unbehandelte Materialien - hell lasierter Beton, Industrieestrich, dezent farbige Holzwerkstoffe, Glas und gewebter Teppich zusammen und schaffen mit ihren Eigenschaften eine offene, behagliche und beruhigte Atmosphäre.
Tragwerkskonzept
Der Entwurf ist im Wesentlichen als Skelettbau in Stahlbeton konzipiert. Er besteht aus maximal acht Ober- und einem Untergeschoss.

Aussteifung
Ausgesteift wird der Neubau über sieben Erschließungskerne, die über die gesamte Gebäudehöhe durchgängig sind. Durch die gleichmäßige Verteilung der Kerne im Grundriss ergeben sich hohe Translations- und Rotationssteifigkeiten, sodass das Aussteifungssystem eine hohe Effizienz aufweist.

Lastabtrag
Flexibilität, vereinfachte Koordination des Tragwerks mit den technischen Installationen und möglichst große Stützenfreiheit der Geschossebenen bei gleichzeitiger Wirtschaftlichkeit sind die Grundprinzipien des gewählten Tragwerkskonzeptes.
In den Regelgeschossen basiert das Tragwerk auf einem Stützenraster von ca. 11m x 11m. Diese Spannweite ist mit normalen, schlaff bewehrten Decken wirtschaftlich nicht zu realisieren. Infolgedessen werden in Abhängigkeit der Belastung entweder vorgespannte Flachdecken oder Hohlkörperdecken (z.B. System Cobiax) vorgeschlagen. Durch die vorgespannten Decken können zum einen Bauteildicken optimiert werden was dazu führt, dass das Gebäude insgesamt niedriger werden kann, so dass die Fassadenfläche reduziert wird. Zum anderen ermöglicht die Vorspannung eine bessere Kontrolle der Verformungen, so dass trotz der großen Spannweiten wirtschaftliche Standardlösungen zum Beispiel für Trennwandanschlüsse etc. gewählt werden können.
Nahezu alle Stützen werden ohne das Erfordernis von aufwendigen Abfangkonstruktionen von der Gründung bis zum Dach durchgeführt. Nur im Bereich des großen Saals und der eingeschnittenen Eingangsbereiche sind Abfangungen erforderlich. Um die Störung der Räume durch Tragwerkselemente zu minimieren wird die Abfangung als Fachwerk über mehrere Geschosse geführt. Dadurch wird eine sehr steile Anordnung der Diagonalen ermöglicht, die dazu führt, dass die Tragwerkselemente sehr effizient ausgenutzt werden ohne die Steifigkeit des Systems zu reduzieren.

Gründung
Die Gründung der Bibliothek erfolgt über eine Kombination aus Einzel- und Streifenfundamenten sowie elastisch gebettete Bodenplatte im Bereich der Erschließungskerne. Durch die gewichtsoptimierten Deckenlösungen in den aufgehenden Geschossen werden die Fundamentlasten minimiert. Zwischen diesen Gründungselementen wird eine schlanke Bodenplatte betoniert, die auf dem gewachsenen Boden aufgelegt wird. Da die Belastung der Bodenplatte niedrig ist, reicht schon eine geringe Bodensteifigkeit um die Lasten verformungsarm aufzunehmen, so dass sich ein sehr wirtschaftliches Gründungskonzept ergibt.


3.0 Wirtschaftlichkeit

Die Effizienz der Konstruktion, das Verhältnis von Außenfläche zu Volumen, die Reduktion auf einfache Materialitäten, die Lage der technischen Anlagen auf dem Dach sowie die Reduktion auf ein Untergeschoss, aber auch ein erhöhter Aufwand für die Optimierung der Tageslichtnutzung und Energieeffizienz, eine großzügige und einladende Empfangsebene, sowie der Einsatz umweltfreundlicher und qualitätvoller Materialien führen zu einer insgesamt nachhaltigen Lösung, die Anforderungen an Langlebigkeit und Flexibilität mit Wirtschaftlichkeit zu vereinen sucht.

4.0 Barrierefreiheit

Die Konzeption des Hauses folgt dem Gedanken nach Übersichtlichkeit, einfacher Orientierung sowie direkter wie gleichberechtigter barrierefreier Erschließbarkeit aller Ebenen im Innen- und Außenbereich.
Eine zentrale Erschließung und die differenzierte farbige Gestaltung der Innenräume erleichtern neben den üblichen Maßnahmen die Orientierung für alle Nutzer im Haus.


5.0 Beschreibung zur Nachhaltigkeit der Gebäudetechnik

Allgemein
Die Anforderungen an ein passives Gebäude können nur mit einer Kombination aus optimaler Gebäudeform und Hülle, optimaler Ausrichtung und Einsatz von optimalen Materialien sowie dafür geeigneter Anlagentechnik erreicht werden. Wesentlich dabei sind auch die Anordnung von Klima- bzw. Nutzungsbereichen. Bei der Anlagentechnik kommen verschiedene nachfolgend genannte Systeme zum Einsatz.
Das Gebäude wird über Sole-Wasser-Wärmepumpen/Geothermie mit Erdsonden in Kombination mit Biomassekessel/Gas-Brennwertkessel mit Wärme versorgt. Die Beheizung erfolgt über oberflächennahe Betonkerntemperierung bzw. Unterflurkonvektoren an der Fassade. Dabei nutzt die Betonkerntemperierung das Prinzip, die thermische Speichermasse der Bauteile zum Heizen oder Kühlen zu verwenden. Zur Verbesserung der thermischen Speichermöglichkeiten werden Latentspeichermaterialien, PCM (Phase Change Materials) mit verwendet. Diese dienen zur verbesserten passiven Temperaturstabilisierung und zur Speicherung solarer Einträge/Sonneneinstrahlung. Die Kühlung erfolgt auch über Sole-Wasser-Wärmepumpen und die oberflächennahe Betonkerntemperierung sowie weiterhin über freie, natürliche Nachtkühlung bzw. Rückkühlung mittels geeigneter Rückkühler und mechanische Lüftung. Die Speicherung der Energie erfolgt neben der Speichermasse der Bauteile in geeigneten Schichtenspeichern.
Zusätzlich kommt eine Solaranlage für Warmwasser zur Erzeugung von Warmwasser durch Sonnenenergie zum Einsatz. Sie dient zur Beheizung des Gebäudes und zur Heißwasser-bereitung Küche.
Zur Belüftung des Gebäudes werden die zentralen RLT-Anlagen mit Hochleistungs-Wärme- und Kälterückgewinnungssystemen/Rotationswärmetauscher sowie einer notwendigen Filterung ausgestattet und besitzen eine CO² geführte variable Regelung. Zur Beheizung und Kühlung der RLT-Anlagen werden reversible Luft-Wasser-Wärmepumpen eingesetzt. Aufgrund der Dichtigkeit des Gebäudes werden die hygienisch notwendigen Luftwechsel in den verschiedenen Bereichen sichergestellt. Die Zuluftführung erfolgt dabei hauptsächlich über den Doppelboden. Die Abluftführung erfolgt über die zentralen Kerne und über die Atrien. Dabei erfolgt die Ablufterfassung unter dem Dach über zu öffnende Klappen. Im Dachbereich befinden sich auch die Lüftungsöffnungen für die Freie Nachtauskühlung über die Atrien. Zur freien Nachtkühlung werden alle Lüftungsöffnungen im Dachbereich (in Abhängigkeit von Wind und Wetter) geöffnet, so dass eine optimale Durchströmung des Gebäudes und damit eine optimale freie Nachtkühlung gegeben ist.
Für die Lüftung und Kühlung der Magazine sind dezentrale Klimasysteme vorgesehen.
Zur Sicherstellung der Behaglichkeitsanforderungen sind die Raumluftkonditionen je nach Nutzungsbereich/Raumgruppe definiert und werden über Präsenzmelder und Luftgüte-sensoren angesteuert und überwacht. Die Regelung dieser RLT-Anlagen erfolgt über ein GLT-System mit selbstoptimierenden Funktionen zur Sicherstellung eines wirtschaftlichen Betriebes.
Die Beleuchtung des Gebäudes ist durch das Gebäudekonzept und die gute Versorgung mit Tageslicht optimiert. Die Beleuchtungsschaltung der Raumbeleuchtung in den verschiedenen Bereichen erfolgt zonenweise, präsenzgesteuert und tageslichtabhängig. Aus energetischen Gründen kommt eine umweltfreundliche LED-Beleuchtung zum Einsatz.
Der Dachbereich des Gebäudes wird mit einer Photovoltaikanlage zur Eigenstromerzeugung versehen. Verwendung findet der Eigenstrom bei den Wärmepumpen, den haustechnischen Anlagen und den allgemeinen technischen Anlagen, z. B. Beleuchtung im allgemeinen Bereich.
Das anfallende Regenwasser wird in Regenwasserrückhaltebecken gesammelt und über Turbinen mit zur Eigenstromerzeugung verwendet. Gleichzeit wird das gespeicherte Regenwasser zur Bewässerung der Außenanlagen verwendet.

Geothermie
Die Vorteile aus der Geothermienutzung ergeben sich vor allem durch die positive ökologische Gesamtenergiebilanz des Gebäudes und die daraus resultierende Reduzierung des CO2-Ausstoßes. Durch die insgesamt geringe Systemleistung steht dies auf den Gesamtenergiebedarf des Gebäudes bezogen nicht im Vordergrund, ist jedoch auch vor dem Hintergrund des aktuellen Klimaschutzes ein wichtiger Punkt.
Photovoltaik
Vorteile aus der Photovoltaiknutzung ergeben sich vor allem durch die positive ökologische Gesamtenergiebilanz des Gebäudes durch die Eigenstromerzeugung und Eigenstrom-verwendung. Durch die benötigte Systemleistung für den Allgemeinbetrieb und die notwendigen Sicherheitssysteme ist dies ein wichtiger Punkt. Photovoltaikanlagen erzeugen sogenannten sauberen Strom und tragen zur Verminderung von CO2-Emissionen bei. Auch bei steigenden Energiepreisen wird durch die Sonne mit der Photovoltaikanlage Strom produziert, ohne dass höhere Kosten anfallen.
Solarthermie
Die Solartechnik/Solarthermie ist ein weiterer Punkt für die positive ökologische Gesamt-energiebilanz des Gebäudes. Solaranlagen für Warmwasser dienen zur Erzeugung von Warmwasser durch Sonnenenergie. Sie dienen zur Heißwasserbereitung und werden in die Heizung eingebunden.
Latente Wärmespeicherung in Baustoffen/ (Phase Changing Materials)
Latentspeichermaterialien speichern große Mengen Energie durch einen Phasenwechsel und können dadurch die thermische Speicherkapazität der Bauteile verbessern.