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Einladungswettbewerb | 12/2013

"Forum am Deutzer Dom" - Neues Pfarrzentrum an St. Heribert

1. Rang / 1. Preis

KASTNER PICHLER SCHORN ARCHITEKTEN

Architektur

Horz + Ladewig

Tragwerksplanung

IB Joachim Grimm

Brandschutzplanung

ISRW - Institut für Schalltechnik, Raumakustik, Wärmeschutz Dr.-Ing. Klapdor GmbH

Bauphysik

studio grüngrau Landschaftsarchitektur GmbH

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Präambel
Unsere Großstädte und Einkaufszonen - wie auch die Deutzer Freiheit - werden bestimmt von Vielfalt und Tempo, von wachsendem Armutspegel und sozialer Zerklüftung, von ständig neuen Lebensmodellen und Kommunikationsformen.
Positives und Negatives liegen nicht nur eng beieinander, sondern sind Teil der urbanen Lebenswelt.
In dieser Widersprüchlichkeit modernen Lebens wird die Errichtung des neuen Forums am Deutzer Dom als eine Chance verstanden, einen Ort der Ruhe zu etablieren.
Eine Chance für die Errichtung eines Ortes für die Begegnung unterschiedlicher Menschen guten Willens, die dort freundlich aufgenommen und ernst genommen werden.

Mit Demut und Präsenz will das neue Ensemble aus Kirche und Gemeindehaus ein lebendiger Bestandteil und Auftakt der Deutzer Freiheit sein.

Städtebauliche Anordnung und denkmalpflegerische Zielsetzung

Der denkmalpflegerischen Zielsetzung, eine für die gründerzeitliche Stadtkirchen typische Freistellung von St. Heribert zu erreichen, wird auf maximaler Weise entsprochen.

Das neue Pfarrzentrum an St. Heribert präsentiert sich hierdurch einerseits durch seine solitäre Freistellung und durch seine Gestaltung selbstbewusst zur Deutzer Freiheit und zeigt sich andererseits durch seine an St. Heribert angeglichene Materialwahl und durch die Übernahme der relevanten Sims-Höhen der Kirche als Teil des Ensembles mit St. Heribert

Durch den großen verbindenden Raum zwischen dem neuen Pfarrzentrum und
St. Heribert wird ein bedeutender städtischer Platz mit einer ganz eigenen, neuen Aufenthaltsqualität und Aura geschaffen.

Hier öffnet sich die Kirche.

Der Platz zwischen St. Heribert und Deutzer Forum wird zu einem adäquaten Auftakt zum Kirchgarten als zukünftig öffentlichen Raum. Es bildet sich hier das Zusammenspiel zwischen Kirche und neuem Forum heraus.
Vielfältige Möglichkeiten der Nutzung des Platzes durch die Kirchengemeinde wie Erweiterung der Pfarrfeste in den Städtischen Raum, wechselnde Ausstellungen oder auch eine Erweiterung des Pfarrsaals unter freien Himmel werden möglich.

Die dem Kirchplatz zugewandte Seite nimmt hier den Dialog mit St. Heribert auf und entfaltet besonders zur Kirche hin seine einladende Sprache.

So entsteht ein zusätzlicher Ort der Begegnung (Koinonie), ein zusätzlicher Ort mit hoher Aufenthaltsqualität im fließenden Übergang zum Kirchgarten.

Äußeres Erscheinungsbild und Materialität

Von der Realisierung eines möglichst kompakten und in seiner „Einfachheit“ sinnvoll konstruierten Gebäudes bis zur Wahl der Materialien aus nachhaltigen Rohstoffen folgt der Entwurf einem grundlegenden Gedanken:

Der Umgang mit dem von Gott Geschaffenen soll von Achtung und Wertschätzung geprägt sein. (Bewahrung der Schöpfung)

Die Authenzität der Fassaden - Die Fassaden sind als einschichtige Außenwand aus Dämm-Leichtbeton geplant. Die monolithischen, fugenlos gegossenen Außenwände verstärken nicht nur die bodenständige Wirkung und die Klarheit des Baukörpers nach außen, sondern spiegeln diese auch in ihrem Inneren wieder.

Der Sichtbeton wird in seiner Farbgebung exakt an die Farbe des Natursteins von
St. Heribert angeglichen. Durch die Oberflächenbehandlung des Sichtbetons wird eine Interpretation der „Natursteinhaptik“ erreicht.

Die Verwendung des mineralischen veredelten Dämmbetons, der nachhaltig ist, der abbaubar ist, und einen soliden bodenständigen Baukörper bildet, symbolisiert Ehrlichkeit und damit Kirche.

Die Transparenz in der Platzebene schafft einen weit gefassten, niedrigschwelligen Zugang in das neue Pfarrzentrum. Die Klarheit der Räume zeigen Offenheit. Die Geste der Einladung provoziert Neugierde.
Die großen Fenster bieten zum einen Einblicke in die öffentlichen Bereiche, Café oder katholische Bücherei des Forums am Deutzer Dom und zum anderen bieten sie gezielte Ausblicke aus den unterschiedlichen Nutzungsbereichen auf den Marktplatz, die Kirche oder in den Kirchgarten.
Die geschlossenen Fassadenbereiche weisen auf Rückzugsmöglichkeiten für das Zwiegespräch.

Nutzungsstruktur und räumliche Gestaltung

Die Gebäude- und Nutzungsstruktur verfolgt die Idee einer räumlichen Zusammen-führung aller Funktionsbereiche der Pfarreiengemeinschaft Deutz – Poll unter einem Dach.

Erschließung und Foyer:
Über dem Eingangsfoyer, das direkt vom Kirchvorplatz aus erschlossen wird, erstreckt sich ein großzügiger Luftraum ins Galeriegeschoss, der die Bücherei mit seinen Lesebereichen und die Pastoralbüros mit dem Foyer in unmittelbarer Weise verbindet.
Der Luftraum lässt das Galeriegeschoss in diesem Bereich zu einem Teil des Foyers und öffentlichen Forums werden.
Die direkte Sichtverbindung aus diesen Bereichen ins Foyer gewährleistet sehr gute Auffindbarkeit, Kommunikation und Verzahnung dieser zentralen Funktionen des Deutzer Forums mit den Funktionen im Erdgeschoss.

Aus dem Foyer heraus führt die einläufige mit Tageslicht über Dachöffnungen belichtete „Himmelstreppe“ in die oberen Etagen und das Untergeschoss.

Außerhalb der Öffnungszeiten des Foyers kann diese Treppe auch direkt von der Deutzer Freiheit her erschlossen werden. Sie bildet so einen eigenen Zugang von der Deutzer Freiheit für den Jugendclub und einen unmittelbar ins Freie führenden Fluchtweg.

Das Eingangsfoyer erfüllt - von einer kleinen Cafebar an der Deutzer Freiheit unterstützt - in seiner Lage und räumlichen Verbindung zu den inneren Funktionen in idealer Weise die Forderung nach einem offenen, multifunktionalen Raum, der sich - einladend und verbindend – dem Platz und der Kirche zuwendet.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser schließen mit einer gläsernen Fuge an das Bestandsgebäude der Wohnbaugenossenschaft an und schaffen mit einem schmalen in die Tiefe gehenden Baukörper einem großen Abstand zur Kirche. Die Arbeit erreicht damit die aus denkmal-pflegerischer Sicht gewünschte Freistellung von St. Heribert.
Der Neubau überschreitet das Traufgesims des Seitenschiffes der Kirche nicht und bedrängt somit - auch durch seinen Seitenabstand - die historische Substanz nicht. Die Verbindung von öffentlichen Straßenraum und Innenhof ist hier besonders ge-lungen: Der langgestreckte, vergleichsweise weit vom Seitenschiff abgerückte Baukörper schafft in dieser Lage eine relativ „luftige“ Zugangssituation zum denkmalgeschützten Freiraum.
Eine prüfbare und tragfähige Aussage zur Topo-graphie und den Gebäudegefällen mit Übergang von Kirche, Neubau und Innenbereich der Gartenanlage wird allerdings vermisst.
Funktional gut geordnet sind die Räume des Foyers, des teilbaren Pfarrsaals und der kombinierten An-laufstelle im Erdgeschoß mit möglichst angeschlos-sener, in unterschiedlicher Form möglicher Cafébe-wirtschaftung. Die vorgeschlagene flexible Raum-aufteilung wird allerdings nur schematisch ange-deutet und ist architektonisch wie auch funktional zu konkretisieren.
Die Erschließung der Obergeschosse über eine Him-melsleitertreppe ermöglicht eine gute Orientierung für die Bibliothek und das Pfarrbüro im 1. Oberge-schoß sowie die Jugendräume im 2. Obergeschoß.
Die räumlichen Qualitäten der „vertikalen“ Bücherei über zwei Geschosse an exponierter gut sichtbarer Stelle werden positiv bewertet, ihre Funktionalität ist allerdings nicht weiter konkretisiert.
Insgesamt sind die Funktionseinheiten gut gruppiert. Die Anpassungsfähigkeit des Gebäudes für wech-selnde Bedürfnisse wird lebhaft diskutiert. Aufgrund seiner Kompaktheit verspricht das Gebäude eine gute Wirtschaftlichkeit.
Die Klarheit der Grundrissstruktur spiegelt sich in der Einfachheit der Architektursprache wider, auch wenn die Visualisierungen Fragen offen lassen. Nachvoll-ziehbar ist auch die an St. Heribert angeglichene Materialwahl. Insgesamt überzeugt der Entwurf durch seine klare Sprache und eindeutige Haltung. Er verspricht zugleich ein Gebäude, das die Erwar-tungen der Kirchengemeinde an ein zukunfts-weisendes, zugleich kompaktes Gebäudekonzept in hohem Maße umsetzt.