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Nichtoffener Wettbewerb | 01/2014

Neubau ETHZ D-BSSE – Labor- und Forschungsgebäude auf dem Campus Schällemätteli

Modellfoto

Modellfoto

3. Preis

Preisgeld: 46.000 CHF

Boltshauser Architekten AG

Architektur

Müller Illien Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

WaltGalmarini AG

Bauingenieurwesen

Waldhauser + Hermann AG

Bauingenieurwesen

Denkgebäude AG

Bauingenieurwesen

IBG Engineering

Bauingenieurwesen

Gruner AG

Bauingenieurwesen

Gemperle Kussmann

TGA-Fachplanung

Laborplaner Tonelli AG

TGA-Fachplanung

Erläuterungstext

Der Campus Schällemätteli und insbesondere das Areal des alten Frauenspitals stellt seit je her einen städtebaulich prägnanten Knotenpunkt im Basler Stadtgefüge dar. Das Projekt sieht die Erhaltung des schützenswerten Baumbestands und des historischen Grünraums an der Ecke Schanzenstrasse/ Klingelbergstrasse vor. Dies wird erreicht, in dem im nördlichen Bereich des Areals ein kompaktes, neungeschossiges Volumen präzise positioniert wird.
Bereits von aussen lässt sich der Aufbau der unterschiedlichen Bestandteile erkennen. Die Schichtung resultiert unter anderem aus der funktionalen Organisation der Zusammenhänge und Arbeitsabläufe innerhalb des Gebäudes. Die fünf obersten Geschosse bilden die Krone des Gebäudes und beinhalten jeweils zwei experimentelle Professuren mit allen Labors, Büros und erforderlichen Nebenflächen. Lichthöfe in der Mitte des Volumens führen das Licht über fünf Geschosse hinab bis auf die Ebene der Science Lounge, die sich im 3. Obergeschoss auf Höhe der umgebenden Baumkronen befindet. Im Erdgeschoss empfängt die Eingangshalle Besucher und Mitarbeiter angemessen repräsentativ und stellt die Verbindung zwischen der Fussgängerachse des Campus und dem Platz vor dem Gebäude her.
Zwei optimierte, sich überlagernde Raster führen die infrastrukturelle Medienerschliessung und das statische System ebenso effektiv wie einfach aneinander vorbei, so dass sich beide Strukturen möglichst wenig gegenseitig beeinträchtigen. Die Laborflächen in den Obergeschossen befinden sich immer an den Querseiten des Gebäudes, ebenfalls weisen hier die in der Fassade liegenden Versorgungsschächten mit bis zu 3m die höchste Tiefe auf. An den Längsseiten, wo die Fassadenschächte weniger tief sind, sind die Büroflächen angeordnet.
Die Funktionsweise des Gebäudes tritt nach aussen nicht nur volumetrisch in Erscheinung, sondern wird durch die detaillierte Fassadengestaltung weiter präzisiert. Wesentliches gestalterisches Merkmal sind die aus vorfabrizierten Betonelementen bestehenden Lüftungsröhren, welche wie die kräftigen Äste einer Weide nach unten dünner werden und bis kurz über den Boden hängen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Städtebau und Architektur
Die Arbeit zeichnet sich durch ein kompaktes und sehr präzis gesetztes Volumen aus: Das Gebäude respektiert die Mantellinien des Bebauungsplanes und nutzt dessen maximal mögliche Bebauungsfläche jedoch nicht aus. Zur Stadt hin nimmt sich das Gebäude gewissermassen zurück, sodass sich zur Klingelbergstrasse wie bereits beim alten Frauenspital ein Grünraum öffnet, welcher es erlaubt, den alten Baumbestand zu erhalten. Durch das Weiterbauen in der Gebäudeflucht weitet sich der Strassenraum bis zur Einmündung in die Schanzenstrasse. Dadurch wird der Kontrast der bestehenden, wuchtigen Unibauten und des neuen Gebäudes auf dem Campus Schällemätteli mit der kleinteiligen Wohnbebauung südlich der Klingelbergstrasse entschärft. Der Haupteingang an der Klingelbergstrasse und die Durchwegung zum Campus sind richtig situiert.

Die Nordfassade richtet sich zum UKBB aus, mit welcher der Hof des U-förmigen Gebäudes nun einen Gegenpart erhält, der mehr als eine Rückfassade sein will: Mit der mittigen Erschliessung zum Hof des UKBB tritt es mit diesem in einen Dialog. Die städtebauliche Setzung des Volumens ist gelungen.

Die Bearbeitungstiefe der architektonischen und gestalterischen Elemente ist anerkennenswert, obgleich die Glasbausteine in der Fassade wohl eher als Statement denn als weiterzuverfolgende Option zu verstehen sein dürften. Die Fassade ist durchkonstruiert und funktionstauglich.

Durch die Wahl eines nahezu quadratischen Grundrisses und den Verzicht auf einen eigentlichen Gebäudekern entstehen allerdings Nachteile, welche dieser Beitrag trotz sorgfältiger Bearbeitung nicht egalisieren kann. Anstatt eines Kerns werden zwei parallele «Installations- und Erschliessungsstreifen » vorgeschlagen. Die Medienführung über in der Fassade ausgestülpte Lisenen, welche die Öffnungen im Inneren auf ihrer Schmalseite aufweisen, ist ungewöhnlich und erscheint nicht optimal, da sich diese Installationsart durch das Übereinanderführen der Medien in der Raumhöhe negativ auswirken würde. Das Gebäudetechnikkonzept erweist sich insgesamt als nicht schlüssig. Zwar wirkt sich das kompakte Gebäudevolumen in wirtschaftlicher Hinsicht vorteilhaft aus, handelt es sich doch um den Beitrag mit den tiefsten Erstellungskosten. Die Kompaktheit ergibt aber auch wesentliche Nachteile in Bezug auf die innere Organisation, deren Flexibilität und die Erfüllung des geforderten Raumprogramms. Letzteres wurde nur teilweise umgesetzt. Auch bei den Nutzeranforderungen treten teilweise nicht heilbare Fehler auf, was gleichzeitig die Schwäche dieses Beitrags ist.

Freiraum
Die Modellierung der Grünfläche nimmt auf den Standort der bestehenden Bäume Rücksicht und soll eine fein bewegte gewellte Landschaft darstellen. Asphaltierte Wege führen in freier Form, jedoch zielgerichtet von drei Seiten durch diese bepflanzte Fläche zum mittig angeordneten Haupteingang.

Die bestehende Rosskastanie, die Blutbuche und die beiden Platanen werden ins Konzept integriert und mit je einer Rosskastanie und Platane ergänzt. Die parkartige grüne Interpretation bleibt einerseits ein übergeordneter Trittstein, andererseits bildet diese parkähnliche Ausformulierung eine adäquate Ergänzung zu den anderen Freiräumen im Campusareal Schällemätteli. Die Glasbausteinzone zeichnet in der gebäudenahen Schicht klar und ehrlich das Untergeschoss ab.

Die Zufahrt zum Versorgungstunnel ist zurückhaltend in den grünen Vorbereich integriert. Die Veloabstellplätze sind im dritten UG platziert und mit dem Warenlift etwas kompliziert erschlossen, allenfalls wären diese, respektive ein Teil davon, auch in die Freiraumanlage zu integrieren.

Es ist ein klares Freiraumkonzept, welches den stadträumlichen Gegebenheiten und den angrenzenden Quartieren grossen Respekt zollt, das Vorhandene aufgreift und gut ins Konzept integriert.

Betrieb und Logistik
Die Forschungsgruppen sind gut positioniert. Kurze Wege vereinfachen die Kommunikation und Interaktion. In den Laborbereichen können die Schreibarbeitsplätze variabel integriert und die Freiräume in der Mittelzone der Grundrisse vielfältig genutzt werden. Ansprechend ist die Science Lounge.

Eine Durchmischung von theoretischen und experimentellen Professuren kann nicht angemessen umgesetzt werden. Bezüglich der Raumgrössen werden nicht alle Vorgaben erfüllt, die Gesamtfläche pro Professur ist nicht eingehalten und einige Büro- und Labornebenräume fehlen. Die grossflächigen Begegnungszonen auf den Geschossen konkurrenzieren die Science Lounge.

Durch das gewählte Raster ist die flexible Nutzung der Labore nicht gegeben. Versorgungsriegel trennen die Labore von den Labornebenräumen in der Innenzone einerseits und der Bürozone andererseits; das verhindert Funktionalität und Transparenz. Ungünstig sind die Platzierung von Seminarräumen im Untergeschoss und die Disposition der Anlieferung. Das Layout von Reinräumen, GMP-Labor und den wissenschaftlichen Facilities müssten umgeplant werden. Unzureichend ist im Eingangsbereich die Zutrittskontrolle, unter anderem da eine zentrale Empfangszone fehlt. Der Warenfluss für die Ver- und Entsorgung überzeugt nicht.

Gebäudetechnik
Die Steigzonen und Erschliessungen sind interessant strukturiert, jedoch nicht konsequent durchdacht umgesetzt. Die Zugänglichkeit ist teilweise nur aus dem Nutzerbereich möglich und die Anordnung und die Grösse lassen eine Nutzungsänderung nicht zu. Zudem sind sie sehr knapp bemessen. Die Technikräume sind zu klein und teilweise nur bekriechbar (fehlende Raumhöhe).

Die nicht sehr detaillierten Konzepte könnten den Bedürfnissen entsprechend angepasst werden. Das Projekt weist jedoch grosse strukturelle Mängel auf, welche sich nicht ohne grundlegende Überarbeitung der Architektur korrigieren lassen.

Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit
Das Projekt weist geringe Geschossflächen und Gebäudevolumen auf. Durch das gute Verhältnis von Hauptnutzfläche zu Geschossfläche resultiert ebenfalls ein tiefer, guter Kennwert. Der Anteil von Gebäudevolumen unter Terrain ist im Vergleich zu den weiteren Projekten gering. Aus diesen Faktoren ergeben sich Erstellungskosten, die unter dem
Durchschnitt aller Projekte liegen.

Würdigung
In summa vermögen der bemerkenswerte städtebauliche Beitrag und die interessante architektonische Gestaltung, die gebäudetechnischen, strukturellen und vor allem organisatorischen Nachteile der gewählten Lösung leider nicht aufzuwiegen.
Skizze

Skizze

Lageplan

Lageplan

Situation EG

Situation EG

Modellfoto

Modellfoto

3.OG Science Lounge

3.OG Science Lounge

7.OG Labor

7.OG Labor

Modellfoto

Modellfoto