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Nichtoffener Wettbewerb | 02/2014

Mühltorplatz

Anerkennung

Preisgeld: 2.500 EUR

bogevischs buero

Architektur

michellerundschalk GmbH landschaftsarchitektur und urbanismus

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

nachbarschaft und genossenschaft

Die Umgebung des Grundstücks ist einerseits geprägt von der sich auflösenden Blockrandbebauung, andererseits von der der Eyach zugeordneten Uferrandbebauung und der sich daraus entwickelten Struktur des ‚Kleinvenedig’ Beiden gemeinsam ist eine durchgehende Körnung, die wir als prägend für das Gefüge der Stadt Balingen sehen.

Die neue Nachbarschaft entwickelt in ähnlicher Körnung mittels dreier, einfacher Baukörper. Die Bauten gruppieren sich um die, am Rand angepasste, Fischtreppe und formen einen großen grünen Binnenraum. Darunter liegt eine Tiefgarage, die alle Neubauten im Untergeschoss miteinander verbindet.

Die Häuser werden alle vom Hof aus erschlossen.

Alle Wohnungen sind barrierefrei erreichbar. EG- und 1.OG sind als Geschosswohnungen organisiert, die obersten Wohnungen im Dach erhalten eine kleine Galerieebene. Der neue Baukörper entlang der Herrenmühlenstraße erhält, aufgrund des starken Gefälles, ein zusätzliches Sockelgeschoss, welches einen Laden, z.B. eine Bäckerei beinhalten könnte. Dadurch dass die Wohnungen in diesem zentral stehenden Haus erst ab dem 1. OG entstehen, werden Störungen vermieden.
Die Häuser sind als Massivbauten, mit starken, einschaligen, verputzten Wänden konstruiert. Das Dach ist als wirtschaftlicher Holzdachstuhl vorgesehen mit bündiger Traufe. Die Farbgebung der Wände und der Dächer orientiert sich am Bestand, ziegelrote Dächer und helle Wände, so dass ein homogenes, ruhiges Bild entsteht. Die Fenster und Loggien werden durch Klappschiebeläden verschattet. Dadurch entstehen, nutzungsveränderte, lebendige Fassaden.

freiraumstruktur

Durch das städtebauliche Konzept einer auf unterschiedliche Richtungen der Umgebung reagierenden Bebauung wird ein differenziertes und räumlich vielfältiges Freiraumkonzept aufgespannt.

Kernbereich der neuen Bebauung ist der zentral gelegene Mühltorplatz. Er wird von den drei neu gesetzten Baukörpern gefasst und bildet den Abschluss des Quartiers "Klein Venedig". In den Platz wird die existierende Fischtreppe integriert, welche eine neue Uferausformung erhält und eine Hauptattraktion am Platz bildet.
Nordwestlich des Mühltorplatzes gelegen verbindet eine neue Gasse zum Bereich beim Mühltor.
Durch Treppen und kleine Mauern werden topographische Unterschiede überwunden und inszeniert.
In einer Abfolge aus Plätzen, Gassen, Winkeln und Durchschlüpfen entstehen für den Nutzer in einem neuen Quartier Raumqualitäten einer historischen Altstadt.

ort und nutzung

Der Mühltorplatz mit seiner Erweiterung Richtung "Mühltorgasse" bildet den Identität stiftenden Mittelpunkt der neuen Quartiersentwicklung. Hier sind die Eingänge der neuen Baukörper positioniert. Hier entsteht der Raum für Begegnungen. Ein auf den Platz orientierter Laden im westlichen Baukörper bespielt den Platz mit besonderer Nutzung.

Privatgärten werden wo möglich Richtung Eyach orientiert. Mit einem Höhensprung von 1m gegenüber der Straße "Vor dem Mühltor" entwickelt sich hier eine grüne Balkonsituation.

Im Kreuzungsbereich von Herrenmühlenstraße, Am Mühlkanal und Mühltorplatz wird ein Kleinkinderspielplatz entwickelt, die vorhandene Topographie für Kinderspiel nutzbar macht und zum Kontaktbereich einer größeren Nachbarschaft wird.

materialien und vegetation

Als Belagsmaterial für öffentliche Räume wird der vor Ort gebräuchliche rötlich gefärbte Naturstein verwendet. Bereiche, die für den Verkehr frei gegeben sind erhalten Belagsinlays aus Asphaltbahnen. Die Einfassung von Belagsflächen erfolgt wie im Bestand durch grauen Granitstein. Als expressives Ausstattungselement in den öffentlichen Räumen werden unregelmäßig geformt Sitzmöbel aus Holz vorgeschlagen, die als besondere Blickpunkte den verschiedenen Räumen eigenständige Charakteristik verleihen.

Vegetation wird, in Form von Bäumen, sehr gezielt an besonderen Stellen eingesetzt um atmosphärische Fokuspunkte zu definieren. Privatgärten werden durch Hecken und Gräserpflanzungen abgegrenzt. Akzentuiert werden diese schmalen, aber gut situierten Privatgärten durch blühende Großsträucher.

Beurteilung durch das Preisgericht

Drei einfache gut proportionierte Gebäude schaffen in ihrem Wechsel von giebelständig und traufständigen Häusern angenehme Außenräume. Besonders der großzügige Mühltorplatz ist ein schönes Angebot für das Gesamtquartier Klein Venedig. Die Aufgabe der Durchgängigkeit durch das Gebiet in Nord-Südrichtung wird aus städtebaulicher Sicht jedoch bedauert. Eine entschiedenere Ausformulierung der westlichen Wegeführung, die in einer schmalen nicht barrierefreien Treppe um die Ecke vor drei Stellplätze führt wird bemängelt. Die Chance die Situation an der bestehenden Brandwand weiterzuentwickeln wird leider nicht genutzt.

Die Art des stadträumlichen Abschlusses am unteren Ende der Herrenmühlstrasse wird im Preisgericht kontrovers diskutiert. Zwar erlaubt die Gebäudestellung eine geschickte Einbindung des oberen Teils des Fischaufstiegs in den Platzraum, die Überbauung im unteren Teil scheint jedoch der geringeren Wohnfläche geschuldet und bringt erhebliche Belichtungsnachteile für den südlichen Nachbarn.

Die angebotene Gewerbefläche im oberen Haus am Mühltorplatz ist eine gelungene Bereicherung für Ort, die jedoch hinsichtlich der Vermarktbakeit eher kritisch zu betrachten ist. Nicht alle öffentlichen Besucherstellplätze sind innerhalb des Wettbewerbsgebietes angeboten.

Das städtebauliche Erschließungsprinzip über einen gemeinsamen Hof stellt eine sinnvolle nachbarschaftliche Lösung dar. Eine klarere Differenzierung zwischen dem öffentlichen Raum des Mühltorplatzes und dem halböffentlichen Hof wird jedoch vermisst.

Die Einfügung in die vorhandenen Dachlandschaft der historischen Innenstadt und die Silhouette ist nachvollziehbar gut gelöst.

Die Zufahrt zur Tiefgarage über die Straße vor dem Mühltor hat funktionale Vorteile in der Erschließung der Tiefgarage. Jedes Gebäude ist komfortabel über einen eigenen Aufzug erschlossen.

Die geringere nachgewiesene Wohnfläche schränkt die Wirtschaftlichkeit des Projektes ein. Ein höherer Anteil an größeren Wohnungen wäre wünschenswert gewesen. Die materielle und architektonische Umsetzung ist angenehm zurückhaltend und aus wohnungswirtschaftlicher Sicht sinnvoll und nachhaltig.

Die Wohnungsgrundrisse sind grundsätzlich sinnvoll organisiert und im Gebrauch flexibel. Teilweise sind die Individualräume zu klein. Bis auf die zwei Wohnungen im Dreispänner sind sämtliche Bäder natürlich belichtet, jedoch in der Regel etwas zu klein dimensioniert.

Insgesamt stellt die Arbeit durch ihren städtebaulichen Ansatz einen guten Beitrag zum Diskussionsprozess des Preisgerichts dar.