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Nichtoffener Wettbewerb | 02/2014

Erweiterung und Umbau des Museums Mensch und Natur zum Naturkundemuseum Bayern

2. Preis

Bär, Stadelmann, Stöcker Architekten und Stadtplaner PartGmbB

Architektur

Beurteilung durch das Preisgericht

Durch die Aufnahme der Trauf- und Firsthöhen sowie der Dachform des Bestands integriert sich das Konzept in das Ensemble des Schlosses. Im Inneren überrascht ein großzügiger und großartiger Innenraum eines glasüberdeckten Hofes. So wird der öffentliche Raum erweitert und ergänzt, der im Vorfeld vor dem Museum aufgrund der räumlichen Gegebenheiten nicht ausreichend dimensioniert sein kann.
Die Form eines Innenhofes ist auch mit dem Glasdach für das Gesamtensemble ablesbar, obwohl die komplette Schließung des Hofes kontrovers diskutiert wird.
Dieser Verteiler- und Begegnungsraum ist das Zentrum des Konzepts und entspricht in seiner Einmaligkeit und Größe durchaus der Popularität des Museums für Mensch und Natur. Der Zugang zum Innenhof erfolgt über 2 sich dramatisch verengende Einschnitte in den ansonsten angemessen zurückhaltenden und gut gestalteten Fassaden; ein weiterer Übergang zum südlichen Orangeriehof als Verbindung mit dem vorhandenen
Wegenetz ist geplant. Die freie Sicht auf die Großexponate ist schon beim Eintritt in den Innenhof gegeben. In der Museumshalle befinden sich - neben den Großexponaten - offen die Bereiche für Kassen, Shop und Brotzeitraum; auch das Café und der direkt angelagerte Vortragssaal können sich in diesen Raum hinein erweitern und ihn ganzjährig nutzen. Eine Abtrennbarkeit oder ein kontrollierter Zugang zu diesen Teilbereichen ist allerdings nicht einfach herzustellen. Die Funktion eines großen und attraktiven Foyers für alle Nutzungen ist aber zentraler Gedanke und eine große Chance für ein solches Museum.

Die Sonderausstellungen auf gleicher Ebene sowie die Dauerausstellung im Untergeschoss ermöglichen durch die freie Aufteilung eine gute Bespielung und sinnvolle Rundgänge. Die innere Orientierung ist einfach. Zwei lineare Treppen verbinden die beiden
Museumsebenen. Die funktionalen Zusammenhänge sind gut gelöst, es gibt nur wenige Abweichungen von der Auslobung. Die Flächen für Werkstätten und Pädagogik sind zum Orangeriehof orientiert, dafür liegt das Kindermuseum leider im Untergeschoss ohne natürliche Belichtung. Stellplätze und Anlieferung sollen im Westen angeordnet werden, dies ist aber nicht ausreichend dargestellt.

Kerngedämmter Stampfbeton als Fassadenmaterial wird kontrovers diskutiert, auch die vorgeschlagene Farbgebung und die sehr freie Setzung der Fensteröffnungen. Die Gestaltung der Öffnungen mit den Fensterschlitzen und den Aufweitungen der Eingänge ist sehr gut und den inneren Funktionen entsprechend gelöst. Das Glasdach mit seiner ‚Zellstruktur‘ lässt neben der grundsätzlichen Entscheidung für eine komplette Überdeckung auch bauliche Fragen offen, insbesondere hinsichtlich Konstruktionshöhe, Sonnenschutz, natürliche Entlüftung und Entrauchung, Kosten und Unterhalt und aus denkmalfachlicher Sicht die Ausbildung der konstruktiven Details. Dies ist auch Grund für eine nicht gute energetische Bewertung.

Der Entwurf verfügt über brauchbare Ansätze beim Technikkonzept, wobei die Verwendung erneuerbarer Energien sinnvoll integriert wird. Der Energiebedarf für Heizen und Kühlen liegt aufgrund des sehr hohen Glasflächenanteils deutlich über dem Durchschnitt, womit der angestrebte Passivhausstandard schwer zu erreichen sein wird. Insbesondere im Bereich der überglasten Eingangshalle ist mit Überhitzungsproblematik zu rechnen, auch weil die
vorgesehene integrierte Beschattung nicht realisierbar erscheint. Zudem sind hohe Aufwendungen beim Unterhalt der Überdachung zu erwarten. Die Belüftung der Flurbereiche der benachbarten Schule zur Museumshalle hin ist beeinträchtigt.
Die Fluchtwege sind gelöst, die Treppenhäuser führen direkt ins Freie (außer einer Treppe im Bestand). Die Dachgeschosse sind nicht ausgebaut; dies erscheint wenig angemessen,
könnte aber als Erweiterungsflächen gesehen werden.

Die Biosphären- / Naturobjektmetapher des hellen, großzügigen Netzdachs ergibt einen positiven Naturkundebezug, die Eingangshalle strahlt insgesamt eine hohe Ästhetik und Auratik aus, der Besucher erfährt einen positiven, emotionalen Empfang. Die Großobjekte sind zwanglos und natürlich integrierbar. Die verschränkte und integrierte Nutzbarkeit des EG (Foyer / Großobjekte / Sonderausstellungen) ist sehr positiv zu sehen. Die nach unten
folgenden Dauerausstellungen sind gut erschlossen. Der Besucherrundgang im 1. UG ist grundsätzlich zwar eher linear, dennoch ist großzügiges Mäandrieren möglich. Vorschlagsweise sollte die Zwischenwand durch Tragstützen ersetzt werden. Der Vortragssaal ist zu klein.

Die Großzügigkeit des Konzepts mit den attraktiven Aufenthaltsflächen bewirkt einen relativ großen Flächenverbrauch und eine große Kubatur des Gesamtentwurfes. Allerdings kann durch die Anordnung der Großexponate auf der Eingangsebene die untergeschossige
Bebauung auf ein Untergeschoss reduziert werden. Die Ausstellung erstreckt sich auf nur zwei Ebenen.

Insgesamt stellt die Arbeit einen gelungenen Beitrag für diese komplexe Aufgabenstellung dar. Der öffentliche Raum des Museumshofes könnte ein überaus attraktiver Auftakt für dieses beliebte Museum werden.