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Offener Ideenwettbewerb (auch für Studenten) | 02/2014

AIV-Schinkel-Wettbewerb 2014: Spandau bei Berlin

Anerkennungspreis KOOPERATION KONSTRUKTIVER INGENIEURBAU / ARCHITEKTUR / LANDSCHAFTSARCHITEKTUR

Preisgeld: 1.000 EUR

Juliane Schlosser

Student*in

Matthias Peltz

Student*in

Kai Petzold

Student*in

Eva Roll

Student*in

Erläuterungstext

Wahl der Brückenachse

Im Rahmen der Neuentwicklung der Spandauer Ufer von Havel und Spree stellt die Neue Spreebrücke ein Verbindungselement zwischen nördlichem und südlichem Spreeufer dar. Zugleich soll sie als öffentliches Bauwerk für die Stadt identitätsbildend wirken und durch neue Wegeverbindungen visuelle Bezüge zur Altstadt Spandau schaffen. Um dieser Idee gerecht zu werden, erschien eine möglichst altstadtnahe Positionierung unweit der Flussmündung sinnvoll. So lässt sich von jeder Stelle des Uferweges der gesamte Rundgang überblicken und die Brückenkonstruktion wird wiederum vom Altstadt-Ufer aus sofort wahrgenommen. Die Nutzer der Brücke haben stets die Stadt mit ihren prägenden Bauten (Rathausturm, Nikolaikirche) im Blick.


Einbindung in den neuen Rundweg

Der Blick auf die (Alt-)Stadt und die Wahrnehmung der Umgebung verändern sich im Laufe des Weges über die Brücke, deren Verlauf bewusst nicht der kürzesten Verbindung beider Uferkanten folgt, sondern als Kreisbogen ausgebildet ist. Diese Verlaufsform dient der Inszenierung dieses besonderen Wegabschnitts rund sechs Meter über der Wasseroberfläche und ermöglicht außerdem Blickachsen zwischen den Passanten, die die Spree von unterschiedlichen Richtungen her überqueren.

Am südlichen Spreeufer beginnt die Brücke unweit des denkmalgeschützten Gebäudekomplexes der ehemaligen Geschützgießerei. Aufgrund ihrer prominenten städtebaulichen Lage und stadthistorischen Bedeutung erschien ein angemessener Abstand zu dieser historischen Bausubstanz notwendig. Die unmittelbar an die Gebäude anschließenden Außenanlagen werden Teil des neuen Rundwegs – der gesamte Uferbereich wäre somit für die Öffentlichkeit zugänglich und folglich wäre auch für die Zukunft des Gebäudekomplexes eine öffentliche Nutzung wünschenswert.

Die zur Einhaltung des erforderlichen Lichtraumprofils notwendige Anrampung erfolgt über einen neu anzulegenden Erdwall östlich der ehemaligen Gießerei, womit ein fließender Übergang in die vorhandene Topografie erreicht werden soll. Im Bereich des östlich benachbarten Grundstücks wird diese Böschung aus Platzgründen durch eine Gabionenwand gehalten.
Auf dem ansteigenden Weg zur Brücke und auch auf der Brücke selbst werden die Blicke von Fußgängern und Radfahrern entlang der Backsteinfassaden der alten Gießerei geführt. So wird dieser Teil der Stadtgeschichte Spandaus als wichtiger Rüstungsstandort des 19. Jahrhunderts für heutige Perspektiven neu inszeniert.
Auf dem Weg über die Spree eröffnen sich für den Passanten weitere Blickachsen zur Altstadt Spandau, zu Charlotten- und Juliusturmbrücke, die ihrerseits den Rundweg über der Havel schließen, sowie zu den von Grün umgebenen Industriebauten entlang der Spree in östlicher Richtung.


Für Betrachter, die von anderen Stellen des Rundweges auf die Neue Spreebrücke blicken, soll der Eindruck eines leichten, filigranen Bauwerks entstehen, das sich innerhalb der heterogenen städtebaulichen Situation an diesem Standort selbstbewusst positioniert und dennoch nicht aufdrängt. Das Brückengeländer erzeugt für weiter entfernte Betrachterperspektiven ein transluzentes horizontales Band; aus der Nähe wird ein Muster aus 10 x 15 mm dicken Stahlstäbchen sichtbar. Deren Anordnung erscheint, in Anlehnung an „Mikado“, rein zufällig. Jedoch wiederholt sich das Muster in jedem Geländer-Segment alle vier Meter gemäß dem Abstand der Hängerseile. Bei Dunkelheit verstärkt ein Lichtband im Handlauf die Betonung der Horizontalen, die sich im Wasser spiegelt.


Das Spannungsfeld aus Industrie, historischer und moderner Bausubstanz, Natur und gedämpft hörbarem Lärm der nahe gelegenen Hauptverkehrsadern soll auch auf den Wegabschnitten am nördlichen Spreeufer erlebbar werden. Dort ist ein fließender topografischer Ausgleich von Uferkanten- und Brückendeck-Niveau ebenso durch einen neuen Erdwall mit Gabionenwand vorgesehen, der zur Straße Am Juliusturm hin wieder leicht abfällt um das Niveau der Juliusturmbrücke zu erreichen. Dieser Geländebereich an der Flussmündung ist als möglichst naturbelassene Grünfläche mit Baumgruppen geplant, die von verschiedenen Fußwegen durchkreuzt wird. Es entsteht so innerhalb des Rundweges ein weitläufigeres Stück Park mit dichterem Baumbestand. Dessen besondere Aufenthaltsqualität besteht darin, dass sich der Besucher zwar in unmittelbarer Nähe zu Stadt und Hauptverkehrsstraßen befindet, jedoch diese visuellen und auditiven Eindrücke nur gedämpft wahrnimmt. Bäume und Wasser werden für diesen Ort zu einer Art natürlicher Abschirmung. Der Weg der Neuen Spreebrücke endet hier nicht an der Uferkante, sondern auf einer erhöht liegenden Platzsituation, die einen Ausblick auf die Umgebung ermöglicht und von der aus Wege in verschiedene Richtungen abzweigen: links und rechts Treppen bzw. Rampen hinunter zum Uferweg oder geradeaus zur Juliusturmbrücke.


Entwurfsidee

Unter Berücksichtigung verschiedenster Randbedingungen fiel die Entscheidung für eine einhüftige Hängebrücke, deren Mast aus den Baumgruppen am nördlichen Ufer herausragt. Mit 45 Metern (Oberkante) stellt er in der näheren städtebaulichen Umgebung einen Hochpunkt dar.
Der bogenförmige Fahrbahnverlauf und die einseitige Stützung legten nahe, den Überbau als Kreisringträger auszubilden. Um die Hängerseile im inneren Kreis (auf stadtabgewandter Seite) anbringen zu können, ohne dass diese den Weg über die Brücke behindern, ragt der außerhalb stehende Mast radial in den Kreis hinein. Die Position des Mastkopfes, an dem die Tragseile hängen, bewirkt eine Asymmetrie mit Masse-Konzentration am nördlichen Ufer – nicht zuletzt wegen des Wunsches, den Gebäuden der ehemaligen Geschützgießerei nicht zu nahe zu treten.

Der Blick auf Spandau wird von Berlinern und Besuchern bislang vor allem durch die kleinteilige historische Stadtstruktur mit einigen prägenden Bauten sowie der Zitadelle geprägt. Der diese Elemente verbindende Rundweg entlang Havel und Spree wird als Naherholungsgebiet für Anwohner und Besucher aufgefasst und soll eine natürliche, entspannte Atmosphäre schaffen. Aufgrund dieser Ausgangssituation erscheint eine möglichst leichte, filigrane Brückenkonstruktion sinnvoll. Ziel ist weniger eine spektakuläre „Ikone“, als vielmehr ein elegantes Verbindungselement, das mit den bereits bestehenden Verbindungsbrücken Charlotten- und Juliusturmbrücke eine Beziehung eingeht und identitätsbildend wirkt – und dies trotz der drei so unterschiedlichen Brückenkonstruktionen. Die "Neue Spreebrücke" schließt einen Kreis und begründet – zur behutsamen Identitätsbildung und Stärkung vorhandener, lokaler Potentiale – ein in mehr als einer Hinsicht tragfähiges Brückenensemble.