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Offener Ideenwettbewerb (auch für Studenten) | 02/2014

AIV-Schinkel-Wettbewerb 2014: Spandau bei Berlin

Anerkennungspreis Städtebau

Preisgeld: 1.000 EUR

Jacqueline Botur

Student*in Stadtplanung

Victoria Hoedt

Student*in Stadtplanung

Erläuterungstext

Spandau bei Berlin

Zwischen Stadt und Landschaft

Das bestehende Stadtgefüge Spandaus ist historisch bedingt durch wenig zusammenhängende Siedlungseinheiten geprägt. Die überdimensionierten Verkehrstrassen zwischen der Altstadt und den angrenzenden Quartieren bilden eine Barriere, welche die Altstadt isoliert und ihre Funktion als attraktives Nebenzentrum verhindert.

Aufgrund dieser Problemlage ist die Generierung eines neuen Altstadtsaumes Leitidee für den Entwurf. Ein Kontrast zwischen weiträumigem Landschaftsraum an der Havel und neuem Stadtband entlang des Altstädter Rings stärkt die Eigenständigkeit und die Erkennbarkeit des Ortes.
Der zukünftig attraktive Wohn- und Arbeitsstandort mit Anziehungspunkten für Kunst und Kultur wird Spandau als Stadtzentrum Berlins neu definieren.


Stadtraum

Für die Umsetzung dieser Leitidee wird der Altstädter Ring in seinen Dimensionen reduziert und ermöglicht das Zusammenwachsen der Quartiere. Dazu wird der Falkenseer Platz zu einer Kreuzung umgebaut und die Fahrbahn jeweils um eine Spur zurückgenommen. Die neuen Stadtfelder ergeben sich überwiegend durch die vorhandenen Übergänge zu ihren angrenzenden Quartieren und fügen sich dadurch harmonisch in das Netz ein. Das Bahnhofsvorfeld wird durch eine neue Stadtkante eingefasst. Die Silhouette verbindet gleichzeitig die Stadtstruktur des Hohenzollernrings mit der Altstadt. Der Rathausplatz und der Münsinger Park bleiben unbebaut und bilden eine weiträumige Freiraumfigur.
Während die Räume westlich der Altstadt verdichtet werden, sollen an den Uferbereichen von Spree und Havel öffentliche Grünanlagen entstehen. Am Lindenufer findet eine Arrondierung der bestehenden Stadtfigur statt, an der sich das Freiraumband angliedert. Das Quartier um die Spreeschanze wird neu geordnet und öffnet sich zum Spreeraum. Die Zäsur ergibt sich aus der neuen Verbindung zwischen der Zitadelle und Stresowquartier und wird als weiträumige Promenade ausgebildet. Das südlich angrenzende Stresowquartier soll langfristig umstrukturiert werden. Die Verzahnung von Baufeldern und Freiraum bildet hier den Schwerpunkt. Westlich des Stresowplatzes wird die bestehende offene Struktur zum Wasser ergänzt.

Freiraum

Vorrangig ist der Ausbau öffentlicher Uferwege beidseitig von Havel und Spree zu realisieren. Dabei werden die Rad- und Wanderwege integriert. Aufgrund der neuen Spreeüberquerung wird der Spreeweg an das südliche Spreeufer verlegt.
Einzelne Freiraumelemente sind durch besondere Funktionen hervorgehoben. Als Aktionsfelder wird beispielsweise die Geschützgießerei Veranstaltungen in den Freiraum auslagern und das Altstadtfenster, ein Ort der Begegnung zwischen Altstadt und Altstädter Ring, als Freifläche und Außenbereich einer „offenen Kantine“ dienen. Des Weiteren entstehen durch Verengungen und Aufweitungen spannende Sicht- sowie Wegebeziehungen zwischen Stadt und Wasser.

Quartiersbildung

Die Unterscheidung der einzelnen Quartiere um den Altstadtkern wurde als zentrale Herausforderung verstanden. Dabei ist die Nutzung der vorhandenen Standortpotentiale besonders wichtig. Unterschiedliche Schwerpunkte sollen Identität bilden und die Attraktivität steigern.
Das Bahnhofsumfeld und die Altstadt sollen weiterhin als zentraler Standort des Einzelhandels verstanden werden. Die neuen Stadtquartiere dienen ausschließlich zur Erweiterung und Verbesserung des Angebotes in Spandau und generieren neue Zielgruppen. Somit dient die Altstadt als Bindeglied zwischen den neu entstehenden Quartieren.
Das ausgebaute Wegesystem dient dazu, dass alle Quartiere untereinander vernetzt sind und somit im Sinne einer „Stadt der kurzen Wege“ erschlossen werden. Die Vernetzung der einzelnen Quartiere ist ein Vorhaben hoher Priorität.

Vernetzung

Zusätzlich zu der bereits erwähnten Umstrukturierung der Freiraumverknüpfungen werden bestehende städtische Verbindungen aufgewertet und durch neue Verbindungen ersetzt. Besonders wichtig ist dabei die Einbindung der Zitadelle als Identitätsträger und touristischer Anziehungspunkt Spandaus. Zukünftig sollen zwei neue Brücken entstehen. Die eine wird die Schleuse an der Havel integrieren und die Zitadelle besser mit der Altstadt verbinden. Die Achse verläuft südlich über die Breitestraße bis hin zur Ruhlebener Straße und bindet damit auch das Bahnviadukt besser in das Wegenetz ein. Dieses wird durch den neuen Platz zwischen ehemaligem Postamt und den Spandauer Arkaden belebt. Das zweite Brückenprojekt ermöglicht die Anbindung der Zitadelle über das Schanzenquartier hin zum Bahnhof Stresow. Durch die bessere Einbindung des Bahnhofs Stresow soll ebenfalls das Bahnviadukt integriert und belebt werden. Alle bestehenden Brückenbauwerke werden durch die neuen Wegeverbindungen optimal ausgenutzt und erhalten somit eine höhere Priorität und Ausnutzung.
Hochpunkte und Denkmäler dienen als Orientierungshilfe und Identitätsträger, somit werden die besonderen Orte revitalisiert. Zusätzlich sind neue Hochpunkte geplant, welche Quartierseingänge und die Spreemündung markieren. Des Weiteren sollen die neuen Wege eine einmalige Sichtbeziehung zwischen Stadt und Landschaft, dem zentralen Thema in Spandau, arrangieren.

Vertiefung Altstädter Ring

Im Vertiefungsbereich des Altstädter Rings ist die Herstellung eines dichten städtischen Straßenbereichs die zentrale Aufgabe. Vor allem die Aufwertung des Bahnhofsumfeldes in Verbindung mit dem Münsinger Park ist Schwerpunkt der Bearbeitung. Dabei war die Neuinszenierung des Parks durch die Generierung einer neuen Raumkante wichtig, welche aufgrund ihrer Form die Altstadt und das Quartier des Hohenzollernrings zusammenbindet. Dadurch soll vor allem auch die Zusammengehörigkeit des Rathausvorplatzes mit dem Münsinger Park generiert werden. Das Ziel der Reduktion des Busverkehrs am Altstädter Rings führt zu einer Verlegung einzelner Haltestellen an zum neuen Bahnhofsvorplatz. Hier soll es nun möglich sein mit einer „Park and Ride“ Stellfläche, der neuen Haltestellen und großzügigen Fahrradparkplätzen an beiden Nordeingängen den Bahnhofsvorplatz optimal zu nutzen und zu revitalisieren. Auch zwischen Arkaden und Bahnhof soll ein neuer Fahrradstellplatz entstehen. Dieser soll einer besseren Erreichbarkeit der Bahnreisenden aus dem Gebiet südlich des Bahnhofs dienen. Die Wegeverbindung zum Bahnhof und zur U-Bahn Station ist somit auf ein Minimum reduziert und soll zu einer besseren Gesamtordnung des Bahnhofsumfeldes führen.

Am Mühlengraben befindet sich ein weiterer Schwerpunkt der Arbeit. Durch die Neustrukturierung und somit Abschirmung vom immisionsreichen Altstädter Rings wird der Mühlengraben nun als großes Wohnpotential gesehen. Durch die Integration von Stadthäusern sollen neue Zielgruppen erreicht werden, welche den besonderen Blick zum Mühlengraben genießen können. Auch barrierefreies Wohnen im Erdgeschoss spielt eine wichtige Rolle und soll zu einer Verbesserung der gesamten Wohnqualität führen. Als neuer Impulsgeber entsteht die Akademie für Kunst und Handwerk, welche eine weitere Zielgruppe in das Quartier integriert. Junge freischaffende Künstler und Handwerker sollen das Quartier beleben.

Um weiterhin eine Sichtbeziehung zur Altstadt aufzubauen, wurde ein Fenster in den neuen Stadtsaum eingebracht, welcher es auch von der Straße aus ermöglicht weiterhin Blickbeziehung zur Spandauer Altstadt aufzunehmen. An dieser Stelle werden die denkmalgeschützte Stadtmauer und angrenzende Häuser betont. Dieser Grünzug soll einen gemeinschaftlichen Platz für das neu entwickelte Quartier darstellen. Hier können gemeinschaftliche Gärten entstehen, welche die neuen Bewohner zusammenbringen. Außerdem besteht die Möglichkeit die Fläche durch die „offene Kantine“ auszunutzen und den Ausblick auf den Mühlengraben zu genießen. Auch der gestaltete Flanierweg entlang des Mühlengrabens lädt zum spazieren und sportlichen Aktivitäten, wie joggen oder walken, ein. Durch die Anbindung an den Münsinger Park im Süden und der Zitadelle im Norden lassen sich auch weitere Strecken im gesamten Freiraumsystem entdecken.

Beurteilung durch das Preisgericht

Ausgangspunkt der Arbeit ist eine weitgehende Akzeptanz der stadtstrukturellen Gegeben-heiten mit den bestehenden Grundstückszuschnitten und dem Verlauf des Altstädter Rings. Für den Ring ist lediglich eine Reduktion der Spurbreite vorgesehen. Der Kreisverkehr am Falkenseer Platz wird durch eine Kreuzung ersetzt. Die zur Zeit dem Verkehr vorbehaltenen Trassen erhalten eine räumliche Fassung und werden in das umgebende Stadtgefüge inte-griert. Die beidseitige Abschirmung reduziert die Emissionsbelastung der angrenzenden Quartiere.

Die vorgeschlagenen Arrondierungen im Bereich des Münsinger Parks und die Platzfläche vor dem Rathaus akzentuieren den Eingangsbereich zwischen Altstadt und Bahnhof. Gleichzeitig erhält der Münsiger Park eine räumliche Fassung. Dabei wäre stellenweise eine größere Integration des Bestands möglich.

Der Vorschlag den westlichen Uferbereich des Mühlengrabens zu bebauen wird kontrovers diskutiert. Es erscheint nachvollziehbar, einen Kontrast zwischen grün geprägtem Havelufer und steinern eingefasstem Mühlengraben aufzubauen und mit einem großzügigen ‚Stadt-fenster’ eine Sichtbeziehung zur Altstadt zu ermöglichen. Eine Wiederholung dieses Motivs im Verlauf des Altstädter Rings wäre wünschenswert. Dagegen wirkt die öffentlich belassene Uferzone entlang des Grabens beengt und wird der besonderen Bedeutung der ehemaligen Befestigungsanlage nicht gerecht. Zudem fehlt der dargestellten Bebauungstypologie die nötige Sensibilität im Umgang mit dem Maßstabssprung zur Altstadt.

nsgesamt setzt sich die Arbeit intensiv mit den gegebenen Problemlagen auseinander. Un-ter Verzicht auf kostenintensive Umbaumaßnahmen zeigt sie mit den vorgeschlagenen Inter-ventionen beispielhaft Potentiale auf. Neben neuen stadträumlichen Verknüpfungen gehört dazu insbesondere der Verweis auf Bereiche, die sich für eine Nachverdichtung anbieten. Dagegen verliert die Arbeit im Detail an Überzeugungskraft.