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Offener Ideenwettbewerb (auch für Studenten) | 02/2014

AIV-Schinkel-Wettbewerb 2014: Spandau bei Berlin

ANERKENNUNGSPREIS STÄDTEBAU

Preisgeld: 1.000 EUR

Adeline Hofmann

Student*in Stadtplanung

Ramona Ohla

Student*in Stadtplanung

Erläuterungstext

Aufgabe:
Die historische Altstadt von Berlin Spandau ist umrahmt von Hauptverkehrswegen. Durch
diese entsteht eine Barriere zwischen Altstadt und der restlichen Bebauung. Aufgabe ist es
den Kern Spandaus an die neuere Bebauung anzuschließen und so eine übergangslose
Fusion beider Stadtteile zu erreichen. Auch sollen neue Institutionen, wie Theater und
Kulturcampus dazu beitragen Spandau als Stadtteil von Berlin aufzuwerten.

Getaped:
Tapen oder Taping bezeichnet eine Therapiemethode bei der elastische Bänder entlang von
Muskel- oder Sehnensträngen auf der Haut aufgebracht werden. Sie stimulieren die
Hautrezeptoren und regen die Blut- und Lymphzirkulation an. Getaped als städtebauliches
Konzept unterstützt vorhandene Struktur, so dass die Bänder der Stadt lesbar werden.
Durch Initiatoren, also Gebäude mit städtebaulich bedeutender Funktion, wird Spandau neu
belebt. Die Zirkulation in und nach Spandau angeregt.

Verkehr:
Erste Überlegungen galten dem Verkehrsproblem in Spandau. Schon zu Beginn stand fest,
dass die Situation Am Juliusturm und am Altstätdter Ring entschärft werden musste.
Entschieden wurde sich für eine Entlastung durch Umgehungsstraßen. Der Schwerverkehr soll zum großen Teil ausgelagert und über eine Umgehung umgeleitet werden.

Die Umgehung besteht aus der Ruhlebenerstraße, der Zeppelinstraße und einer neu
angelegten Straße im Osten zwischen Am Juliusturm und Charlottenburger Chaussee, durch
das Industriegebiet verlaufend.

Die Seegefelder Straße wird vom privaten KFZ-Verkehr befreit und dient nun als
Bahnhofsvorplatz mit Busbahnhof und Taxiständen.

Struktur:
Die neuen Strukturen an die bestehenden anzuschließen ist bei diesem Entwurf die Leitidee. Dabei kristallisierten sich bei der Analyse immer mehr eine Art Streifen heraus, die durch die Blockrandbebauung der Altstadt vorgeben war. Die neuen Gebäudestrukturen mit ihren unterschiedlichen Nutzungen nehmen die „Streifen“ der Altstadt auf und führen sie an die Neustadt heran. So entsteht eine homogene Verbindung von Alt- zu Neustadt in alle Richtungen.

Grünflächen:
Spandau verfügt bereits über attraktive und ausreichende Grünflächen, welche aber leider durch die Verkehrsbarriere und fehlende Übergänge über Havel und Spree relativ umständlich zu erreichen sind. Um alle Grünflächen miteinander zu verknüpfen und eine Art grünen Ring um die Altstadt zu schaffen, gibt es nun drei neue Fußgängerbrücken, welche ein einfaches Umwandern des Stadtkerns ermöglichen und zum Flanieren oder Verweilen in den Parks einladen sollen.

Neue Funktionen/ Institutionen:
Um die neuen Gebäudestrukturen zu beleben und fehlende Institutionen in Spandau hinzuzufügen, sind drei neue Hauptanlaufpunkte zu dem bestehenden Zitadellengelände um den Altstadtkern platziert worden.

Das Tagungszentrum am alten Postgelände soll ein Anlaufpunkt für Pendler sein. Damit wird Spandau als möglicher Arbeitsstandort attraktiver gemacht.
Gegenüber dem Rathaus werden des weiteren Polizei und Ämter eine zentrale Rolle für die Bürger einnehmen.

Der Kulturcampus vereinigt viele Bildungseinrichtungen wie auch soziale Angebote. Er bildet damit den neuen kulturellen Mittelpunkt der Stadt und einen Treffpunkt für Jung und Alt. Die neu geschaffene Mehrzweckhalle steht zwar außerhalb des Campus, aber durch ihre flexible Nutzung und Lage steht sie dennoch im Fokus des Ensembles.

Die alte Geschützgießerei wird umgenutzt und dient Spandau als Theater. Rund um das Gelände sollen Kreative sich eingeladen fühlen mit dem Industriecharme umzugehen.

Auch wurde darauf Wert gelegt den Einzelhandel in der Altstadt zu belassen und nicht noch weiter auszulagern. So fungiert der Altstadtkern weiterhin als das Zentrum Spandaus.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Wettbewerbsbeitrag führt die städtebauliche und räumliche Entwicklung weg von der Dominanz der Verkehrstrassen und hin zur Stärkung der Altstadt in ihrem Bezug zur Havel und zu den westlich anschließenden Wohngebieten.
Zur Entlastung vom Schwerlastverkehr werden textlich Anregungen im Umfeld des Wettbe-werbsgebietes gegeben.
Im Norden wird der Falkenseer Platz zu einer Stadtstraßenkreuzung zurückgebaut. Die hier-bei gewonnenen Bauflächen werden durch Blockrandbebauung sinnvoll genutzt.

Die Verfasser rücken entsprechend den Altstadtring in verringerter Breite als Baumallee an den Mühlgraben mit schönem Blick auf die Altstadthäuser. Als gewünschter „Attraktor“ wird westlich des Altstadtringes ein neuer Kulturcampus lokalisiert mit weiteren Schuleinrichtun-gen, einer Mehrzweckhalle in Verlängerung der Moritzstraße und somit in Beziehung zum Marktplatz. Dazu wird als „Rahmen“ südlich der neuen Moritzstraße ein neues Wohnquartier richtig vorgeschlagen. Südlich davon soll der Münsinger Park anstelle der ehemaligen Wall-anlagen (Festung bis 1880) erweitert werden. Er schließt wie bisher an den Rathausvorplatz an und erweitert ihn stadträumlich und stadthistorisch. Dem großen Stadtumbau westlich der Altstadt entsprechen auf der östlichen Seite der Altstadt in Stresow nur begrenztere Umbau-vorschläge, etwa einzelne neue Wohnbaugruppen am Havelufer z. Bsp. anstelle des Betonwerks gegenüber dem Rathaus, und ein Kongress- und Tageszentrum anstelle der Post zwi-schen Klosterstraße und Havel, das diesen Bereich südlich des Rathauses aufwerten soll.

Schließlich soll die Fabrikhalle der ehemaligen Geschützgießerei Teil eines Kunstquartiers mit Theaternutzung werden. Ein solches Kunstquartier erhält dann eine Fußgängerbrücke direkt zur Altstadt. Ob dieses am richtigen Ort entsteht bleibt eher offen.
Zusammengefasst sind mit vorliegendem Konzept neue Stadtraumqualitäten möglich und verbessern vor allem die westlichen Innenstadtquartiere, jedoch gilt: nur wenn es gelingt, den Individualverkehr auf dem Altstätter Ring erheblich zu verringern, kann Spandau hier eine attraktivere Zukunft finden.

Die Trennwirkung der Straße am Juliusturm im Norden der Altstadt wird durch Fahrbahnre-duzierung und eine zurückhaltende Arrondierung der Bebauung gemildert.
Durch den Rückbau des Altstädter Rings werden die Grünanlagen am Stadtwall besser er-lebbar und die Sichtbeziehung auf die Altstadt gesichert, gleichzeitig aber auch Brücken zu den angrenzenden Stadtgebieten geschaffen. Diese gewährleisten eine tragfähige neue Struktur zur Vernetzung der unterschiedlichen Stadtgebiete.
Am Bahnhof Spandau (Seegefelder Straße), in Höhe des Amtsgerichts (hier wird Abriss vo-rausgesetzt) sowie an der Falkenseer Straße werden Flächen für eine intensive Neubebau-ung bzw. verdichtende Ergänzung für Wohnen und Gewerbe geschaffen. Die Baufelder wer-den durch die umgestalteten und erweiterten Parkanlagen sowie durch einen Stadtplatz von-einander getrennt. Dieser Platz dient dem Theater und eröffnet so eine Querachse, die durch die Altstadt zum Havelufer führt. Auf dem Stresow bildet eine kulturelle Einrichtung in der ehemaligen Waffenfabrik deren Abschluss.

Der Platz zwischen Rathaus und Bahnhof wird verkleinert. Die Erweiterung des Mühlgrabens zu einem Wasserbecken wertet den Raum auf und lädt in die Fußgängerzone der Altstadt ein.
Die vorgeschlagene Bebauung am Fuß des Rathauses ersetzt das Parkhaus und engt damit auch den Uferfreiraum ein. Für die Überbauung der Post wird eine durchwegte Bebauung dargestellt.

Die Freiflächen zwischen Altstadt und Wröhmänner-Park gewinnen an Erholungsqualität, weil sie nicht mehr in so starkem Maße vom Straßenverkehr
beeinträchtigt werden.

Die Autoren leisten mit ihrer Arbeit einen wertvollen Beitrag zu einer ergebnisoffenen Dis-kussion der zukünftigen Stadtentwicklung.