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Offener Ideenwettbewerb (auch für Studenten) | 02/2014

AIV-Schinkel-Wettbewerb 2014: Spandau bei Berlin

ANERKENNUNGSPREIS STÄDTEBAU

Preisgeld: 1.000 EUR

Albrecht Jentzsch

Student*in Stadtplanung

Erläuterungstext

Haus im Grünen

Diverse Strukturen

Der Kontext weist eine Vielfalt an Strukturen auf, die sich auch miteinander vermischen. Der Entwurf versucht nicht, diesen aus gegenläufigen Denkansätzen entstandenen Strukturen im Nachhinein eine übergeordnete Ordung zu verleihen. Vielmehr wird die Diversität als Qualität verstanden und um eine weitere Struktur bereichert.

Das Atriumhaus als Stadtgenerator

Für das vorliegende Projekt wurde ein städtebaulicher Ansatz gewählt, der von einer Stadthaus- Typologie ausgeht. Der Kontext ist hier nicht der wichtigste entwurfsbestimmende Faktor.
Durch eine einfache, seriell produzierbare Typologie wird preisgünstiges Wohnen im Grünen ermöglicht. Dabei erhält das Planungsgebiet einen spezifischen städtischen Charakter. Es wird ein Verständnis von Urbanität entwickelt, welches versucht, von der Stärke Spandaus, dem Wohnen im Grünen, bestmöglich zu profitieren. Die Urzelle dieses Entwurfs ist das Atriumhaus. Das Atrium wird als Gemeinschaftshof verstanden. Zwanglos fördert es die nachbarschaftliche Kommunikation. Als Vermittler zwischen öffentlichem Außenraum und dem privaten Bereich der Wohnung ermöglicht es nachbarschaftliche Kontakte, die in den klassischen Strukturen der Europäischen Stadt kaum möglich sind. Die repetitive Kubatur der Einzelgebäude funktioniert in der Gruppe, ist aber auch stark genug, um sich als Solitär zu behaupten. Das hat eine hohe Flexibilität zur Folge, der Entwurf kann auch funktionieren, wenn er nicht komplett realisiert wird. Die gegeneinander versetzten Räume bilden einen Kontrast zu der inneren starren Ordnung der Baukörper. Jedes Haus befindet sich somit in einer einmaligen Konstellation. Der Bestand wird nach Möglichkeit stehen gelassen, um die Identität des Ortes zu erhalten. Die Atrien befinden sich in den ersten Stockwerken der Häuser, da in den Erdgeschossen Tiefgaragen geplant sind. Der äußere Ring der Erdgeschosse ist mit Geschäften, Bars, Cafés und ähnlichen Nutzungen belegt. Dadurch entfallen in den Innenhöfen die dunklen Erdgeschossbereiche und der Außenraum wird nicht durch parkende Autos verunstaltet.

Stadt oder Landschaft?

Diese Quaderlandschaft wird in ein Netz von Grünräumen eingebunden, was dem Charakter Spandaus als Stadtlandschaft entspricht. Das Bebauungsareal wird als Verbindung zwischen dem grünen Flussufer und dem Spekteweg gesehen, ebenso wird es als Verbindung zwischen der Altstadt und den angrenzenden Wohngebieten verstanden. Man kann dieses Gebiet durchqueren, indem man sich als Spaziergänger von Park zu Park bewegt, man kann es aber auch als Ansammlung von städtischen Inseln mit Geschäften und Cafés betrachten. Es entsteht ein Deutungsspielraum. Letztlich muss der Nutzer das Gebiet für sich selbst definieren. Es kann auf vielfältige Weise angeeignet werden. Das Wohnen im Grünen wird also als Leitbild für den Stadtteil weitergeführt, entsprechend dem Masterplan West des Stadtplanungsamtes. Auf gesamtstädtischer Ebene erscheint es sinnvoll, in den außen liegenden Stadtteilen eine geringere Bevölkerungsdichte beizubehalten, um die Infrastruktur nicht unnötig zu belasten, da diese teilweise zurückgebaut werden soll. Dabei muß jedoch nicht auf Urbanität verzichtet werden, denn Urbanität und ein hoher Anteil an vegetativ geprägten Räumen schließen sich nicht aus. Dafür ist Berlin ein naheliegendes Beispiel. Obwohl es zahlenmäßig einen der größten Grünanteile unter den Großstädten der Welt hat, ist es im kollektiven Gedächtnis als erstklassige Kulturproduktionsmaschine verankert.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Projekt polarisiert, indem es eine Reihe von scheinbar antagonistischen Zielen themati-siert: Urbanität und Weite, Stadtkörper und Landschaftsraum, Serialität und Individualität, Introvertiertheit und Offenheit. Dabei interagiert die auf den ersten Blick artifizielle Struktur durchaus intelligent mit dem Kontext, indem es dessen Diversität als Qualität herausarbeitet. Das Grünband mit der eingebetteten Bebauung stellt die historische Altstadt Spandaus frei und zeichnet das ehemalige Glacis interpretativ nach, die städtebauliche Struktur ergänzt die aus unterschiedlichen Zeiten entsprechend verschiedener urbanistischer Theorien herrüh-renden Bestandsstrukturen um eine weitere Schicht, die das Thema des Wohnens im Grü-nen in einen urbanen Zusammenhang zu bringen versucht.

Diese „Quaderlandschaft“ kommentiert sowohl die mittelalterliche Altstadt wie auch die Zei-lenbauten des XX.Jahrhunderts. Der Entwurf ist dabei zunächst programmatisch zu verste-hen, die einzelnen Baukörper skalieren den Typus des Atriumhauses prototypisch in unter-schiedlichen Maßstäben und bedürfen einer genaueren Betrachtung, insbesondere hinsicht-lich der Dimensionen und Qualitäten der entstehenden Hof- und Zwischenräume. Die sich durch die neue Figur ergebende Ambiguität zwischen Dichte und Weite fasziniert trotz Schwächen im Detail. Der Entwurf entwickelt den Gedanken der Stadtlandschaft weiter und zeigt dabei eine klare Haltung im Umgang mit Übergangsräumen zwischen historischem Stadtkern und den Stadträumen der Moderne.