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Nichtoffener Wettbewerb | 02/2014

Am Klemmbach

3. Preis

Preisgeld: 4.600 EUR

di dörr & irrgang - Architekten und Generalplaner GmbH

Architektur

FSP Stadtplanung

Stadtplanung / Städtebau

Erläuterungstext

Städtebauliches Gesamtkonzept

Die bestehenden städtebaulichen Strukturen südlich der Mühlenstraße werden in ihrer „aufgelockerten Geschlossenheit“ aufgenommen und nördlich des Klemmbachs in zeitgemäßer architektonischer Form interpretiert. So entsteht entlang des Klemmbachs eine durch Gewässer, Straße und Bebauung geprägte klare, lineare Raumstruktur mit mehreren Baufeldern. Die grünen Zäsuren zwischen diesen Baufeldern gliedern und begrenzen baustrukturell verwandte, aber jeweils eigenständige, identitätsstiftende Hausgruppen, die sich zur Klemmbachaue hin orientieren und im rückwärtigen, verkehrsberuhigten Erschließungsbereich halböffentliche Hofstrukturen ausbilden.

Auf zusätzliche „Brückenschläge“ über den Klemmbach zur direkten Erschließung einzelner Hausgruppen wird bewusst und konsequent zugunsten der Freiraum- und Wohnqualität entlang des Klemmbachs verzichtet. Die notwendigen Erschließungswege verlaufen einzig über die vorhandene Fahrbrücke und den Fußgängersteg zu den verkehrsberuhigten und entsprechend als halböffentliche Aufenthaltsräume gestalteten Freiflächen am rückwärtigen Rand der Hangkanten.

Das Siedlungsband wird durch einen großzügigen, zentralen Freiraum unterbrochen, der die Bebauung an der Hauptstraße über einen parkartigen Anger räumlich und funktional mit den Klemmbachauen verbindet. In den Grünraum eingebettet ist ein Sonderbaukörper für Seniorenwohnen mit einem erdgeschossigen, allseits orientierten öffentlichen Quartierscafé als generationenübergreifender, integrierender Treffpunkt und Kommunikationsort für Jung und Alt.

An der Hauptstraße entsteht im Zusammenhang mit dem denkmalgeschützten Bestand eine hofartige Quartiers- und Gebäudestruktur, die einen zur Hauptstraße orientierten Platz ausbildet. Die bestehenden und das neue Gebäude für Einzelhandel und Dienstleistungen markieren an ihrer Südseite durch Terrassen, Rampen und Treppen eine an diesem topografisch markanten, historischen Siedlungsrand auch zukünftig eine einprägsame Raum-, Aussichts- und Nutzungsbeziehung zwischen der höher liegenden Altstadt und den Klemmbachauen.
Verkehrskonzept

Die einzelnen Baufelder werden in ökonomischer Weise über die bestehende Straßenbrücke erschlossen, ohne zusätzlich in den bestehenden Klemmbachbereich bautechnisch und funktional störend einzugreifen. Die bestehende Brücke stellt damit die zentrale Erschließung von zwei Baufeldern dar, welche westlich und östlich des zentralen Angers liegen. Das dritte Baufeld wird über die Margarethenstraße von Westen her erschlossen.

Die im Charakter halböffentlichen Wohnstraßen werden als Shared Space beziehungsweise Mischflächen verkehrsberuhigt gestaltet und nehmen ausschließlich den Anliegerverkehr auf. Im Bereich der einzelnen Höfe entstehen Wendemöglichkeiten für Versorgungsfahrzeuge. Die notwendigen Stellplätze werden in Form von Tiefgaragen und ebenerdigen Besucherstellplätzen entlang der Wohnstraßen nachgewiesen.

Der zentrale Anger mit seinen Berührungsflächen zum Klemmbach verbindet den neuen, gesamtstädtisch bedeutenden Ost-West-Fußweg am Klemmbach mit der vorhandenen Anbindung über das Eichgässle an die Hauptstraße. Auch über den Platz der ehemaligen Synagoge ist das Quartier am Klemmbach in Richtung Innenstadt und die angrenzenden Wohnquartiere fußläufig angeschlossen. Die Wohnstraßen im Plangebiet nehmen damit den übergebietlichen Fußgängerverkehr auf und schaffen zusätzliche Verbindungen zur bestehenden Kapelle mit Spielplatz und den angrenzenden, privaten Grundstücken im Bestand.


Grün- und Freiflächenkonzept

Die öffentlichen Grün- und Freiflächen entlang des Klemmbachs und insbesondere auch der zentrale Anger übernehmen eine überquartierliche, gesamtstädtische Funktion und Bedeutung als Erlebnis-, Aufenthalts- und Naherholungsbereich für alle Bewohner von Müllheim.

Identitätsstiftend für den gesamten Quartiersbereich ist der zentrale Anger, der sich von der geplanten Bebauung im Norden bis zum Klemmbach im Süden erstreckt und über das bestehende Eichgässle und den geplanten Weg entlang des Klemmbachs fußläufig sehr gut zu erreichen ist. Der innere Anger soll als kleiner Park eher ruhigen Charakters sein. Der Klemmbach wird an dieser zentralen Stelle aufgeweitet, naturnah gestaltet und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Hier nehmen die älteren Menschen am Tagesleben teil, Kinder spielen am Ufer, Nachbarn genießen kommunikativ ihren qualitätsvollen Wohnstandort.

Entlang des Klemmbachs ist unter Berücksichtigung der bestehenden Bäume ein großzügiger, linearer Grünraum geplant, der zum einen den Gewässerschutz und ökologische Potenzialräume berücksichtigt, zum andern als gesamtstädtischer Aufenthaltsbereich mit einem durchgängigen Fußweg mit Sitzgelegenheiten entwickelt werden kann. Die einzelnen Baufelder, welche an diesem öffentlichen Grünraum liegen, grenzen sich durch eine leicht erhöhte Sockelmauer von diesem ab. Private Gärten und Terrassen sowie einzelne private Wege stellen funktionale und fußläufige Verbindungen und Verknüpfungen zwischen privaten und öffentlichen Flächen her.

Entrée des Quartiers von Westen bildet ein architektonisch gestalteter Baumplatz, der zum Verweilen und Boulespielen einlädt. Nördlich davon verläuft eine verkehrsberuhigte Wohnstraße, welche zum westlichsten Baufeld führt.

Der Platz der ehemaligen Synagoge wird freiflächengestalterisch aufgewertet und in das Gesamtkonzept als historisch bedeutender Ort und wichtige Fußwegeverbindung in Richtung Innenstadt integriert.


Bauabschnitte

Die einzelnen Baufelder erlauben eine hohe Flexibilität hinsichtlich der zeitlichen Realisierung.
Gemäß den Vorgaben lassen sich die ersten Bauabschnitte (1a, 1b und 1c) unabhängig voneinander sehr gut umsetzen. Die Bauabschnitte 1b und 1c können zunächst über das bereits befestigte bzw. ausgebaute Feuerwehrareal erschlossen werden. Bei Aufgabe der Feuerwehr an diesem Standort kann die endgültige interne Erschließungsstraße über die bestehende Brücke und der zentrale Anger mit Altenwohnen und Café erstellt werden.
Unabhängig hiervon ist die Realisierung der geplanten Bebauung im Bereich der Hauptstraße möglich.


Architektur und Gebäudenutzungen

Die Gebäudetypologie entlang des Bachs interpretiert die ortstypischen Gebäudegruppen, welche zum Einen bündig die geschwungenen Straßenräume und zum Anderen halbprivate Höfe bilden.
Die Gebäudeensembles aus einem langen und einem kurzen Baukörper zeigen die gewollte städtebauliche Kleinteiligkeit, bieten aber auch die nötige Flexibilität im Inneren um auf den zukünftigen Wohnungsmix reagieren zu können. Alle Wohnungen haben – auch aus der zweiten Reihe entlang der schmalen Baukörper – jeweils direkte Sichtbezüge in die Aue.
Die vom Hof zur Aue durchbindenden Treppenhäuser schaffen die Verknüpfung der Gebäude an den, für den Ort wichtigen, öffentlichen Grünraum. Die privaten Freibereiche orientieren sich in die geschützten Seitenbereiche, stehen aber dennoch in direkter thematischer Verbindung zur Aue.
Die Nebenanlagen gliedern die privaten Freibereiche und unterstreichen feingliedrig das Siedlungsband.

Die Struktur der Höfe wird zum Rand hin in eine Reihenhauszeile mit einem Einfamilienhaus fortgeschrieben.

Ein neues L-förmiges Geschäftshaus für Dienstleistungen und Handel bildet den räumlichen Abschluss eines Quartiersmarkts an der Hauptstraße. Ein gläserner Kubus fasst dort den Platz an seiner Ostseite und umkleidet die Einfahrt zur neuen Tiefgarage unter den Geschäften. Ein Baumpaket bietet Aufenthaltsqualität.

Bewusst sind im Schnittpunkt von Anger, Siedlungsband und Bachaue die Seniorenappartements geplant, da gerade für die schwindende eigene Mobilität die Abwechslung durch ein belebtes Umfeld wichtig ist.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Entwurfsidee wird durch das Aufgreifen der städtebaulichen Strukturen des Umfelds gut sichtbar. Die Zeilenbebauung aus zwei bis drei Geschossen mit giebelständigen Wohngebäuden bietet große Flexibilität in der Raumausnutzung und Wohnungsgröße. Die Wohngebäude sind gut um gemeinschaftliche Wohnhöfe angeordnet und sinnvoll platziert.
Die privaten Gartenflächen sind eindeutig durch Höhenversprünge vom öffentlichen Freiraum abgegrenzt.
Es besteht ein großzügiger, öffentlicher Freiraum entlang des Klemmbachs. Es sind sinnvolle Wegeverbindungen nach Norden zur Hauptstraße vorgesehen sowie kleine Platzsituationen am westlichen und östlichen Eingang (Bouleplatz und Synagogenplatz).
Die gewünschte zentrale Freifläche wird durch die schneidende Erschließungsstraße mit mittiger T-Kreuzung erheblich gestört. Der zentrale Bau eines Seniorenheims in der Grünfläche wirkt deplatziert.
Das Geschäfts- und Dienstleitungsgebäude am nördlichen Platz erscheint neben dem historischen Spital zu massig. Die Einhausung der Tiefgarageneinfahrt stört als Fremdkörper den an der Hauptstraße gelegenen Platz.
Die Aufweitung und Zugänglichkeit des Klemmbachs im Bereich der zentralen Freifläche erhöht die Aufenthaltsqualität und erscheint wirtschaftlich trotz Umlegung des Kanals durchführbar.