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Einladungswettbewerb | 04/2008

Gemeindehaus Maria Regina - Ökologische Bestandsentwicklung

1. Preis

Preisgeld: 7.500 EUR

Kaupp + Franck Architekten GmbH

Architektur

Erläuterungstext

Energetische Sanierung und Aktualisierung des Gemeindehauses Maria Regina in Fellbach
Denkmalschutz + Klimaschutz
Erläuterungen zur energetische Sanierung und Aktualisierung
des Gemeindehauses Maria Regina in Fellbach
Zur ökologischen Bestandsentwicklung und Aktualisierung des Gemeindehauses Maria
Regina wurde, unter weitgehendem Erhalt der bisher getätigten Investitionen, ein
zukunftsfähiges Konzept umgesetzt, das die Qualitäten und Gestaltungsprinzipien des
denkmalgeschützten Hauses erhält und weiterentwickelt. Dabei wurde mit einem gezielten
Eingriff an der Schnittstelle der verschiedenen Nutzungen des Gemeindehauses ein Großteil
der Defizite des Hauses gelöst:
Durch den Einbau einer rollstuhlgerechten Aufzugsanlage wurden alle Nutzungsbereiche des
Hauses zentral auf allen Etagen barrierefrei miteinander verbunden. Dieses vertikale
Verbindungselement, betont und begleitet durch einen Lichtraum, öffnet den dunklen
Eingangsbereich des Kindergartens nach oben und attraktiviert ihn.
Das Gemeindehaus erhielt durch die Maßnahme einen Seiteneingang, der die direkte
Anlieferung des Küchenbereichs und der Lagerräume im Untergeschoss von außen
ermöglicht. Zusätzlich wird ein behindertengerechtes WC, zentral für alle Nutzungen des
Hauses, angeboten. Durch die schalltechnische Erneuerung der mobilen Saaltrennwand wird
auch eine parallele Nutzung von großem und kleinem Saal ermöglicht.
Die fünf unterschiedlich großen Wohnungen im Obergeschoss erhielten, in Ergänzung der
vorhandenen Außentreppe, einen barrierefrei erreichbaren Foyerbereich, der auch als
kommunikative Zone der Wohnetage im Obergeschoss dient. Die Nordhöfe wurden überbaut
und das vorhandene Prinzip der Erschließungsräume im Norden, die gleichzeitig als
Pufferräume dienen, übernommen. Die Orientierung der Wohnungen auf die, mit
Verschattungselementen ergänzten Südterrassen, die vom Nachbarn her nicht einsehbarer
sind, wurde dabei aufgenommen und weitergedacht.
Zum Erhalt des von Sichtbeton geprägten Erscheinungsbildes des Gemeindehauses wurde
auf sichtbare Außendämmung verzichtet. Die Dämmung wurde in den abgehängten Decken
der Auskragungen und in den abgehängten Decken der Gemeinde- bzw. der
Kindergartenräume, sowie auf dem Flachdach der Wohnetage untergebracht. Zusätzlich
wurde das in den Gemeinderäumen vorhandene Prinzip der innenliegenden, vorgeblendeten
Wandflächen in veränderter Form aufgenommen. Die vorhandene Innendämmung der
Außenwände, die Konvektorenheizkörper und die vorgeblendeten Wandflächen wurden
demontiert und durch auf diffusionsoffener Mineraldämmplatten aufgebrachte
Wandheizungssysteme ersetzt.
Die Installation eines großen Pufferspeichers zusammen mit der konsequente Umstellung
auf Heizsysteme mit niedrigen Vorlauftemperaturen (VI/RL 40/28°C) ermöglicht dabei die
Einbindung der thermischer Solarenergie sowie den Erhalt des erst vor 7 Jahren erneuerten
Ölniedertemperaturkessels (Pufferung der Überschussenergie – Kessel läuft Volllast oder
gar nicht). Langfristig wird dadurch auch eine Ergänzung bzw. Umstellung auf andere
Energieträger wie Holzpellets oder Geothermie ermöglicht. Eine regeltechnische Unterteilung
der Flächenheizungen in die unterschiedlichen Nutzungseinheiten (Wohnungen -permanente
Nutzung / Kindergarten -5-tägige Nutzung / Gemeindehaus mit Lüftungsanlage -vorwiegend
Nachmittag und Abendnutzung / Kirche -sporadische Beheizung) erlaubt den wirtschaftlichen
Betrieb der Heizflächen je nach Nutzungsanforderung.
Energetische Sanierung und Aktualisierung des Gemeindehauses Maria Regina in Fellbach
Die Solaranlagen, als regenerative Energieträger auf dem neu gedämmten Flachdach der
Wohnetage, wurden mit den Oberlichtern der Wohnetage kombiniert und über den vertikalen
Eingriff zentral auf kurzem Wege mit dem Technikbereich im Untergeschoss verbunden.
Solarkollektoren mit ca. 40 m2 Fläche erzeugen Warmwasser für die Wohnnutzung
(Deckungsgrad über 50%) und unterstützen die Heizung. Photovoltaik-Module mit ca. 125
m2 Fläche erzeugen ca. 16.000 KW/h Strom und bringen einen Jahresertrag von 6.000,- €.
Die Lüftungsanlage der Gemeinderäume wurde komplett erneuert und mit
Wärmerückgewinnung ergänzt.
Nach der Berechnung der EnEV 2007 für Wohngebäude wird die Anforderung an den
spezifischen Transmissionswärmeverlust von Neubauten um 1,3 % unterschritten. Die
Anforderung an den Primärenergiebedarf wird um 1,4 % unterschritten. Der
Primärenergiebedarf wird rechnerisch auf ca. 22 % reduziert.
Die von Klaus Franz geschaffene Gestaltqualität haben wir dabei versucht zu respektieren
und an manchen Punkten weiterzudenken:
So wurden die noch vorhandenen Originalfenster des Gemeindehauses und des
Kindergartens weitestgehend erhalten. Im Bereich der abgehängten Decke wurden die
Fenster- und Türelemente wärmegedämmt und winddicht angeschlossen. Die Elemente
wurden mit Wärmeschutzverglasung mit einem Ug-Wert von 1,1 W/m2K neu verglast und
Dichtungen an den Öffnungsflügeln eingefräst. Auch die gestaltprägenden
Glaslamellenfenster wurden bewahrt und durch eine innenliegende
Kastenfensterkonstruktion energetisch optimiert. Die Fenster- und Türkonstruktionen der
Wohnungen und der Gemeinderäume im UG, die nicht mehr im Original erhalten waren,
wurden in der ursprünglichen Gliederung und Profilierung erneuert und zu den Terrassen hin
durch eine Vordachkonstruktion mit integrierter Sonnenschutz und integrierter
Horizontalmarkise ergänzt.
Durch den Nutzungswunsch „Ganztagesbetreuung mit Krippenangebot“ musste der
Kindergarten durch einen Speiseraum mit Aufwärmküche, einen Wickelbereich, einen
Personalraum und durch zwei Schlafräume ergänzt werden. Durch geschickte
Grundrissänderungen konnten bis auf die zwei Schlafräume, die in ehemaligen
Gruppenräumen im Untergeschoss untergebracht wurden, die ergänzenden Nutzungen im
Kindergarten denkmalverträglich umgesetzt werden.
Die Materialität und Farbigkeit des denkmalgeschützten Sichtbetonbaus von Klaus Franz
wurde bewahrt und behutsam saniert. Schadstellen im Sichtbeton wurden partiell saniert, die
abgehängten Decken wieder in Pitchpine-Profilbretter ausgeführt und die Ursprungsfarbigkeit
der Fenster, der Stahlteile und der Wandflächen übernommen.
Für Projektgesamtkosten von brutto 1,73 Millionen € wurden 2.020 m2 Bruttogeschossfläche
mit 1.263 m2 Nutzfläche denkmalgerecht saniert und zukunftsfähig gemacht. Dabei wurde
der Energieverbrauch um 78% gesenkt und dem Restverbrauch die Produktion von 16.000
kW/h Strom und die Nutzung der Solarthermie (Warmwasser und Heizungsunterstützung)
entgegengesetzt.

Beurteilung durch das Preisgericht

1 00 2 - 1. Preis
Vom .weiterdenken" sprechen die Verfasser in ihrem Erläuterungsbericht, die Organisation
ihrer Wohnungen betreffend. "Weitergedacht" könnte jedoch als Überschrift für den
gesamten Entwurf gelten. Denn die Architekten beweisen nicht nur, dass Ihnen mit einem
hohen Maß an Feinfühligkeit, Erhalt und Schutz des Bestandes gelingt. Sie denken das
fantastische Konzept auch ohne Scheu weiter, wo aus heutiger Sicht, den alten Entwurf
noch besser gemacht werden könnte.
Nichts ist so gut, dass es nicht noch besser gemacht werden könnte: das betrifft zum
Beispiel den dunklen Durch- und Zugang zum Kindergarten. Es handelt sich dabei aber nicht
nur um das Einschneiden eines Loches in die Decke, sondern um eine gekonnte
Lichtführung, die vom Dach über die Wohnetage bis ins Erdgeschoss führt. Obergeschoss
und Durchgang sind also mit Blickverbindung vereint.
An diese Stelle, also am Shed, das an dieser Stelle als Lichtfänger, in de Wohnungen als
Oberlicht nur auf der geneigten Fläche zur Aufnahme von Solar- und Photovoltaik dient,
erfährt das Haus eine Veränderung, die geradewegs an dem Büro des verehrten Architekten
stammen könnte. Es macht sich nicht nur die Taille des Hauses mit dem Durchgang lichter,
sondern betont durch die Verdreifachung des Elementes die gestreckte Erscheinung des
Baukörpers, was im Zusammenhang mit dem Volumen der Kirche selbst, die wohltuende
Gesamtkonzeption stärkt.
Ähnliches Feingefühl ist bei allen, weitgehend sparsam entwickelten Eingriffen erkennbar:
Die Lage des Aufzugs ist damit gemeint, die damit verbundene Erschließung zum Saal, die
Geschichte der Teilung der Wohnungen, mit ihren getrennten Terrassen. Gewiss, der alte
Grundriss führt nicht reibungslos zu den perfekten Grundrissen und an der einen Stelle
zwickt und zwackt es: da ist in der Wohnung 5 Essen und Kochen nur mit Oberlicht
ausgestattet, eine übergroße Schiebetür führt in diese Räume, was im Falle eines Neubaus
sträflich wäre.
Hier ist es tolerabel und ist auf einer unkonventionellen Betrachtungsebene auch als
räumliche Besonderheit zu sehen.
Dann gibt es Kleinigkeiten, die einen Raum angenehmer machen, wie die Sitzbank, die einer
erwartet, wenn man das 1. Obergeschoss betritt- wenn denn das Bauamt mit machen
würde.
Beaurteilung der Denkmalpflege:
Die äußere Erscheinung im Bestand bleibt völlig erhalten. Der Aufzug und die Solar-Sheds
sind angemessen in den Bestand integriert ohne das Erscheinungsbild zu beeinträchtigen.
Während sich das Erdgeschoss praktisch nicht verändert, sind im Obergeschoss
umfangreiche Eingriffe zu verzeichnen. Positiv gesehen wird gesehen, dass die ehemalige
Sozialstation baulich überliefert wird. Hingegen negativ zu bewerten ist die grundrissliehe
Veränderung des Westteils, bedingt durch die Verlegung der Erschließung. Zwar wird die
grundrissliehe Erneuerung der Fenster in Frage gestellt, doch wird anerkannt, dass der
Ersatz in Holz erfolgen soll.
Die Vorprüfung bestätigt den Architekten die Hausaufgaben hinsichtlich der energetischen
Anforderungen erledigt zu haben. Die verwendeten Materialien führen zur Zustimmung des
Preisgerichts. So bleibt unterm Strich eine Arbeit, der man entnimmt, dass sich ihre
Verfasser kongenial mit der Architektur von Klaus Franz auseinandergesetzt haben.
Kaupp und Franck Architekten

Kaupp und Franck Architekten