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Nichtoffener Wettbewerb | 03/2014

Um- und Neugestaltung von Straßen und Plätzen - Innenstadt Haupteinkaufsstraßen

3. Anerkennung

brugger landschaftsarchitekten_stadtplaner_ökologen

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Das Konzept zur Neugestaltung der Marktstraße sowie der Klostergasse, Hallertorstraße und Bahnhofsstraße zielt darauf ab, bisher ungenutzte Potentiale des öffentlichen Raums in Neumarkt herauszuarbeiten und die Innenstadt gegenüber dem geplanten Einkaufszentrum zu stärken.

Novum Forum
Die Gründung Neumarkts - lateinisch wurde Neumarkt stets novum forum (Neuer Markt) genannt - erfolgte an einer wichtigen Route des Fernhandelsverkehrs Regensburg-Nürnberg. Der Stadtkörper Neumarkts mit dem breiten Straßenmarkt entlang der Mittelachse des gesamten Siedlungsraumes ist typisch für bayerische Städtegründungen des 12. und 13. Jahrhunderts. Mit den beiden senkrecht dazu ausgerichteten Querachsen von Hallertorstraße und Klostergasse ergibt sich eine Aufteilung in vier Viertel, die wiederum in ein Netz aus weitgehend parallel und senkrecht angeordneten Gassen unterteilt werden
Die Innenstadt Neumarkts ist unserer Ansicht nach nicht nur als Ort des Konsums und Transits zu sehen. Vielmehr stellt das Konzept die historischen bzw. ureigenen Qualitäten eines Marktgeschehens heraus. Dies erfolgt im Sinne einer städtischen Bühne, auf der es vor allem um den Austausch immaterieller Güter geht und die Möglichkeit besteht, sich den öffentlichen Raum anzueignen. Die Stadtgestalt zu stärken und die Wiederbelebung der Qualitäten eines Marktraumes im weiteren Sinn herauszustellen, haben das Potential zum Alleinstellungsmerkmal für Neumarkt.
Durch die Inbesitznahme des öffentlichen Raumes erfolgen eine Stärkung sowie ein bewusst inszenierter Gegenpol zum geplanten Einkaufszentrum, welches die öffentliche Funktion weitestgehend auf den Konsum beschränkt und reglementiert.
Um der Innenstadt Klarheit und Ordnung zu geben, wird der öffentliche Raum neu gegliedert und vereinfacht. Die heterogene Belagsstruktur der Innenstadt wird vereinheitlicht und kennzeichnet zukünftig den historischen Kern Neumarkts. Hinsichtlich der Materialverwendung für den Bodenbelag wird konsequent zwischen den Bereichen der Innenstadt und der Bahnhofsstraße unterschieden. Das bestehende beige-gelbliche Granitmaterial findet Anwendung in der gesamten Innenstadt. Für die Bahnhofsstraße sowie den Theo-Betz-Platz ist Betonpflaster vorgesehen.
Als weitere Maßnahme zur Inbesitznahme des öffentlichen Freiraums finden sich entlang der Marktstraße variable Ausstattungselemente, die sog. Enzis. Diese können auf unterschiedliche Art und Weise genutzt werden. Ob als Ruhebereich, als Ort zur Kommunikation oder zur Bespielung durch Kinder bleibt offen (s.a. Schema). Dabei sind neben den schwereren Sitzelementen auch variable Elemente vorgesehen, die wie Bauklötze verwendet werden können.
Die Qualitäten dieser Art der Möblierung steigern nicht nur die Soziabilität sondern wird von uns bewusst dem reglementierten privatisierten Raum des Einkaufszentrums entgegengestellt.
Durch einen gezielten Moderationsprozess der Stadt kann bei Märkten oder Veranstaltungen eine Choreographie der Sitzelemente erfolgen (s.a. Schema).

Oberer- Unterer Markt und Hallertorstraße
Die innerstädtisch verkehrsführenden Bereiche Oberer- und Unterer Markt sowie Hallertorstraße werden demselben Prinzip folgend ausgebildet. Die heterogene Belagsstruktur wird vereinheitlicht. Wiederverwendet wird hierbei das gelblich-beige Granitmaterial für die Gehwege.
Parkbereiche entlang der Marktstraße werden einseitig vorgeschlagen, so dass auf der gegenüberliegenden Seite Raum eine großzügige Flaniermeile entsteht. Dabei entfallen weniger als 10% der vorhandenen Stellplätze.
Die Fahrbahnen am Oberen und Unteren Markt bzw. in der Hallertorstraße werden in gebundener Bauweise ausgeführt. Die Fahrbahnbreiten sind mit 6,5m im Marktbereich und 4m in der Hallertorstraße ausreichend dimensioniert, um einen reibungslosen Verkehrsfluss aller Teilnehmer zu gewährleisten. Die Buchten zum Querparken entlang der Marktstraßen werden mit 5m erstellt. Sämtliche Borde entlang der Fahrbahnen bzw. Parkbuchten werden mit 2 cm Höhenversatz und abgerundeter Fase vorgeschlagen. Fassadenanschlüsse werden mit einem durchschnittlich 1m breiten Streifen von Granitkleinstein in Reihen senkrecht zur Fassade ausgebildet.
Die Gehölze können größtenteils erhalten werden. Lediglich der Baumblock aus Mehlbeeren und Baumhasel wird durch Linden ersetzt, um ein einheitliches Erscheinungsbild entlang der Marktstraße zu entwickeln.

Fußgängerzone
Die Fußgängerzone mit dem Zentrum Rathausplatz setzt sich in der Klostergasse sowie westseitig bis zur Kirchengasse fort. Entlang der Marktstraße begrenzen die bestehenden Linden die Platzkanten und fassen den Rathausplatz bzw. die Fußgängerzone räumlich.
Der Rathausplatz sowie die Klostergasse sind als eine Einheit in Form einer durchgängigen und barrierefreien Fußgängerzone ausformuliert. Die Gehwegplatten im Bestand geben die Formatgrößen für die Fußgängerzone vor. Der Belag läuft zukünftig durchgehend von der westlichen bis zur östlichen Platzseite, wobei die Busspur mit den gleichen Formaten allerdings in gebundener Bauweise ausgeführt wird. Die Klostergasse wird mit Plattenbelag der Bestandformate und einer Mittelrinne ausgebaut.
Im gesamten Stadtgebiet sind Sitzelemente in Form von Holzdecks angeordnet. Diese sind jeweils mit den Bäumen kombiniert und mitteln dort, wo es notwendig ist, den Höhensprung aus, so dass ein „Anziehen“ des Belags zukünftig nicht mehr erforderlich sein wird.

Gelenke
Der Schnittbereich zwischen den Achsen und dem Stadtgrabenring definieren sog. „Gelenke“. Diese stellen den Anschluss der Innenstadt an den Ring dar.
Der Belag ist hierbei bis an die anschließenden Straßen herangezogen und vermittelt dadurch eine einladende Geste. Besondere Bedeutung zum Anschluss der Bahnhofsstraße an die Innenstadt kommt dem Theo-Betz-Platz zu. Der Raum wendet sich in Zukunft der Innenstadt zu und leitet den Bewegungsfluss zwischen Bahnhof und Innenstadt.

Bahnhofstraße
Die Bahnhofstraße wird im Querschnitt grundlegend umgestaltet. Entsprechend der Frequentierung wird die Möglichkeit wahrgenommen, die Fahrbahnbreite auch hier auf 6,50 Meter zu reduzieren. Zudem werden die beidseitigen Längsparker aufgelöst und ausschließlich auf der östlichen Seite konzentriert Senkrechtparker angeordnet. Bereiche von Zufahrten zu Stellplätzen auf privaten Gebäudevorzonen werden von Stellplätzen freigehalten, um Konflikte zwischen den Parkierungen zu vermeiden. Der Fahrradverkehr wird mit einem Zweirichtungsradweg westlich der Fahrspur abgewickelt, was dazu führt, dass der Radverkehr nur in geringem Maße von PKWs gequert wird.
Die Maßnahmen führen dazu, dass Gehölze im Bereich der Bahnhofstraße entnommen werden müssen; allerdings ergibt sich im Zuge der Umgestaltung aber die Möglichkeit, der bestehenden Allee eine klarere räumliche Struktur zu geben und damit die Achse vom Bahnhof zum Oberen Tor deutlich zu stärken.
Umfangreiche Umgestaltung erfahren auch der Bereich der Einmündung in die Ringstraße sowie der Theo-Betz-Platz. Der nördlichste Abschnitt der Bahnhofstraße wird von störenden Einbauten und Stellplätzen befreit, um die Zugänglichkeit zum Gewerbe im Erdgeschoss sowie die Querung der Straße hier zu erleichtern. Der bisher introvertierte Charakter des Theo-Betz-Platzes wird aufgegeben; der Platz wird als Transitraum verstanden und in logischer Konsequenz in Richtung Oberes Tor orientiert und freigestellt.

Verkehr PKW + Parken
Das Verkehrskonzept sieht eine einwandfreie Abwicklung sämtlicher Verkehrsströme vor. Die Verkehrsführung für den motorisierten Verkehr wird im Kern beibehalten. Die Straßenbreiten werden im gesamten Bereich auf ein auskömmliches Mindestmaß reduziert, um Fußgängern und Radfahrern so viel Raum wie möglich freizuhalten. Demgegenüber steht eine grundlegende Neuordnung der Stellplätze, die durchgehend konzentriert auf der jeweils östlichen Straßenseite als Senkrechtparker angeordnet werden.
Im Bereich des Marktes wird die Fußgängerzone in geringem Umfang vergrößert und die Wendeflächen an den Endpunkten der Fahrgassen mit einem Radius von 14,50 Metern angeordnet.

Verkehr Fußgänger + Radfahrer
Durch die Reduzierung des Querschnitts von Fahrbahn und Stellplätzen ergeben sich in der Innenstadt großzügigere Flächen, auf denen Fußgänger und Radfahrer gleichberechtigt ihre Wege zurücklegen können.
Im Bereich der Bahnhofsstraße, in der ein höheres Tempo zu erwarten ist, werden Fußgänger und Radfahrer getrennt; Fußgänger erhalten beiderseits der Straße Wege, Radfahrer werden auf der Westseite der Fahrbahn auf einem Zweirichtungsradweg geführt.

Beleuchtungskonzept
Der Beleuchtungsvorschlag zielt darauf ab, den öffentlichen Raum der Innenstadt möglichst frei von Einbauten zu halten. Deshalb ist eine Ausleuchtung mit Seilhänge- und Wandleuchten vorgesehen. Das Rathaus sowie die Tore und Brunnenelemente werden als wichtige städtebauliche Elemente illuminiert und somit in Szene gesetzt.
Außerdem ist vorgesehen die Bäume an den Holzdecks indirekt auszuleuchten um einen angenehmen Rhythmus der Lichtintensitäten zu erzeugen.
Entlang der Bahnhofsstraße sind Mastleuchten platziert, die sowohl den Straßen- als auch Gehwegbereich ausleuchten.

Kultur
Die Vielzahl der Brunnen und weiteren Ausstattungsgegenständen wird im Zuge der Umgestaltung neu geordnet. Gemäß neuer Nutzung und historischem Vorbild wird der Karpfenbrunnen von Lothar Fischer vom Theo-Betz-Platz in den oberen Markt verlegt; dessen Position nimmt die Stele zur Stadtgeschichte ein. Die Skulptur der Stehenden in Dreiergruppe wird als Teil des Skulpturenpfades in die Klostergasse verlagert, deren Platz vor dem Platz vor dem Rathaus nimmt zukünftig das Stadtmodell ein.